Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017
LArbG Berlin-Brandenburg: freistellung von der arbeitspflicht, verkürzte arbeitszeit, arbeitsunfähigkeit, erfüllung, abgeltung, tarifvertrag, arbeitszeitverkürzung, freizeit, ausnahmecharakter
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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 26.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 Sa 1686/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 6 Abs 2 AltTZG 1996, § 15g
AltTZG 1996, AltTZTV
Abgeltung eines Freizeitausgleichs - Altersteilzeitverhältnis
Leitsatz
1. Aufgrund einer Anpassung einer Tarifregelung für das Land Berlin, die mit dem
Altersteilzeitgesetz nicht vereinbar war, sind im Rahmen von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen
Zeitguthaben entstanden. Mit der Klägerin und den übrigen betroffenen Arbeitnehmern
wurden daher Zeiträume vereinbart, in denen diese Zeitguthaben abzubauen waren.
Während des Freistellungszeitraums, der am Ende ihrer Arbeitsphase lag, war die Klägerin
arbeitsunfähig erkrankt. Mit der Klage verlangt sie die Abgeltung des Zeitguthabens.
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Entgegen ihrer Ansicht findet §
3 Abs. 3 Unterabs. 9 Anwendungs-TV weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung,
da es sich um eine Sonderregelung für Zeitguthaben handelt, die wegen der Verkürzung der
tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit anfallen.
3. Es gelten daher die allgemeinen Grundsätze, wonach eine krankheitsbedingte
Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum der Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht
entgegensteht, wenn dem Arbeitgeber nicht ausnahmsweise das Risiko der
Nutzungsmöglichkeit übertragen worden ist. Das war hier nicht der Fall.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.6.2008 –
59 Ca 4892/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung des beklagten Landes zur Abgeltung eines
Freizeitausgleichs.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Land seit 1973 als Erzieherin beschäftigt. Am 31. Juli
2003 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag. Sie vereinbarten ein Blockmodell
mit einer Arbeitsphase in der Zeit vom 1. September 2003 bis zum 28. Februar 2007
und einer Freizeitphase vom 1. März 2007 bis zum 31. August 2010. § 1 der
Vereinbarung sah die Anwendung des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit
vom 5. Mai 1998 in der bis zum 8. Januar 2003 geltenden Fassung (TV ATZ) vor.
Außerdem war eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden angegeben. Die
Wochenarbeitszeit ergab sich aus der damaligen Fassung des § 5 Abs. 2 Buchst. c des
auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findenden Anwendungstarifvertrages zum BAT für
das Land Berlin (Anwendungs-TV). Diese Regelung war aber mit der damaligen Fassung
des Altersteilzeitgesetzes nicht vereinbar, wonach maximal die vor Beginn des
Altersteilzeitvertrages geltende tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit
vereinbart werden durfte, was auch der Regelung in § 3 Abs. 1 TV ATZ entsprach. Diese
betrug damals aber für die Klägerin nur 34,65 Stunden, weil § 3 Anwendungs-TV vom 31.
Juli 2003 mit Wirkung vom 1. August 2008 – und somit einen Monat vor Beginn des
Altersteilzeitvertrages der Klägerin - eine Kürzung der Arbeitszeit vorsah. Nachdem
dieser Fehler aufgefallen war, vereinbarten die Tarifpartner im Änderungstarifvertrag Nr.
1 vom 25. August 2004 zum Anwendungs-TV unter § 5a Abs. 2 für Arbeitnehmer, für die
vor Beginn der Alterteilzeit § 3 Anwendungs-TV – und damit eine verkürzte Arbeitszeit -
galt, folgende Sonderregelung:
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Daraufhin vereinbarten die Parteien am 7. Juni 2005:
Die 157,85 Arbeitsstunden entsprechen einer Arbeitsvergütung in Höhe von 1.716,63
Euro brutto. Die Klägerin war vom 16. Dezember 2006 bis zum 28. Februar 2007 krank.
Mit Schreiben vom 19. Februar 2007 beantragte sie die Abgeltung des Zeitausgleichs.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Risiko der Nutzungsmöglichkeit der freien
Arbeitstage liege beim Arbeitgeber. Durch den Freizeitausgleich habe eine zu
Erholungszwecken nutzbare arbeitsfreie Zeit sichergestellt werden sollen. Das ergebe
sich aus der Anwendung von § 3 Abs. 3 Unterabs. 6 und 9 Anwendungs-TV, wonach die
Freistellung von der Arbeit bei Arbeitsunfähigkeit für den durch ärztliches Attest
nachgewiesenen Zeitraum unterbrochen wird und das Zeitguthaben nicht verfallen kann
und ggf. abzugelten ist. § 5 Anwendungs-TV betreffe nur die Arbeitszeit und schließe
daher auch nur die konkreten Arbeitszeitregelungen des § 3 Anwendungs-TV
(prozentuale Absenkung der Arbeitszeit) aus. Das ergebe sich auch aus § 5a Abs. 2
Anwendungs-TV. Die Anpassung habe nicht eine Schlechterstellung der
Altersteilzeitverhältnisse gegenüber den übrigen Arbeitsverhältnissen bewirken sollen.
Der Ausschluss der §§ 3 und 4 Anwendungs-TV mache nur für die „regulären“
Altersteilzeitfälle Sinn, da in diesen Fällen ein Zeitguthaben gar nicht erst aufgebaut
werde.
Die Klägerin hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an sie 1.716,63 Euro nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Ansicht vertreten, die zuviel geleisteten Stunden seien bereits durch
Gewährung von Freizeit ausgeglichen worden. § 3 Anwendungs-TV finde hier nach § 5
Abs. 2 Buchst. c Anwendungs-TV gerade keine Anwendung und könne auch nicht
entsprechend herangezogen werden. Das Risiko der Erkrankung in dieser Zeit trage die
Klägerin.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen
damit begründet, die Klägerin habe das Risiko im Zusammenhang mit der
Arbeitsunfähigkeit in der Freizeitphase zu tragen. Eine entsprechende Anwendung von §
3 Abs. 3 Unterabs. 6 und 9 Anwendungs-TV komme hier nicht in Betracht.
Die Klägerin hat gegen diese ihr am 17. Juli 2008 zugestellte Entscheidung am 12.
August 2008 Berufung eingelegt und diese am 21. August 2008 begründet.
Zur Begründung der Berufung wiederholt sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen
Vortrag. Insbesondere schließe § 5a Anwendungs-TV für Übergangsfälle die
Anwendbarkeit des § 3 Anwendungs-TV gerade nicht aus. Darin läge auch ein Verstoß
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nur um den Vorgaben des
Altersteilzeitgesetzes zu genügen, hätte die Anwendung der §§ 3 und 4 Anwendungs-TV
für die neu abzuschließenden Altersteilzeitverträge ausgeschlossen werden sollen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.6.2008 abzuändern und die Beklagte
zu verurteilen, an sie 1.716,63 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.4.2008 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es wiederholt ebenfalls im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Es weist auf
den Ausnahmecharakter des § 3 Anwendungs-TV und der dortigen Regelungen hin.
Daraus ergebe sich auch, dass die Tarifparteien im Übrigen gerade nicht davon
ausgegangen seien, dass die Freizeitansprüche gerade der Nutzung zu
Erholungszwecken dienen sollten. Außerdem hätten die §§ 3 und 4 Anwendungs-TV –
was insoweit unstreitig ist - auch früher auf Altersteilzeitverträge keine Anwendung
gefunden, so dass es schon an der durch die Klägerin angenommenen „rückwirkenden
Unanwendbarkeit“ fehle.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 20.
August und vom 29. September 2008 sowie auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung vom 20. November 2008.
Entscheidungsgründe
I.Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden.
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf
Auszahlung des Geldwertes eines Arbeitszeitguthabens von 157,85 Stunden in Höhe von
1.716,63 Euro brutto. Den Anspruch auf Ausgleich dieses Arbeitszeitguthabens hat das
beklagte Land bereits auf Grund der bezahlten Freistellung der Klägerin in der Zeit vom
29. Januar 2007 bis zum 28. Februar 2007 erfüllt. Die Klägerin ist durch die Vereinbarung
vom 7. Juni 2005 zur Abschmelzung eines Arbeitszeitguthabens im Umfang von 157,85
Stunden von der Arbeitsleistung wirksam freigestellt worden. Entgegen ihrer Ansicht hat
ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die Erfüllung des Zeitausgleichsanspruchs
durch bezahlte Freistellung nicht beseitigt.
1) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abgeltung des Zeitguthabens nach § 3 Abs. 3
Unterabs. 9 Anwendungs-TV. Die Vorschrift findet weder unmittelbar noch entsprechend
auf das Altersteilzeitverhältnis Anwendung. Dem steht der eindeutige Wortlaut des § 5
Abs. 2 Anwendungs-TV entgegen.
Nach § 1 der Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit vom 31. Juli 2003 findet der
Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 in der bis zum 8.
Januar 2003 geltenden Fassung Anwendung. Im Übrigen gehen die Parteien
übereinstimmend davon aus, dass der Anwendungs-TV Land Berlin auf das
Arbeitsverhältnis vor und während des Laufs des Altersteilzeitvertrages anzuwenden ist.
Mit der Zusatzvereinbarung vom 7. Juni 2005 vollzogen sie die Änderung des § 5a Abs. 2
Anwendungs-TV nach.
Durch § 3 Anwendungs-TV ist die Arbeitszeit verkürzt und zur Ermöglichung der
Berücksichtigung organisatorischer Gesichtspunkte, insbesondere aber um zu
verhindern, dass es ausschließlich zu einer Arbeitsverdichtung kam, das Ansparen eines
Zeitguthabens vorgesehen worden. Dem Umgang mit diesem Guthaben, insbesondere
seiner besonderen Sicherung, dienen die Unterabs. 6 und 9 des § 3 Abs. 3 Anwendungs-
TV.
Diese Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit fand von vornherein nach § 5 Abs. 2
Anwendungs-TV auf Altersteilzeitverträge keine Anwendung. Es gab hier also auch kein
Bedürfnis zur besonderen Sicherung von Zeitguthaben. Solche waren in der Altersteilzeit
gerade nicht vorgesehen. Vielmehr beabsichtigten die Tarifpartner von vornherein, die
wöchentliche Arbeitszeit in diesen Fällen nicht zu kürzen. Aus diesem Grund regelte § 5
Abs. 2 unter Buchst. c Anwendungs-TV bereits in seiner ursprünglichen Fassung, dass
die §§ 3 und 4 Anwendungs-TV nicht für Arbeitnehmer in Altersteilzeit gelten. Dies haben
die Tarifpartner in dem Änderungstarifvertrag Nr. 1 dann nochmals unter § 5 Abs. 2
Buchst. c Anwendungs-TV bestätigt und die Regelung lediglich um den Zusatz ergänzt,
wonach die während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geltende Arbeitszeit auf der
Grundlage des Altersteilzeitgesetzes zu ermitteln ist.
Einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift steht schon ihr Ausnahmecharakter für
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Einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift steht schon ihr Ausnahmecharakter für
den Sonderfall der im Zusammenhang mit der durch die Arbeitszeitverkürzung nach § 3
Anwendungs-TV aufgelaufenen Zeitguthaben entgegen. Nur diese sollten aus den
dargelegten Gründen besonders gesichert werden.
2) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Altersteilzeitvertrag
der Parteien iVm der Ergänzung vom 7. Juni 2005 und § 5a Anwendungs-TV. Der
Freizeitausgleichsanspruch der Klägerin nach § 5a Abs. 2 Anwendungs-TV ist durch die
am 7. Juni 2005 vereinbarte Freistellung in der Zeit vom 30. Januar bis zum 28. Februar
2007 erfüllt worden. Das Risiko einer Erkrankung in diesem Zeitraum trug die Klägerin.
a) Allerdings liegen die Voraussetzungen des § 5a Anwendungs-TV an sich vor.
Besonderheiten ergäben sich hier auch nicht, wenn die Klägerin – wie erstmals in der
mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vorgetragen – vor dem 1. September
2007 entgegen § 3 Änderungs-TV nicht verkürzt bzw. mit entsprechendem
Freizeitausgleich gearbeitet haben sollte. Nach § 5 Abs. 2 Buchst. c Änderungs-TV war
nämlich die Arbeitszeit auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes zu ermitteln. Das
entspricht auch § 3 TV ATZ, der ausdrücklich im Altersteilzeitvertrag der Parteien in
Bezug genommen worden ist. Nach § 6 Abs. 2 ATZG in der seit dem 1. Juli 2004 gültigen
Fassung ist die vor Beginn des Laufs des Altersteilzeitvertrages vereinbarte Arbeitszeit
maßgeblich. Danach wäre u.U. gar kein nach § 5a Anwendungs-TV auszugleichender
Überhang angefallen. Nach der bei Abschluss des Vertrages maßgeblichen Fassung des
ATZG, die aufgrund der Übergangsregelung des § 15g ATZG auf den Vertrag der
Parteien Anwendung findet, ist aber maximal die tarifliche Arbeitszeit maßgeblich. Das
war hier die nach § 3 Anwendungs-TV verkürzte Arbeitszeit. Es kann also im Ergebnis
dahinstehen, in welchem Umfang die Klägerin in der kurzen Zeit zwischen Tarifabschluss
und der Altersteilzeit tatsächlich gearbeitet hat.
b) Aus der Anwendung dieser Vorschrift ergeben sich aber nicht die durch die Klägerin
begehrten Rechtsfolgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
wird ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der
Arbeitspflicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Falle nicht mehr verpflichtet, im
Freistellungszeitraum die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu
erbringen. Er kann über diesen Zeitraum frei verfügen, ohne dass die Pflicht des
Arbeitgebers zur Zahlung der entsprechenden Vergütung entfällt. Eine nachträglich
eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum macht die
Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht hinfällig. Demnach trägt grundsätzlich der
Arbeitnehmer das Risiko, die durch Arbeitsbefreiung als Arbeitszeitausgleich gewonnene
Freizeit auch tatsächlich nach seinen Vorstellungen nutzen zu können. Etwas anderes
gilt im Falle eines tarifvertraglich geregelten Arbeitszeitausgleichs nur dann, wenn der
Tarifvertrag mit dem Freizeitausgleich die Verschaffung einer zu Erholungszwecken
nutzbaren arbeitsfreien Zeit sicherstellen und dazu dem Arbeitgeber bei einer zuvor
erfolgten Festlegung der freien Arbeitstage das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit
zuweist (BAG 11. September 2003 - 6 AZR 374/02 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Gleitzeit =
EzBAT § 15 BAT Herabsetzung der Wochenarbeitszeit = NZA 2004, 738, zu 2 a, b der
Gründe).
c) Ein darauf gerichteter Wille, dem Arbeitgeber das Risiko der Nutzungsmöglichkeit zu
übertragen, lässt sich § 5a Abs. 2 Anwendungs-TV in der Fassung des 1.
Änderungstarifvertrages und auch der Änderungsvereinbarung vom 7. Juni 2005, die die
Konkretisierung hinsichtlich des Zeitrahmens vornimmt, nicht entnehmen. Nach dem
Wortlaut ist es unerheblich, ob und inwieweit der Arbeitnehmer einen bereits im Voraus
gewährten Arbeitszeitausgleich nach seinen Vorstellungen nutzen kann. Aus dem
Tarifwortlaut ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien
abweichend von den allgemeinen Grundsätzen eine Erfüllung des Anspruchs auf
Arbeitszeitausgleich ausnahmsweise ausschließen wollten, falls der Arbeitnehmer nach
bereits erfolgter Festlegung des Arbeitszeitausgleichs im Ausgleichszeitraum
arbeitsunfähig erkrankt. Aus Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der
Regelung ergibt sich nichts anderes. Es geht nach der Regelung darum, durch den
Zeitausgleich die durchschnittliche Arbeitszeit von 34,65 Wochenstunden über den
gesamten Zeitraum der Arbeitsphase zu gewährleisten und aus diesem Grund das
angesammelte Zeitguthabe abzubauen. Wie bei dem der zitierten Entscheidung des
BAG vom 11. September 2003 zugrunde liegenden Sachverhalt lässt sich der
Vereinbarung nicht entnehmen, dass mehr oder anderes als der Ausgleich zur
durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit geregelt werden sollte. Insbesondere ergibt
sich daraus nicht, dass der Freizeitausgleich einem besonderen Erholungsbedürfnis
dienen und das Risiko der Nutzungsmöglichkeit im Falle einer nachträglich aufgetretenen
krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber auferlegt
werden sollte. Im Zusammenhang mit der Regelung unter § 3 Abs. 3 Unterabs. 6 und 9
Anwendungs-TV ergibt sich eher das Gegenteil. Diese Regelung trägt der zitierten
Rechtsprechung des BAG Rechnung. Ohne eine solche besondere Sicherung des
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Rechtsprechung des BAG Rechnung. Ohne eine solche besondere Sicherung des
Zeitguthabens läge nach dieser gerade zum BAT-O im Zusammenhang mit einer
tariflichen Arbeitszeitverkürzung ergangen Rechtsprechung des BAG das Risiko einer
Arbeitsunfähigkeit auch bei den Arbeitnehmern.
3. Die tarifliche Regelung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz.
a) Eine tarifliche Regelung verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG, wenn die Tarifvertragsparteien tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten
außer Acht gelassen haben, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen
Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten Berücksichtigung finden
müssen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen sind dabei
unterschiedliche Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund für eine
Ungleichbehandlung zu stellen. Sie reichen von einem bloßen Willkürverbot bis zu einer
strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Bei einer personenbezogenen
Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von
Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird,
obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten. Eine
sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt hingegen nur dann gegen Art. 3
Abs. 1 GG, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache
ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die Differenzierung nicht finden lässt
(BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZR 185/07 – Juris, zu II 1 d aa der Gründe)
b) Hier sind sogar die Anforderungen bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung
erfüllt, jedenfalls ist die Differenzierung nicht willkürlich. Der Anwendungs-TV
unterscheidet zwischen Arbeitszeitguthaben, die aufgrund der Sonderregelungen des § 3
Anwendungs-TV entstehen, und unterwirft diese den besonderen Sicherungen der
Unterabs. 6 und 9 des § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV, und solchen, die aufgrund der
Tarifkorrektur entstanden sind. Die dem zugrunde liegenden Unterschiede sind
gewichtig. Der besondere Schutz der Guthaben aus Arbeitszeitkonten im
Zusammenhang mit der Arbeitszeitvergütung ist speziell für diese Sonderkonstellation
geschaffen worden, um sicher zu stellen, dass die aufgrund regelmäßiger Mehrarbeit
angefallenen Stunden auf keinen Fall verloren gehen. Es handelt sich um regelmäßig
anlaufende Zeitguthaben, bei denen der Ausgleich nicht immer als sicher galt. Insoweit
bestand und besteht ein besonderes Sicherungsbedürfnis. Im Gegensatz dazu regelt §
5a Anwendungs-TV den Umgang mit Arbeitszeitkontenguthaben, die aufgrund eines
Fehlers der Tarifpartner einmalig angefallen sind. Außerdem ist dort unmittelbar
festgelegt, wie - und im Hinblick auf die Verpflichtung zur Festlegung des
Freistellungszeitraums auch wann - der Ausgleich erfolgen soll. Die im Zusammenhang
mit der Arbeitszeitverkürzung bestehenden Unsicherheiten gab es hier also nicht. Es ist
gut nachvollziehbar, dass die Tarifpartner mit den entstandenen Zeitguthaben so
verfahren sind, wie es bei Zeitguthaben ansonsten üblich ist.
4. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus Bestimmungen des BUrlG oder den
tariflichen Regelungen zum Urlaub bzw. zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Insoweit
wird ergänzend auf die Ausführungen des BAG in der zitierten Entscheidung vom 11.
September 2003 unter 3. und 4. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich
um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.
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