Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 14.07.2006

LArbG Berlin-Brandenburg: treu und glauben, tarifvertrag, betriebsübergang, akte, sozialplan, vergütung, arbeiter, transport, betriebsrat, arbeitsgericht

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 12.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 Sa 2044/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
BMT-G 2, § 1 TVG, § 4 Abs 3
TVG, § 613a Abs 1 S 3 BGB, §
613a Abs 5 BGB
Eingruppierung - Krankentransportfahrer -
Gleichstellungsabrede - Tarifwechselklausel - Betriebsübergang
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14.07.2006
- 74 Ca 16108/05 - geändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.121,21 € brutto
(fünftausendeinhundert-einundzwanzig 21/100) nebst 5 % Zinsen über den
Basiszinssatz aus 1.473,68 € seit dem 16.09.2005 sowie aus 3.647,53 € seit dem
16.12.2005 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch in
der Zeit ab dem 01.12.2005 ein monatliches Entgelt nach der Lohngruppe 3 a der
Anlage 1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II, Stand 30.06.2005, i.H.v.
2.246,58 € brutto sowie ein jährliches Urlaubsgeld i.H.v. 323,34 € brutto und eine
jährliche Sonderzuwendung i.H.v. 1.922,02 € brutto zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, welcher Tarifvertrag auf das zwischen den Parteien
bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung findet und in diesem Zusammenhang um die
Frage, nach welcher Vergütungsgruppe der Kläger zu vergüten ist.
Der Kläger begann am 1. Oktober 1995 ein Arbeitsverhältnis mit dem J. Krankenhaus in
Berlin, Stiftung bürgerlichen Rechts, als Krankentransporter. Er ist nicht tarifgebunden,
das Jüdische Krankenhaus ist seit 1965 Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband
Berlin. Die Beklagte ist Mitglied der Gebäudereinigerinnung und unterfällt dem
Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrages für die
gewerblichen Beschäftigten des Gebäudereinigerhandwerks. Das J. Krankenhaus
vereinbarte in ihren Arbeitsverträgen mit allen Mitarbeitern die Geltung der Tarifverträge
für den öffentlichen Dienst. § 5 des mit dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrages -
„Anwendung von Tarifvorschriften“ enthält auszugsweise folgende Regelung:
Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages war der Kläger eingruppiert in Lohngruppe 3 Fallgruppe
49 der Anlage 1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G. Der Kläger erhielt
zuletzt nach erfolgtem Bewährungsaufstieg Vergütung nach Lohngruppe 3a dieses
Tarifvertrages in Höhe von zuletzt 2.246,58 EUR brutto monatlich. Weiterhin erhielt er
eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe von zuletzt 1.922,02 EUR brutto sowie ein
jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 323,34 EUR brutto.
Nachdem das J. Krankenhaus beschlossen hatte, bestimmte nicht-medizinische
Arbeiten, unter anderem den Tätigkeitsbereich des Klägers, zum 1. Juli 2005 an die
Beklagte fremd zu vergeben, schloss es am 10. Mai 2005 mit dem bei ihr gebildeten
Betriebsrat einen freiwilligen Interessenausgleich und Sozialplan, bei dem die Beklagte
als Partei dieser Vereinbarung mit aufgeführt ist und der von der Beklagten mit
unterzeichnet wurde. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat nicht gebildet. In dieser
Vereinbarung heißt es in § 4: „Übergang von Rechten und Pflichten – Nach den
Betriebsübergängen tritt die Übernehmerin gemäß § 613a BGB in die Rechte und
Pflichten gegenüber den in der Anlage 1 bezeichneten Arbeitnehmer/innen mit
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Pflichten gegenüber den in der Anlage 1 bezeichneten Arbeitnehmer/innen mit
Ausnahme der in Anlagen 2 und 3 genannten Arbeitnehmer/innen ein“. Der Kläger ist in
Anlage 1 mit der Lohngruppe 3a und einem Monatslohn von 2.246,58 EUR aufgeführt. §
5 dieser Vereinbarung „Besitzstandswahrung“ enthält auszugsweise folgende Regelung:
Der Kläger wird in Anlage 5 zum Interessenausgleich ab 1. Juli 2005 der
Vergütungsgruppe 5 mit einer monatlichen Lohndifferenz von 575,17 EUR zugeordnet.
Gemäß § 6 des Interessenausgleichs, wonach die betroffenen Arbeitnehmer
„entsprechend den Vorgaben des § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang
unmittelbar vom Arbeitgeber informiert“ werden sollten, übersandte das J. Krankenhaus
an die betroffenen Arbeitnehmer, so auch an den Kläger, unter dem Datum des 12. Mai
2005 ein Schreiben, in dem es über die Fremdvergabe der Bereiche an die Beklagte „im
Rahmen eines Betriebsüberganges nach Maßgabe des § 613a BGB“ und ein
diesbezügliches Widerspruchsrecht sowie den abgeschlossenen Interessenausgleich mit
Sozialplan und die dort vereinbarte Ausgleichzahlung informierte. Weiter heißt es in
diesem Schreiben auszugsweise:
Dem Schreiben war der Gesetzestext zu § 613a BGB beigefügt. Es war von der
Kaufmännischen Direktorin des J. Krankenhauses sowie dem Geschäftsführer der
Beklagten unterschrieben.
Von der Fremdvergabe waren insgesamt 33 Mitarbeiter des J, Krankenhauses betroffen,
wovon 17 Arbeitnehmer einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprachen. Den
übrigen 16 beschäftigten Arbeitnehmern, so auch dem Kläger, unterbreiteten die
Beklagte und das J, Krankenhaus einen dreiseitigen „Überleitungsvertrag“, mit dem der
Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zum 1. Juli 2005 und die Anwendung
der für die Beklagte jeweils geltenden Tarifverträge vertraglich fixiert werden sollte.
Diesen Vertrag unterzeichneten 8 Arbeitnehmer.
Der Kläger nahm zum 1. Juli 2005 die Beschäftigung bei der Beklagten auf,
unterzeichnete den Überleitungsvertrag jedoch nicht. Die Beklagte wendet auf das
Arbeitsverhältnis die Regelungen der Tarifverträge für die gewerblichen Beschäftigten in
der Gebäudereinigung an, welche weder ein Urlaubsgeld noch eine
Jahressonderzuwendung vorsehen. Auf der Basis der Lohngruppe 5 des
Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung (RTV
Gebäudereinigung) – „Hilfsarbeiten in der Glas- und Außenreinigung“ - zahlt sie an den
Kläger ein um 575,17 EUR brutto niedrigeres Monatsentgelt. Den Ausgleichsbetrag nach
§ 5 Abs. 3 des Interessenausgleichs zahlt sie an den Kläger im Hinblick auf den nicht
abgeschlossenen Überleitungsvertrag nicht. Mit seiner am 18. Juli 2005 beim
Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage verlangt der Kläger zuletzt
Vergütungsdifferenzen für die Monate Juli bis November 2005 in Höhe von monatlich
575,17 EUR, mithin von insgesamt 2.875,85 EUR brutto sowie für das Jahr 2005 die
Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 323,34 EUR brutto und eine
Jahressonderzuwendung in Höhe von 1.922,02 EUR brutto. Hilfsweise begehrt er die
Zahlung des monatlichen Ausgleichsbetrages nach § 5 Abs. 3 des Interessenausgleichs.
Er hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis fänden weiterhin die mit dem J.
Krankenhaus arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge für die gewerblichen
Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Berlin Anwendung und hat gemeint, es habe
ein Betriebsteilübergang auf die Beklagte stattgefunden, jedenfalls seien alle Beteiligten
von einem solchen ausgegangen. Er hat vorgetragen, als Transportarbeiter im Sinne der
Lohngruppe 3/3a des Berliner Bezirkstarifvertrages beschäftigt worden zu sein und nie
überwiegend Reinigungsarbeiten durchgeführt zu haben.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, bei der
arbeitsvertraglichen Vereinbarung handle es sich um eine Gleichstellungsabrede, die
den jeweils fachlich/betrieblich einschlägigen Tarifvertrag in der jeweils geltenden
Fassung zur Anwendung bringe, so dass nunmehr auf das Arbeitsverhältnis die für sie
einschlägigen Gebäudereiniger-Tarifverträge Anwendung fänden. Aufgrund der
Allgemeinverbindlichkeit der Gebäudereinigertarifverträge bestehe nunmehr
beiderseitige Tarifgebundenheit. Sie hat weiter die Auffassung vertreten, die mit dem
Kläger arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge befänden sich aufgrund der
zwischenzeitlich erfolgten Vereinbarung des TVöD nur noch in der Nachwirkung, so dass
sie durch die kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung geltenden
Gebäudereinigertarifverträge abgelöst worden seien. Sie hat zuletzt vorgetragen, es
habe sich bei der Übertragung der Bereiche aus dem J. Krankenhaus um eine reine
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habe sich bei der Übertragung der Bereiche aus dem J. Krankenhaus um eine reine
Funktionsnachfolge gehandelt. Schließlich hat sie sowohl die Richtigkeit der
Eingruppierung in die Lohngruppe 3/3a des Berliner Bezirkstarifvertrages als auch die
Richtigkeit der Berechnung der Klageforderung bestritten.
Von einer weiteren Darstellung des Parteivorbringens erster Instanz wird unter
Bezugnahme auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Blatt 414 bis 418
der Akte) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14. Juli 2006 die Klage abgewiesen und den
Streitwert auf 27.442,47 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, die sowohl im Leistungs- als auch im Feststellungsantrag zulässige Klage sei
unbegründet, weil auf das Arbeitsverhältnis nunmehr kraft Allgemeinverbindlichkeit die
Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk zur Anwendung kämen. Das
Arbeitsverhältnis des Klägers sei nicht als Folge eines Betriebsteilüberganges gemäß §
613a BGB auf die Beklagte übergegangen, weil diese keinen bisher eigenständig
organisierten Betriebsteil übernommen habe und der Kläger auch personell keiner
eigenständig organisierten Betriebsabteilung zugeordnet gewesen sei. Schließlich habe
die Beklagte auch weder wesentliche Betriebsmittel noch eine wesentliche Zahl von
Mitarbeitern mit besonderer Sachkunde übernommen. Der Kläger sei daher zum 1. Juli
2005 ein neues Arbeitsverhältnis zur Beklagten eingegangen, auf das kraft
Allgemeinverbindlichkeitserklärung die Gebäudereinigertarifverträge Anwendung fänden.
Eine Weitergeltung des alten Arbeitsvertrages sei zwischen den Parteien nicht vereinbart
worden. Diese ergäbe sich auch nicht aus der dreiseitigen Vertragsvereinbarung. Zwar
sei in dem Interessenausgleich zum Ausdruck gekommen, dass alle Beteiligten von
einem Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB ausgegangen seien, jedoch sei dort
ausdrücklich klargestellt worden, dass die von der Beklagten vertraglich zugesagte
Übernahme allein unter der rechtlichen Bedingung erfolge, dass mit der Übernahme nur
noch der für sie geltende Gebäudereinigertarifvertrag Anwendung finde. So seien auch
für den Kläger in Anlage 5 des Interessenausgleichs die neuen Entgeltregelungen
festgelegt worden. Anspruch auf monatliche Ausgleichszahlung habe der Kläger
ebenfalls nicht, weil diese an den Abschluss des Überleitungsvertrages gekoppelt sei,
dessen Abschluss der Kläger verweigert habe. Aus diesem Grunde könne der Kläger
einen Anspruch auf Ausgleichszahlung auch nicht auf den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.
Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils, Blatt 418 bis 421 der Akte, verwiesen.
Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 20. November 2006 zugestellte
Urteil richtet sich die am 21. November 2006 beim Landesarbeitsgericht Berlin
eingegangene und am 4. Dezember 2006 begründete Berufung des Klägers. Er
wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint, sein Arbeitsverhältnis sei
entgegen der arbeitsgerichtlichen Begründung infolge eines Betriebsteilüberganges auf
die Beklagte übergegangen. Bei dem Bereich Transport- und Hofarbeit habe es sich um
eine organisatorisch eigenständige Betriebsabteilung gehandelt, aus der alle Mitarbeiter
unter unveränderter Beibehaltung der zu verrichtenden Aufgaben übernommen worden
seien. Schließlich sei es der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt des
widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf einen fehlenden
Betriebsteilübergang zu berufen. Der Kläger meint weiter, unabhängig vom Vorliegen
eines Betriebsteilüberganges sei jedenfalls aufgrund des von der Beklagten und dem J.
Krankenhaus verfassten Schreibens vom 12. Mai 2005 eine rechtsgeschäftliche Einigung
über die Geltung der gesetzlichen Regelungen in § 613a BGB erzielt worden. Das dort
unterbreitete Angebot, bei der Beklagten nach Maßgabe des § 613a BGB weiter zu
arbeiten, habe er konkludent durch seine dortige Arbeitsaufnahme angenommen. Eine
Bedingung dahingehend, dass das Angebot an die Vereinbarung der
Gebäudereinigertarifverträge gekoppelt sei, habe die Beklagte nicht erklärt, sondern
diesbezüglich lediglich eine Rechtsauffassung geäußert. Er meint, zutreffend in die
Lohngruppe 3/3a des Berliner Bezirkstarifvertrages eingruppiert zu sein, weil er als
Krankentransportarbeiter eingestellt worden sei und zuletzt überwiegend Lasten mit
einem Gewicht von mindestens 25 kg zu transportieren gehabt habe.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Juli 2006 – 74 Ca 16108/05 –
abzuändern und
I. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.121,21 EUR brutto nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.473,68 EUR seit dem 16. September 2005 sowie
aus 3.647,53 EUR seit dem 16. Dezember 2005 zu zahlen;
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II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch in der Zeit
ab dem 1. Dezember 2005 ein monatliches Entgelt nach der Lohngruppe 3a der Anlage
1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II, Stand 30. Juni 2005, in Höhe von
2.246,58 EUR brutto sowie ein jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 323,34 EUR brutto und
eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe von 1.922,02 EUR brutto zu zahlen;
III. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Klageantrags zu II. 1. festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Ausgleichsbeträge nach § 5 Abs. 3 des
Interessenausgleichs und Sozialplans vom 10. Mai 2005 zwischen dem J. Krankenhaus
Berlin, dem Betriebsrat des J. Krankenhauses Berlin sowie der Beklagten zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil jedenfalls im Ergebnis und wiederholt
zunächst ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, da es sich bei der
arbeitsvertraglichen Vereinbarung um eine Gleichstellungsabrede handle, gelte kraft
Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Gebäudereinigertarifvertrages nach den
gesetzlichen Regelungen für den Betriebsübergang in § 613a BGB nunmehr dieser.
Außerdem befänden sich die arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge nur noch in
der Nachwirkung, so dass sie durch die für die Beklagte geltenden
Gebäudereinigertarifverträge auch nach tarifrechtlichen Regelungen gemäß § 4 Abs. 5
TVG abgelöst worden seien. Sie ist der Auffassung, durch den Interessenausgleich mit
Sozialplan sei die Eingruppierung des Klägers in eine Lohngruppe des
Gebäudereinigertarifvertrages rechtswirksam und bindend festgeschrieben worden.
Weiter trägt sie vor, die Organisationsstruktur der übernommenen Bereiche habe sich
durch die Übernahme grundlegend geändert. Sie behauptet, dem Kläger habe vorher
Reinigungstätigkeit einfacherer Art sowie interner Transportdienst oblegen, so dass
Zweifel an der Richtigkeit der früheren Entlohnung nach Lohngruppe 3/3a des Berliner
Bezirkslohntarifvertrages bestünden. Jedenfalls habe sich die Tätigkeit des Klägers seit
der Übernahme hin zu mehr als 50 % Reinigungstätigkeit verändert, so dass allenfalls
eine Eingruppierung nach Lohngruppe 2a des Berliner Bezirkslohntarifvertrages
zutreffend sei. Sie meint, die vom Kläger ausgeübten Arbeiten seien nach Lohngruppe 5
des RTV Gebäudereinigung zu bewerten, was sich auch aus der Festlegung im
Interessenausgleich ergäbe. Allenfalls käme noch die Auffanglohngruppe 1 in Frage.
Schließlich beruft sie sich auf tarifvertragliche Ausschlussfristen nach dem
Rahmentarifvertrag Gebäudereinigung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die
Berufungsbegründung vom 4. Dezember 2006 (Blatt 432 der Akte) und auf die
Schriftsätze des Klägers vom 3., 22. und 24. Januar 2007 (Blatt 459, 745 und 753 der
Akte) sowie auf die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 8. Januar 2007 (Blatt 541
der Akte) und ihren Schriftsatz vom 23. Januar 2007 (Blatt 749 der Akte) Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist
form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO
eingelegt und begründet worden. Soweit der Kläger die Zahlungsanträge geringfügig
erweitert hat, beruhte dies lediglich auf der Beseitigung offensichtlicher Additionsfehler
und ist dies ohnehin nach §§ 533, 264 ZPO zulässig.
II.
Die Berufung hat in der Sache auch Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien finden die zwischen dem Kläger und dem J. Krankenhaus
arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge für die gewerblichen Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes im Land Berlin, nämlich der BMT-G II sowie die Bezirkstarifverträge,
insbesondere der Bezirkslohntarifvertrag Anwendung. Dabei kann dahinstehen, ob es
sich bei der Aufgabenübertragung vom J. Krankenhaus auf die Beklagte um einen
Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a BGB gehandelt hat. Denn jedenfalls wurde
zwischen den Parteien vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe dieser
gesetzlichen Regelungen weitergeführt werden soll. Die Einwände der Beklagten gegen
die Eingruppierung des Klägers und die Berechnung der Klageforderung sind
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die Eingruppierung des Klägers und die Berechnung der Klageforderung sind
unzutreffend, so dass dem Kläger die begehrten Zahlungen zustehen.
1.
Für den Hauptantrag zu II. ergibt sich das Feststellungsinteresse bereits daraus, dass
mit der Frage, nach welchem Tarifvertrag der Kläger zu vergüten ist, zugleich der
wesentliche Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geklärt
wird (vgl. BAG vom 30. Juli 1992, 6 AZR 11/92, NZA 1993, 324). Der grundsätzliche
Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen, denn eine Zahlungsklage kann
immer nur für einen bestimmten Zeitabschnitt zu einer rechtskräftigen Klärung führen,
während die gerichtliche Feststellung geeignet ist, den Streit der Parteien über die
Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs zu beseitigen (vgl. BAG vom 13.
Dezember 2001, 6 AZR 127/00, ZTR 2002, 323, m.w.Nw.).
2.
hat Anspruch auf Vergütung nach Lohngruppe 3a des Berliner Bezirkslohntarifvertrages
Nr. 2 in Verbindung mit dem BMT-G II, da diese Tarifverträge aufgrund
arbeitsvertraglicher Vereinbarung mit dem Stand 1. Juli 2005 auf das Arbeitsverhältnis
zur Anwendung kommen und der Kläger zutreffend in diese Lohngruppe eingruppiert ist.
2.1.
arbeitsvertragliche Vereinbarung, wonach der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter
gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) sowie die für Berlin geltenden
Bezirkstarifverträge einschließlich der Lohntarife in der jeweils geltenden Fassung zur
Anwendung kommen, stellt eine so genannte Gleichstellungsabrede und keine sog.
Tarifwechselklausel dar, die dazu führt, dass die Regelungen dieses Tarifvertrages auch
nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten mit ihrem
letzten Stand (statisch) weitergelten. Die Kammer folgt hier den zutreffenden
Begründungen der Kammern 6, 7 und 18 des Landesarbeitsgerichts Berlin in den
gleichgelagerten Parallelverfahren (Urteil vom 31. März 2006, 6 Sa 2262/05; vom 16. Mai
2006, 7 Sa 2263/05 und vom 11. Mai 2006, 18 Sa 2120/05).
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages war der damalige Arbeitgeber des
Klägers tarifgebunden. Eine dynamische Bezugnahme auf die einschlägigen
Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag ist
typischerweise eine Gleichstellungsabrede (ständige Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG vom 26. September 2001, 4 AZR 544/00, NZA 2002,
634; vom 29. August 2001, 4 AZR 332/00, NZA 2002, 513). Mit einer solchen
vertraglichen Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge verfolgt der Arbeitgeber
wegen seiner Tarifgebundenheit typischerweise den Zweck, Arbeitnehmer ohne
Rücksicht auf deren Tarifbindung so zu stellen, als wären sie tarifgebunden. Eine
Gleichstellungsabrede soll lediglich eine fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers
ersetzen. Er soll vertragsrechtlich so gestellt werden, wie ein tarifgebundener
Arbeitnehmer tarifrechtlich steht (vgl. BAG vom 1. Dezember 2004, 4 AZR 329/04, n.v.,
vom 25. September 2002, 4 AZR 294/01, NZA 2003, 807, jew. mit umfangreichen
Nachweisen). Dies gilt jedenfalls für die vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen
Arbeitsverträge (BAG vom 14. Dezember 2005, 4 AZR 536/04, NZA 2006, 607) und
danach ohnehin zugunsten des Arbeitnehmers bei allgemeinen vorformulierten
Vertragsbedingungen im Sinne einer dynamisch anstelle nur statisch wirkenden
Vereinbarung (so zutreffend LAG Berlin vom 31. März 2006, 6 Sa 2262/05).
Die Gleichstellung ersetzt die fehlende Tarifgebundenheit an den in Bezug genommenen
Tarifvertrag, an den der arbeitsvertragsschließende Arbeitgeber gebunden war; sie wirkt
nur im Geltungsbereich des in Bezug genommenen Tarifvertrages (BAG vom 16.
Oktober 2002, 4 AZR 467/01, NZA 2003, 490; vom 21. Februar 2001 - 4 AZR 18/00, NZA
2001, 1318). Mit einer solchen Gleichstellungsabrede wird nicht das für den jeweiligen
Arbeitgeber jeweils geltende einschlägige Tarifwerk vereinbart. Soll der für den
Arbeitgeber jeweils einschlägige Tarifvertrag Anwendung finden, so ist die Vereinbarung
einer sog. Tarifwechsel- oder großen dynamischen Verweisungsklausel erforderlich (BAG
vom 16. Oktober 2002, 4 AZR 467/01; vom 30. August 2000, 4 AZR 581/99, NZA 2001,
510). Allein die Bezugnahme im Arbeitsvertrag, mit der die Anwendbarkeit oder
"Geltung" eines bestimmten, dort benannten Tarifvertrages oder Tarifwerkes vereinbart
worden ist, kann über ihren Wortlaut hinaus nur dann als Bezugnahme auf den jeweils für
den Betrieb fachlich/betrieblich geltenden Tarifvertrag als große dynamische
Verweisungsklausel ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen
ergibt; der bloße Umstand, dass es sich um eine Gleichstellungsabrede handelt, genügt
hierfür nicht (BAG vom 30. August 2000, 4 AZR 581/99, a.a.O.). Solche besonderen
Umstände sind hier nicht ersichtlich.
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2.2.
Gleichstellungsabrede der BMT-G II mit den einschlägigen Bezirkstarifverträgen für das
Land Berlin Anwendung, so ist das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt auf die Beklagte
übergegangen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der Übertragung der
Tätigkeitsbereiche von dem J. Krankenhaus auf die Beklagte um einen
Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a BGB oder um eine reine Funktionsnachfolge
gehandelt hat, auf die die Regelungen des § 613a BGB keine Anwendung finden. Denn
die Beklagte hat jedenfalls einzelvertraglich dem Kläger die Fortsetzung des bisherigen
Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen in § 613a BGB
angeboten, was dieser durch Arbeitsaufnahme angenommen hat.
2.2.1.
Maßgabe der gesetzlichen Regelungen in § 613a BGB bei der Beklagten fortgesetzt
werden soll. Das J. Krankenhaus hat dem Kläger mit Schreiben vom 12. Mai 2005 unter
Bezugnahme auf die Vorschrift des § 613a BGB mitgeteilt, dass die Beklagte in alle
Rechte und Pflichten aus dem mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnis eintrete, soweit
der Kläger dem Arbeitgeberwechsel nicht widerspreche. Sie hat ihn weiter darauf
hingewiesen, dass der Abschluss neuer Arbeitsverträge nicht erforderlich sei. Die
Beklagte hat dieses Schreiben durch ihren Geschäftsführer mit unterschrieben, so dass
es sich gleichzeitig als eine von ihr abgegebene Erklärung darstellt. Entsprechende
Äußerungen enthält der von ihr ebenfalls mit unterzeichnete „Interessenausgleich und
Sozialplan“ vom 10. Mai 2005. Der Kläger musste daher davon ausgehen, dass er bei
unterbleibendem Widerspruch mit seinen bisherigen vertraglichen Rechten bei der
Beklagten weiter beschäftigt wird.
Der Kläger konnte das Schreiben vom 12. Mai 2005 auch nicht so verstehen, dass die
Beklagte den Eintritt in die bisherigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten an die
Bedingung eines „Tarifwechsels“ knüpfen wollte. Denn dies stünde im Widerspruch zu
ihrem Verweis auf die gesetzlichen Regelungen in § 613a BGB: der Übergang des
Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen in § 613a BGB hätte
aufgrund der arbeitsvertraglich vereinbarten Gleichstellungsabrede nicht zu einer
Anwendung der Gebäudereinigertarifverträge geführt. Gleichzeitig hat die Beklagte den
Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich wegen ihrer veränderten Tarifbindung
„nach ihrer Auffassung“ Änderungen bei den geltenden Arbeitsbedingungen ergäben.
Sie hat damit lediglich ihre Rechtsansicht geäußert und nicht zum Ausdruck gebracht,
dass sie die Übernahme des klägerischen Arbeitsverhältnisses von der Bedingungen
abhängig machen will, dass dieser die Geltung des Gebäudereinigertarifvertrages
akzeptiert. Als Bedingung durfte der Kläger die Erklärungen der Beklagten auch deshalb
nicht verstehen, weil er den von der Beklagten vorgelegten Überleitungsvertrag, mit
dem die Geltung der Gebäudereinigertarifverträge vertraglich vereinbart werden sollte,
nicht unterzeichnet hat und von der Beklagten dennoch weiter beschäftigt wurde.
Es handelt sich auch nicht lediglich um die rechtsirrige Mitteilung einer Rechtsauffassung
ohne Rechtsbindungswillen. Denn die Beklagte hat den Kläger darauf hingewiesen, dass
sein Arbeitsverhältnis mit allen bisherigen Rechten und Pflichten bei ihr fortgesetzt
werde, wenn er dem Arbeitgeberwechsel nicht widerspricht, und dass es hierfür keines
neuen Arbeitsvertragsschlusses mit ihr bedürfe. Sie hat dem Kläger weiter mitgeteilt,
dass dabei „nach ihrer Auffassung“ die Gebäudereinigertarifverträge zur Anwendung
kommen. Schon damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass das Arbeitsverhältnis
jedenfalls nach Maßgabe der in § 613a BGB geregelten Rechtsfolgen übergehen soll und
dass sie für die damit verbundenen Rechtsfolgen eine bestimmte Rechtsauffassung
vertritt. Hinzu kommt, dass sie dem Kläger einen Überleitungsvertrag vorgelegt hat, mit
dem er diese Auffassung zur Grundlage seiner künftigen Vertragsbeziehungen machen
sollte. Sie hat den Kläger in Kenntnis des Umstandes, dass dieser diese Auffassung
offensichtlich nicht teilt und den Überleitungsvertrag nicht unterschreiben will, bei sich
weiter beschäftigt. Der Kläger hatte daher keinen Anlass davon auszugehen, dass er
nunmehr mit der Beklagten ein gänzlich neues Arbeitsverhältnis eingeht, für das
nunmehr in Ermangelung eines Betriebsteilüberganges im Rechtssinne seine bisherigen
vertraglichen Vereinbarungen zum Wegfall kommen würden.
Auf die Frage, ob der Abschluss des Dienstleistungsvertrages zwischen der Beklagten
und dem J. Krankenhaus rechtlich als Betriebsteilübergang zu qualifizieren ist oder ob die
Beklagte mit dem J. Krankenhaus einen Übergang nach Maßgabe der Regelungen des §
613a BGB unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen vereinbart
hat, kommt es daher vorliegend nicht an. Die Beklagte hat unmittelbar mit dem Kläger
die Übernahme seines Arbeitsverhältnisses unter Beibehaltung des bisherigen
arbeitsvertraglichen Inhalts vereinbart (ebenso bereits LAG Berlin vom 16. Mai 2006, 7
Sa 2263/05). Die Frage, ob es der Beklagten darüber hinaus nach Treu und Glauben
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Sa 2263/05). Die Frage, ob es der Beklagten darüber hinaus nach Treu und Glauben
verwehrt ist, sich auf das Fehlen eines Betriebsteilüberganges zu berufen, kann ebenfalls
offen bleiben (bejahend LAG Berlin vom 16. Mai 2006, 7 Sa 2263/05).
2.2.2.
gesetzlichen Regelungen in § 613a BGB fortgesetzt, so gelten für das Arbeitsverhältnis
nunmehr in Ermangelung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifwechselklausel die
arbeitsvertraglich vereinbarten tariflichen Regelungen. Jedenfalls für Verträge, die vor
dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden, ist damit bei einem Betriebsinhaberwechsel
nach § 613a BGB eine statische Weitergeltung der vereinbarten tariflichen Regelungen
verbunden, wenn der neue Arbeitgeber nicht oder anderweitig tariflich gebunden ist
(BAG vom 14. Dezember 2005, 4 AZR 536/04, a.a.O.; vom 26. September 2001, 4 AZR
544/00, a.a.O.). Da die Beklagte an die vereinbarten Tarifverträge des öffentlichen
Dienstes nicht gebunden ist, nimmt der Kläger an der weiteren Tarifentwicklung dieser
Verträge nicht mehr teil. Dies hat der Kläger in seinem Antrag bereits berücksichtigt.
Daraus ergibt sich zugleich aber auch, dass es auf den erst nach dem Übergang des
Arbeitsverhältnisses in Kraft getretenen TVöD nicht ankommt. Unabhängig von der
Frage, ob dieser Tarifvertrag aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung den Kläger
beim J. Krankenhaus hätte erfassen können, spielt die Tarifentwicklung beim J.
Krankenhaus für das Arbeitsverhältnis des Klägers nach dem Übergang des
Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte keine Rolle mehr.
2.3.
vereinbarten Bezirkstarifverträgen wurde auch nicht im Wege der Tarifkonkurrenz durch
den bei der Beklagten kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung geltenden
Gebäudereinigertarifvertrag verdrängt. Es liegt kein Fall der Tarifkonkurrenz vor. Es kann
hier unterstellt werden, dass der Gebäudereinigertarifvertrag gemäß § 5 Abs. 4 TVG für
die Parteien grundsätzlich unmittelbar und zwingend gilt, weil er einschlägig und für
allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Der BMT-G II gilt jedoch nicht kraft beiderseitiger
Tarifbindung, sondern lediglich aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung.
Einzelvertragliche Regelungen können durch den einschlägigen Tarifvertrag nur dann
verdrängt werden, wenn dieser günstiger ist, § 4 Abs. 3 TVG (vgl. BAG vom 25.
September 2002, 4 AZR 294/01, NZA 2003, 807 m.w.Nw.). Diese Voraussetzung ist hier
nicht gegeben. Auch insoweit folgt die Kammer den zutreffenden Ausführungen der 6., 7.
und 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin in den genannten Parallelverfahren.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die einzelvertragliche Geltung für den
Betriebsübernehmer auf einem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB beruht, auch
in diesem Fall genießt die günstigere einzelvertragliche Vereinbarung gemäß § 4 Abs. 3
TVG Vorrang vor der Tarifgeltung (vgl. LAG Berlin vom 31. März 2006, 6 Sa 2262/05
m.w.Nw.; a. A. wohl LAG Düsseldorf vom 20. Juli 2006, 15 (4) Sa 62/06). Dies gilt hier
jedenfalls deshalb, weil für die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes und die des
Gebäudereinigerhandwerks keine kongruente Tarifgebundenheit vorliegt (vgl. dazu BAG
vom 30. August 2000, 4 AZR 581/99, a.a.O.). Die Gleichstellungsabrede soll zwar den
nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer vertragsrechtlich so stellen, wie ein tarifgebundener
Arbeitnehmer tarifrechtlich steht, eine Besserstellung des nicht tarifgebundenen
Arbeitnehmers soll durch die Gleichstellungsabrede nicht herbeigeführt werden.
Vorliegend könnte sich jedoch auch ein bei dem Jüdischen Krankenhaus tarifgebundener
Arbeitnehmer auf die arbeitsvertragliche Vereinbarung und damit auf die Weitergeltung
der vertraglich vereinbarten Tarifverträge berufen, denn durch den Übergang des
Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte käme der Gebäudereinigertarifvertrag auch für die
ehemals tarifgebundenen Arbeitnehmer lediglich aufgrund der
Allgemeinverbindlichkeitserklärung zur Geltung. Der bei der Beklagten als
Betriebsübernehmerin anzuwendende neue Tarifvertrag gilt für die ehemals
tarifgebundenen Arbeitnehmer weder kraft gewerkschaftlicher Organisation gemäß § 4
Abs. 1 TVG noch nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. BAG vom 30. August 2000, 4 AZR
581/99, a.a.O.). Beide Tarifverträge wurden von unterschiedlichen Gewerkschaften
abgeschlossen, der Gebäudereinigertarifvertrag von der IG Bauen, Agrar, Umwelt, der
BMT-G II von der ÖTV bzw. Ver.di. Es handelt sich auch nicht um eine Ablösung nach §
613a Abs. 1 Satz 3 BGB, denn es wird nicht ein nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zuvor
normativ wirkender und durch den Betriebsübergang zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses
gewordener Tarifvertrag durch einen nunmehr kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung
normativ wirkenden Tarifvertrag ersetzt (vgl. dazu BAG vom 11. Mai 2005, 4 AZR 315/04,
NZA 2005, 1362). Vielmehr haben die Arbeitsvertragsparteien hier unabhängig von einer
Tarifbindung nach § 4 TVG eine einzelvertragliche Vereinbarung über die Geltung
bestimmter Tarifverträge geschlossen. Diese Vereinbarung wird von einem Tarifwechsel
des Arbeitgebers auch im Falle der Allgemeinverbindlichkeit des neuen Tarifvertrages bei
fehlender Tarifbindung des Arbeitnehmers an den neuen Tarifvertrag nicht beseitigt (vgl.
BAG vom 16. Oktober 2002, 4 AZR 467/01; vom 30. August 2000, 4 AZR 581/99, jew.
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BAG vom 16. Oktober 2002, 4 AZR 467/01; vom 30. August 2000, 4 AZR 581/99, jew.
a.a.O.). Eine Ablösung durch den Gebäudereinigertarifvertrag analog § 613a Abs. 1 Satz
3 BGB scheitert bereits am Fehlen einer planwidrigen Lücke (ebenso LAG Berlin vom 31.
März 2006, 6 Sa 2262/05 und vom 16. Mai 2006, 7 Sa 2263/05, jew. m.w.Nw.).
Rechtlich unerheblich ist, dass durch die mit dem J. Krankenhaus vereinbarte und die
Beklagte bindende Gleichstellungsabrede nunmehr eine Besserstellung mit den bei der
Beklagten gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern verbunden ist. Die
arbeitsvertragliche Vereinbarung diente der Gleichstellung mit den bei dem früheren
Arbeitgeber beschäftigten organisierten Arbeitnehmern und entfaltet keine
entsprechende Wirkung für spätere anderweitig tarifgebundene Arbeitgeber. Damit
verbleibt es für alle übergehenden Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob sie zuvor
tarifgebunden waren oder nicht, bei der Geltung der jeweils günstigeren Regelung nach §
4 Abs. 3 TVG.
2.4.
das Gebäudereinigerhandwerk gemäß § 313 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Es ist
schon nicht erkennbar, dass der Beklagten unter Berücksichtigung der vertraglichen
Risikoverteilung ein Festhalten am unveränderten Vertragsinhalt nicht zugemutet
werden kann (ebenso LAG Berlin vom 31. März 2006, 6 Sa 2262/05 m.w.Nw. und vom
16. Mai 2006, 7 Sa 2263/05).
2.5.
Interessenausgleichs mit Sozialplan und die dort in der Anlage erfolgte Zuordnung des
Klägers zur Lohngruppe 5 des Gebäudereinigertarifvertrages nicht zur Anwendung dieser
Tarifverträge. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin in den drei genannten
Entscheidungen bereits zutreffend ausgeführt. Dabei kann offen bleiben, ob die Parteien
dieser Vereinbarung überhaupt eine konstitutive Regelung über die Geltung dieser
Tarifverträge treffen wollten oder nur einen Sachverhalt als gegeben vorausgesetzt
haben und die sich daran anschließenden Rechtsfolgen deklaratorisch festhalten wollten.
Denn jedenfalls fehlt den Parteien dieser Vereinbarung die Kompetenz, den Inhalt des
Arbeitsvertrages ohne Zustimmung des Klägers zu ändern. Eine entsprechende
Öffnungsklausel enthält der Arbeitsvertrag nicht, wobei offen bleiben kann, in welchem
Umfang eine solche vertraglich vereinbarte Öffnungsklausel überhaupt Wirksamkeit
entfalten könnte.
2.6.
das Arbeitsverhältnis Anwendung, so schuldet die Beklagte dem Kläger Vergütung nach
Lohngruppe 3a des Berliner Bezirkslohntarifvertrages Nr. 2. Die Einwände der Beklagte
gegen die Eingruppierung des Klägers greifen nicht durch. Der Kläger ist eingestellt als
„Krankentransporter“. Die hierzu im Arbeitsvertrag angeführte Fallgruppe 49 der
Lohngruppe 3 des Berliner Bezirkslohntarifvertrages Nr. 2 lautet:
Diesen Anforderungen ist die Arbeit eines Krankentransporters ohne weiteres
zuzuordnen. Es hätte daher der Beklagten oblegen darzulegen, dass und inwieweit sich
das J. Krankenhaus bei der ursprünglichen Stellenbewertung geirrt hat, und zwar im
Rahmen einer nachvollziehbaren Erläuterung der Gründe für die damalige und die jetzige
Stellenbewertung. Dies hat die Beklagte nicht getan. Sollte sich die Tätigkeit des Klägers
im Laufe seines Arbeitsverhältnisses beim J. Krankenhaus oder später bei der Beklagten
dahingehend geändert haben, dass eine Eingruppierung nach Lohngruppe 3 Fallgruppe
49 nicht mehr gerechtfertigt ist, so wäre der Kläger offensichtlich nicht vertragsgerecht
beschäftigt worden, sein Vergütungsanspruch würde damit nur dann beseitigt werden,
wenn er sich – zumindest konkludent – mit einer entsprechenden Änderung seines
Arbeitsvertrages einverstanden erklärt hätte. Hierfür sind keine Anhaltspunkte
ersichtlich. Hinzu kommt, dass der Kläger auch in den Anlagen 1 und 5 zum
Interessenausgleich mit der Lohngruppe 3a geführt wird und alle Beteiligten, so auch die
Beklagte, offensichtlich einvernehmlich davon ausgegangen sind, dass der Kläger
arbeitsvertraglich Tätigkeiten nach der Ausgangslohngruppe 3 zu verrichten hat.
2.7.
beruht auf den Zahlen, die in den letzten Lohnabrechnungen ausgewiesen sind und von
denen auch der Interessenausgleich ausgeht. Die Beklagte übersieht bei ihrer
Gegenrechnung, dass der Kläger bei seiner Berechnung unständige Bezüge gar nicht
berechnet hat.
2.8.
Ausschlussfristen. Die Ausschlussfrist nach § 22 RTV Gebäudereinigerhandwerk war vom
Kläger nicht zu beachten, weil dieser Tarifvertrag nicht zur Anwendung kommt. Die
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Kläger nicht zu beachten, weil dieser Tarifvertrag nicht zur Anwendung kommt. Die
sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 63 BMT-G II, § 6 Berliner Bezirkslohntarifvertrag
Nr. 2 hat der Kläger unbestritten beachtet.
3.
Klageforderung einschließlich der Zahlung einer Jahressonderzuwendung nach dem
Tarifvertrag über eine Zuwendung für Arbeiter und auf Zahlung des jährlichen
Urlaubsgeldes gemäß den Regelungen des Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für
Arbeiter in der verlangten Höhe. Aufgrund der statischen Weitergeltung dieser tariflichen
Regelungen war im Hinblick auf die ablehnende Auffassung der Beklagten festzustellen,
dass diese Zahlungspflicht auch zukünftig besteht. Einer Entscheidung über den
Hilfsantrag hat es nicht mehr bedurft. Auf die Berufung des Klägers war das Urteil des
Arbeitsgerichts daher abzuändern und der Klage in den Hauptanträgen stattzugeben,
wobei die Zinsentscheidung auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1, 247 BGB beruht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 525, 91 ZPO.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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