Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.11.2006

LArbG Berlin-Brandenburg: beweisverfahren, einvernehmliche regelung, gütliche einigung, arbeitsgericht, kausalität, beweismittel, beweissicherung, gerichtsakte, verantwortlichkeit, versicherung

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 Ta 2137/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 485 Abs 2 ZPO, § 487 Nr 4
ZPO
Selbständiges Beweisverfahren
Leitsatz
1) Ein selbständiges Beweisverfahren ist unzulässig, wenn es der Ausforschung dient.
2) Verschuldensfragen sind nicht Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens.
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 24. November 2006 wird der
Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. November 2006 - 8 Ca 15960/06
aufgehoben.
2. Das Verfahren über die Entscheidung über die Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens im Wege des selbständigen Beweisverfahrens wird bei
einem Beschwerdewert von 5.000,-- EUR an das Arbeitsgericht Berlin zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der am ... 1961 geborene Beschwerdeführer war im Jahre 2003 Arbeitnehmer der
Beschwerdegegnerin. Am 3. August 2003 brannten in der F.-E.-Allee …, 1... Berlin zwei
Verschläge von Mietern im Dachgeschoss und zwei Verschläge von Mietern im
Kellergeschoss. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft wurde
die Akte 1 Bra Js 4338/03 angelegt. Diese beinhaltet auch eine Fotodokumentation der
Tatorte. Vom 24. September 2003 bis 26. September 2003 war der Beschwerdeführer
mit „Reparaturarbeiten an Rohrleitungen und Ventilen im Keller nach Brandschaden“ im
Auftrag der Beschwerdegegnerin beschäftigt. Nach einem Bescheid der N. Metall-
Berufsgenossenschaft vom 15. März 2006 (Bl. 57 d.A.) war der Beschwerdeführer vom
29. September 2003 bis 5. November 2003 arbeitsunfähig erkrankt.
Der Beschwerdeführer strebt im selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines
Sachverständigengutachtens über die Kausalität zwischen dem Brandschaden und bei
ihm aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen an.
Das Arbeitsgericht hatte in der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf § 104 Abs.1
SGB VII den Antrag zurückgewiesen. Der Antragsteller habe kein rechtliches Interesse (§
485 Abs.2 Nr.1 ZPO), weil selbst bei unterstellter Bejahung der sachverständig zu
klärenden Fragen ein Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin nur bei
Vorsatz anzunehmen wäre. Der Vorsatz müsse sich entsprechend der Rechtsprechung
des BAG (Urteil vom 10.10.2002 - 8 AZR 103/02) dabei auch auf die eingetretenen
Verletzungsfolgen beziehen. Diese Voraussetzungen seien vom Antragsteller nicht
dargetan.
Gegen diesen dem Antragsteller am 20. November 2006 zugestellten Beschluss hat der
Antragsteller am 24.11.2006 sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser sofortigen
Beschwerde hat das Arbeitsgericht Berlin (unter dem geänderten Aktenzeichen 8 Ha
22413/06) unter nochmaligem Hinweis auf das Urteil des BAG vom 10.10.2002 - 8 AZR
103/02 nicht abgeholfen.
Auf einen ausführlichen rechtlichen Hinweis des Beschwerdegerichts vom 3. Januar 2007
hat der Beschwerdeführer die Anträge mit Schriftsatz vom 22.1.2007 (Bl. 109 ff.)
erheblich geändert und durch eine eidesstattliche Versicherung des Beschwerdeführers
(Bl. 113 d.A.) glaubhaft gemacht. Das Beschwerdegericht hat die Ermittlungsakte der
Staatsanwaltschaft zum Aktenzeichen 1 Bra Js 4338/03 beigezogen.
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II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 ZPO statthaft und auch im Übrigen gemäß
§ 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Die sofortige Beschwerde ist daher zulässig.
2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Zwar hat das
Landesarbeitsgericht erhebliche Zweifel, ob der vom Beschwerdeführer angestrebte
Beweis durch das angestrebte Sachverständigengutachten geführt werden kann, denn
schon die Einzelheiten des Brandschadens können, wenn überhaupt, anhand der
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte nur noch sehr eingeschränkt festgestellt
werden. andere Beweismittel hat der Beschwerdeführer dazu nicht vorgebracht. Dieses
ist jedoch nicht der Maßstab der Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens.
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann im selbständigen Beweisverfahren der
Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht aufgrund des nach § 104
Abs.1 SGB VII erforderlichen und nach Ansicht des Arbeitsgerichts nicht dargelegten
Vorsatzes der Beschwerdegegnerin an der Schädigung des Beschwerdeführers
zurückgewiesen werden. Denn ein Antrag im selbständigen Beweisverfahren kann gegen
alle Personen gerichtet werden, die ernsthaft als Schadenverursacher in Betracht
kommen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Februar 2003 - 2 W 42/02 und OLG
Frankfurt, Beschluss vom 5. September 1994 - 22 W 46/94). Die rechtliche Bewertung,
insbesondere die Beurteilung des Verschuldens, ist nicht Aufgabe des Gutachters,
weshalb sich die selbständige Beweisaufnahme auch nicht darauf beziehen kann, ob ein
bestimmtes schädigendes Ereignis vorhersehbar war. Die Beweissicherung muss sich
auf die Feststellung von Tatsachen und Ursachenverläufen beziehen, nicht aber auf die
Beurteilung von Vorhersehbarkeit und Erkennbarkeit (OLG München, Beschluss vom 17.
Januar 1992 - 1 W 627/91). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist das
Gericht bei der Prüfung der Voraussetzungen des selbständigen Beweisverfahrens an die
Tatsachenbehauptungen des Antragstellers gebunden, es darf die Beweisbedürftigkeit
und die Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Tatsachen nicht überprüfen (BGH,
Beschluss vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99).
3. Als Gegenstand des Antrags im Verfahren nach § 485 Abs.2 ZPO ist nur die Einholung
eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über
- den Zustand einer Person oder den Zustand oder den Wert einer Sache und/oder
- die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels und/oder
- den Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder
Sachmangels
zulässig.
Nach der Begründung der Anträge geht es dem Beschwerdeführer nicht um die
Feststellung des (Gesundheits-)Zustandes seiner Person. Denn es scheint - aus Sicht
des Beschwerdeführers - sein Gesundheitszustand festzustehen. Diesen setzt der
Beschwerdeführer bei seinen Anträgen im Wesentlichen als bekannt voraus. Es geht
dem Beschwerdeführer auch nicht um die Feststellung des Zustandes des
Brandobjektes. Soweit sich die Fragen auf die Brandstelle sowie den Brandverlauf und
deren Folgen beziehen, dürfte es sich nicht um die Feststellung eines Zustandes
handeln, da die Brandsanierung sicherlich mittlerweile längst abgeschlossen ist (§ 485
Abs.2 Satz 1 Nr.1 ZPO).
Da es auch nicht um die Ermittlung des Aufwandes zur Beseitigung eines Schadens oder
Mangels geht (§ 485 Abs.2 Satz 1 Nr.3 ZPO), ein Sachmangel nicht vorliegt und der
Beschwerdeführer auch kein rechtliches Interesse an der Ermittlung der Brandursache
vom 3. August 2003 in der F.-E.-Allee …. besitzt, verbleibt ein rechtliches Interesse nur
bezüglich der Feststellung der Ursache eines nach Ansicht des Beschwerdeführers bei
der Brandschadensanierung erlittenen Personenschadens (§ 485 Abs.2 Satz 1 Nr.2
ZPO). Zwar hat der Antragsteller auf Seite 10 der Antragsschrift formuliert, dass es ihm
um die Feststellung der Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin für die beim
Antragsteller aufgetretenen gesundheitlichen Störungen geht, was gerade nicht
Gegenstand des Gutachtens ist, aber jedenfalls mit den geänderten Anträgen vom 22.
Januar 2007 steht fest, dass es dem Beschwerdeführer um die Feststellung einer
Kausalität zwischen Brandschaden und Gesundheitsbeeinträchtigung geht.
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4. Die Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens begründen (§
487 Nr.4 ZPO) hat der Beschwerdeführer zwar erst im Beschwerdeverfahren auf einen
entsprechenden Hinweis des Gerichts durch seine Eidesstattliche Versicherung (§ 294
ZPO) vom 22. Januar 2007 glaubhaft gemacht. Entscheidend ist jedoch nur, dass diese
Glaubhaftmachung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts erfolgt ist.
5. Der Beschwerdeführer hat auch ein rechtliches Interesse an dem selbständigen
Beweisverfahren. Dieses ist nach § 485 Abs.2 Satz 2 ZPO anzunehmen, denn die
sachverständige Feststellung kann der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen.
Die diesbezüglichen Anforderungen sind nicht besonders hoch. Auch wenn sich das
Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens z.B. in Arzthaftungssachen, dem die
vom Beschwerdeführer begehrte Beweisaufnahme nahe kommt, häufig als unzureichend
oder gar unerheblich erweist, ist das Risiko, dass das Gutachten auf einer ungesicherten
tatsächlichen Grundlage erstattet wird, vom Beschwerdeführer zu tragen und
gegebenenfalls über die Kostenfolge des § 96 ZPO zu regeln (vgl. BGH, Beschluss vom
21. Januar 2003 - VI ZB 51/02). So hat beispielsweise das OLG Koblenz trotz endgültiger
Ablehnung einer gütlichen Streitbeilegung durch den dortigen Antragsgegner das
rechtliche Interesse an dem selbständigen Beweisverfahren angenommen. Hierzu hatte
es im Beschluss vom 4. April 2005 - 5 W 159/05 im Rahmen einer Arzthaftungsfrage
ausgeführt:
„Der allgemein gefasste Wortlaut des Gesetzes mit der Zielrichtung, einen
Rechtsstreit möglicherweise zu vermeiden, spricht dafür, nicht nur nahe liegende,
sondern auch entfernte Schlichtungschancen zur Durchführung des selbstständigen
Beweisverfahrens ausreichen zu lassen. Der Gesetzgeber hat bewusst davon
abgesehen, die Wahrscheinlichkeit der Streitschlichtung als Tatbestandsmerkmal in den
Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Nach Auffassung des Senats reicht es zur Annahme
eines rechtlichen Interesses i. S. v. § 485 Abs. 2 ZPO aus, dass ein
Sachverständigengutachten objektiv geeignet erscheint, eine einverständliche
Streitbereinigung herbeizuführen. Diese Eignung wird sich nur in Ausnahmefällen
verneinen lassen. Der Umstand, dass der Antragsgegner jede gütliche Einigung strikt
ablehnt, ist kein Grund, dem Beweisverfahren seine Schlichtungseignung abzusprechen.
Führt die Beweissicherung zu einem dem Antragsteller ungünstigen Ergebnis, wird er in
der Regel sein Begehren nicht weiterverfolgen. Der Streit ist damit wenn nicht
geschlichtet, so doch beigelegt. Kommt der Sachverständige hingegen zu einem dem
Antragsteller günstigen Ergebnis, wird dies in der Regel sachkundig und damit
überzeugender begründet sein als der bloße Sachvortrag des Patienten. In dieser
Situation wird ein besonnener Arzt seinen ablehnenden Standpunkt überdenken und auf
der Grundlage des Gutachtens eine einvernehmliche Regelung mit dem Patienten
suchen. Daher kann die Schlichtungseignung der Beweissicherung nicht mit der
Begründung verneint werden, der Antragsgegner habe jegliche Verantwortlichkeit bereits
bestimmt und endgültig geleugnet.“
Da eine negative Feststellung zu Lasten des Klägers im Rahmen des selbständigen
Beweisverfahrens ausreichend ist, ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs.2
Satz 2 ZPO anzunehmen, ist dieses in jedem Fall zu bejahen.
6. Das Beschwerdegericht hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache zur
Entscheidung zurückzuverweisen (§ 572 Abs. 3 ZPO; vergleiche dazu Germelmann-
Matthes-Prütting-Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 78 Rdnr. 35).
6.1 Die Suche des Beschwerdeführers nach einem möglichen Verursacher für seine nach
dem Arbeitseinsatz vom 24. bis 26. September 2003 aufgetretenen gesundheitlichen
Beeinträchtigungen ist zwar grundsätzlich im selbständigen Beweisverfahren statthaft.
Jedoch ist Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Antrag auf Durchführung des
selbständigen Beweisverfahrens, dass der Antragsteller eine bestimmte
Tatsachenbehauptung aufstellt oder einen festzustellenden Zustand bezeichnet. Für
dies Verfahren heißt das, dass der Antragsteller unter Bezeichnung gewisser
Anhaltspunkte die Behauptung eines Fehlverhaltens aufstellen muss und das
selbständige Beweisverfahren der Klärung dieses behaupteten Fehlverhaltens sowie
dessen Kausalität für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers dient.
Bei mangelnder Sachkunde des Antragstellers kann auch ein allgemeiner Antrag
zulässig sein, dass ein konkretes Ereignis (hier: Beseitigung des Brandschadens vom 3.
August 2003 in den Kellerräumen des Objektes F.-E.-Allee …, 1… Berlin) einen konkreten
Schaden (hier: konkret zu benennende gesundheitliche Beeinträchtigungen des Klägers
in der Zeit nach dem 24. bis 26. September 2003) herbeigeführt hat und dieser Schaden
bei Beachtung von möglichen Schutzmaßnahmen vermeidbar gewesen wäre.
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Nachdem das Beschwerdegericht durch die ausführlichen rechtlichen Hinweise vom 3.
Januar 2007 auch auf sachdienliche Anträge hingewirkt hat und der Beschwerdeführer
seine Anträge verändert hat, wird das Arbeitsgericht zu prüfen haben, ob die jetzt
gestellten Anträge und angebotenen Beweismittel den Anforderungen des selbständigen
Beweisverfahrens genügen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die von der Brandstelle
ausgehenden Belastungen und die Gesundheitsbeeinträchtigungen des
Beschwerdeführers so hinreichend dargelegt sind, dass sie einer Beweisaufnahme
zugänglich sind. Weiter wird das Arbeitsgericht zu prüfen haben, ob die dazu jeweils
angebotenen Beweismittel zur gesundheitlichen Beeinträchtigung des
Beschwerdeführers und zu den Schadstoffen am Brandort für eine entsprechende
Beweisaufnahme hinreichend sind.
Aus den Anträgen und ihrer Begründung in diesem Verfahren, die letztlich die
Richtschnur für den Sachverständigen darstellen, muss der Gesundheitszustand des
Beschwerdeführers hervorgehen. Denn wenn die Kausalität bestimmter Zustände am
Brandort auch noch über 50 Tage nach dem Brand für eine gesundheitliche
Beeinträchtigung des Antragstellers untersucht werden soll, sind Art und Umfang der
Schädigung des Antragstellers insbesondere im Hinblick auf die nach seinem eigenen
Vorbringen bestehende Vorschädigung in die Anträge oder ihre Begründung
aufzunehmen. Dieses muss keine detaillierte medizinische Beschreibung sein, weil zur
Beschreibung von Mängeln oder Schäden nach der so genannten
Symptomrechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR
405/97 m.w.N.) beim Mängelbeseitigungsverlangen, die auf das selbständige
Beweisverfahren übertragen werden kann, die Beschreibung des Mangels selbst
ausreichend ist. Es kann insoweit auch auf medizinische Unterlagen und/oder
behandelnde Ärzte Bezug genommen werden. Allerdings bedarf es einer
entsprechenden Darstellung in einem Schriftsatz des Beschwerdeführers. Eine
Bezugnahme auf Anlagen ist nur zulässig, soweit sie nicht den Vortrag ersetzt sondern
allenfalls erläutert oder belegt. Eine Bezugnahme auf Anlagen ist nur insoweit zulässig
als der Schriftsatz noch aus sich heraus verständlich bleibt und die Bezugnahme
substantiiert erfolgt. Nach einem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts
vom 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 ist es dem Gericht nicht zumutbar, sich „das
Passende“ aus umfangreichen Anlagen selbst herauszusuchen. Dieses gilt auch im
Zusammenhang mit der Anleitungspflicht des Sachverständigen durch das Gericht (§
404a Abs.1 ZPO).
Es ist in der Rechtsprechung der Obergerichte anerkannt, dass ein selbständiges
Beweisverfahren dann unzulässig ist, wenn es allein der Ausforschung dient, um damit
erst die Voraussetzungen für eine Klage zu schaffen. Dementsprechend müssen die
Anträge gemäß 487 Abs. 2 ZPO insbesondere die Bezeichnung der Tatsachen, über die
Beweis erhoben werden soll, enthalten. Unzulässig ist die reine Ausforschung, bei der
nicht eine bestimmte Tatsachenbehauptung aufgestellt oder ein festzustellender
Zustand bezeichnet wird, sondern durch den Antrag erst die Grundlagen für einen
beweiserheblichen Tatsachenvortrag gewonnen werden sollen (Thüringer
Oberlandesgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2005 - 4 W 503/05 m.w.N.).
Nach dem Beschluss des BGH vom 4. November 1999 - VII ZB 19/99 bestimmt der
Antragsteller in eigener Verantwortung durch seinen Antrag auf Einleitung eines
selbständigen Beweisverfahrens den Gegenstand der Beweisaufnahme und die
Beweismittel. Das mit einem Antrag auf Durchführung eines selbständigen
Beweisverfahrens befasste Gericht ist danach verpflichtet, dem Antrag entweder
stattzugeben oder ihn zurückzuweisen, wenn der Beweisantrag unzulässig ist, oder wenn
es an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für das selbständige Beweisverfahren fehlt.
6.2 Das Arbeitsgericht wird weiter gegebenenfalls zu prüfen haben, ob der
Sachverständige allein anhand der Gerichtsakte die Begutachtung vornehmen kann.
Sofern sich die Tatsachen, über die nach dem Vorbringen des Antragstellers Beweis
erhoben werden soll, nicht in der Gerichtsakte befinden, hat das Gericht den
Verfahrensbeteiligten aufzugeben, die entsprechenden Unterlagen vor Erteilung des
Gutachtenauftrags beizubringen oder nach § 404a Abs.4 ZPO dem Sachverständigen
aufzugeben, etwaige Akten beizuziehen. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten dürfte
aber wohl nur das Gericht beiziehen dürfen. Da die staatsanwaltschaftliche
Ermittlungsakte aber noch beim Sozialgericht Berlin benötigt wird, wäre diese erneut
beizuziehen.
6.3 Bei Bejahung der übrigen Voraussetzungen wird das Arbeitsgericht die Qualifikation
des Sachverständigen bestimmen, die Person des Sachverständigen auswählen und den
Sachverständigen gegebenenfalls nach § 404a ZPO anleiten müssen.
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6.4 Schließlich wird das Arbeitsgericht die Kostenentscheidung zu treffen haben, da der
Ausgang des Verfahrens und das Maß des Obsiegens und Unterliegens (§§ 97 Abs.1, 92
ZPO) noch offen ist (vgl. Zöller-Gummer, ZPO 26. Auflage § 572 RN 47).
7. Der Beschwerdewert bemisst sich nach den voraussichtlichen Kosten des
angestrebten Sachverständigengutachtens.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
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