Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 24.10.2006

LArbG Berlin-Brandenburg: vergütung, betriebsübergang, kopie, arbeitsgericht, einverständnis, arbeitgeberverband, arbeiter, hierarchie, gestaltung, sozialplan

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 15.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15 Sa 195/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 613a Abs 1 BGB, § 1 TVG, §
611 BGB, § 613a Abs 1 S 1 BGB,
§ 613a Abs 1 S 3 BGB
Auslegung einer Bezugnahmeklausel - Betriebsübergang -
Gleichstellungsabrede
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom
24.10.2006 - 36 Ca 11763/06 - teilweise abgeändert.
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.582,31 EUR
(viertausendfünfhundertzweiundachtzig 31/100) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 aus 3.353,12 EUR, seit
dem 01.07.2006 aus 298,95 EUR ab dem 01.08.2006 aus 631,29 EUR sowie ab dem
01.09.2006 aus weiteren 298,95 EUR zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch in der Zeit
ab dem 01.09.2006 ein monatliches Entgelt nach der Lohngruppe 3 a der Anlage 1 des
Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II, Stand 30.06.2005 in Höhe von
1.970,36 EUR (eintausendneunhundertsiebzig 36/100) brutto sowie ein jährliches
Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 EUR brutto sowie eine Jahressonderzahlung in Höhe von
1.559,42 EUR (eintausendfünfhundertneunundfünfzig 42/100) brutto zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die weitere Berufung wird zurückgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzansprüche für die Zeit vom 1. November 2005
bis 31. August 2006 in Höhe von 4.881,26 EUR brutto nebst Zinsen und über die
Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch in der Zeit ab dem 1.
September 2006 ein monatliches Entgelt nach der Lohngruppe 3 a der Anlage 1 des
Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II mit Stand vom 30. Juni 2005 zu zahlen.
Dieses Verfahren ist das letzte von insgesamt fünf Parallelverfahren, die inzwischen vom
Landesarbeitsgericht Berlin/Berlin-Brandenburg entschieden wurden (Urteil vom
31.03.2006 – 6 Sa 2262/05 – jetzt: 4 AZR 554/06; vom 16.05.2006 – 7 Sa 2263/05 –
jetzt: 4 AZR 765/06; vom 11.05.2006 – 18 Sa 2120/05 – jetzt: 4 AZR 766/06; vom
30.01.2007 – 12 Sa 2044/06 -).
Der Kläger war aufgrund des Arbeitsvertrages vom 26. September 1994 (Kopie Bl. 6 ff.
d.A.) seit dem 1. Oktober 1994 bei dem J.n Krankenhaus Berlin als Transportarbeiter mit
einer Vergütung nach der Lohngruppe 3, Fallgruppe 49 der Anlage 1 des Berliner
Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G eingestellt worden. Darüber hinaus war in § 5 des
Arbeitsvertrages Folgendes bestimmt worden:
Später erhielt der Kläger im Rahmen des Bewährungsaufstiegs eine Vergütung nach der
Lohngruppe 3 a. Das J. Krankenhaus Berlin, eine Stiftung bürgerlichen Rechts, war
Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Berlin. Der Kläger gehörte keiner
Gewerkschaft an.
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Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 (Kopie Bl. 9 f d.A.) informierte das J. Krankenhaus und
ein Geschäftsführer der Beklagten unter anderem auch den Kläger darüber, dass
bezüglich der Hausdienstleistungen einschließlich der Krankentransporte ein
Betriebsübergang zu der Beklagten stattfinde. Dort heißt es:
Einen angebotenen Überleitungsvertrag schloss der Kläger nicht ab. Die Beklagte
unterfällt den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen des Gebäudereinigerhandwerks. Von
den 33 betroffenen Arbeitnehmern haben insgesamt 17 Mitarbeiter dem
Betriebsübergang widersprochen. Neun haben sich für den Übertritt in die
Transfergesellschaft entschieden. 16 wechselten zu der Beklagten, wobei acht
Arbeitnehmer den dreiseitigen Überleitungsvertrag unterzeichneten.
Der Kläger erhielt beim J.n Krankenhaus zuletzt ein monatliches Entgelt in Höhe von
1.970,36 EUR brutto sowie ein jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 EUR brutto
sowie eine Jahressonderzahlung in Höhe von 1.559,42 EUR brutto. Mit Schreiben vom 31.
Mai 2006, das die Beklagte am gleichen Tag erhielt, machte der Kläger die monatlichen
Vergütungsdifferenzen für die Zeit ab dem 1. November 2005 geltend (Kopie Bl. 42 f
d.A.).
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, wegen der Regelungen im
Arbeitsvertrag stünde ihm auch nach dem Betriebsteilübergang eine Vergütung nach
den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes mit Stand vom 30. Juni 2005 zu.
Demgegenüber hat die Beklagte unter anderem die Meinung vertreten, ein
Betriebsteilübergang liege nicht vor, da weniger als 50 % der Arbeitnehmer zu ihr
übergewechselt seien. Daher sei allenfalls ein faktisches Arbeitsverhältnis zustande
gekommen. Doch selbst bei einem zu unterstellenden Betriebsteilübergang seien die
Regelungen des Arbeitsvertrages gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB durch die
allgemeinverbindlichen Regelungen der Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk
abgelöst worden. Darüber hinaus hat sie behauptet, der Kläger leiste keine Arbeiten, die
der Lohngruppe 3 a zuzurechnen seien.
Mit Urteil vom 24. Oktober 2006 hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang
stattgegeben. In der Begründung hat es sich zum größten Teil wörtlich auf das Urteil des
LAG Berlin vom 31. März 2006 bezogen. Dieses Urteil ist dem Beklagtenvertreter am 27.
Dezember 2006 zugestellt worden. Am 26. Januar 2006 gingen die Berufungsschrift und
am 27. Februar 2006 die Berufungsbegründung ein.
Die Beklagte wiederholt auf den Seiten 3 bis 60 der Berufungsbegründung wortgleich
ihren erstinstanzlichen Vortrag. Darüber hinaus rügt sie, dass das Arbeitsgericht den
Betriebsteilübergang hinsichtlich der Tatsachen falsch bewertet habe. Die
Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag müsse ergänzend entsprechend einer
Entscheidung des LAG Düsseldorf dahingehend ausgelegt werden, dass der
Arbeitnehmer im Vorhinein sein Einverständnis mit einer Ablösung der arbeitsvertraglich
in Bezug genommenen Tarifverträge für den Fall erklärt habe, dass künftig beiderseitige
Tarifbindung vorliegt. Anderenfalls käme es zu einer Besserstellung der Arbeitnehmer,
die nicht tarifgebunden seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006 – 36 Ca 11763/06 –
aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.
Oktober 2006 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit ab 1.
November 2005 Ausgleichsbeträge nach § 5 Abs. 3 des freiwilligen Interessenausgleichs
und Sozialplanes vom 10.05.2005 zwischen dem J. Krankenhaus Berlin, dessen
Betriebsrat und der Beklagten an ihn zu zahlen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie
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Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie
ist jedoch nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht
Berlin dem Kläger auch für November 2005 eine Vergütungsdifferenz in Höhe von
298,95 EUR nebst Zinsen zugesprochen. Zu Recht hat es jedoch entschieden, dass die
Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. August 2006 4.582,31
EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen hat. Zu Recht hat es auch dem Feststellungsantrag
entsprochen.
1. Der Kläger kann von der Beklagten für November 2005 nicht die Zahlung von 298,95
EUR brutto verlangen. Insofern war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des
Arbeitsgerichts Berlin teilweise abzuändern und die Klage in dieser Höhe abzuweisen.
Der Kläger hat insofern die sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 63 BMT-G II, § 6
Berliner Bezirkslohntarifvertrag Nr. 2 nicht eingehalten.
Das Entgelt für November 2005 ist gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 1 BMT-G II am letzten Tag
eines jeden Kalendermonats zu zahlen, somit am 30. November 2005. Nach §§ 187 Abs.
1, 188 Abs. 2 BGB hätte der Kläger somit spätestens am 30. Mai 2006 diesen Anspruch
geltend machen müssen. Das entsprechende Schreiben datiert jedoch erst vom
nächsten Tag und ist auch erst am 31. Mai 2006 der Beklagten zugegangen.
2. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31.
August 2006 4.582,31 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Vergütung richtet sich
nicht nach den Entgelttarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk, sondern
weiterhin nach dem Bezirkstarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II mit Stand vom 30.06.2005
und dort nach der Entgeltgruppe 3 a. Dies ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag in
Verbindung mit § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB.
2.1 Der Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmt sich nach den Regeln des §
613 a BGB.
Soweit ein Betriebsteilübergang stattgefunden hat, folgt dies unmittelbar aus der
entsprechenden Norm. Bedenken können sich hier deswegen ergeben, weil nur 16 von
33 betroffenen Arbeitnehmern zur Beklagten übergewechselt sind. Nach Ansicht des
Bundesarbeitsgerichts reicht bei einfachen Tätigkeiten eine Übernahmegrad von 75 %
der Beschäftigten nicht (BAG vom 10.12.1998 – NZA 1999, 420 zu Hol- und
Bringediensten in einem Krankenhaus; a.A.: EuGH vom 24.01.2002 – Rs. C-51/00 –
Temco, NZA 2002, 265 zu Reinigungsarbeiten).
Doch auch wenn die Voraussetzungen für einen Betriebsteilübergang nicht erfüllt sein
sollten, dann muss die Beklagte sich angesichts des Schreibens vom 12. Mai 2005 aber
daran festhalten lassen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nach den Regeln des §
613 a BGB übergeht. Dort war gegenüber den Arbeitnehmern ausdrücklich behauptet
worden, dass ein Betriebsübergang vorliege. Insofern sei auch nicht der Abschluss eines
neuen Arbeitsvertrages erforderlich, denn das Arbeitsverhältnis gehe kraft Gesetzes
über.
Wenn die Beklagte nunmehr meint, es sei allenfalls ein faktisches Arbeitsverhältnis
zustande gekommen, dann verhält sie sich widersprüchlich im Vergleich zu dem von ihr
mit unterzeichneten Schreiben und kann hiermit nicht gehört werden (so schon LAG
Berlin vom 16.05.2006 – 7 Sa 2263/05 -).
2.2 Soweit in § 5 des Arbeitsvertrages geregelt ist, dass auf das Arbeitsverhältnis der
BMT-G II sowie die für Berlin geltenden Bezirkstarifverträge, einschließlich der
Lohntarifverträge in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, führt dies nach § 613
a Abs. 1 Satz 1 BGB dazu, dass hinsichtlich dieser Regelung das Arbeitsverhältnis
unverändert auf die Beklagte übergeht. Dies ergibt die Auslegung der Klausel des
Arbeitsvertrages.
2.2.1 Die Regelungen im Arbeitsvertrag stellen keine Tarifwechselklausel dar.
Dies ist nur dann anzunehmen, wenn im Arbeitsvertrag mit dem tarifgebundenen
Arbeitgeber vereinbart ist, dass für das Arbeitsverhältnis „die Bedingungen des jeweils
gültigen Tarifvertrages gelten“ sollen (BAG vom 16.10.2005 – 4 AZR 467/01 – NZA 2003,
390). Diese allgemeine Formulierung ist hier gerade nicht gewählt worden. Es ist
vielmehr auf konkrete Verträge Bezug genommen worden, so dass eine
Tarifwechselklausel ausscheidet (so auch schon LAG Berlin vom 31.03.2006 – 6 Sa
2262/05 -).
2.2.2 Derartige Klauseln in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber
vorformulierten Arbeitsvertrag sind lange Zeit als Gleichstellungsabrede ausgelegt
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vorformulierten Arbeitsvertrag sind lange Zeit als Gleichstellungsabrede ausgelegt
worden mit der Folge, dass die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten
Arbeitsbedingungen endet, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen
Arbeitnehmer enden würden, z.B. bei Austritt des Arbeitgebers aus dem zuständigen
Arbeitgeberverband. Neuerdings hat das Bundesarbeitsgericht angekündigt, künftig bei
der Auslegung von Verträgen, die nach dem 31. Dezember 2001 abgeschlossen wurden,
nicht mehr davon auszugehen, dass nur eine Gleichstellungsabrede vorliegt (BAG vom
14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – NZA 2006, 607). Das ehemalige Auslegungsergebnis habe
sich zu stark an einem unterstellten Sinn und Zweck der Regelung und zu wenig am
Wortlaut orientiert. Aus Vertrauensschutzgesichtspunkten soll die alte Rechtsprechung
jedoch für Verträge vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
(01.01.2002) weiterhin zur Anwendung kommen. Inzwischen hat das
Bundesarbeitsgericht die angekündigte Rechtsprechungsänderung für Neuverträge
umgesetzt (Urt. vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 – Pressemitteilung Nr. 25/07).
Die hiesige Kammer folgt der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Insofern verbleibt es für den Kläger bei der Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen
Dienstes. Soweit das Bundesarbeitsgericht für Altverträge – ein solcher liegt hier vor –
meint, dass es bei der Auslegung als Gleichstellungsabrede aus
Vertrauensschutzgesichtspunkten zu verbleiben hat, kann hier offen bleiben, ob dem zu
folgen ist. Dies hätte allenfalls zur Folge, dass bei einem Verbandsaustritt oder
Betriebsteilübergang die entsprechenden Tarifverträge nur statisch weitergelten. Nur
dies verlangt der Kläger hier jedoch.
2.2.3 Soweit in der Literatur (vgl. Küttner/Kreitner, Personalhandbuch 2006, Stichwort
Betriebsübergang, Rdnr. 62) angenommen wird, dass auch in dem Fall der lediglich
arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Tarifverträge beim Veräußerer und bei späterer
beidseitiger Tarifbindung beim Erwerber § 613 a Abs. 1 Satz 3 analog heranzuziehen sei
mit der Folge, dass arbeitsvertragliche Regelungen durch die beim Erwerber geltenden
tarifvertraglichen Regelungen abgelöst werden, kann dem nicht gefolgt werden. Das
Landesarbeitsgericht Düsseldorf (vom 20.07.2006 – 15 (4) Sa 62/06 – jetzt 4 AZR 767/06
-) geht bei entsprechenden Klauseln weiterhin von einer Gleichstellungsabrede aus. Bei
einer sachgerechten Auslegung müsse angenommen werden, dass die zuvor nicht
tarifgebundenen Arbeitnehmer schon bei Vertragsschluss insofern ihr (antizipiertes)
Einverständnis mit einer Ablösung ihrer arbeitsvertraglich in Bezug genommenen
Tarifverträge gegeben haben für den Fall, dass bei beiderseitiger Tarifbindung § 613 a
Abs. 1 Satz 3 BGB zum Tragen gekommen wäre (LAG Düsseldorf a.a.O. Rdnr. 38).
Die hiesige Kammer hält dieses Auslegungsergebnis nicht mehr für gerechtfertigt. Es
entfernt sich zu weit vom Wortlaut der vertraglichen Gestaltung. Soweit das
Bundesarbeitsgericht für Altverträge Vertrauensschutzgesichtspunkte bei der Auslegung
der Reichweite der Klauseln anführt, führt dies bei der hiesigen Problemkonstellation
nicht weiter. Das Ergebnis dieser Rechtsprechung war nur, dass gegebenenfalls die
Tarifverträge nicht mehr dynamisch, sondern statisch zur Anwendung zu bringen sind.
Nur in diesem Punkt konnte sich ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitgeber als
Klauselverwender ergeben haben. Vorliegend geht es jedoch um die Frage, wie sich die
arbeitsvertragliche Bezugnahme (Tarifverträge) im Rahmen eines Betriebsübergangs
auswirkt, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber anschließend beide tarifgebunden sind.
Dies ist bisher vom Bundesarbeitsgericht nicht entschieden, sondern offen gelassen
worden (BAG vom 30.08.2000 – 4 AZR 581/99 – NZA 2001, 510).
Vertrauensschutzgesichtspunkte können daher nicht zur Anwendung kommen.
Insofern muss es gerade auch wegen der neueren Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zu diesen Klauseln bei einer am Wortlaut orientierten Auslegung
verbleiben mit der Folge, dass § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zur Anwendung kommt.
2.3. Die nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte unverändert übergehenden
Regelungen der Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes werden
nicht nach den Regeln der Tarifkonkurrenz verdrängt.
Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Verhältnis von Arbeitsvertrag und Tarifvertrag
angenommen (vom 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003). Zu Recht weist
Thüsing (NZA 2005, 1280) und ihm folgend das LAG Berlin in der Entscheidung vom
31.03.2006 (a.a.O.) darauf hin, dass konkurrieren im technischen Sinne nur Normen
können, nicht jedoch eine höherrangige Rechtsquelle mit einer in der Hierarchie unter ihr
stehenden. Dieses Problem wird nach dem Günstigkeitsprinzip gelöst (§ 4 Abs. 3 TVG).
Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sind jedoch für den Kläger eindeutig
günstiger, da sie erhebliche Lohneinbußen vermeiden.
2.4 Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 des
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2.4 Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 des
Interessenausgleichs mit Sozialplan und die dort in der Anlage erfolgte Zuordnung des
Klägers zur Lohngruppe 5 des Gebäudereiniger-Tarifvertrages nicht zur Anwendung
dieser Tarifverträge. Insofern fehlt den Parteien dieser Vereinbarung die Kompetenz, den
Inhalt des Arbeitsvertrages ohne Zustimmung des Klägers zu ändern. Eine
entsprechende Öffnungsklausel enthält der Arbeitsvertrag nicht. Auch insofern wird auf
die Entscheidungen des LAG Berlin in den vorangegangenen Parallelverfahren verwiesen.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten steht dem Kläger auch weiterhin eine
Vergütung nach der Lohngruppe 3 a des Berliner Bezirkslohntarifvertrages Nr. 2 zu.
Der Kläger war arbeitsvertraglich als Transportarbeiter unter Hinweis auf die Lohngruppe
3 eingestellt worden. Nach Zurücklegung der Bewährungszeit erfolgte die entsprechende
Höhergruppierung.
Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger führe entsprechende Arbeiten bei ihr nicht
aus, rechtfertigt dies eine andere Eingruppierung nicht. Die Beklagte ist vielmehr
verpflichtet, den Kläger vertragsgemäß zu beschäftigen. Insofern hat sie ihm auch
Arbeiten zuzuweisen, die der Lohngruppe 3 a entsprechen.
Das Bestreiten der Beklagten, dass der Kläger schon beim J. Krankenhaus
entsprechende Arbeiten im Tarifsinne ausgeführt hätte, rechtfertigt ebenfalls nicht eine
Herabgruppierung des Klägers. Eine korrigierende Rückgruppierung käme nur dann in
Betracht, wenn das J. Krankenhaus sich bei der ursprünglichen Eingruppierung geirrt
hätte. Dies hat die Beklagte jedoch nicht substantiiert dargelegt.
2.5. Die Berechnung der Klageforderung durch den Kläger ist nicht zu beanstanden. Sie
beruht auf den Differenzbeträgen zwischen der Vergütung, die der Kläger beim J.
Krankenhaus erhalten hat und den Zahlungen bei der Beklagten. Einwände sind insofern
von der Beklagten auch nicht vorgebracht worden.
Die tarifvertragliche Ausschlussfrist ist eingehalten worden (vgl. 1. der Gründe).
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus den Prinzipien des Annahmeverzugs.
3. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet.
Die Klage ist zulässig. Das Bundesarbeitsgericht hat schon früher entschieden, dass eine
Feststellungsklage sich nicht auf die Geltung eines ganzen Tarifvertrages beziehen
müsse, es könnten auch einzelne Leistungen herausgegriffen werden (BAG vom
21.02.2001 – 4 AZR 18/00 – NZA 2001, 1318, 1319). So verhält es sich hier, soweit der
Kläger die Höhe des monatlichen Entgelts, eines jährlichen Urlaubsgeldes und einer
Jahressonderzuwendung festgestellt wissen will.
Die Klage ist auch insofern begründet, da nach den obigen Ausführungen die
Tarifverträge des öffentlichen Dienstes weiter anzuwenden sind.
4. Die Beklagte hat nach § 92 ZPO die Kosten des Rechtsstreites zu tragen, da sie im
Wesentlichen unterlegen ist und die Zuvielforderung des Klägers nur gering ist.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Insofern hat der Rechtsstreit
grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen liegt auch eine Abweichung gegenüber der
Entscheidung des LAG Düsseldorf vor.
Für den Kläger war die Revision nicht zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Für ihn ist gegen
dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
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