Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

LArbG Berlin-Brandenburg: vergleich, arbeitsgericht, kündigung, vergütung, anerkennung, abfindung, kostenregelung, rücknahme, quelle, link

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 26.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 Sa 2128/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 98 S 1 ZPO, § 98 S 2 ZPO, §
516 Abs 3 S 1 ZPO, § 794 Abs 1
Nr 1 ZPO
Kostenfolge bei Berufungsrücknahme aufgrund eines Vergleichs
in anderem Verfahren
Leitsatz
1. Haben die Parteien in einem Vergleich keine Kostenregelung getroffen, diese aber auch
nicht ausdrücklich dem Gericht überlassen, ist auf die gesetzlichen Regelungen
zurückzugreifen, wobei auch bei einem Vergleich in einem anderen Verfahren in Betracht
kommt, dass entsprechend § 98 ZPO die Kosten als gegeneinander aufgehoben anzusehen
sind.
2. § 98 Satz 2 ZPO enthält jedoch keine abschließende Regelung über die Kosten des durch
Vergleich erledigten Rechtsstreits. Hat der Vergleich im Wesentlichen eine Anerkennung des
angefochtenen Urteils zum Inhalt, so gilt bei Rücknahme der Berufung nicht § 98 ZPO,
sondern der hier erheblich näher liegende § 516 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH 25. Mai 1988 - VIII ZR
148/87 - NJW 1989, 39, zu II 1 b der Gründe).
Tenor
1. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
2. Sie wird dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Parteien stritten im vorliegenden Verfahren über die Verpflichtung der Beklagten
zur Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit von Februar bis Juni 2009. Offen
ist nach der Berufungsrücknahme noch die Entscheidung über die Kosten.
Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits der Parteien war eine außerordentliche
Kündigung vom 2. Februar 2009, von dessen Ausgang auch die Ansprüche im
vorliegenden Verfahren abhingen. In jenem Verfahren (erstinstanzlich 19 Ca 2410/09;
zweitinstanzlich 16 Sa 1770/09) nahm die Beklagte die Berufung am 14. Oktober 2009
zurück.
Ein dritter Rechtsstreit (erstinstanzlich 28 Ca 15881/09; zweitinstanzlich 18 Sa 2460/09)
betraf die Vergütung für weitere Monate.
In einem vierten Rechtsstreit der Parteien vor dem Arbeitsgericht Berlin (1 Ca 11995/09)
ging es um eine weitere Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 2009. Mit Schreiben vom
11. November 2009 unterbreitete der Klägervertreter dem Beklagtenvertreter im
dortigen Verfahren einen Vergleichsvorschlag. Der letzte Satz des Schreibens lautete:
„Wenn der Vergleichsvorschlag durch Sie und unseren Mandanten bestätigt ist, kann der
Vergleich im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen werden. Mit
einem weiteren Schreiben vom 19. November 2009 teilte der Klägervertreter dem
Beklagtenvertreter mit, dass der Vergleichsvorschlag durch die Klägerin bestätigt
worden sei und er ihn – so auch die Beklagte einverstanden sei – darum bitte, den
Vergleich zur Protokollierung im schriftlichen Verfahren dem Arbeitsgericht zu
übermitteln. Der Beklagtenvertreter teilte dem Klägervertreter mit Schreiben vom 25.
November 2010 mit, dass er namens seiner Mandantin den Vergleichsvorschlag
annehme und die Einigung dem Arbeitsgericht mitgeteilt habe.
Das Arbeitsgericht unterbreitete den Parteien sodann einen entsprechenden Vorschlag.
Die Beklagte nahm die Berufung im vorliegenden Verfahren am 30. November 2009
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Die Beklagte nahm die Berufung im vorliegenden Verfahren am 30. November 2009
zurück.
Am 8. Dezember 2009 stellte das Arbeitsgericht in dem Verfahren 1 Ca 11995/09 den
Vergleich nach dessen Annahme durch die Klägerin vom 25. November 2009 und durch
die Beklagte vom 4. Dezember 2009 durch Beschluss mit folgendem Inhalt fest:
Die Parteien sind nach Berufungsrücknahme zur Stellungnahme zur Entscheidung über
die Kosten aufgefordert worden. Der Beklagtenvertreter ist der Ansicht, diese ergebe
sich angesichts des Umstandes, dass die Berufungsrücknahme in dem Vergleich
vereinbart sei, aus § 98 ZPO. Die Klägerin beruft sich darauf, dass sich die Kostenfolge
aus § 516 Abs. 3 ZPO ergebe.
2. Die Kostenfolge ergibt sich nach Berufungsrücknahme aus § 516 Abs. 3 ZPO.
Dem steht der Vergleich in dem Verfahren 1 Ca 11995/09 nicht entgegen. Die Parteien
haben in dem Vergleich keine Kostenregelung getroffen, diese aber auch nicht
ausdrücklich dem Gericht überlassen. Mithin ist grds. auf die gesetzlichen Regelungen
zurückzugreifen, wobei auch für einen Vergleich in einem anderen Verfahren in Betracht
kommt, dass entsprechend § 98 ZPO die Kosten als gegeneinander aufgehoben
anzusehen sind.
§ 98 Satz 2 ZPO enthält jedoch keine abschließende Regelung über die Kosten des durch
Vergleich erledigten Rechtsstreits. Hat der Vergleich im Wesentlichen eine Anerkennung
des angefochtenen Urteils zum Inhalt, so gilt bei Rücknahme der Berufung nicht § 98
ZPO, sondern der hier erheblich näher liegende § 516 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH 25. Mai 1988
- VIII ZR 148/87 - NJW 1989, 39, zu II 1 b der Gründe).
So lag es hier. Hinsichtlich des Streits über die Vergütung in der Zeit nach Ausspruch
der außerordentlichen Kündigung von Februar 2009 bis zum 30. September 2009 war die
Festlegung im Vergleich anerkennender Natur. Die Anerkennung der „umstrittenen“
Vergütungsdifferenz kann für die Bereitschaft des Klägers, sich auf das konkrete
Beendigungsdatum zu einigen, keinen entscheidenden Einfluss mehr gehabt haben. Die
Berufung in dem Verfahren 16 Sa 1770/09, in dem es um die außerordentliche
Kündigung vom 2. Februar 2009 ging, war bereits am 14. Oktober 2009
zurückgenommen worden. Damit stand grds. auch die Vergütungspflicht jedenfalls für
die Zeit bis zum 30. September 2009 fest. Allerdings war im vorliegenden Verfahren, in
dem es um die Vergütung für die Zeit von Februar bis Juni 2009 ging, deren Höhe unter
den Parteien streitig. Das war in dem Verfahren 28 Ca 15881/09 (zweitinstanzlich 18 Sa
2460/09) nicht anders. Dort ging es um die Vergütung für die Monate Juli bis September
2009. Die Berufung in dem Verfahren 18 Sa 2460/09 ist mit Schriftsatz der Beklagten
vom 8. Dezember 2009 ebenfalls zurückgenommen worden. Es gibt keine Anhaltspunkte
dafür, dass dieser Streitpunkt noch ernsthaft „Vergleichsmasse“ gewesen wäre, zumal
die Beklagte sich kaum Erfolgsaussichten in den Berufungsverfahren versprechen
konnte. Der Kläger wäre außerdem bereits erstinstanzlich bereit gewesen, den
Rechtsstreit vergleichsweise zu beenden, und zwar zu niedrigeren Konditionen.
Gescheitert ist die Einigung an dem Widerruf durch die Beklagte. Im Ergebnis kann es
daher dahinstehen, ob die Berufung nicht im vorliegenden Verfahren sogar bereits vor
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daher dahinstehen, ob die Berufung nicht im vorliegenden Verfahren sogar bereits vor
Vergleichsschluss zurückgenommen worden ist.
3. Die weitere Folge der Berufungsrücknahme (Nr. 2 des Tenors) folgt ebenfalls aus §
516 Abs. 3 ZPO. Sie war von Amts wegen festzustellen.
4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.
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