Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 01.10.2008

LArbG Berlin-Brandenburg: befristung, anschluss, arbeitsgericht, ausbildung, quelle, link, sammlung, auflage, form, rechtfertigungsgrund

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 15.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15 Sa 1036/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 S 2 Nr 2 TzBfG, § 14
Abs 2 TzBfG, § 61 Abs 1 PersVG
BB, § 63 Abs 1 Nr 4 PersVG BB
Zustimmung des Personalrats zu einem befristeten
Arbeitsvertrag mit Sachgrund - kein Berufen des Arbeitgebers
auf sachgrundlose Befristung möglich
Leitsatz
Muss der Personalrat dem Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages zustimmen (hier §§
61 Abs. 1, 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Brandenburg), teilt der Arbeitgeber dem Personalrat einen
bestimmten Sachgrund mit, dann ist es dem Arbeitgeber später verwehrt, sich auf eine
sachgrundlose Befristung zu berufen (im Anschluss an BAG vom 27.09.2000 - 7 AZR 412/99).
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom
08.04.2008 - 6 Ca 312/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres zweiten Arbeitsvertrages
und die vorläufige Weiterbeschäftigung.
Der Kläger war im Anschluss an seine Ausbildung für die Zeit vom 22.06.2006 bis
31.12.2006 bei dem beklagten Land unter Berufung auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG
beschäftigt worden. Mit Schreiben vom 06. Oktober 2006 hörte das beklagte Land den
Personalrat zu einer weiteren befristeten Beschäftigung mit dem gleichen Sachgrund an.
Der Personalrat stimmte dem zu. Daraufhin schlossen die Arbeitsvertragsparteien unter
dem 20. Oktober 2006 unter Hinweis auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG einen weiteren
befristeten Vertrag für die Zeit vom 01. Januar 2007 bis 20. Juni 2008.
Hinsichtlich des weiteren unstreitigen Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im
erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils
verwiesen.
Mit Urteil vom 08. April 2006 hat das Arbeitsgericht Potsdam der Klage im vollen Umfang
stattgegeben. Das beklagte Land könne sich nicht darauf berufen, dass der zweite
Arbeitsvertrag auch ohne Sachgrund hätte abgeschlossen werden können, da dies dem
Personalrat nicht mitgeteilt worden ist.
Dieses Urteil ist dem beklagten Land am 08. Mai 2008 zugestellt worden. Am 28. Mai
2008 gingen die Berufung und am 08. Juli 2008 die entsprechende Begründung beim
Landesarbeitsgericht ein.
Das beklagte Land ist der Ansicht, dem Personalrat hätte ein Sachgrund nur mitgeteilt
werden müssen, wenn es auf diesen ankäme und eine sachgrundlose Befristung nicht
möglich wäre. Der Personalrat habe ersehen können, dass es sich um eine Befristung
innerhalb von zwei Jahren handele. Zumindest wenn der Arbeitgeber sich hinsichtlich der
Befristung auf das Teilzeitbefristungsgesetz stütze, müsse die Befristung hilfsweise
immer auch ohne Sachgrund möglich sein. Die Berufung auf eine sachgrundlose
Befristung müsse auch deswegen erlaubt sein, weil niemand bis zum Urteil des BAG
vom 10. Oktober 2007 (7 AZR 795/06) damit gerechnet habe, dass im Anschluss an eine
Ausbildung nur einmalig ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden dürfe. Die
Befristung könne auch nicht an einer fehlerhaften Personalratsbeteiligung scheitern.
Das beklagte Land beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 08.04.2008 (6 Ca 312/08) abzuändern
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingereichte zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht
hat das Arbeitsgericht Potsdam die Befristung für unwirksam erachtet und das beklagte
Land zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verurteilt. Auf die ausführliche und zutreffende
Begründung wird Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Im Hinblick auf die Rechtsansichten des beklagten Landes im Berufungsvorbringen wird
auf folgendes vertieft hingewiesen:
Nachdem das beklagte Land die Befristung des zweiten Arbeitsvertrages gegenüber
dem Personalrat mit dem Sachgrund gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG begründet hat, ist es
dem beklagten Land verwehrt, sich auf eine sachgrundlose Befristung zu berufen. Das
Bundesarbeitsgericht hat zu der Vorgängernorm der sachgrundlosen Befristung nach § 1
Abs. 1 Satz 1 BeschFG ausgeführt:
„Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass sich das beklagte Land zur
Rechtfertigung der Befristung auf § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG schon deshalb nicht berufen
kann, weil hierzu der Personalrat keine Zustimmung erteilt hat.“ (Randnr. 19).
Insofern hat das Bundesarbeitsgericht mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt, dass
der Rechtfertigungsgrund für die Befristung vom Arbeitgeber nicht ausgetauscht werden
kann. Weil der Personalrat nach § 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Brandenburg der
Befristung von Arbeitsverhältnissen zustimmen muss, kann die einmal erteilte
Zustimmung nur die ihm mitgeteilten Angaben zur Befristungsdauer und zum
Befristungsgrund betreffen. Auf nicht mitgeteilte Befristungsgründe kann der
Arbeitgeber eine Befristung nicht wirksam stützen, da die einmal erteilte Zustimmung
des Personalrats zu einer Befristung keine unabhängig von den Befristungsgründen
erteilte Blankozustimmung ist (aaO Randnr. 22).
Hier hat das beklagte Land die Befristung gegenüber dem Personalrat nur mit einer
Beschäftigung im Anschluss an die Ausbildung gerechtfertigt. Nicht einmal hilfsweise war
die Befristung darauf gestützt worden, dass es eines Sachgrundes nicht bedürfe. Daher
bezieht sich die Zustimmung des Personalrats auch nur auf den mitgeteilten Sachgrund
und nicht auf eine sachgrundlose Befristung.
Insofern kann der Rechtsansicht des beklagten Landes nicht gefolgt werden, ein
Sachgrund müsse dem Personalrat nur mitgeteilt werden, wenn es auf diesen ankommt
und eine sachgrundlose Befristung nicht möglich sei. Ebenso ist nicht der Ansicht zu
folgen, ein Arbeitgeber könne sich immer dann schon auf eine sachgrundlose Befristung
beziehen, wenn er sich zumindest überhaupt auf das TzBfG stützen will. Dies mag
allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Personalrat der Befristung nicht
zustimmen muss.
Soweit das beklagte Land sich ferner darauf beruft, dass bis zur Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts vom 10. Oktober 2007 niemand damit gerechnet habe, dass eine
mehrmalige Befristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG unzulässig sei, kann offen bleiben,
ob dies zutrifft. Die oben zitierte Entscheidung des BAG vom 27.09.2000 ist unabhängig
davon ergangen, aus welchen Gründen der Arbeitgeber nunmehr auf eine sachgrundlose
Befristung ausweichen will. Es macht auch keinen Sinn, anhand der Gründe zu
differenzieren. Jeder Arbeitgeber, der mühelos eine Befristung innerhalb von zwei Jahren
sachgrundlos hätte durchführen können, geht immer ein erhöhtes Risiko ein, wenn er
sich arbeitsvertraglich oder gegenüber dem Personalrat dahingehend festlegt, dass die
Befristung auf einen Sachgrund gestützt werden soll. Wenn ohne Not der risikoreichere
Weg gegangen wird, dann muss das erhöhte Risiko auch getragen werden.
Das hiesige Ergebnis entspricht auch den Ansichten in der Literatur. Auch dort wird unter
Bezugnahme auf das Urteil vom 27.09.2000 (aaO) die Ansicht vertreten, dass der
Arbeitgeber aus personalvertretungsrechtlichen Gründen gehindert ist, sich später auf
die Zulässigkeit einer Befristung ohne Sachgrund zu stützen, wenn er dem Personalrat
bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages einen Sachgrund mitgeteilt hat (Hamer,
Personalvertretungsgesetz Brandenburg, 3. Auflage 2004, Seite 159; Klapproth/Eylert §
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Personalvertretungsgesetz Brandenburg, 3. Auflage 2004, Seite 159; Klapproth/Eylert §
63 PersVG Brandenburg Randnr. 85).
Weil die Befristung im zweiten hier zu überprüfenden Arbeitsvertrag unwirksam ist, hat
das Arbeitsgericht Potsdam zu Recht das beklagte Land auch zur vorläufigen
Weiterbeschäftigung verurteilt.
Das beklagte Land hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da die hier
streitigen Rechtsfragen durch das Urteil des BAG vom 27.09.2000 geklärt sind. Auf die
Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen (§ 72 a ArbGG).
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