Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

LArbG Berlin-Brandenburg: ablauf der frist, vergütung, zulage, ortszuschlag, tarifvertrag, pflegepersonal, einreihung, klagerücknahme, bewährung, anerkennung

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 26.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 Sa 322/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 611 Abs 1 BGB, § 1 TVG
Tarifauslegung - Zur Eingruppierung einer Altenpflegerin nach
dem MTV Pro Seniore
Leitsatz
1. Die Klägerin hat die Anforderungen an die Darlegungslast durch ihren Vortrag erfüllt. Sie ist
danach als Altenpflegerin nach zweijähriger Bewährung in VG Ap V eingruppiert.
2. Die Einreihung in die zutreffende Stufe richtet sich nach der Besitzstandsregelung des § 24
Nr. 1a MTV (vorherige Vergütung nach Stufen), nicht nach der des § 24 Nr. 1b MTV (vorherige
Festbetragsvergütung). Nach § 24 Nr. 1a MTV bleibt eine Stufung erhalten, die nach einer vor
Inkrafttreten des MTV maßgeblichen Tarifregelung erreicht war. Der TAP, der aufgrund der
Tarifbindung der Klägerin auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung fand, sah unter § 27 B. eine
Stufenregelung vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte der Klägerin nicht
alle zwei Jahre tatsächlich eine höhere Vergütung zahlte, sondern ein übertarifliches
Gesamteinkommen.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom
23.01.2007 – 34 Ca 20944/06 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor
klarstellend wie folgt neu gefasst wird:
a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die Zeit ab
dem 01.01.2007 Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap V der Anlage B – Pflegepersonal
– zum MTV vom 24.09.2004 zwischen der C. und C. für Senioreneinrichtungen AG und
der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in der Stufe 9 der Anlage 2 zum
Vergütungstarifvertrag vom 24.09.2004 zwischen denselben Tarifpartnern zu zahlen.
b) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.279,68 EUR brutto zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 25 v. H. und die Klägerin 75 v.
H. zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung der Klägerin.
Die verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist jedenfalls seit
1984 in der Einrichtung der Beklagten in der M.straße in Berlin beschäftigt. Dort
arbeitete sie nach dem Inhalt ihres letzten Arbeitsvertrages vom 31. Juli 1989 als
Krankenpflegehelferin. Nach Nr. 6 des Arbeitsvertrages fand auf das Arbeitsverhältnis
der Tarifvertrag für Angestellte in Privatkrankenanstalten vom 10. Juli 1989 (TAP)
Anwendung. Die damalige Arbeitgeberin der Klägerin, die GSD Krankenheim M.straße
GmbH, war Mitglied des Verbandes der Privatkrankenanstalten Berlin-Brandenburg e.V.
Am 1. September 1998 übernahm die Beklagte diese Einrichtung.
Die Klägerin ist inzwischen examinierte Altenpflegerin. Mit Wirkung vom 1. November
2003 erhielt sie die Erlaubnis zum Führen der entsprechenden Berufsbezeichnung. Am
24. Juni 2004 unterzeichneten die Parteien eine Tätigkeitsbeschreibung für die Klägerin,
nach der ihr ua. Pflegehilfskräfte unterstellt und ihre Aufgaben im Einzelnen konkret
beschrieben sind. Um den Anforderungen an dieses Tätigkeitsprofil gerecht zu werden,
ist nach Nr. 6 der Beschreibung fachlich eine abgeschlossene Ausbildung als
Altenpflegerin oder als Krankenschwester erforderlich.
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Nach einer Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) vom 22.
Juni 2006 und ihrem in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2007 vor dem
Arbeitsgericht vorgelegten Mitgliedsausweis ist die Klägerin seit September 1994
Mitglied, was in der Berufungsinstanz durch die Beklagte auch nicht mehr bestritten wird.
Ver.di und die C. und C. für Senioreneinrichtungen AG (P. S. AG) schlossen am 24.
September 2004 einen Manteltarifvertrag (MTV), einen Vergütungstarifvertrag (VTV) und
einen Zuwendungstarifvertrag (ZTV). Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der P.S.
AG.
Der Konzern, dem die Beklagte angehört, betreibt bundesweit Altenpflegeeinrichtungen,
die großenteils von anderen privaten und öffentlichen Trägern übernommen worden
sind. In den übernommenen Einrichtungen gab es unterschiedliche
Vergütungsregelungen. ZT. galten tarifliche Regelungen, wie der BAT oder – so hier – der
TAP. Der zum 31. März 2004 gekündigte TAP sah unter § 27 B Abs. 1 iVm. der
Vergütungstabelle für Angestellte im Pflegedienst eine Altersstufenregelung mit neun
Altersstufen und einem Stufenabstand von je zwei Jahren vor.
Mit den Abschlüssen vom 24. September 2004 zwischen Ver.di und der P. S. AG sollte
die Vergütungsstruktur im Konzern vereinheitlicht werden. MTV, VTV und ZTV sind
inzwischen bereits wieder durch die Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2006
zum 31. Oktober und zum 31. Dezember 2006 gekündigt worden.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2005 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat die
Zustimmung zur Eingruppierung nach Vergütungsgruppe Ap IV als Altenpflegerin.
Die Beklagte und die vorherige Arbeitgeberin zahlen der Klägerin seit langem eine
monatliche Vergütung in Höhe von 2.501,14 Euro brutto, die sich nach den
Abrechnungen zusammensetzt aus einer mit „außertariflich“ bezeichneten
Grundvergütung, einem Ortszuschlag, einer Allgemeinen Zulage und einer weiteren
Zulage. Darüber hinaus zahlte die Beklagte Nacht- und Feiertagszuschläge.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe im Zusammenhang mit einem
Bewährungsaufstieg seit dem 1. Januar 2005 Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap Va
MTV zu. Sie hat behauptet, seit dem 1. November 2005 zu 100 % ihrer Arbeitszeit die
Tätigkeit einer Altenpflegerin in der Funktion einer ständigen Vertreterin der Heimleitung
ausgeübt zu haben. Außerdem seien für die Berechnung der Vergütungsstufen nach
dem VTV auch die Zeiten bei den früheren Inhabern des Beschäftigungsbetriebs zu
berücksichtigen. Daraus ergebe sich auch ein Anspruch auf höhere als die ausgezahlten
Sonderzuwendungen für die Jahre 2005 und 2006. Für den Zeitraum von Januar 2005 bis
November 2006 ergebe sich die mit dem Zahlungsantrag geltend gemachte Vergütung.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass ihr mit Wirkung vom 1. Januar 2005 nach der
Vergütungsgruppe Ap Va, Fallgruppe 2 der Anlage B – Pflegepersonal – zum
Manteltarifvertrag vom 24. September 2004 zwischen der C. und C. für
Senioreneinrichtungen AG und der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
einzugruppieren ist.
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.700,57 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gem. § 247 BGB seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Anwendbarkeit der Tarifverträge bezweifelt. Für die Berechnung der
Altersstufen sei allein auf die Beschäftigungszeiten bei der Beklagten seit September
1998 abzustellen. Die Klägerin habe auch die Voraussetzungen der begehrten
Vergütungsgruppe nicht ausreichend dargelegt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies im Wesentlichen damit
begründet, die Klägerin habe die Voraussetzungen der begehrten Vergütungsgruppe
nachvollziehbar dargestellt. Beschäftigungszeiten seien seit 1984 zu berücksichtigen.
Daraus lasse sich auch ein Anspruch auf höhere Sonderzuwendungen für die Jahre 2005
und 2006 ableiten.
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Die Beklagte hat gegen das ihr am 2. Februar 2007 zugestellte Urteil am 14. Februar
2007 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
bis zum 2. Mai 2007 – am 2. Mai 2007 begründet.
Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten die
Klage teilweise zurückgenommen.
Die Beklagte wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und beruft sich
zur Begründung insbesondere auf die zur Gewährleistung des Günstigkeitsprinzips
vorgesehene Übergangsregelung unter § 24 MTV. Der Berücksichtigung von neun
Betriebzugehörigkeitsstufen stehe § 11 MTV entgegen, der dafür die Beschäftigung bei
demselben Arbeitgeber voraussetze. Zu berücksichtigende Besitzstände seien nicht
erworben worden, da der Arbeitsvertrag der Klägerin keine Betriebszugehörigkeitsstufen
vorsehe. Daher komme lediglich eine Einstufung in Betriebszugehörigkeitsstufe vier oder
fünf in Betracht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Januar 2007 – 34 Ca 20944/06 –
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung – nach in der Berufungsinstanz mit Zustimmung der Beklagten
erfolgter Klagerücknahme im Übrigen – mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass
1. festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Zeit ab dem 1.
Januar 2007 Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap V der Anlag B –
Pflegepersonal – zum MTV vom 24. September 2004 zwischen der C. und C.
für Senioreneinrichtungen AG und der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
ver.di in der Stufe 9 der Anlage 2 zum Vergütungstarifvertrag vom 24.
September 2004 zwischen denselben Tarifpartnern zu zahlen,
2. die Beklagte verurteilt wird, ihr 1.279,68 Euro brutto zu zahlen.
Sie hält in der Berufungsinstanz nicht mehr daran fest, die Voraussetzungen der
Vergütungsgruppe Ap Va zu erfüllen, und sie ging angesichts der neueren
Rechtsprechung des BAG auch nicht mehr davon aus, dass Zeiten vor dem 1. Januar
2005 als Bewährungszeiten zu berücksichtigen seien. Hinsichtlich der begehrten
Betriebszugehörigkeitsstufe verweist sie aber weiterhin auf den zum Zeitpunkt des
Betriebsübergangs im September 1998 und danach auf ihr Arbeitsverhältnis
anwendbaren TAP und die dort enthaltene Stufenregelung. Jedenfalls seien ihr diese im
Wege billigen Ermessens zuzusprechen.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 2.
Mai, 8. Juni, 2. Oktober, 9. November, 21. November 2007 sowie vom 28. Februar 2008
sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 6. September 2007 und
vom 6. März 2008.
Entscheidungsgründe
A. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur noch die in der Berufungsinstanz
zuletzt aufrechterhaltenen Anträge. Soweit die Klägerin auch in der Berufungsinstanz
noch Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap Va MTV einschließlich der hierauf für die
Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2006 entfallenden Vergütungsdifferenz
begehrte, nahm sie die Klage mit Zustimmung der Beklagten zurück. Fortgeführt hat sie
sie mit dem Feststellungsantrag nur noch für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 hinsichtlich
der Vergütungsgruppe Ap V, verbunden mit dem Antrag auf Feststellung der
Vergütungsstufe 9 und einem Zahlungsantrag, der zuletzt noch die Vergütungsdifferenz
zwischen der tatsächlich gezahlten und der ihr nach Vergütungsgruppe Ap V MTV in
Vergütungsstufe 9 zustehenden Vergütung ausmacht und den Zeitraum vom 1. Januar
bis zum 31. Dezember 2007 betrifft.
B. Die Berufung ist zulässig, soweit sie aufrechterhalten worden ist. Insoweit ist sie auch
statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Nach der teilweisen Klagerücknahme war die Berufung allerdings zT. unzulässig. Das
Urteil des Arbeitsgerichts ist durch die Klagerücknahme teilweise wirkungslos geworden.
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Urteil des Arbeitsgerichts ist durch die Klagerücknahme teilweise wirkungslos geworden.
Dadurch ist die Beschwer der Beklagten in entsprechendem Umfang entfallen. Insoweit
hat sie aber konkludent die Berufung für erledigt erklärt (BAG 24. Januar 2006 – 3 AZR
484/04 – AP Nr. 15 zu § 3 BetrAVG = NZA 2007, 278, zu D der Gründe).
C. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da die Klage im zuletzt aufrechterhaltenen
Umfang zulässig und begründet ist.
I. Die Klage ist mit dem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Feststellungsantrag
zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren
Zulässigkeit keine Bedenken bestehen. Die Feststellungsklage ist neben der
Leistungsklage als Inzidentfeststellungsklage zulässig. Sie ist für den mit dem
Leistungsantrag geltend gemachten Betrag vorgreiflich und kann damit nach § 256 Abs.
2 ZPO neben den Leistungsanträgen im Wege der objektiven Klagehäufung geltend
gemacht werden. Die Voraussetzungen für eine Zwischenfeststellungsklage sind erfüllt,
da der in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzte Feststellungsantrag über den auf einen
bestimmten Zeitraum begrenzten Leistungsantrag hinausgeht (BAG 16.04.1997 – 4
AZR 270/96 - AP Nr. 1 zu § 22 MTAng-LV, zu B I 2 der Gründe; 17. Oktober 2007 - 4 AZR
1005/06 - zVb, zu B I 2 der Gründe).
II. Die Klage ist auch hinsichtlich beider Anträge begründet. Die Klägerin hat gegen die
Beklagte für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 einen Anspruch auf Zahlung einer
Vergütung nach VergGr. Ap V der Anlage B - Pflegepersonal – zum MTV in der Stufe 9.
Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2007 ergeben sich als
Differenzbetrag zwischen der der Klägerin zustehenden und der gezahlten Vergütung
1.279,68 Euro brutto.
1. VTV und MTV bestimmen den Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Beide Parteien sind
tarifgebunden. Die Klägerin ist Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft Ver.di. Die P.
S. AG schloss den Tarifvertrag auch für die Beklagte. Das ergibt sich aus Anlage A zum
MTV. Dort sind die Tochterunternehmen, für die der Tarifvertrag abgeschlossen wurde,
aufgelistet. In der Überschrift heißt es ua.: „P. S. AG, handelnd für die nachstehend
aufgeführten Seniorenheimbetriebsgesellschaften, vertreten durch den Vorstand …“.
Dadurch wird deutlich, dass die P. S. AG die namentlich genannten
Tochtergesellschaften beim Abschluss des MTV rechtsgeschäftlich vertreten hat. (BAG
17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 – zVb., zu B II 1 a cc (2) der Gründe). Bis zum Ablauf
des 31. Oktober/31. Dezember 2006 (Ablauf der Kündigungsfristen) waren die Parteien
noch über § 3 Abs. 1 TVG an die Tarifverträge gebunden. Für die Zeit ab dem 1.
November 2006/1. Januar 2007 wirken die Tarifverträge nach § 4 Abs. 5 TVG nach.
2. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe Ap V.
a. Nach der Tarifregelung ist Voraussetzung für ein Eingruppiertsein in diese
Vergütungsgruppe, dass in der Gesamtarbeitszeit der Klägerin mindestens zur Hälfte
Arbeitsvorgänge anfallen, die im streitigen Anspruchszeitraum die Anforderungen eines
Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Ap V erfüllen (§ 12
Abs. 2 MTV).
In der in § 12 Nr. 1 Satz 1 MTV in Bezug genommenen Anlage B heißt es ua.:
b. Die Klägerin hat die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der VergGr. Ap V
hinreichend substantiiert dargelegt.
aa. Sie war und ist jedenfalls seit Januar 2005 Altenpflegerin iSd. VergGr. Ap IV
Fallgruppe 1 mit entsprechender Tätigkeit. Hiervon konnte die Kammer ausgehen, da
diese Tätigkeit ausweislich der durch die Klägerin vorgelegten, durch beide Parteien
unterschriebenen Aufgabenbeschreibung die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung
darstellt. Das bestätigt den Vortrag der Klägerin, wonach sich die auszuübende Tätigkeit
mit ihrer Ernennung zur Altenpflegerin entsprechend geändert hat. Letzteres hat die
Beklagte nicht bestritten. Die Mitteilung der Rechtsansicht, die Klägerin habe die nach
dem Tarifvertrag erforderlichen Zeitanteile nicht dargelegt, ist insoweit nicht
ausreichend, zumal die Beklagte selbst bei dem Betriebsrat ausdrücklich die
Zustimmung zur Eingruppierung der Klägerin als Altenpflegerin beantragte.
Die Beklagte war danach nicht nur berechtigt, von der Klägerin entsprechende
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Die Beklagte war danach nicht nur berechtigt, von der Klägerin entsprechende
Leistungen zu verlangen. Sie war auch zur Übertragung der Aufgaben einer
Altenpflegerin vertraglich verpflichtet. Sollte sie dieser Verpflichtung nicht
nachgekommen sein, wofür es allerdings keine Anhaltspunkte gibt, hätte sie sich in
Annahmeverzug befunden mit der Folge, dass sie der Klägerin die begehrte Vergütung
unter diesem Gesichtspunkt zu zahlen hätte.
bb. Die Klägerin erfüllt darüber hinaus auch seit Januar 2007 das Merkmal der
zweijährigen Bewährung in VergGr. Ap IV Fallgruppe 1. Sie ist jedenfalls seit Januar 2005
bei der Beklagten beanstandungsfrei als Altenpflegerin tätig.
3. Die Klägerin kann auch Vergütung nach Stufe 9 der Vergütungstabelle beanspru-
chen. Insoweit sind auch die bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor dem 1.
September 1998 zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen.
a. Die Anlage 2 zum VTV P. S. weist zu jeder Vergütungsgruppe eine in mehrere Stufen
gestaffelte Vergütung aus. Die Vergütungstabelle der Angestellten im Pflegebereich
„West“ umfasst neun Stufen. Zu der jeweiligen Zuordnung einer Arbeitnehmerin zu
einer Stufe enthält der MTV folgende Regelungen:
b. Die Anwendung dieser Regelungen führt zu der Einreihung der Klägerin in Stufe 9.
aa. Bei Zugrundelegung der §§ 11 und 12b MTV allein ergäbe sich allerdings nach der
Rechtsprechung des BAG (17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 – zVb., zu B II 2 der
Gründe) zunächst nur eine Einreihung in Stufe 5. Die Auslegung des MTV führte nach
seinem Wortlaut und nach dem tariflichen Zusammenhang dazu, dass vor dem
Betriebsübergang 1998 liegende Beschäftigungszeiten nicht zu berücksichtigen wären.
Begründet wird das insbesondere damit, dass die Tarifvertragsparteien mit der
Übergangsregelung des § 24 Nr. 1 a deutlich gemacht hätten, dass in der im MTV
geregelten Einstufungsregelung bei Nichtunterschreitung des bisherigen
Gesamteinkommens eine Anrechnung von anderen als den in §§ 11, 12b MTV
genannten Zeiten ohne ausdrückliche Anerkennung nicht in Betracht komme. Nach § 24
MTV sei bei der Einstufung der Arbeitnehmer in die Vergütungstabelle die aufgrund von
früheren Tätigkeiten erlangte Stufe ausnahmsweise dann zu berücksichtigen, wenn sich
aus der Anwendung des MTV und der anderen Tarifverträge eine Verringerung des
Gesamteinkommens ergeben würde. Nur in einem solchen Fall sei nach § 24 MTV bei
Arbeitnehmern, deren bisherige Einstufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte,
diese Stufung weiter zugrunde zu legen, bis der Arbeitnehmer nach dem MTV
höhergestuft werden könne. Durch diese Ausnahmeregelung hätten die Tarifpartner
deutlich gemacht, dass in der im MTV enthaltenen Einstufungsregelung bei
Nichtunterschreitung des bisherigen Gesamteinkommens eine Anrechnung von anderen
als den in §§ 11, 12b MTV genannten Zeiten ohne ausdrückliche Anerkennung nicht in
Betracht komme.
bb. Daraus ergibt sich einerseits, dass die durch die Klägerin bei der GSD
zurückgelegten Zeiten nicht nach §§ 11, 12b MTV Berücksichtigung finden. Sie hätte
daher am 1. Januar 2007 erst die Stufe 5 erreicht gehabt. Anderseits folgt aus dieser
Argumentation, dass der Klägerin die bis zum Inkrafttreten der §§ 11, 12b MTV am 1.
Januar 2005 erreichte Stufe erhalten bleibt. Nach § 27 B TAP war das die Stufe 9.
(1) Maßgeblich ist die Übergangsregelung unter § 24 Nr. 1a MTV. Der TAP, der aufgrund
der Tarifbindung der Klägerin auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung fand, sah unter § 27 B.
eine Stufenregelung vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass ihr durch die Beklagte
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eine Stufenregelung vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass ihr durch die Beklagte
nicht alle zwei Jahre tatsächlich eine höhere Vergütung gezahlt worden ist. Der Anspruch
darauf ergab sich aus dem TAP und den in Bezug genommenen Vergütungsregelungen
des BAT. Der Umstand, dass die Beklagte der Klägerin ein übertarifliches
Gesamteinkommen zahlte, stand dem nicht entgegen. Rechtlich zahlte die Beklagte der
Klägerin eine sich nach Stufen erhöhende Vergütung zzgl. einer übertariflichen Zulage,
die sie abschmolz. Bei einer anderen Betrachtungsweise stände im Ergebnis die über
Tarif vergütete Arbeitnehmerin schlechter als diejenige, der nur das Tarifentgelt gezahlt
worden ist. Das stände dem Ziel der Besitzstandsregelung entgegen.
(2) Die Gesamtvergütung nach dem ab dem 1. Januar 2005 geltenden Tarifvertrag war
niedriger als die der Klägerin zuvor nach dem TAP zustehende.
Die Klägerin hatte nach dem auf ihr Arbeitsverhältnis kraft Nachwirkung und
arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren TAP vor dem 1. Januar 2005 die Stufe 9
erreicht. Ihr stand bereits nach dem dort in Bezug genommenen Vergütungstarifvertrag
Nr. 33 zum BAT für Bund und Länder bei Zugrundelegung der Vergütungsgruppe KR IV
(Ausgangsvergütung bei Altenpflegern nach dem ebenfalls in der Anlage zum TAP
aufgeführten Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst in der Anlage 1 zum
BAT) eine Grundvergütung in Höhe von umgerechnet 1.557,35 Euro, ein Ortszuschlag in
Höhe von 610,06 Euro und eine allgemeine Zulage in Höhe von 98,48 Euro, insgesamt
also 2.265,89, Euro zu. Tatsächlich erhielt sie durchweg eine Grundvergütung in Höhe
von 1.773,35 Euro, einen Ortszuschlag in Höhe von 587,01 Euro und eine allgemeine
Zulage von 94,76 Euro. Darüber hinaus erhielt sie eine nach dem MTV nicht mehr
anfallende Erschwerniszulage in Höhe von 46,02 Euro. Hinzu kamen die ihr nach dem
MTV in gleicher Höhe zustehenden Nacht- und Sonntagszuschläge.
Dem stand per 1. Januar 2005 nach dem VTV eine Grundvergütung in Höhe von
1.492,08 Euro (damals noch nach Vergütungsgruppe Ap IV), ein Ortszuschlag in Höhe
von 665,60 Euro und eine allgemeine Zulage in Höhe von 107,44 Euro (insgesamt:
2.265,12 Euro) gegenüber.
Im Ergebnis lag das der Klägerin am 1. Januar 2005 zustehende – nach Stufen
berechnete - Einkommen über dem Gesamteinkommen nach dem VTV (welches sich
nach der Protokollnotiz zu § 24 MTV zusammensetzt aus der Grundvergütung, dem
Ortszuschlag und der allgemeinen Zulage).
(3) Die Übergangsregelung unter § 24 Nr. 1 a MTV sieht keine Begrenzung auf die
Differenz bis zur Höhe der bisher gezahlten Vergütung vor. Dies ergibt sich aus dem
Umkehrschluss der nachfolgenden Regelung unter § 24 Nr. 1 b MTV. Dort ist für den Fall
der vormaligen Zahlung höhere Festbeträge geregelt, dass die Differenz bis zur
bisherigen Vergütung als Zulage zu zahlen ist. Eine solche Begrenzung auf eine
Differenz bis zur bisher gezahlten Vergütung sieht § 24 Nr. 1 a MTV gerade nicht vor.
Dort geht es vielmehr um den Erhalt der durch vorherige Stufenregelungen erreichten
Stufe, ohne dass eine Kappungsgrenze genannt ist.
4. Die Zahlungsklage ist danach in Höhe des zuletzt noch geltend gemachten Betrages
(1.279,68 Euro brutto) begründet.
a. Die Klägerin konnte hier ausnahmsweise den Antrag auch nach Ablauf der Frist für die
Anschlussberufung mit der Vergütungsdifferenz für das Jahr 2007 begründen.
Grundsätzlich ist allerdings ein Anschluss an die fremde Berufung innerhalb der Frist des
§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderlich, wenn der Berufungsbeklagte das erstinstanzliche
Urteil nicht nur verteidigen, sondern die von ihm im ersten Rechtszug gestellten Anträge
erweitern oder einen neuen, in erster Instanz nicht vorgebrachten Anspruch geltend
machen will (BGH 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06 - Juris, zu II 1 a der Gründe). Das gilt
aber nicht, wenn - wie hier - der Zahlungsantrag mit einer Inzidentfeststellungsklage
verbunden ist und über den – „ausgetauschten“ - Lebenssachverhalt schon umfassend
im Rahmen des Inzidentfeststellungs-antrags zu entscheiden ist. Aufgrund der engen
Verknüpfung zwischen den Anträgen kann der zur Begründung des Zahlungsantrags
herangezogene Lebenssachverhalt auf der zukunftsbezogenen Zeitleiste der
Inzidentfeststellungsklage auch nach Ablauf der Frist für die Anschlussberufung
verschoben werden. Die vorgenommene Änderung war im Übrigen auch sachdienlich
und konnte zu keiner Verzögerung führen.
b. Der Klägerin stehen Differenzbeträge für die Zeit von Januar bis Dezember 2007 in
Höhe von monatlich 106,64 Euro (2.607,78 Euro - 2.501,14 Euro), insgesamt 1.279,68
Euro brutto zu. Die Beträge berechnen sich nach § 12 MTV iVm. Anlage 2 zum VTV.
Danach betrug die monatliche Grundvergütung in Stufe 9 1.834,74 Euro brutto. Hinzu
kommt eine allgemeine monatliche Zulage nach Anlage 4 des VTV in Höhe von 107,44
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kommt eine allgemeine monatliche Zulage nach Anlage 4 des VTV in Höhe von 107,44
Euro. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen
Ortszuschlages in Höhe von monatlich 665,60 Euro brutto. Sie erfüllt die
Voraussetzungen der Tarifklasse II Stufe 3 der Anlage 3 zum VTV iVm. § 12c MTV.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz
2 ZPO.
E. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zugunsten der Beklagten lagen
angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen vor.
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