Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 11.07.2013

akte, ordentliche kündigung, einbau, wichtiger grund

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 11.7.2013, 3 Sa 129/12
Außerordentliche Kündigung eines leitenden Angestellten - pflichtwidriges
Sichverschaffen von ungerechtfertigten Vermögensvorteilen als
Kündigungsgrund
Leitsätze
Einzelfallentscheidung einer begründeten fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund
eines im Ausland bei einer Tochtergesellschaft in leitender Position eingesetzten
Arbeitnehmers, der sich dort in pflichtwidriger Weise erhebliche ungerechtfertigte
Vermögensvorteile verschafft hat.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 15.
November 2012 - 23 Ca 8738/11 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen,
hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 2012 ausgesprochenen Kündigung.
Der Kläger hat außerdem einen Auflösungsantrag gestellt.
2
Der am 00.00.1955 geborene Kläger ist verheiratet und Vater von drei in den
Jahren 1984, 1987 und 1992 geborenen Kindern, von denen sich eines noch in
der Ausbildung befindet. Er begann seine Tätigkeit bei der Beklagten, einem
Unternehmen der Automobilindustrie mit Sitz in S., im Jahr 1975 als Student der
Berufsakademie und war ab 1. Oktober 1978 Mitarbeiter im Außendienst (Vertrieb
von Ersatzteilen). Seit 1985 war er für die Beklagte ununterbrochen im Ausland
tätig, zunächst in K., wo er seit 1995 die Funktion des „Chief Executive Officer“
(CEO) bekleidete. Im Jahr 2003 übernahm er in der Funktion des CEO und
Präsident bei D. A./P. Pty. Ltd. die Verantwortung für den Geschäftsbereich A./P..
Aus diesem Anlass wurde der Arbeitsvertrag vom 21. März 2003/14. April 2003
(Bl. 144 bis 149 der ArbG-Akte) abgeschlossen.
3
Ab 1. September 2006 wurde der Kläger als CEO und President der M. B. U., LLC
(im Folgenden: M. U.), einer indirekten 100 %-igen Tochtergesellschaft der
Beklagten mit ca. 1.900 Arbeitnehmern, auf der Grundlage der „Vereinbarung für
den internationalen Einsatz (Versetzung Long Term)“ vom 30. August/20. Oktober
2006 (im Folgenden: „Entsendevertrag“, Bl. 20 bis 25 der ArbG-Akte), mit
Vereinbarung vom 17. Juli/15. August 2007 (Bl. 35 f. der ArbG-Akte) bis 31.
August 2011 und mit Vereinbarung vom 31. August/1. September 2011 (Bl. 150 f.
der ArbG-Akte) bis 30. November 2011 verlängert, tätig. Im Rahmen der
Versetzung in die U. richtete die Beklagte zwei weitere auf den 30. August und
15. September 2006 datierte Schreiben (Bl. 17 bis 19 der ArbG-Akte) an den
Kläger.
4
Der Entsendevertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
5
„1. Vertragsgegenstand
6
Sie werden ab dem
01.09.2006
als CEO und President bei M.-B. U., LLC
(Einsatzgesellschaft) in M., V. S. tätig sein.
7
Ihr Dienstvorgesetzter bei der Einsatzgesellschaft ist: Leiter M. Vertrieb und
Marketing.
8
Die Bedingungen dieser Vereinbarung entsprechen einer Vereinbarung
zwischen der Heimatgesellschaft und der M.-B. U., LLC (Einsatzgesellschaft).
Sie erbringen die geschuldete Arbeitsleistung gegenüber der
Einsatzgesellschaft.
9
Die Bestimmungen des bestehenden Arbeitsvertrages gelten fort, soweit diese
Zusatzvereinbarung nichts anderes bestimmt.
10
Im Folgenden werden die Rahmenbedingungen für internationale Langfrist-
Einsätze (Going Global Richtlinie) inklusive der Vergütungsleitlinie
individualisiert. Deren Regelungen in der jeweils gültigen Fassung sind
Bestandteil dieses Vertrages. Die bei Vertragsabschluss gültige Fassung der
Going Global Richtlinie vom 01.07.2005 ist diesem Vertrag als Anlage beigefügt.
11
2. Vergütung und wesentliche Arbeitspflichten
12
13
2.6. Zusatzleistungen
14
Im Folgenden werden einige der Zusatzleistungen individuell konkretisiert.
Weitere Zusatzleistungen werden nach der Going Global Richtlinie gewährt,
soweit diese im Einzelfall Anwendung finden.
15
- Individuelles Mietlimit pro Monat: 9.700,00 USD max.
- Pauschale für sonstige Umzugskosten: 10.000,00 EUR einmalig
- Sie erhalten, soweit anwendbar, folgende Zuschüsse für
- Küchengeräte gegen Nachweis bis zu 2.500,00 EUR max.
- Küchenmöbel gegen Nachweis bis zu 5.000,00 EUR max.
- Elektrogeräte 2.500,00 EUR einmalig
- Möblierungszuschuss (nur anstelle des Hin- und Rückumzuges) 0,00 EUR
einmalig
16
17
6. Allgemeine Bestimmungen
18
6.1 Arbeitsverhältnis mit der Einsatzgesellschaft
19
Sollten die Bestimmungen eines rechtlich notwendigen Arbeitsverhältnisses
zwischen Ihnen und der Einsatzgesellschaft den Vereinbarungen dieses
Vertrages widersprechen, hat die vorliegende Vereinbarung Vorrang. Jegliche
Leistungen, die aus dem Arbeitsverhältnis mit der Einsatzgesellschaft stammen,
werden auf die Ansprüche aus dieser Vereinbarung oder auf andere Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis mit der Heimatgesellschaft angerechnet.
20
Soweit eine Anrechnung nicht möglich ist, werden Sie erhaltene Beträge an die
Heimatgesellschaft zahlen. Im Übrigen stimmen Sie einer Regelung zu, den
wirtschaftlichen Wert der Rechte aus einem Arbeitsverhältnis mit der
Einsatzgesellschaft der Heimatgesellschaft zukommen zu lassen.
21
6.3 Allgemeine Verbindlichkeiten
22
Sie haben die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, insbesondere die
Wahrnehmung der Firmeninteressen und die Pflicht zur Verschwiegenheit auch
zu Gunsten der Einsatzgesellschaft zu beachten. Bei Interessenskonflikten hat
Ihre Loyalität gegenüber der Heimatgesellschaft Vorrang.
23
7. Schlussbestimmungen
24
25
7.2 Schriftform der Nebenabrede
26
Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
27
7.3 Abschließende Klausel
28
Ihr Verhalten im Ausland ist von erheblicher Bedeutung für den guten Ruf von D..
Sie werden daher alles unterlassen, was das Ansehen von D. beeinträchtigen
könnte.“
29 Bezüglich des Wortlauts der Going Global Richtlinie (im Folgen: GGP) wird auf Bl.
400 bis 427 der ArbG-Akte verwiesen.
30 Die U. sind für die Beklagte der zweitgrößte Absatzmarkt nach D.. Der Kläger war
als einziger Mitarbeiter der M. U. der Führungsebene E 1 der Beklagten
zugeordnet und unterstand dem im Inland tätigen Herrn Dr. J. S. (Leiter
Verkauf/Marketing M. C. Group). Er bezog von der Beklagten eine jährliche
Grundvergütung in Höhe von zuletzt 327.948,00 EUR sowie eine variable
Vergütung (Executive Bonus), welche im Jahr 2010 605.450,00 EUR betrug. Als
oberste Führungskraft war der Kläger in Bezug auf Vergütungen und
Arbeitgeberleistungen der M. U. entscheidungsbefugt (s. Zuständigkeitsübersicht,
Bl. 657 bis 662 der ArbG-Akte).
31 Der Wechsel des Klägers von der Tätigkeit in A. zu der in den U. erfolgte
kurzfristig vor dem Hintergrund, dass der Vorgänger des Klägers in der Funktion
als President der M. U., Herr H. das Unternehmen mit Aufhebungsvertrag vom 30.
August 2006 mit Wirkung zum 31. August 2006 verließ. Die M. U. stellte dem
Kläger unentgeltlich die in ihrem Eigentum stehende Dienstvilla in ..., ..., ... zur
Verfügung. Den geldwerten Vorteil dieser Nutzungsmöglichkeit versteuerte der
Kläger mit 9.700,00 USD monatlich. Der Vorgänger Herr H. hatte die Dienstvilla in
den Jahren 2003 und 2004 für über 1 Mio. USD auf Kosten der M. U. renovieren
und umbauen lassen.
32 Bei der M. U. gilt für von Mitarbeitern genutzte und im Eigentum der M. U.
stehende Immobilien die Corporate Housing Policy (im Folgenden: CHP, Bl. 283
bis 285 der ArbG-Akte, in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt als Bl.
428 bis 431 der ArbG-Akte). Die CHP lautet in deutscher Übersetzung
auszugsweise wie folgt:
33
„1. Zweck/Geltungsbereich
34
1.1 Mit diesem Dokument werden die Rahmenbedingungen für übernommene
Kosten sowie den Erstattungsprozess für Mitarbeiter, denen Firmenwohnungen
zur Verfügung gestellt werden, definiert, festgelegt und gepflegt.
35
3. Definitionen/Begriffe:
36
3.4 Das Firmenwohnungskomitee besteht aus folgenden Personen: General
Manager von Strategic Retail Development, General Manager von Corporate
Finance, Controlling & Risk sowie den General Manager von Human Resources.
37
4. Anforderungen der Richtlinie:
38
4.0C M. U. übernimmt die Bezahlung von Kosten, die üblicherweise in
Verbindung mit einem Firmeneigentum an Wohnraum entstehen, wie
beispielsweise Hypotheken, Steuern und Versicherung.
39
Mitarbeiter sind gehalten, sich über M. U.-Richtlinien zu informieren und deren
Vorgaben einzuhalten. Eine Nichteinhaltung dieser Vorgaben kann
disziplinarische Maßnahmen bis zu einer Entlassung nach sich ziehen.
40
4.1 MOBILIARVERMÖGEN, mit dem das Haus/die Wohnung ausgestattet ist:
41
4.1 A M. U. stellt sicher, dass die Wohnstätte über folgende Ausstattung verfügt:
42
- Mikrowellengerät
- Backofen/Grill
- Kühlschrank/Tiefkühlgerät
- Spülmaschine
- Waschmaschine
- Trockner
- Klimaanlage (falls nicht an zentrale Klimaanlage angeschlossen)
- Sicherheitssystem
- Vorhänge (die beim Verkauf im Haus bleiben)
43
4.1 B M. U. ist gemäß Vorgaben des Komitees verantwortlich für Instandhaltung
oder Austausch einer der oben aufgeführten Ausstattungsgegenstände. Dem
Mieter werden ohne vorherige Genehmigung des Firmenwohnungskomitees
keine Reparaturkosten für die oben genannten Ausstattungsgegenstände
erstattet.“
44 Ferner war in der CHP geregelt, dass alle Renovierungs-/Reparaturarbeiten am
Wohnobjekt, deren Projektkosten insgesamt unter 10.000,00 USD lagen, vom
Mieter mit Zustimmung des General Manager Strategic Retail Development
durchgeführt werden konnten. Am 12. Dezember 2006 wurde die CHP
dahingehend geändert, dass der Schwellenwert, ab dem Reparaturarbeiten vom
Firmenwohnungskomitee zu genehmigen waren, von 10.000,00 USD auf
25.000,00 USD angehoben wurde. Renovierungsarbeiten mit Kosten über
25.000,00 USD-Projekt bedurften der Zustimmung des
Firmenwohnungskomitees, darüber hinaus mussten bei allen Projektarbeiten, die
von einem einzelnen Vertragspartner ausgeführt wurden, bei
Renovierungskosten von über 50.000,00 USD drei Angebote eingeholt und dem
Komitee vor Beginn der Renovierungsarbeiten vorgelegt werden. Ferner mussten
alle vorgelegten Angebote den M. U.
-
Einkaufsgrundsätzen entsprechen.
45 Das Firmenwohnungskomitee bestand aus drei Mitarbeitern der konzernweiten
Hierarchieebene 3, nämlich dem General Manager von Strategic Retail
Development, M. H., dem General Manager von Corporate Finance, Controlling &
Risk, C. S. und dem General Manager von Human Resources. Diese zuvor
unbesetzte Position übernahm im Jahr 2007 Frau L. R..
46 C. S. war seit 2002 als Jurist bei der M. U. tätig, seit 2003 zusätzlich Leiter des
Bereichs Facility Management. Jedenfalls ab 2006 leitete er die Steuerabteilung
der M. U. als Führungskraft der Konzernebene E 3. Seit Juni 2009 ist Herr S.
Leiter der Rechtsabteilung (General Manager Legal Council) der M. U..
47 Im Zeitraum von Februar 2002 bis Februar 2009 war N. L. Chief Financial Officer
(CFO) der M. U. und dort auch für die IT-Abteilung zuständig. Dessen mit der
Beklagten abgeschlossene „Vereinbarung für den internationalen Einsatz
(Langfrist A)“ enthält unter „1. Vertragsgegenstand“ folgende Regelung (Bl. 651
der ArbG-Akte):
48
„Dienstvorgesetzter des/der Mitarbeiters/in bei der Auslandgesellschaft ist:
President of M. U.“.
49 Das Arbeitsverhältnis des Herrn L., der der Führungsebene E 2 der Beklagten
zugeordnet war, wurde am 27. Februar 2009 aus verhaltensbedingten Gründen
fristlos gekündigt. Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren vor dem
Arbeitsgericht Stuttgart einigten sich die Vertragsparteien vergleichsweise ua. auf
eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2009.
50 Im Jahr 2003 oder 2004 kam es zu folgender Begebenheit: Der Keller des
Wohnhauses von Herrn L. sollte an einem bestimmten Wochenende neu
gestrichen werden. Nachdem die dafür bestellten Maler zunächst nicht
gekommen waren, rief Herr L. Herrn S. an und verlangte von ihm, dass er den
Keller selbst streichen sollte, andernfalls er am Montag die Kündigung erhielte.
Daraufhin begann Herr S. mit den Malerarbeiten und setzte diese, nachdem die
Maler später doch noch gekommen waren, zusammen mit diesen am Samstag
und am Sonntag fort, damit sie über das Wochenende beendet werden konnten.
51 Die Beklagte zahlte dem Kläger die für den Umzug seines Hausstandes von A. in
die U. anfallenden Umzugskosten und die in Ziffer 2.6 der Entsendevereinbarung
vorgesehene Pauschale von 10.000,00 EUR für sonstige Umzugskosten. Ferner
erhielt er zu Beginn seiner Tätigkeit in den U. im September 2006 den in Ziffer 2.6
des Entsendevertrags geregelten einmaligen Zuschuss für Elektrogeräte ohne
Nachweis in Höhe von 2.500,00 EUR mit der Entgeltabrechnung für September
2006 (Bl. 432 der ArbG-Akte). Da sein Hausstand bei seinem Eintreffen in den U.
noch nicht vor Ort war, zog der Kläger mit seiner Ehefrau zunächst in ein Hotel,
dessen Kosten von der M. U. getragen wurden.
52 In den U. war Herr F. L. für den Kläger - wie auch schon für dessen Vorgänger -
als Fahrer tätig. Herr L. war nicht direkt bei der Beklagten oder M. U., sondern bei
der Firma I. S. angestellt und überdies einer von deren Miteigentümern. M. U.
beauftragte die Firma I. S. insbesondere mit allen Sicherheitsmaßnahmen, aber
auch mit Hausmeister- und Fahrtätigkeiten. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe
gegen den Kläger hat M. U. alle Vertragsverhältnisse mit I. S. und damit auch
jegliche Vertragsbeziehung zu Herrn L. gekündigt.
53 Herr L. war in beruflicher Hinsicht die engste Vertrauens- und Bezugsperson des
Klägers und dessen „Mann für alle Fälle“. Auch Einzelheiten bezüglich geplanter
Maßnahmen rund um die Dienstvilla besprach der Kläger zunächst mit Herrn L.,
der dann alles weitere veranlasste. Die Mitarbeiter von M. U. sprachen Herrn L.
an, wenn sie dem Kläger etwas mitteilen wollten. Für die Mitarbeiter war klar, dass
so sichergestellt war, dass der Kläger alles erfuhr.
54 Im September 2006 kaufte die Ehefrau des Klägers, Frau P. L., mehrere Betten
für insgesamt 6.151,52 USD und beglich die Rechnungen (Bl. 443 bis 448 der
ArbG-Akte) mit ihrer privaten Kreditkarte. Den Kauf hatte der Kläger mit Herrn L.
abgestimmt. Der Kläger übergab die Rechnungen der Personalsachbearbeiterin
der Beklagten, Frau O. A., mit der Bitte um Erstattung der Kosten. Frau A. sagte
dem Kläger, dass sie nicht wisse, wie diese Kosten erstattet werden könnten. Der
Kläger antwortete, dass er mit Herrn L. darüber gesprochen habe und die Kosten
für den Bettenkauf erstattet würden. Daraufhin wandte sich Frau A. direkt an
Herrn L. und wies ihn darauf hin, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung
von Anschaffungskosten für Möbel habe. Herr L. schrie Frau A. daraufhin laut an
und ordnete an, dass Frau A. die Kosten für den Bettenkauf als Kosten für
Küchenmöbel und Küchengeräte deklarieren solle. Er unterzeichnete das
erforderliche Dokument und übergab es Frau A.. Frau A. veranlasste daraufhin
die Auszahlung an den Kläger. Der Buchungsbeleg der M. U. weist den Vermerk
„relocation allowance“ auf (Bl. 451 der ArbG-Akte). Am 24. Oktober 2006
überwies der Personalbereich der M. U. dem Kläger einen Betrag in Höhe von
9.423,38 USD und damit über 3.000,00 USD mehr als durch die
Bettenrechnungen belegt. Der Betrag von 9.423,38 USD entsprach nach dem
damaligen Umrechnungskurs 7.500,00 EUR. Der Kläger nutzte die Betten vom
28. September 2006, als er mit seiner Ehefrau die Dienstvilla bezog, bis zur
Ankunft seines eigenen Hausstandes aus A. am 30. November 2006.
55 Zwischen Herbst 2006 und Februar 2007 baute die Firma A. I. LLC in mehrere
Räume der Dienstvilla eine am 25. Oktober 2006 bestellte Home-Entertainment-
Anlage ein, bestehend aus mehreren Flachbildschirmen und Fernsehgeräten,
von denen ein 56-Zoll-Bildschirm allein 22.500,00 USD zuzüglich Steuern
kostete, Lautsprechern, Blue Ray-Spielern und weiterem Zubehör. Die von A. I.
LLC in Rechnung gestellten und von M. U. beglichenen Kosten beliefen sich auf
89.839,30 USD. Über den Einbau dieser Anlage wurden weder das
Firmenwohnungskomitee noch der Vorgesetzte des Klägers informiert. Eine
Aufnahme der Home-Entertainment-Anlage in das Inventarverzeichnis der
Dienstvilla erfolgte nicht.
56 Im Jahr 2008 gab es einen Feuchtigkeitsschaden in den Kellerräumen der
Dienstvilla. Im Zuge der Reparaturarbeiten wurden im Keller Trennwände
eingezogen und in dem neu geschaffenen Raum ein zusätzliches Klimagerät
sowie Wandspiegel eingebaut. Der Kläger bzw. seine Familie nutzten den Raum
zur sportlichen Betätigung. Die von M. U. getragenen Kosten für die Behebung
des Feuchtigkeitsschadens beliefen sich auf 8.000,00 bis 10.000,00 USD, die
Kosten für den Fitnessraum auf 18.000,00 bis 20.000,00 USD. Die im
Fitnessraum verbauten Wandspiegel kosteten ca. 5.100,00 USD.
57 Im Laufe des Jahres 2008 trat ein Defekt an der in der Dienstvilla befindlichen
Waschmaschine auf. Daraufhin wurden eine neue Waschmaschine und ein
neuer Trockner angeschafft, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob auch der
Trockner defekt war. Auf Grund des Umstands, dass es sich bei dem neuen
Trockner nicht mehr um ein Elektro-, sondern ein Gasgerät handelte, musste eine
Gasleitung in die Waschküche gelegt werden. Die M. U. bezahlte für den Umbau
(ohne Geräte) rund 12.700,00 USD.
58 Im Herbst 2010 schrieb die Beklagte Führungskräfte der Ebenen E 1 und E 2, die
im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 als sogenannte
„Assignees“ im Ausland waren, an und bat diese um eine Eigenprüfung im
Hinblick auf die Einhaltung der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen Richtlinien und
vertraglichen Zusagen nach der GGP. Etwaige Verstöße waren mitzuteilen. Die
Beklagte versandte in diesem Zusammenhang außerdem ein weiteres Schreiben
ihres Personalvorstands Dr. P. vom 9. Dezember 2010, wegen dessen Wortlauts
auf Blatt 288 der ArbG-Akte verwiesen wird. Anlass war die Aufdeckung von
dienstbezüglichen Verstößen durch andere interne Untersuchungen. Auch der
Kläger erhielt ein entsprechendes Schreiben unter dem Datum 26. November
2010 (Bl. 286 f. der ArbG-Akte), das er mit E-Mail vom 14. Januar 2011 (Bl. 152
der ArbG-Akte) beantwortete. Diese Stellungnahme des Klägers führte zu einer
Voruntersuchung durch eine in der Auslandspersonalabteilung EMG/G
eingerichtete Task-Force, die wiederum eine detaillierte Untersuchung der
Vorgänge durch die Konzernrevision der Beklagten nach sich zog.
59 Jedenfalls zu einem zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Zeitpunkt im
Zeitraum Dezember 2010 bis April 2011 legte der Kläger seinem Vorgesetzten Dr.
S. eine Liste über bauliche Veränderungen und Instandhaltungsmaßnahmen seit
seinem Einzug in die Dienstvilla vor (Bl. 161 der ArbG-Akte). Das
Begleitschreiben zu der angefügten Liste (Bl. 160 der ArbG-Akte) war vom Kläger
und Herrn S. unterschrieben. Auf dem Begleitschreiben findet sich folgender von
Herrn Dr. S. unterzeichneter Vermerk:
60
„After reviewing the individual items and discussing the main issues with E. L.
and C. S. it is my opinion that these items were adequate.“
61 Die als Anlage beigefügte Aufstellung war zuvor mehrmals überarbeitet worden
(vgl. die Versionen Bl. 151 bis 156 der LAG-Akte). Die dem Begleitschreiben
beigefügte Aufstellung enthielt - im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf - nicht
mehr die Sachverhalte Einbau der Home-Entertainment-Anlage, Kauf von
Waschmaschine/Trockner und Umbau der Waschküche sowie Bettenkauf.
Bezüglich der Arbeiten im Keller war in der Aufstellung von der Renovierung des
Kellerbodens, der Verlegung eines Teppichbodens und der Installation einer
Klimaanlage „zur Belüftung des Kellers“ die Rede.
62 Am 8. Juli 2011 unterzeichnete Herr Dr. S. die vorgelegte Aufstellung über
bauliche Veränderungen und Instandhaltungsmaßnahmen seit dem Einzug des
Klägers in die Dienstvilla unter folgendem Vermerk:
63
„Der Durchführung der oben aufgeführten „Maintenance- and Improvement-“
Maßnahmen und einer entsprechenden Kostenübernahme durch das
Unternehmen stimme ich zu.“
64 Am 15. Juli 2011 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Schreiben vom 30.
Juni 2011, wegen dessen Wortlauts auf Bl. 290 f. der ArbG-Akte Bezug
genommen wird.
65 Im Verlauf der Untersuchung durch die Konzernrevision wurde dem Kläger
mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, so ua. am 30. September
2011. Die Untersuchungsergebnisse wurden in einem Bericht der
Konzernrevision vom 10. Oktober 2011 zusammengefasst, über dessen Inhalt
am 11. Oktober 2011 der Vorstand der Beklagten informiert wurde.
66 Im Rahmen einer Besprechung bei der Beklagten am 17. Oktober 2011 erhielt
der Kläger Gelegenheit, zu den kündigungsrelevanten Themenbereichen
Stellung zu nehmen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Sachverhalte
lediglich stichwortartig benannt oder ob der zugrundeliegende Sachverhalt jeweils
grob vorgetragen wurde. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 (Bl. 6 bis 8 der
ArbG-Akte) teilte die Beklagte dem Kläger auch im Namen der M. U. mit, dass der
Kläger „bis auf Weiteres“ von seinen Hauptleistungspflichten aus den Verträgen
mit den Gesellschaften freigestellt werde.
67 Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 (Bl. 165 bis 172 der ArbG-Akte), übergeben
am 18. Oktober 2011, hörte die Beklagte den in ihrer Zentrale errichteten
Sprecherausschuss zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise
ordentlichen Kündigung des Klägers an. Noch am selben Tag erklärte der
Sprecherausschuss, dass keine Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung
bestünden (Bl. 173 der ArbG-Akte).
68 Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 20.
Oktober 2011 (Bl. 9 der ArbG-Akte), dem Kläger am 22. Oktober 2011 übergeben,
fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2012. Hiergegen erhob der
Kläger am 31. Oktober 2011 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht
Stuttgart.
69 Im Verlauf des Rechtsstreits stellte die Beklagte weitere Ermittlungen an, unter
anderem befragte sie am 13. März 2012 Herrn S. (siehe Befragungsprotokoll Bl.
670 bis 679 der ArbG-Akte) und am 19. April 2012 Frau A. (siehe
Befragungsprotokoll Bl. 890 bis 897 der ArbG-Akte). Am 25. April 2012 und 26.
April 2012 hörte die Beklagte den Sprecherausschuss zum Nachschieben von
Kündigungsgründen an (Bl. 474 bis 478 und 504 f. der ArbG-Akte). Am 27. April
2012 teilte der Sprecherausschuss mit, dass keine Bedenken bestünden (Bl. 479
der ArbG-Akte).
70 Der Kläger hat vorgetragen: Es liege weder ein Grund für eine außerordentliche
noch für die hilfsweise ordentliche Kündigung vor. Die ordnungsgemäße
Anhörung des Sprecherausschusses werde bestritten.
71 Den Einbau der Home-Entertainment-Anlage habe er weder veranlasst noch zu
verantworten. Die Entscheidung über den Einbau sei von Herrn L. und Herrn S.
bereits zu einem Zeitpunkt getroffen worden, als er noch nicht CEO der M. U.
gewesen sei. Nur die Umsetzung der Maßnahme sei in seine CEO-Zeit gefallen.
72 Auch die Entscheidung, den Keller zu sanieren und auszubauen, sei nicht durch
ihn, sondern durch die Mitarbeiter der Abteilung SRD (Strategic Retail
Development) erfolgt. Auch in die Entscheidung, Spiegel einzubauen, sei er nicht
eingebunden gewesen. Durch den Einbau des Fitnessraumes sei weder der
Beklagten noch der M. U. ein Schaden entstanden, da das Gebäude
entsprechend im Wert gesteigert worden sei.
73 Bis zum Transport seines Umzugsgutes in die U. sei er darauf angewiesen
gewesen, im Hotel unterzukommen. Er habe in der zweiten Septemberhälfte
2006 entschieden, den unerträglichen Zustand, im Hotel zu wohnen, zu beenden
und provisorisch in die Dienstvilla einzuziehen. Die Anmietung von Betten sei
geprüft worden, jedoch nicht möglich gewesen. Die Erstattung der Kosten für den
Bettenkauf sei mit Herrn L. abgestimmt gewesen. Rechne man die Zeit vom 29.
September bis 30. November 2006 unter Zugrundelegung von Hotelkosten in
Höhe von 300,00 USD pro Nacht, habe er der M. U. durch die übergangsweise
Nutzung der Betten 19.000,00 USD an Hotelkosten eingespart. Abzüglich der
Kosten für die Betten verbleibe eine Kosteneinsparung von 10.000,00 USD.
74 Weder er noch seine Ehefrau hätten über den Ersatzkauf für die defekte
Waschmaschine und den - ebenfalls defekten - Trockner entschieden. Nach der
CHP sei die Beklagte für die Beschaffung verantwortlich. Eine Untersuchung, ob
eine Reparatur sich lohne, habe stattgefunden.
75 Er habe eigenständig alle Entscheidungen zu dem von ihm bewohnten Anwesen
im Rahmen der ihm erteilten Kompetenzen treffen dürfen.
76 Für etwaige Fehler in der von ihm und Herrn S. unterzeichneten Liste über
bauliche Veränderungen und Instandhaltungsmaßnahmen sei sein für das
Facility Management zuständige Mitarbeiter Herr O. verantwortlich. Er selbst sei
nicht in die Erstellung der Liste eingebunden gewesen, sondern habe sich auf
deren Richtigkeit verlassen. Es sei nicht seine Aufgabe, eine von einem
zuständigen Mitarbeiter erstellte Liste zu überprüfen. Herr Dr. S. hätte auch die
jetzt im Streit stehenden Kostenpositionen genehmigt, wenn sie auf der Liste
eingetragen gewesen wären. Mit ihrem Schreiben vom 30. Juni 2011 habe die
Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass alle bisher angefallenen Kosten
genehmigt seien. Ähnlich einer Abmahnung könnten deshalb
Kostensachverhalte, die vor diesem Schreiben angefallen seien, nicht mehr zur
Rechtfertigung einer Kündigung herangezogen werden.
77 Der Kläger hat beantragt:
78
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
fristlose Kündigung im Schreiben vom 20. Oktober 2011 nicht beendet
worden ist.
79
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
ordentliche Kündigung im Schreiben vom 20. Oktober 2011 zum 31.
Dezember 2012 nicht beendet werden wird.
80 Die Beklagte hat beantragt,
81
die Klage abzuweisen.
82 Sie hat vorgetragen: Die Kündigung sei als Tat-, hilfsweise als
Verdachtskündigung wirksam. Der Kläger habe wiederholt und in grober Weise
vorsätzlich gegen seine arbeitsvertragliche Vermögensbetreuungspflicht
verstoßen. Indem er überzogene und unverhältnismäßige Luxusleistungen in
Anspruch genommen habe, obwohl er gewusst habe, dass ihm diese Leistungen
nicht zustanden, habe er das Vertrauensverhältnis zur Beklagten
unwiederbringlich zerstört.
83 Die Entscheidung über den Einbau der Home-Entertainment-Anlage habe der
Kläger veranlasst. Sie sei nicht bereits vor Beginn der Tätigkeit des Klägers in
den U. getroffen worden, was sich aus der erst am 25. Oktober 2006 erfolgten
Bestellung und dem E-Mail-Verkehr hinsichtlich der Abstimmung der Maßnahmen
ergebe. Der Anspruch des Klägers auf Ausstattung mit Elektrogeräten habe sich
auf den einmalig ausgezahlten Zuschuss von 2.500,00 EUR beschränkt.
84 Der Kläger habe auch den Einbau des Fitnessraums veranlasst. Die zweite
Klimaanlage sei zur Verhinderung von Feuchtigkeitsschäden nicht notwendig
gewesen, bei der Ausstattung mit Spiegeln handele es sich um eine vom Kläger
veranlasste unnötige und unverhältnismäßige Maßnahme.
85 Der Kläger habe den Kauf der Waschmaschine und des Trockners und den
dadurch notwendig werdenden, unverhältnismäßigen Umbau veranlasst, obwohl
der Trockner nicht defekt gewesen und eine Reparatur nicht geprüft worden sei.
86 Ein weiterer Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht liege in der
Einreichung einer Rechnung über Betten, die offensichtlich nicht erstattungsfähig
sei. Auch Herrn L. und Frau A. sei bewusst gewesen, dass der Kläger evident
keinen Anspruch auf die Zahlung gehabt habe. Von der Tatsache, dass der
Kläger einen überhöhten Betrag für die Betten abgerechnet habe, habe sie erst
am 19. April 2012 durch die Aussage von Frau A. erfahren.
87 Der Kläger habe seine Vermögensbetreuungspflicht auch dadurch verletzt, dass
er sich nicht mit einer telefonischen Beratung durch eine Rechtsanwältin über die
Konsequenzen einer Rückgabe der ihm erteilten Green Card begnügt habe,
sondern diese zu einem persönlichen Gespräch von V. nach M. eingeflogen und
so erhebliche Kosten veranlasst habe. Wegen der Einzelheiten des
diesbezüglichen Vortrags der Beklagten wird auf Bl. 372 bis 374 der ArbG-Akte
verwiesen.
88 Schließlich habe sich der Kläger einen Weinkühlschrank zur privaten
Verwendung liefern lassen und diesen über die Firma I. S. der M. U. in Rechnung
gestellt, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass er hierauf keinen Anspruch
gehabt habe. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Beklagtenvortrags
wird auf Bl. 374 bis 376 der ArbG-Akte verwiesen.
89 Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. November 2012 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Die fristlose Kündigung der Beklagten vom
20. Oktober 2011 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang beim
Kläger beendet. Ein wichtiger Grund hierfür iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Auf
das Arbeitsverhältnis finde deutsches Arbeitsrecht Anwendung. Der Kläger habe
dadurch, dass er sich einen Fitnessraum in den Keller der von ihm bewohnten
Dienstvilla einbauen ließ und hierdurch der M. U. Kosten in Höhe von 18.000,00
bis 20.000,00 USD verursachte, in schwerwiegender Weise gegen die ihm
obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen und damit einen Grund
gesetzt, der an sich geeignet sei, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der
Kläger habe sich zunächst darauf berufen, dass die Entscheidung, den Keller zu
sanieren und ihn wie geschehen auszubauen, durch die Mitarbeiter der Abteilung
Strategic Retail Development getroffen worden sei, wobei verantwortlicher
Mitarbeiter D. O. in der Funktion des Facility Managers gewesen sei. Später habe
sich der Kläger dann darauf berufen, dass ihm insofern ein Vorschlag unterbreitet
worden sei, mit dem er einverstanden gewesen sei. Auch auf Rüge der
Beklagten, dass der Kläger nicht vorgetragen habe, wer diesen Vorschlag
unterbreitet haben solle, habe der Kläger die Person nicht namentlich benannt.
Selbst wenn man den Vortrag des Klägers dahingehend verstehen wolle, dass
Herr O. ihm den betreffenden Vorschlag unterbreitet habe, sei dies
unglaubwürdig, da der Kläger im Rahmen der Anhörung vom 30. September
2011 selbst eingeräumt habe, den Bau des Fitnessstudios veranlasst zu haben.
Das Gericht habe auch keinen Zweifel daran, dass der Einbau der Spiegel auf
der Initiative des Klägers beruhe. Dies ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts
aus der E-Mail des Herrn O. vom 12. Februar 2008. Eine vertragliche Grundlage
für diese Maßnahme existiere nicht, der Kläger habe auch nicht die
Einverständniserklärung des Auslandspersonalbereichs eingeholt, der im Übrigen
zur Genehmigung dieser Maßnahme auch gar nicht befugt gewesen wäre, da
sich die Kosten auf weit mehr als eine Monatsmiete belaufen hätten. Der Kläger
habe in diesem Zusammenhang auch die CHP der M. U. missachtet. Es könne
dahingestellt bleiben, ob sich der zum damaligen Zeitpunkt im Keller aufgetretene
Feuchtigkeitsschaden auch auf den Bereich des heutigen Fitnessstudios
erstreckt habe. Denn auch in diesem Fall wäre es nicht erforderlich gewesen, zur
Beseitigung eines Feuchtigkeitsschadens Wände einzuziehen, die Wände mit
Spiegeln zu versehen und in den gesonderten Raum eine Klimaanlage
einzubauen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf zurückziehen, dass die in
dem Fitnessraum eingebaute Klimaanlage zur Regulierung der Feuchtigkeit
gedient habe, da diese Aufgabe die größere Klimaanlage außerhalb des
Fitnessraums übernommen habe. Es komme nicht darauf an, ob die Installation
des Fitnessraums zu einer Wertsteigerung der Dienstvilla geführt habe, da die
Entscheidung über eine solche Investition und damit auch die Abwägung
zwischen den Kosten der Maßnahme und einer etwa zu erwartenden
Wertsteigerung nicht dem Kläger obliege. Eine Genehmigung des Herrn Dr. S. zur
Installation des Fitnessraums liege nicht vor. In den Herrn Dr. S. vorgelegten
Unterlagen sei ein Fitnessstudio nicht erwähnt worden. Wenn dort lediglich
angegeben worden sei, dass die Schreiner- und Bodenarbeiten im Keller zur
„Instandsetzung aufgrund von Wasserschaden im Keller“ durchgeführt und die
„Klimaanlage zur Feuchtigkeitskontrolle im Keller“ installiert worden sei, handele
es sich um eine offensichtlich verschleiernde Darstellung der tatsächlich
ausgeführten Arbeiten. Herr Dr. S. habe keine Kenntnis davon gehabt, dass ein
Raum abgetrennt und dieser mit deckenhohen Spiegeln versehen worden sei. Da
er lediglich die Arbeiten genehmigen konnte, die in der beigefügten Liste
aufgeführt waren, habe er den Einbau eines Fitnessraums mangels Kenntnis von
dieser Maßnahme nicht genehmigt. Herr Dr. S. habe mit seiner Unterschrift auch
nur die in der Liste aufgeführte außerhalb des Fitnessstudios befindliche weitere
Klimaanlage genehmigt. Die Behauptung des Klägers, Herr Dr. S. hätte die
Maßnahmen genehmigt, wenn die jetzt im Streit stehenden Kostenpositionen auf
der ihm vorgelegten Liste aufgeführt gewesen wären, sei abwegig. Dem
Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 2011 sei keine abmahnungsähnliche
Wirkung beizumessen, so dass dieser Kündigungsgrund auch nicht „verbraucht“
sei. Der Kläger habe dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 2011 - ebenso
wie der Erklärung von Herrn Dr. S. - nicht die Bedeutung zumessen können, dass
sämtliche Maßnahmen am Haus genehmigt seien unabhängig davon, ob sie in
der Herrn Dr. S. vorgelegten Liste aufgeführt und der Beklagten somit bekannt
waren. Bei einem solchen Verständnis der Erklärung hätte es einer Auflistung der
Arbeiten gar nicht bedurft.
90 Auch durch die Billigung der Installation einer Home-Entertainment-Anlage für fast
90.000,00 USD habe der Kläger die Interessen der Tochtergesellschaft der
Beklagten hinter die eigenen Interessen gestellt. Aus der E-Mail-Korrespondenz
des Klägers mit Herrn L. ergebe sich, dass die Installation dieser Anlage mit dem
Kläger abgestimmt gewesen sei. Ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers
auf die Installation einer solchen Anlage bestehe nicht. Dies gelte umso mehr als
ihm bereits zuvor der einmalige Zuschuss für Elektrogeräte in Höhe von 2.500,00
EUR ausbezahlt worden war. Der Kläger habe sich auch nicht an die nach den
vertraglichen Regelungen bzw. internen Richtlinien zuständigen Stellen gewandt,
um die Investitionen genehmigen zu lassen. Eine Zustimmung des
Auslandspersonalbereiches liege nicht vor, auch die Bestimmungen der CHP
seien nicht eingehalten worden. Der Kläger habe die ihm obliegende
Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er die Installation der Home-
Entertainment-Anlage nicht unterbunden, sondern vielmehr (zumindest
konkludent) sein Einverständnis mit dieser Investition erklärt habe. Dem Kläger
müsse allein aufgrund der Größe und Anzahl der Bildschirme und sonstigen
Bestandteile der Home-Entertainment-Anlage bewusst gewesen sein, dass es
sich um eine Anlage handelte, die zumindest mehrere 10.000,00 USD kosten
musste. Soweit sich der Kläger darauf berufe, dass er an deren Installation kein
Interesse gehabt habe, da er über eine eigene Anlage verfügt habe, die im
Rahmen des Umzugs nach A. transportiert worden sei, hätte dies erst recht für
ihn Anlass sein müssen, die - mithin überflüssige - Installation einer Anlage in die
Dienstvilla im Wert von fast 90.000,00 USD zu verhindern. Aus dem Verhalten
des Klägers könne nur der Schluss gezogen werden, dass die in der Dienstvilla
installierte Home-Entertainment-Anlage hochwertiger als seine eigene gewesen
sei und er nichts dagegen einzuwenden hatte, auf Kosten der
Tochtergesellschaft der Beklagten ein „Upgrade“ zu erhalten. Die Tatsache, dass
das Umzugsgut aus A. erst Ende November 2006 in den U. eintraf, hätte den
Kläger allenfalls dazu berechtigt, sich auf eigene Kosten übergangsweise ein
oder mehrere Fernsehgeräte zu beschaffen. Unter anderem für solche
Investitionen sei der von der Beklagten bezahlte Elektronikzuschuss bestimmt
gewesen. Auch in Bezug auf die Home-Entertainment-Anlage liege eine
Genehmigung des Vorgesetzten Dr. S. nicht vor.
91 Der Kläger habe die Vermögensinteressen der Beklagten auch dadurch
missachtet, dass er sich von der M. U. die Kosten für die Anschaffung mehrerer
Betten im Wert von 6.151,52 USD erstatten ließ. Soweit der Erstattungsbetrag die
Kosten der Betten um mehr als 3.000,00 USD überschritt, bestehe der dringende
Verdacht, dass der Kläger sich in kollusivem Zusammenwirken mit Herrn L. auf
Kosten der M. U. bereichert habe.
92 Nach der Regelung in Ziff. 2.6 des Entsendevertrages habe der Kläger keinen
Möblierungszuschuss zu beanspruchen, was offensichtlich darauf beruhe, dass
die Beklagte bereits die Kosten für den Umzug des Klägers übernommen habe.
Somit bestehe auch kein Erstattungsanspruch. Ein solcher bestehe auch nicht
aufgrund der entsprechenden Abrede zwischen dem Kläger und Herrn L.. Herr L.
sei als CFO nicht vertretungsberechtigtes Organ der M. U. gewesen, weshalb der
Kläger, dem keine Insichgeschäfte zum eigenen Vorteil gestattet gewesen seien,
gehalten gewesen wäre, die Anschaffung und Erstattung der Betten mit seinem
Vorgesetzten abzustimmen. Die Anschaffung der Betten habe der M. U. auch
keine Hotelkosten erspart, da eine solche Ersparnis lediglich in Höhe von
2.380,00 USD anzusetzen sei. Weiterhin sei dem Kläger vorzuwerfen, dass er
nicht kostengünstiger Betten angemietet habe. Sein diesbezüglicher Vortrag,
wonach die Anmietung auf seinen Vorschlag hin geprüft worden sei, sich aber
herausgestellt habe, dass dies nicht möglich gewesen sei, sei unsubstanziiert
und somit unbeachtlich.
93 Die Tatsache, dass dem Kläger ein höherer als der verauslagte Betrag für den
Bettenkauf erstattet wurde, rechtfertige zumindest eine Verdachtskündigung. Da
der dem Kläger erstattete Betrag nach dem damaligen Umrechnungskurs exakt
7.500,00 EUR betragen habe, also genau die Summe, die sich aus der Addition
der maximal möglichen Zuschüsse für Küchengeräte und Küchenmöbel nach Ziff.
2.6 des Entsendevertrages ergebe, bestehe ein offensichtlicher und untrennbarer
Zusammenhang zwischen der Höhe des dem Kläger erstatteten Betrages und
der Deklarierung als Küchenmöbel bzw. Küchengeräte. Dies begründe den
dringenden Verdacht, dass zuvor mit dem Kläger nicht nur die generelle Frage
der Erstattung von Anschaffungskosten für Betten, sondern auch die
Deklarierung als Küchenmöbel bzw. Küchengeräte und die Höhe des Betrages
abgesprochen gewesen seien. Es sei fernliegend, dass Herr L. Frau A. die
detaillierten Anweisungen, die lediglich zum Vorteil des Klägers gewesen seien,
aus eigenem Antrieb und ohne Abstimmung mit dem Kläger gegeben haben
solle.
94 Die Anhörung des Klägers im Rahmen des Interviews vom 30. September 2011
in Verbindung mit dem weiteren Gespräch am 17. Oktober 2011 genüge den
Anforderungen an die vor Ausspruch einer Verdachtskündigung durchzuführende
Anhörung. Die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt.
95 Die Interessenabwägung ergebe, dass der Beklagten eine Weiterbeschäftigung
des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2012 nicht
zumutbar sei. Der Kläger habe durch die in Bezug auf die Dienstvilla
vorgenommenen baulichen Maßnahmen und Anschaffungen in
schwerwiegender Weise gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht
verstoßen. Er habe in eklatanter Weise seine eigenen Interessen über die der ihm
anvertrauten Tochtergesellschaft der Beklagten gestellt. Die der Kündigung
zugrundeliegenden Verhaltensweisen ließen nur den Rückschluss zu, dass der
Kläger offensichtlich der Ansicht sei, vertragliche Regelungen und interne
Genehmigungsvorbehalte nicht gegen sich gelten lassen zu müssen. Der Kläger
habe seine Stellung als oberstes Organ der Tochtergesellschaft der Beklagten
dazu ausgenutzt, ihm nicht zustehende Leistungen zu erlangen. Bezüglich der
Home-Entertainment-Anlage müsse sich der Kläger zumindest den Vorwurf
gefallen lassen, es um des eigenen Vorteils willen unterlassen zu haben, die
Installation dieser offensichtlich verschwenderischen und überdimensionierten
Anlage zu unterbinden. Zwar sei der den Kläger treffende Vorwurf der Billigung
der Installation nicht so schwerwiegend wie der von der Beklagten erhobene
Vorwurf der Initiierung. Allerdings handele es sich angesichts der
Installationskosten und der Tatsache, dass es sich um eine Investition zum
eigenen Vorteil des Klägers handele, trotzdem um einen erheblichen Vorwurf.
Auch wenn der Fitnessraum und die Home-Entertainment-Anlage nicht in das
Eigentum des Klägers übergegangen seien, habe der Kläger die Möglichkeit
gehabt, diese Einrichtungen während seiner Dienstzeit in der Villa, also für einen
Zeitraum von ca. 5 Jahren, zu nutzen, was einen nicht unerheblichen
Vermögenswert darstelle. Dass die gekauften Betten nach dem Eintreffen des
Umzugsguts des Klägers aus A. beiseite gestellt und nicht weiter genutzt wurden,
entschärfe den streitgegenständlichen Vorwurf nicht, sondern verschärfe ihn
vielmehr noch. Der Kläger habe sich mehr als 6.000,00 USD für die Betten
erstatten lassen, um einen kurzen Zeitraum (ca. 2 Monate) zu überbrücken. Die
M. U. habe ebenfalls kein Interesse an den vom Kläger angeschafften und
benutzten, jedoch von ihr bezahlten Betten. Ferner bestehe der Verdacht, dass
der Kläger versucht habe, die Investitionen in die von ihm bewohnte Dienstvilla zu
verschleiern. Selbst wenn der Kläger in die Erstellung der Liste, die die Abteilung
EMD bezüglich der angefallenen Kosten für Umbau und Renovierung der
Dienstvilla angefordert hatte, nicht eingebunden gewesen sein sollte und die
verschiedenen Änderungen an der Liste nicht mit ihm abgestimmt worden sein
sollten, sei es nicht glaubhaft, dass der Kläger vor seiner Unterschrift unter die
betreffende Erklärung die Liste nicht (zumindest einmal) überprüft haben wolle.
Dies erscheine schon deshalb unglaubwürdig, da der Kläger zuvor das
Schreiben der Beklagten vom 26. November 2010 erhalten gehabt habe und ihm
deshalb bewusst gewesen sein müsse, dass Verstöße unter anderem gegen die
GGP einer besonderen Beobachtung durch die Beklagte unterlagen. Dass der
Kläger in dieser Situation eine von einem Mitarbeiter erstellte Liste über
Maßnahmen an der Dienstvilla „blind“ ohne Überprüfung unterschrieben haben
wolle, erscheine nicht ansatzweise glaubhaft. Die Kündigungsvorwürfe würden
noch dadurch verschärft, dass der Kläger von der Beklagten zusätzlich zu
seinem sehr hohen Gehalt auch noch sehr weitreichende sonstige Leistungen
erhalten habe wie die Pauschale für sonstige Umzugskosten in Höhe von
10.000,00 EUR, die Erstattung von 3 jährlichen Heimflügen für 2 seiner Kinder,
einen Mietzuschuss für die Dauer von 2 Jahren in Höhe von jährlich 10.000,00
EUR für die Kinder des Klägers in A., die Übernahme von Kosten für 2
Leasingfahrzeuge in A. bis längstens Dezember 2008 und die Übernahme von
Schulgebühren in den U.. Aus dem Umstand, dass der Kläger durch
Verhandlungen mit der Beklagten erreicht habe, dass ihm sogar noch ein weitaus
höherer Betrag an Schulgebühren als vertraglich zugesagt erstattet wurde,
ergebe sich, dass dem Kläger sehr wohl bewusst gewesen sei, dass für die von
ihm zu beanspruchenden Leistungen die vertraglichen Grundlagen maßgebend
sind. Der Kläger wisse seine finanziellen Interessen gegenüber den bei der
Beklagten entscheidungsbefugten Stellen durchaus geltend zu machen.
Allerdings halte er offensichtlich die Einschaltung solcher Stellen nur dann für
erforderlich, wenn sie außerhalb seines Einflussbereiches lägen und er somit für
die Erlangung eines Vorteils auf deren Einverständnis angewiesen sei. Trotz der
sehr langen Betriebszugehörigkeit des Klägers und seiner Unterhaltspflicht könne
es der Beklagten aufgrund der Schwere der Vorwürfe nicht zugemutet werden,
den Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
96 Die Tätigkeit des Klägers bei der M. U. stelle sich als Ausstrahlung des
Inlandsbetriebs der Beklagten dar, weshalb der bei der Beklagten im
Inlandsbetrieb gebildete Sprecherausschuss anzuhören gewesen sei. Diese
erforderliche Anhörung sei mit den Schreiben vom 17. Oktober 2011 und
ergänzend 25. April 2012 ordnungsgemäß erfolgt.
97 Auf die Frage, ob die weiteren von der Beklagten angeführten Kündigungsgründe
(Umbau der Waschküche, Rechtsanwaltskosten, Weinkühlschrank) eine
(fristlose) Kündigung rechtfertigen würden, komme es nicht mehr an.
98 Gegen das dem Kläger am 7. Dezember 2012 zugestellte arbeitsgerichtliche
Urteil vom 15. November 2012 hat dieser am 20. Dezember 2012 Berufung
eingelegt und diese, nachdem die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom
22. Januar 2013 bis zum 7. März 2013 verlängert worden war, am 7. März 2013
begründet.
99 Der Kläger trägt vor: Über den Umstand hinaus, dass auf das Arbeitsverhältnis
der Parteien deutsches Recht zur Anwendung komme, sei auch der
Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eröffnet. Einer persönlichen
Zuordnung zu einem Betrieb der Beklagten im Inland bedürfe es für die Frage der
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht. Der Kläger sei auch trotz
seiner Auslandstätigkeit jedenfalls auf Grundlage der zum
Betriebsverfassungsrecht entwickelten Grundsätze in den Inlandsbetrieb
eingegliedert geblieben.
100 Zur Behebung des Wasserschadens im Keller sei erforderlich gewesen, den
Wänden Feuchtigkeit zu entziehen, um Schimmelbildung zu vermeiden. Es habe
nahe gelegen, den vom Wassereintritt nicht betroffenen Kellerteil abzutrennen.
Der Kläger vermöge nicht zu beurteilen, ob dies für die verantwortlichen
Mitarbeiter der M. U. maßgeblich gewesen sei, jedenfalls sei die Initiative zur
Abtrennung des Raums nicht vom Kläger ausgegangen. Wäre die Abtrennung
durch eine einfache und nicht durch eine teilweise verspiegelte Wand erfolgt,
hätten bei gleichem baulichen Aufwand allenfalls die Mehrkosten für die Spiegel
in Höhe von 5.100,00 USD vermieden werden können. Der Kläger habe den
Einbau dieser Spiegel nicht in Auftrag gegeben. Laut Aussage von Herrn O. sei
es die Idee von Herrn L. gewesen, im Haus einen Gymnastikraum mit einer
Spiegelwand einzubauen. Es sei auch richtig gewesen, den abgetrennten Raum
und den vom Wassereintritt betroffenen Raum mit jeweils einem eigenen
Klimagerät auszustatten.
101 Verstöße des Klägers gegen die GGP seien nicht zu prüfen, da die GGP in die
Arbeitsverhältnisse bei der Beklagten nicht wirksam einbezogen worden sei. Da
die Beklagte sich vorbehalten habe, die Richtlinie einseitig abzuändern, liege zu
Lasten des jeweiligen Arbeitnehmers eine intransparente Regelung vor. Dies
führe zur Unangemessenheit des Änderungsvorbehalts im Sinne des § 307 Abs.
1 BGB. Die Umbaumaßnahme im Keller sei vom Anwendungsbereich der CHP
nicht erfasst.
102 Die von Herrn Dr. S. am 8. Juni 2011 akzeptierte Liste sei in der Verantwortung
der Herren S. und O. erstellt worden, weshalb Defizite bei deren Erstellung diesen
beiden Herren zuzurechnen seien, nicht jedoch dem Kläger. Das Arbeitsgericht
habe das Schreiben des Herrn Dr. S. vom 30. Juni 2011 in seiner rechtlichen
Tragweite nicht zutreffend gewürdigt. In diesem Schreiben habe Herr Dr. S. nicht
auf die beigefügte (unvollständige) Liste durchgeführter Arbeiten abgestellt,
sondern angegeben, dass alle seit Beginn des Auslandseinsatzes angefallenen
Kosten genehmigt seien. Damit seien auch alle Maßnahmen genehmigt und nicht
etwa nur diejenigen, die in der angefügten Liste aufgeführt waren. Auch wenn auf
der Liste weitere bauliche Maßnahmen gestanden hätten, hätte dies auf die
Genehmigung von Herrn Dr. S. keinen Einfluss gehabt. Wenn die Beklagte
Aufwendungen in Höhe von 60.000,00 USD für den Austausch einer
Asphaltauffahrt durch eine mit Pflastersteinen gestaltete Auffahrt und einen
Umkleide- und Aufbewahrungspavillon im Garten im Wert von 17.000,00 USD
akzeptiere, gebe es keinen Grund, den Einbau der Trennwand im Keller
versehen mit Spiegeln und eines Klimagerätes nicht zu akzeptieren.
Möglicherweise sei dem Kläger vorzuwerfen, dass er der Erstellung der Liste
nicht die Bedeutung beigemessen habe, die diese Liste zwischenzeitlich
angenommen habe. Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, dass der Kläger
ein großes Führungsorgan bei M. U. gewesen sei und einen Gesamtumsatz in
Höhe von 12 Mrd. USD pro Jahr bei einem Volumen von durchschnittlich 250.000
verkauften Fahrzeugen zu verantworten gehabt habe. Man müsse ihm
nachsehen, dass der Kläger die Liste nur flüchtig wahrgenommen habe,
nachdem sie von zwei verlässlichen Mitarbeitern der M. U. erarbeitet worden sei,
bevor er seine Unterschrift auf diese Liste setzte.
103 Wenn das Arbeitsgericht meine, dass der Kläger den Einbau der Home-
Entertainment-Anlage hätte verhindern müssen, übersehe es einen wesentlichen
Aspekt. Auch Herr L. sei Organvertreter und auf gleicher betriebshierarchischer
Ebene wie der Kläger tätig gewesen, er sei dem Kläger nicht unterstellt gewesen.
Nach dem Auszug des Herrn H. aus der Dienstvilla sei im Verantwortungsbereich
und mit ausdrücklicher Billigung des Herrn L. entschieden worden, dass in das
Haus eine neue Entertainment-Technik eingebaut wird. Der Kläger sei schon auf
Grund seiner Position gar nicht in der Lage gewesen, eine Entscheidung, die von
seinem Organkollegen getroffen worden war, zu korrigieren. Würde man die
Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts hinnehmen, hätte dies zur Folge, dass der
Kläger entweder sich hätte weigern müssen, das Haus zu bewohnen (weil zu
luxuriös, zu aufwendig ausgestattet) oder aber anzuweisen, sämtliche aus Sicht
des Arbeitsgerichts nicht akzeptablen Annehmlichkeiten auszubauen. Denn die
M. U. habe entschieden gehabt, das Haus mit der Unterhaltungselektronik
auszustatten so wie sie auch entschieden gehabt habe, dass dort ein
Schwimmbad eingebaut, das Haus mit einem Anbau versehen wird und im Bad
eine Whirlbadewanne, im Schlafzimmer ein Dampfbad installiert war. Der Kläger
sei in die kaufmännische Abwicklung nicht eingebunden gewesen und habe mit
einem möglichen Genehmigungsprozess nichts zu tun gehabt. Das einzige, was
er entscheiden durfte, sei die Frage gewesen, ob einer der TV-Bildschirme
versenkbar eingebaut werden soll oder nicht. Das sei keine andere Entscheidung
als jene, ob der Dienstwagen, der einem Arbeitnehmer gewährt werden soll, die
Farbe blau oder schwarz tragen soll. Zeitgleich sei in dem von Herrn M.
bewohnten weiteren Anwesen der M. U. Unterhaltungselektronik im Wert von ca.
28.000,00 USD eingebaut worden und im Keller des dortigen Hauses ein
Fitnessraum unter der Regie von Facility Management der M. U..
104 Herr L. sei auf Grund der ihm eingeräumten Kompetenzen berechtigt gewesen,
den Bettenkauf und die interimsweise zur Verfügungstellung an den Kläger zu
entscheiden. Durch die Anmietung der Betten seien der Beklagten bei einem
angenommenen Hotelpreis von 300,00 USD pro Nacht Kosten erspart worden.
Dass dem Kläger am Ende nicht nur der für die Betten ausgelegte Betrag von
6.151,52 USD erstattet wurde, sondern ein Betrag von 9.423,38 USD, sei dem
Kläger nicht zuzuschreiben. Der Kläger sei in die Abwicklung des
Erstattungsverfahrens nicht eingebunden gewesen. Im Auszahlungsbeleg, der
von Frau A., Herrn L. und Frau D. unterzeichnet gewesen sei, sei als Betreff
angeführt „Relocation allowance“.
105 Dem Kläger habe deshalb nicht auffallen müssen, dass mit dieser Zahlung (nur)
der Bettenkauf erstattet werden sollte. Er habe weder in 2006 noch zu einem
späteren Zeitpunkt bemerkt, dass ihm ein höherer Betrag mit der Überweisung
erstattet wurde als die Betten tatsächlich gekostet haben. Die Behauptung der
Beklagten, dass Herr L. Frau A. im Zusammenhang mit der Erstattung des
Betrags angeschrien habe, begründe keinen objektiven Verdacht. Wenn das
Gericht meine, dass ein Verdacht bestehe, dass zwischen dem Kläger und Herrn
L. nicht nur das Ob, sondern auch das Wie und die Höhe der Kostenerstattung
abgesprochen worden war, bewege sich das Gericht auf der Ebene eigener
Fantasie. Das Anschreien einer Mitarbeiterin spreche allenfalls für die fehlende
Kompetenz einer Führungskraft, jedoch nicht dafür, dass zwischen dem Kläger
und Herrn L. ein strafbares Vorgehen abgesprochen gewesen sei. Auch dem
Umstand, dass dem Kläger nicht der exakte Kaufpreis für die Betten erstattet
wurde, sondern ein runder Betrag, lasse sich nichts zu Lasten des Klägers
entnehmen, da dem Kläger nach dem Vertrag über den internationalen Einsatz
gerade die Zahlung „runder Beträge“ im Zusammenhang mit dem Umzug von M.
nach N. zugesagt worden sei, wie die Zahlung von 2.500,00 EUR für „Kitchen
Appliances“ und weitere 5.000,00 EUR für „Kitchen Furniture“.
106 Das Arbeitsgericht habe an keiner Stelle erklärt, warum die Home-Entertainment-
Anlage überdimensioniert gewesen sein solle und sich eine solche Anlage bei
einem Anwesen dieser Art als offensichtlich verschwenderisch erweise. Wer dem
Kläger in diesem Zusammenhang Verschwendung vorwerfe, gebe zu erkennen,
dass er den Kauf solcher dem Luxusbereich zugehöriger Artikel missbillige. Diese
persönliche Missbilligung dürfe nicht im Rahmen der Interessenabwägung
relevant sein. Heterogene Gesellschaftsstrukturen seien zu akzeptieren, ebenso
deren Wertvorstellungen und das jeweilige Konsumverhalten. Auch die gekauften
Betten hätten ebenso wie die Home-Entertainment-Anlage den Ausstattungsgrad
des Hauses erweitern sollen. Soweit das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung
ausgeführt habe, dass die der Kündigung zugrunde liegenden Vorwürfe noch
dadurch verschärft würden, dass der Kläger von der Beklagten zusätzlich zu
einem sehr hohen Gehalt auch noch sehr weitreichende sonstige Leistungen
erhalten habe, so zeige dies eine nicht akzeptable Grundeinstellung. Das
Arbeitsgericht sei nicht befugt, die Höhe der dem Kläger bezahlten Vergütung zu
bewerten, vielmehr sei dies eine Entscheidung der Arbeitsvertragsparteien. Die
Höhe der dem Kläger gezahlten Vergütung dürfe die Entscheidung des Gerichts
nicht beeinflussen.
107 Dem Kläger sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Termin einer
fristgerechten Kündigung hinaus nicht zumutbar. Die Beklagte habe dem Kläger
nicht nur ein Verhalten vorgeworfen, das strafrechtliche Qualität aufweise,
sondern darüber hinaus im Rahmen ihrer Presseinformation ihren Teil dazu
beigetragen, dass der Kläger einer medialen Hetzjagd ausgeliefert gewesen sei.
Bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis wäre die Beklagte verpflichtet, dem Kläger
eine neue Position zu übertragen, was bedeute, dass der Kläger im Hinblick auf
den Fristablauf der Auslandsbeschäftigung in den U. erneut verpflichtet sei,
wegen der verbleibenden wenigen Berufsjahre den Kontinent zu wechseln. Der
Kläger könne nicht davon ausgehen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
mit der Beklagten wieder zustande kommen könne. Als Abfindung sei unter
Beachtung der Höchstgrenze des § 10 Abs. 2 KSchG ein Betrag in einer
Bandbreite zwischen 1,267 und 1,4 Mio. EUR festzusetzen. Hinsichtlich der
Einzelheiten der vom Kläger insoweit vorgenommenen Berechnung wird auf Bl.
906 f. der ArbG-Akte Bezug genommen.
108 Der Kläger beantragt:
109
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 15. November 2012, Az. 23
Ca 8738/11, wird abgeändert.
110
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
fristlose Kündigung im Schreiben vom 20. Oktober 2011 nicht beendet
worden ist.
111
3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
ordentliche Kündigung im Schreiben vom 20. Oktober 2011 zum 31.
Dezember 2012 nicht beendet worden ist.
112
4. Das Arbeitsverhältnis wird zum 31. Dezember 2012 aufgelöst. Die
Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Abfindung zu bezahlen, deren
Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu verzinsen ab 2. Januar
2013 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
113 Die Beklagte beantragt,
114
die Berufung zurückzuweisen.
115 Sie trägt vor: Die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Dies habe das
Arbeitsgericht Stuttgart zutreffend erkannt und auf die Kündigungsgründe
Fitnessstudio, Home-Entertainment-Anlage und Bettenkauf abgestellt. Neben
diesen vom Arbeitsgericht herangezogenen Kündigungsgründen seien auch die
Kündigungsgründe Austausch von Waschmaschine und Trockner nebst den
erforderlichen Umbauarbeiten, Anwaltskosten sowie Weinkühlschrank jeweils für
sich geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Das
Kündigungsschutzgesetz sei auf den Kläger mangels Eingliederung in einen
inländischen Betrieb nicht anwendbar.
116 Die Behauptung des Klägers, Herr L. als CFO der M. U. sei sein
„Mitgeschäftsführer“ gewesen und habe sich auf derselben hierarchischen Ebene
befunden, sei nicht zutreffend. Vielmehr sei der Kläger in seiner Funktion als CEO
der direkte lokale Vorgesetzte des Herrn L. gewesen. Im Hinblick auf diese
hierarchische Unterordnung des Herrn L. sei dieser nicht zur Genehmigung eines
Handelns des Klägers oder einer Kostenerstattung für den Kläger befugt
gewesen. Auch aus der vorgelegten Übersicht über die Zuständigkeiten im
Bereich Human Resources werde unter der Rubrik „Vergütung und
Arbeitgeberleistungen“ ausgeführt, dass der CEO der M. U. die Entscheidung
treffe, der CFO insofern nur beteiligt werde. Wenn sich der Kläger im Hinblick auf
seine Verantwortlichkeit ua. darauf berufe, dass Herr L. maßgebliche
Entscheidungen für ihn getroffen habe, sei dies abwegig. Vielmehr habe der
Kläger Herrn L. als Boten bzw. „Sprachrohr“ benutzt, um seine Wünsche bzw.
Anordnungen an die zuständigen Mitarbeiter der M. U. kommunizieren zu lassen.
So habe der Kläger auch im Interview vom 30. September 2011 auf die Frage
„Welche Rolle spielt der F.?“ ausgeführt: „Er bekommt die Info und gibt diese an
D. weiter. Entscheiden tut er nicht.“. Auch Herr O. habe in seinem Interview vom
17. April 2012 die Rolle des Herrn L. zutreffend beschrieben. Der Kläger lasse
sich streckenweise zum Objekt - Opfer - seiner ihm untergebenen Mitarbeiter
degradieren. Dass dies nicht zum Leiter der dem Umsatz nach größten
Auslandsgesellschaft des D.-Konzerns passe, liege auf der Hand. Auch der
diametrale Widerspruch zu anderen Aussagen des Klägers sei offensichtlich.
Diese Widersprüchlichkeit belege, dass der Kläger durch seinen Vortrag
versuche, das Gericht in die Irre zu führen.
117 Auf die vom Kläger monierte angebliche Unwirksamkeit der Einbeziehung der
GGP in das Arbeitsverhältnis komme es vorliegend nicht an, da diese keine
Regelung enthalte, die einen Anspruch des Klägers auf die strittigen Leistungen
begründen könnte.
118 Die Auffassung des Klägers, dass ihm Herr Dr. S. eine „Generalabsolution“
unabhängig vom Inhalt der vorgelegten Listen erteilt habe, sei an den Haaren
herbeigezogen. Aus der Aussage des Herrn S., der erklärt habe, dass der Kläger
die Aufstellung selbst formuliert habe, folge auch, dass die Behauptung des
Klägers, er habe die Liste nicht selbst erstellt, nicht zutreffe. Außerdem wäre es in
seinem eigenen Interesse seine Pflicht gewesen, die Liste gewissenhaft zu
prüfen und - sollte er sie nicht selbst formuliert haben - auf die fehlenden
Positionen aufmerksam zu machen. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass bei
einer Genehmigung klar sein müsse, worauf sich diese beziehe und alle
Positionen ordnungsgemäß aufgeführt sein müssten. Dass Herr Dr. S. das
Schreiben überhaupt unterschrieben habe, sei Folge der planmäßigen
Täuschung durch den Kläger.
119 Nur an wenigen Stellen im Keller der Dienstvilla seinen Feuchtigkeitseintritte zu
verzeichnen gewesen. Zur Beseitigung der Schimmelbildung an drei kleinen
Stellen sei der Einbau einer Wand völlig überflüssig gewesen. Der Einbau von
zwei Klimageräten sei nur wegen des Einbaus der überflüssigen Wand
erforderlich geworden.
120 Das fehlende elektronische Equipment in der Dienstvilla beim Einzug des Klägers
liege daran, dass Herr H. die in seinem Eigentum stehenden Geräte bei seinem
Auszug mitgenommen habe. Der Kläger hätte daher seine privaten Geräte
installieren müssen. Im vorliegenden Zusammenhang sei völlig irrelevant, über
welche Ausstattung die Dienstvilla beim Einzug des Klägers verfügte. Vom Kläger
sei nur gefordert gewesen, verschwenderische und nicht gerechtfertigte
Einbauten, wie insbesondere die Home-Entertainment-Anlage, nicht zu
beauftragen bzw. einen solchen Einbau zu unterbinden. Um das Bewohnen einer
zur Verfügung gestellten Villa mit der vorhandenen Ausstattung gehe es nicht.
Unerheblich sei der Einbau einer Unterhaltungsanlage auf Kosten der M. U. in
dem von Herrn M. angemieteten Haus. Hierdurch werde nur eine weitere
Pflichtverletzung des Klägers (Duldung des Einbaus unangemessener
Ausstattung) dokumentiert. Es gehe im vorliegenden Verfahren nicht um ein
Fehlverhalten des Herrn M. , der im Übrigen die Konsequenzen aus seinem
Fehlverhalten gezogen und die M. U. verlassen habe. Ein Fitnessstudio sei in
dem von ihm bewohnten Haus nicht eingebaut worden.
121 Herr L. sei zur Genehmigung des Bettenkaufs nicht befugt gewesen. Erst im Zuge
der Abrechnung der zunächst von Frau L. gekauften Betten habe sich der Kläger
an Herrn L. gewandt und mangels Rechtfertigung der Kostenerstattung seien
diese mit der Position „Relocation allowance“ deklariert worden. Nach keiner
vertraglichen Vereinbarung habe dem Kläger eine „Relocation allowance“ in
dieser Höhe zugestanden. Die „Relocation allowance“ in Höhe von 10.000,00
EUR für sonstige Umzugskosten nach der GGP sei ihm über die deutsche
Gehaltsabrechnung im September 2006 ausgezahlt worden, auf die insgesamt
7.500,00 EUR für Küchenausstattung habe er keinen Anspruch gehabt, da die
Küche in der Dienstvilla voll möbliert gewesen sei und die Zahlung vom Nachweis
der tatsächlich angefallenen Kosten und einem vorherigen Antrag abhängig
gewesen sei, was - unstreitig - nicht vorgelegen habe.
122 Es sei verschwenderisch und verstoße gegen die Pflicht zur Wahrung der
Vermögensinteressen des Arbeitgebers bzw. der repräsentierten Gesellschaft,
wenn Gegenstände erworben bzw. Einbauten oder Ausstattungen des
bewohnten Objekts vorgenommen würden, auf die der Nutzer des Objekts keinen
Anspruch habe und sich dieser die aufgewendeten Kosten erstatten bzw. durch
den Arbeitgeber bezahlen lasse. Das Arbeitsgericht Stuttgart habe nicht
missbilligt, dass „Luxusartikel“ gekauft werden. Missbilligenswert sei aber, wenn
jemand Luxusgegenstände für den persönlichen Gebrauch kaufe und meine, ein
anderer solle dies bezahlen. Dies gelte umso mehr, wenn der Betreffende durch
seinen Arbeitgeber finanziell so gut ausgestattet sei, dass er sich solche
„Luxusgegenstände“ selbst kaufen könne, wenn er dies wünsche. Die
persönlichen Lebensumstände des Klägers könnten die gravierenden
Pflichtverletzungen, insbesondere die mehrfachen Verstöße gegen die
Vermögensbetreuungspflicht, nicht aufwiegen.
123 Die Stellung eines Auflösungsantrags sei schon deshalb nicht möglich, weil die
außerordentliche Kündigung begründet sei. Diesem stünde abgesehen davon
auch entgegen, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Im
Übrigen sei auch nicht ersichtlich, weshalb dem Kläger die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar sein solle.
124 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die
Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen beider Rechtszüge
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
125 Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die außerordentliche
Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 2011 hat das Arbeitsverhältnis der
Parteien mit Zugang der Kündigung beim Kläger am 22. Oktober 2011 beendet.
Der Auflösungsantrag des Klägers ist deshalb nicht zur Entscheidung angefallen.
A.
126 Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs.
1 und Abs. 2 lit. c ArbGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der
gesetzlichen Form und Frist eingelegt (§ 66 Abs. 1 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und
begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 1 bis Abs. 3 ZPO). Der
Kläger konnte den Auflösungsantrag auch erstmals in der Berufungsinstanz
stellen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG).
B.
127 Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt,
dass das Arbeitsverhältnis, auf das deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet,
durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober 2011 beendet
wurde. Der hierfür erforderliche wichtige Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB
liegt vor, die Interessenabwägung ergibt, dass der Beklagten die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar war. Die
zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt,
sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht gegeben.
I.
128 1. Gem. § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen,
auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis
zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet
werden kann.
129 Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen
Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann
bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls
und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum
Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht. Bei der Prüfung, ob dem
Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer
erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist
zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der
sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des
Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des
Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen.
Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem
Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist oder nicht, nicht abschließend
festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die
Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des
Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des
Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche
Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das
Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtlichen milderen
Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionsmöglichkeiten
sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind
dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der
außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos
künftiger Störungen - zu erreichen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - BAGE
134, 349). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des
Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges
Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des
Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer entsprechenden
Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs.
2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann
nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in
Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so
schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem
Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich -
auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. zum
vorstehenden BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - EzA BGB 2002 § 626 Nr. 40 =
NJW 2013, 104).
130 2. Ein erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers gegenüber einem anderen,
dem Arbeitgeber konzernrechtlich verbundenen Unternehmen kann dann eine
außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigen, wenn das Arbeitsverhältnis
durch das Fehlverhalten konkret und erheblich beeinträchtigt wird. Soweit sich
das Verhalten des Arbeitnehmers im Verhältnis zu dem anderen
Konzernunternehmen zugleich im Arbeitsverhältnis als schwerwiegende
Vertragsverletzung darstellt, kann ein die fristlose Kündigung an sich
rechtfertigender, verhaltensbedingter Grund in Betracht kommen. Auch kann das
Verhalten für die Frage der Eignung des Arbeitnehmers erheblich werden. Es
kann sich im Fall grober Verfehlungen dahin auswirken, dass der Arbeitgeber
nicht mehr mit einer sachgerechten Arbeitsvertragserfüllung durch den
Arbeitnehmer rechnen kann und damit einen personenbedingten Grund zur
Kündigung darstellen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Rechte und
Pflichten des Arbeitnehmers nicht bereits durch die Konzernbindung des
Arbeitgebers als solche berührt werden. Begründet der Arbeitnehmer neben dem
mit seinem Arbeitgeber bestehenden Arbeitsverhältnis ein weiteres Dienst- oder
Arbeitsverhältnis mit einem anderen, rechtlich selbständigen
Konzernunternehmen, stellen sich Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers in dem
anderen Rechtsverhältnis nicht schon auf Grund der Konzernbindung der
Unternehmen als Vertragsverletzungen in seinem (Stamm-)Arbeitsverhältnis dar.
Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn das Tätigkeitwerden des
Arbeitnehmers bei verschiedenen Konzernunternehmen, beispielsweise auf
Grund entsprechender arbeitsvertraglicher Pflichtenumschreibung,
Anrechnungsabreden und dergleichen, in einem Zusammenhang steht. Besteht
eine derartige Verknüpfung, hängt es in erster Linie von dem Inhalt der
getroffenen Vereinbarungen ab, ob und inwieweit ein pflichtwidriges Verhalten
des Arbeitnehmers im Verhältnis zu einem mit seinem (Stamm-)Arbeitgeber
verbundenen anderen Konzernunternehmen als Arbeitsvertragsverletzung im
(Stamm-)Arbeitsverhältnis kündigungsrelevant werden kann (BAG 27. November
2008 - 2 AZR 193/07 - AP BGB § 626 Nr. 219 = EzAÜG BGB § 626 Nr. 5; LAG
Düsseldorf 18. Dezember 2012 - 8 Sa 1296/12 - juris).
II.
131 1. Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Kläger - dies wird von ihm auch
nicht in Abrede gestellt - auch gegenüber der Beklagten verpflichtet, bewusste
Schädigungen der M. U. zu unterlassen.
132 Der hierfür erforderliche Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit bei der M. U.
und dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ist gegeben. Nach dem
Entsendevertrag hat der Kläger die geschuldete Arbeitsleistung gegenüber der M.
U. zu erbringen, wobei die Bestimmungen des bestehenden Arbeitsverhältnisses
fortgelten, soweit der Entsendevertrag nichts Abweichendes bestimmt. In dessen
Ziff. 6.3 ist nochmals ausdrücklich festgehalten, dass dem Kläger die
Wahrnehmung der Firmeninteressen der M. U. obliegt. Die enge Verknüpfung
des Einsatzes bei der M. U. mit dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ergibt
sich auch aus den Vereinbarungen unter Ziff. 5 des Entsendevertrages. Deshalb
schlägt eine Verletzung der dem Kläger gegenüber der M. U. obliegenden
Vermögensbetreuungspflicht auf das Arbeitsverhältnis der Parteien durch.
133 2. Gegen die Pflicht zur Wahrung der Vermögensinteressen der M. U. hat der
Kläger jedenfalls dadurch vorsätzlich zu seinem eigenen Vorteil verstoßen, dass
er sich für die interimsweise für die Dienstvilla gekauften Betten 9.423,38 USD
und damit 3.271,86 USD mehr als verauslagt erstatten ließ und indem er in die
Dienstvilla eine Home-Entertainment-Anlage für ca. 89.000,00 USD einbauen
ließ, obwohl er, wie er wusste, auf eine entsprechende Ausstattung auf Kosten
der M. U. keinen Anspruch hatte.
134 Die M. U. erstattete dem Kläger am 24. Oktober 2011 den Betrag von 9.423,38
USD auf sein Konto. Aus der Akte ist nicht ersichtlich, ob nur der interne
Auszahlungsbeleg der Beklagten für Buchungszwecke den Vermerk „Relocation
Allowance“ trug, oder ob dieser Verwendungszweck (ins Deutsche übersetzt
„Umzugszuschuss“) für den Kläger auch aus dem Überweisungsträger ersichtlich
war. Unstreitig ist, dass dem Kläger damit seine Aufwendungen ersetzt werden
sollten, die ihm durch den Kauf von Betten für die Dienstvilla im Oktober 2006
entstanden waren und die sich auf 6.151,52 USD beliefen.
135 a) Das Arbeitsgericht hat den Erstattungsvorgang im Einzelnen unter Hinweis
darauf, die Schilderung entspreche dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten,
dargelegt. Hiernach übergab der Kläger die Rechnungen für den Bettenkauf an
Frau A., der beim M. U. auch für Expatriate-Fragen zuständigen
Personalsachbearbeiterin mit der Bitte um Kostenerstattung. Frau A. entgegnete
dem Kläger, dass sie nicht wüsste, wie diese Kosten erstattet werden können.
Hierauf antwortete der Kläger, dass er mit Herrn L. darüber gesprochen habe und
die Kosten für den Bettenkauf erstattet werden. Als sich Frau A. daraufhin an
Herrn L. direkt wandte und darauf hinwies, dass der Kläger keinen Anspruch auf
Erstattung von Anschaffungskosten für Möbel habe, schrie Herr L. Frau A. laut an
und ordnete an, dass Frau A. die Kosten für den Bettenkauf als Kosten für
Küchenmöbel und -geräte deklarieren solle. Das Arbeitsgericht hat darauf
hingewiesen, dass es fernliege, dass Herr L. Frau A. diese detaillierten
Anweisungen, die lediglich zum Vorteil des Klägers waren, aus eigenem Antrieb
und ohne Abstimmung mit dem Kläger gegeben haben solle. Es hat sodann
ausgeführt, dass der Umstand, dass dem Kläger ein höherer als der verauslagte
Betrag erstattet wurde, (zumindest) eine Verdachtskündigung rechtfertige. Auch
die Berufungskammer teilt diese Auffassung. Die neben dem zu bejahenden
erforderlichen dringenden Tatverdacht grundsätzlich notwendige Anhörung des
Klägers zum Vorwurf ist durch die mit dem Kläger geführten Gespräche
ordnungsgemäß erfolgt. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen
des Arbeitsgerichts unter III. 6. d) ee) der Entscheidungsgründe des Urteils vom
15. November 2012 (Bl. 984 bis 992 der ArbG-Akte) verwiesen werden, denen
die Berufungskammer folgt und dies gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich
feststellt.
136 b) Die vom Arbeitsgericht offengelassene Frage, ob das Verhalten des Klägers
bezüglich der Erstattung des Bettenkaufpreises auch eine Tatkündigung
rechtfertige, bejaht die Berufungskammer. Dies ergibt sich aus Folgendem: Im
Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2013 hielt die Berufungskammer
dem persönlich anwesenden Kläger folgende sich in diesem Zusammenhang
ergebenden klärungsbedürftigen Punkte vor: Der Erstattungsbetrag entsprach
nach damaligem Umrechnungskurs exakt 7.500,00 EUR. Dieser Betrag ergibt
sich wiederum, wenn man die nach dem Entsendevertrag für Küchengeräte und -
möbel gegen Nachweis maximal vorgesehenen Zuschüsse addiert. Unstreitig
hat der Kläger einen entsprechenden Zuschussantrag niemals gestellt und auch
nie Nachweise über entsprechende Aufwendungen vorgelegt. Die vertraglich
vorgesehenen weiteren Positionen für neben dem eigentlichen von der
Beklagten übernommenen Umzug des Hausstands entstandenen Kosten
(10.000,00 EUR für sonstige Umzugskosten, 2.500,00 EUR für Elektrogeräte,
jeweils ohne Nachweis entsprechender Aufwendungen zahlbar) hatte der Kläger
gesondert bereits mit der Entgeltabrechnung für September 2006 von der
Beklagten erstattet bekommen. Ein sonstiger Grund, warum der Kläger davon
ausgehen konnte, Anspruch auf Zahlung von 9.423,38 USD zu haben, ist nicht
ersichtlich und wurde vom Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vom 11.
Juli 2013 auf entsprechende Frage des Gerichts nicht benannt. Die vertraglichen
Vereinbarungen über die Erstattungsfähigkeit von im Zusammenhang mit dem
Umzug stehenden Kosten waren auch klar und ließen für Zweifel keinen Raum.
Der Kläger hat die weitere Frage des Gerichts, ob ihm bekannt war, dass der
Auszahlungsbetrag umgerechnet 7.500,00 EUR, also die Summe der weiteren
möglichen, ihm aber mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nicht
zustehenden Umzugspauschalen, ausmachte, hat der Kläger nicht konkret
beantwortet, sondern sich nur ganz allgemein dahingehend eingelassen, dass
die Auszahlung der 9.423,38 USD an ihn wohl nicht korrekt gewesen sei.
137 Der Kläger hat sich damit zu den angesprochenen sich aufdrängenden
klärungsbedürftigen Punkten in der mündlichen Verhandlung vor der
Berufungskammer nicht ausreichend erklärt und ist somit der ihn bei dieser
Sachlage treffenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen (vgl. zur
sekundären Darlegungslast BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - EzA KSchG § 9
nF Nr. 63 = NJW 2013, 199). Damit steht für die Kammer mit dem gem. § 286
Abs. 1 ZPO erforderlichen für das praktische Leben brauchbaren Grad von
Gewissheit (BAG 25. Februar 1998 - 2 AZR 327/97 - juris) fest, dass der Kläger
und Herr L. abgesprochen hatten, die entstandenen Aufwendungen unter dem
Schlagwort „Relocation Allowance“ zu erstatten. Diese Bezeichnung wurde
gewählt, um den Vorgang zu verschleiern, denn dies war zunächst unverdächtig,
da dem Kläger der sodann zugewandte Betrag in Höhe von umgerechnet
7.500,00 EUR auch in der Höhe hätte zustehen können, wenn er entsprechende
Aufwendungen für die Küchenausstattung gehabt und nachgewiesen hätte.
138 Sollte der für den Kläger vorgesehene Überweisungsträger den Vermerk
„Relocation Allowance“ getragen haben, so wäre schon aus dieser Bezeichnung
für den Kläger ersichtlich gewesen, dass der Vorgang nicht korrekt abgelaufen
war, weil ihm nach dem Ausgeführten klar sein musste, dass er keine weiteren
Umzugskosten zu beanspruchen hatte.
139 Aber auch wenn der Kläger den Betrag ohne mitgeteilten Verwendungszweck
erhielt, musste dem eine entsprechende Absprache mit Herrn L. zugrundeliegen.
Wäre die Erstattung der 9.423,38 USD nicht mit Herrn L. abgesprochen
gewesen, hätte der Kläger zum einen im Personalbereich nachgefragt, warum
ihm die eingereichten Bettenkosten nicht erstattet worden seien, und zum
anderen darauf hingewiesen, dass er eine Überweisung von 9.423,38 USD
erhalten habe, die er dem Überweisungsbetrag nach nicht zuordnen könne. Da
der Kläger offensichtlich Kenntnis von der Überweisung vom 24. Oktober 2010
hatte - ansonsten hätte er wie dargelegt nachgefragt -, muss er auch bemerkt
haben, dass er einen überhöhten ihm unter keinem Gesichtspunkt zustehenden
Betrag erhalten hat. Er musste in dieser Angelegenheit umso mehr sensibilisiert
sein als ihm Frau A. zunächst mitgeteilt hatte, es gebe keine Rechtsgrundlage für
die Erstattung der verauslagten Bettenkosten. Die Tatsache, dass der Kläger die
Angelegenheit auf sich beruhen ließ, nachdem er die Überweisung vom 24.
Oktober 2010 erhalten hatte, lässt nur den Schluss zu, dass die Vorgehensweise
vorher mit Herrn L. abgesprochen worden war.
140 Irrelevant ist, dass Herr L. dem Kläger die Übernahme der Kosten zugesagt
hatte. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass die vertraglich im Einzelnen
festgelegten Konditionen des Arbeitsverhältnisses des Klägers im Hinblick auf
Vergütung, Nebenleistungen im Arbeitsverhältnis und Ausstattung der Dienstvilla
den Kläger banden, er also nicht befugt war, sich als Organ der M. U.
beispielsweise eigenmächtig und ohne Rücksprache mit den
entscheidungsbefugten Stellen der Beklagten das Gehalt zu erhöhen. Gleiches
gilt für die Gewährung weiterer Ausstattung für die Dienstvilla über das vertraglich
vereinbarte Maß hinaus. Es ist auch selbstverständlich, dass der Kläger diese
Beschränkung nicht dadurch umgehen konnte, dass er einen ihm unterstellten
Mitarbeiter der M. U. dazu veranlasste, ihm weitergehende Leistungen zu
gewähren oder zu „genehmigen“, oder dieser solches aus eigenem Antrieb tat.
141 Zu den untergebenen Mitarbeitern des Kläger bei M. U. zählten nicht nur die
Mitarbeiter der Konzernebene E 3 und darunter, sondern auch Herr L.. Das Bild,
das der Kläger von dessen hierarischer Stellung zu vermitteln sucht, ist falsch.
Auch wenn beide die hierarchische Spitze der M. U. bildeten, war Herr L. dem
Kläger nicht gleich-, sondern eindeutig untergeordnet. Hierfür spricht schon, dass
der Kläger als einziger Mitarbeiter der M. U. der konzernweiten Hierarchieebene
E 1, Herr L. dagegen der Ebene E 2 zugeordnet war. Ganz klar lässt sich diese
Tatsache den vertraglichen Regelungen entnehmen. So hat die Beklagte in der
„Vereinbarung für den internationalen Einsatz“ des Herrn L. festgehalten:
„Dienstvorgesetzter des/der Mitarbeiters/in bei der Auslandsgesellschaft ist:
President of M. U.“.
142 Daran hat sich auch mit Einführung einer Matrixstruktur im Konzern der
Beklagten im Jahr 2006 nichts geändert. Zwar mag Herr L. nicht an den Kläger
berichtet und der Kläger ihm keine fachlichen Weisungen erteilt haben, dennoch
hat sich an dem Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen beiden nichts
geändert, wie sich aus dem Personalantrag vom 1. November 2007 die
Vertragsverlängerung des Herrn L. betreffend (Bl. 667 f. der ArbG-Akte) ergibt, in
dem als Dienstvorgesetzter im Einsatzland der Kläger aufgeführt ist und den der
Kläger auch im Namen der Einsatzgesellschaft genehmigt und unterschrieben
hat.
143 3. Auch das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Installation der
Home-Entertainment-Anlage stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die „an sich“
als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet ist.
144 Schon das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Installation
dieser Anlage mit dem Kläger abgestimmt war. Dies ergibt sich aus dem
zwischen dem Kläger und Herrn L. vom IT-Bereich der M. U. im Zeitraum vom 2.
bis 8. November 2006 geführten E-Mail-Verkehr. So entschied der Kläger auf die
entsprechende Anfrage des Herrn L., wie der LCD-Bildschirm für den offenen
Wohnbereich installiert werden sollte. Auf das übersandte Bild des 65-Zoll-
Bildschirms im Wohnbereich antwortete der Kläger, dass die Bilder toll aussehen
würden und er sich schon darauf freue, das alles in natura bewundern zu dürfen.
Hierdurch hat der Kläger die Installation der Anlage zumindest gebilligt, wie das
Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat.
145 Der Hinweis des Klägers, er sei in die Angelegenheit nicht eingebunden
gewesen, ist offensichtlich unrichtig. Der Kläger versucht den Eindruck zu
vermitteln, dass die Entscheidung zum Einbau vor seiner Ankunft in den U. und
ohne sein Zutun erfolgt sei und er nur in der Umsetzungsphase zu Details befragt
worden sei. In der E-Mail von Herrn O. an Herrn L. vom 9.Oktober 2006 (Bl. 441 f.
der ArbG-Akte) wurde die Ausstattung der Dienstvilla mit Fernsehgeräten und
Video allerdings noch nicht erwähnt, dies erfolgte erst in der E-Mail vom 18.
Oktober 2006 (Bl. 440 f. der ArbG-Akte). Die Bestellung der Anlage erfolgte erst
am 25. Oktober 2006 und damit nach fast zweimonatiger Tätigkeit des Klägers in
den U. und mehrere Wochen nach seinem Einzug in die Dienstvilla.
146 Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Entscheidung zum Einbau
einer solchen Anlage schon vor dem Eintreffen des Klägers in den U. gefallen
sein soll. Immerhin hat der Vorgänger des Klägers erst am 30. August 2006 einen
Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 31. August 2006 abgeschlossen. Daher
spricht viel dafür, dass die Anordnung, eine solche Anlage zu installieren, vom
Kläger erteilt wurde. Angesichts der bei der M. U. jedenfalls vor Amtsantritt des
Klägers offensichtlich herrschenden Umgangsformen geht die Kammer allerdings
davon aus, dass schon eine über Herrn L. geäußerte Bitte oder Anregung,
darüber nachzudenken, des Klägers genügte, um entsprechende Aktivitäten bei
den nachgeordneten Mitarbeitern der M. U. auszulösen. Die Beklagte hat
anschaulich geschildert, wie Herr S. - zum damaligen Zeitpunkt immerhin Jurist
und Leiter der Steuerabteilung - im Jahr 2003 oder 2004 auf eine entsprechende
Aufforderung des Herrn L. an einem Wochenende eigenhändig mit dem Streichen
des Kellers im Wohnhaus des Herrn L. begann und dies auch fortsetzte,
nachdem die zunächst ausgebliebenen eigentlich zuständigen Handwerker doch
noch erschienen waren, um sicherzustellen, dass die Malerarbeiten über das
Wochenende fertig gestellt wurden, da ihm Herr L. andernfalls für den
kommenden Montag eine Kündigung seine Arbeitsverhältnisses in Aussicht
gestellt hatte. Der Kläger hat diese Episode nicht in Abrede gestellt, sondern nur
darauf verwiesen, dass sich der Vorfall vor Beginn seiner Tätigkeit in den U.
zugetragen habe und ein solches Verhalten nicht seinem persönlichen
Führungsstil entspreche. Der Einbau der Home-Entertainment-Anlage erfolgte
jedoch zu Beginn der Tätigkeit des Klägers bei M. U.. Zu diesem Zeitpunkt konnte
die Mitarbeiter noch nicht wissen, ob sich an der Art der Führung bei der M. U.
unter Leitung des Klägers etwas ändern würde. Von daher spricht alles dafür,
dass ein Mitarbeiter der M. U., dem vom Kläger direkt oder über Herrn L. auch nur
ein Ausstattungswunsch oder eine Ausstattungsbitte übermittelt wurde, alles
daran setzte, um dem vollumfänglich nachzukommen.
147 Letztendlich kommt es darauf gar nicht an, denn eine grobe einen wichtigen
Grund „an sich“ im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellende Pflichtverletzung
des Klägers würde selbst dann vorliegen, wenn tatsächlich zunächst Mitarbeiter
der U. selbständig und ohne Beeinflussung durch den Kläger beschlossen
hätten, diesen mit dem Einbau einer entsprechenden Anlage auf Kosten der M.
U. zu beglücken. Denn dann wäre es jedenfalls Sache des Klägers gewesen,
eine solche kostspielige Investition zu seinen Gunsten zu unterbinden. Für den
Kläger war ohne Weiteres ersichtlich, dass ihm nach den arbeitsvertraglichen
Regelungen eine Home-Entertainment-Anlage auf Kosten der Beklagten oder der
M. U. nicht zustand.
148 In Ziffer 4.1 der CPH der M. U. war geregelt, mit welchen
Einrichtungsgegenständen als Grundausstattung die dem Kläger mietfrei zur
Verfügung gestellte Dienstvilla ausgestattet sein musste. Da die Beklagte
sämtliche Umzugskosten des Klägers übernahm, war in Ziffer 2.6 des
Entsendevertrags folgerichtig der Möblierungszuschuss, der nur anstelle des Hin-
und Rückumzuges gewährt wurde, mit 0,00 EUR festgesetzt worden, denn nach
dem Vertrag war es Sache des Klägers, alle von ihm gewünschten und
benötigten Einrichtungsgegenstände, die über die garantierte Grundausstattung
hinausgingen, auf Kosten der Beklagten aus A. herbeischaffen zu lassen, oder
soweit bislang nicht vorhanden oder in A. im bisherigen Wohnhaus
zurückgelassen, auf eigene Kosten anzuschaffen. Soweit Zusatzaufwand
entstand (zB. Elektrostecker wegen der anderen Spannung oder ein
Radiorekorder bis zum Eintreffen der eigenen Stereoanlage) war dies aus der
gezahlten weiteren Umzugskostenpauschale bzw. aus dem in Ziffer 2.6 des
Entsendevertrags festgelegten Zuschuss für Elektrogeräte vom Kläger zu
bezahlen. Weitergehende Ansprüche des Klägers auf Ausstattung der Dienstvilla
auf Kosten der Beklagten oder der M. U. bestanden ersichtlich nicht. Sollten nicht
alle vertraglichen Grundlagen wirksam einbezogen worden sein, wie dies der
Kläger hinsichtlich der GGP reklamiert, würde dies im vorliegenden
Zusammenhang nichts ändern, da auch dann eine Anspruchsgrundlage, auf die
der Kläger die erfolgte Installation der Home-Entertainment-Anlage stützen
könnte, nicht ersichtlich wäre.
149 Auch eine Genehmigung der Installation liegt nicht vor. Weder der
Auslandspersonalbereich der Beklagten hat der Maßnahme zugestimmt noch
das Firmenwohnungskomitee der M. U., weshalb dahingestellt bleiben kann, ob
diese wirksam hätten zustimmen können.
150 Auch eine Genehmigung durch den Vorgesetzen Dr. S. ist nicht erfolgt. Zwar hat
Herr Dr. S. die als Anlage B 6 (Bl. 160 f. der ArbG-Akte, in deutscher Übersetzung
vorgelegt Bl. 162 bis 164 der ArbG-Akte) vorgelegte Erklärung unterzeichnet und
damit zum Ausdruck gebracht, dass er diese Aufwendungen für angemessen
erachte. Für die Behauptung des Klägers, Herr Dr. S. habe damit im Wege einer
„Generalabsolution“ nicht nur die in der Anlage aufgeführten und somit ihm
bekannten, sondern sämtliche getätigten Aufwendungen für die Dienstvilla -
unabhängig von Art und Höhe - genehmigt, spricht nichts. Es handelt sich
ersichtlich um eine Behauptung „ins Blaue hinein“; schon aus diesem Grund war
dem Beweisantritt auf Vernehmung des Herrn Dr. S. als Zeugen nicht
nachzukommen. Herr Dr. S. hat im Gegenteil ausdrücklich nur der Durchführung
der „oben aufgeführten“ Maßnahmen zugestimmt. Die Beklagte hat auch in ihrem
Rundschreiben an die entsandten Assignees im Herbst 2010 gerade nicht in
Aussicht gestellt, dass angezeigte Verstöße gegen Richtlinien und
Arbeitsverträge nicht sanktioniert würden und dies auch im Schreiben ihres
Personalvorstands vom 9. Dezember 2010, zu dem dieser sich wegen der durch
das erste Schreiben bei den Betroffenen ausgelösten Irritationen veranlasst sah,
nicht getan.
151 Der Vortrag, das Vermögen der Beklagten sei durch den Einbau der Home-
Entertainment-Anlage im Wert gesteigert worden, hilft dem Kläger nicht weiter.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es Sache der M. U. als
Eigentümerin der Dienstvilla war, darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls
wofür sie ihr Vermögen in die Dienstvilla stecken wollte. Die vom Kläger
thematisierten umfänglichen Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen an der
Dienstvilla während der Amtszeit seines Vorgängers sind hier schon deshalb
ohne Belang. Die Beklagte hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass eine
Investition in eine Home-Entertainment-Anlage für knapp 90.000,00 USD nicht
dazu führt, dass sich der bei einem eventuellen Verkauf zu erzielende Preis für
das Haus um 90.000,00 USD erhöhen würde. Hinzukommt gerade im
vorliegenden Fall, dass eine hochpreisige Home-Entertainment-Anlage
angesichts des technischen Fortschritts einem starken Preisverfall unterliegt und
dem Kläger somit durch deren Installation im Laufe seines zunächst auf drei
Jahre angelegten, dann tatsächlich über fünf Jahre dauernden Aufenthalts in der
Dienstvilla ein erheblicher Teil des wirtschaftlichen Wertes der Anlage zugutekam,
ohne dass er hierfür in irgendeiner Weise finanziell aufgekommen wäre. Auch
deshalb trägt die vom Kläger gezogene Parallele zum Einbau eines
Swimmingpools, der deutlich wertbeständiger ist und bei einem Verkauf eher
kaufpreissteigernd wirkt, nicht.
152 Die mündliche Verhandlung vor der Berufungskammer hat im Übrigen auch
ergeben, dass die neu installierte Home-Entertainment-Anlage vom Umfang und
der Wertigkeit her offenbar deutlich die dem Kläger bisher in Australien zur
Verfügung stehende Anlage übertraf, die der Kläger seiner eigenen Aussage
nach in einem Zimmer der Dienstvilla deponierte.
153 Entgegen dem vom Kläger erhobenen Vorwurf hat das Arbeitsgericht auch nicht
in ihm nicht zukommender Weise das Tätigen von Luxuskäufen missbilligt.
Vielmehr hat es nur zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Arbeitnehmer
Aufwendungen, die der Hebung seines Lebensstandards dienen, nur dann auf
seinen Arbeitgeber abwälzen darf, wenn es hierfür eine Rechtsgrundlage gibt und
diese ansonsten aus seinem Arbeitseinkommen oder sonstigem Vermögen zu
begleichen hat.
154 Zusammenfassend hätte der Kläger die Planungen für den Einbau der Home-
Entertainment-Anlage stoppen und den entsprechenden Erwerb untersagen oder
zumindest die entsprechenden Kaufverträge im eigenen Namen und auf eigene
Rechnung abschließen müssen. Auch dieser Vorfall - Verschwendung von
Firmenvermögen in Höhe von über 89.000,00 USD zum eigenen Vorteil -
rechtfertigt „an sich“ eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund.
155 4. Eine Abmahnung war hinsichtlich beider Pflichtverstöße nicht erforderlich. Dem
Kläger musste klar sein, dass die Beklagte es weder hinnehmen würde, dass er
sich für den Bettenkauf über 3.000,00 USD mehr erstatten ließ als er verauslagt
hatte, noch dass er ohne entsprechende Genehmigung eine Home-
Entertainment-Anlage für über 89.000,00 USD in die von ihm bewohnte
Dienstvilla einbauen ließ oder dies zumindest nicht unterband. Die Hinnahme
dieser schweren Pflichtverletzungen durch den Kläger war offensichtlich und
auch für ihn erkennbar ausgeschlossen. Wenn schon ein Verstoß gegen das
sogenannte Schmiergeldverbot wegen der damit zutage getretenen Einstellung
des Arbeitnehmers, unbedenklich eigene Vorteile bei der Erfüllung von Aufgaben
wahrnehmen zu wollen, regelmäßig das Vertrauen des Arbeitgebers in dessen
Zuverlässigkeit und Redlichkeit zerstört (BAG 15. November 1995 - 2 AZR 974/94
- AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89), so gilt dies erst
recht in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Arbeitnehmer um des eigenen
Vorteils willen die Vermögensinteressen der ihm anvertrauten Gesellschaft
vorsätzlich verletzt.
156 5. Die außerordentliche Kündigung ist auch unter Abwägung der Interessen
beider Parteien gerechtfertigt. Für den Kläger spricht seine langjährige
unbeanstandete und wie auch die Beklagte ausdrücklich anerkennt wirtschaftlich
äußerst erfolgreiche Tätigkeit für die Beklagte. Auch der Umstand, dass es auf
Grund der Presseberichterstattung und seines Lebensalters für den Kläger
schwierig werden könnte, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, war zu
seinen Gunsten zu berücksichtigen. Außerdem besteht noch gegenüber seiner
Ehefrau und einem Kind eine für ihn sprechende gesetzliche Unterhaltspflicht
(BAG 15. November 1995 - 2 AZR 974/94 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA
BetrVG 1972 § 102 Nr. 89).
157 Den sich hieraus ergebenden gewichtigen Interessen des Klägers an einem
Fortbestand des Arbeitsverhältnisses stehen Umstände entgegen, die ein noch
gewichtigeres Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses begründen. Dabei ist zunächst die irreparable Zerstörung
des Vertrauens zu berücksichtigen. Dies wirkt um so schwerer als der Kläger als
vertretungsberechtigtes Organ einer großen Auslandsgesellschaft eine
exponierte Stellung innehatte. Die Beklagte muss Inhabern solcher
Schlüsselpositionen, noch dazu im Auslandseinsatz mit den damit
einhergehenden eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten, uneingeschränkt
vertrauen können. Ihr kann nicht zugemutet werden, einen Mitarbeiter, der
Milliardenumsätze zu verantworten hatte und auf seiner Position finanziell so
ausgestattet ist, dass er auch einen gehobenen Lebensstandard mit eigenen
Mitteln aufrecht erhalten kann, zu beschäftigen, der sich unrechtmäßig weitere
nicht unerhebliche finanzielle Vorteile auf Kosten seiner Arbeitgeberin verschafft.
Zu Lasten des Klägers ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass sein Vorgehen
auf Verschleierung der begangenen Pflichtverletzungen angelegt war, wie die
Vorgänge um die Herrn Dr. S. vorgelegte Liste über bauliche Veränderungen und
Instandhaltungsmaßnahmen an der Dienstvilla belegen. Selbst wenn zugunsten
des Klägers unterstellt wird, dass die Aufstellung der durchgeführten Arbeiten
seinen Mitarbeitern O. und S. zur selbständigen Erledigung übertragen worden
war und er es nicht zu verantworten hat, dass die kritischen Punkte Einbau der
Home-Entertainment-Anlage, Kauf von Waschmaschine/Trockner und Umbau
der Waschküche sowie Bettenkauf in der abschließenden Version gar nicht mehr,
der Sachverhalt Einrichtung eines Fitnessraums unter einer die durchgeführten
Arbeiten zumindest nicht vollständig wiedergebenden Bezeichnung auftauchten -
wobei die Kammer gewisse Zweifel hegt, ob der Kläger tatsächlich keinen
Einfluss genommen hat, der das „Verschwinden“ der verdächtigen Positionen im
Laufe der mehrfach geänderten Entwürfe bewirkt hat, denn die anderen
Beteiligten hatten hieran eigentlich kein Interesse -, so kann die Kammer an
einem Punkt der Darstellung des Klägers nicht mehr folgen: Der Kläger hat
behauptet, die ihm vorgelegte endgültige Version der Aufstellung nicht mehr
inhaltlich geprüft, sondern sozusagen „ungelesen“ unterschrieben zu haben.
Zwar war der Kläger in seiner Position sicherlich schon rein zeitlich nicht in der
Lage, sämtliche ihm von seinen Mitarbeitern vorgelegten Schreiben vor der
Unterschriftsleistung durchzulesen oder gar zu durchdenken, sondern musste
sich insofern auch auf seine Zuarbeiter verlassen. Die in Frage stehende
Aufstellung und seine Unterschriftsleistung, die ja bezeugt, dass er die
Verantwortung für den Inhalt des Schreibens übernimmt, ist jedoch von ganz
anderer Qualität als die routinemäßige Unterzeichnung ausgehender
Geschäftspost durch eine Führungskraft. Die Aufstellung wurde nach
Aufforderung durch den Auslandspersonalbereich und vor dem Hintergrund des
Rundschreibens der Beklagten vom Herbst 2010 angefertigt, mit dem die
Assignees aufgefordert wurden, gegebenenfalls von ihnen begangene Verstöße
gegen Richtlinien und Arbeitsverträge zu melden. Der Kläger hat die Frage der
Berufungskammer im Termin vom 11. Juli 2013, ob er sich der Brisanz der
Angelegenheit bewusst gewesen sei, ausdrücklich bejaht. Der Kläger wusste
somit, dass der Inhalt der Aufstellung für seine berufliche Existenz bei der
Beklagten von entscheidender Bedeutung sein konnte. Dass der Kläger ein
solches Schreiben ungelesen unterschrieben hat, glaubt ihm die Kammer nicht.
Auch bei einmaligem Durchlesen konnte ihm nicht entgangen sein, dass die
Aufstellung unvollständig war und insbesondere den betragsmäßig größten
Posten, nämlich die Home-Entertainment-Anlage, nicht umfasste.
158 Zugunsten der Beklagten ist weiterhin zu berücksichtigen, dass diese im Hinblick
auf die Vorkommnisse bei anderen Assignees, die zu ihren Schreiben vom
Herbst 2010 geführt haben, ein besonderes Interesse daran hat, solche
Vorgänge sowohl unter generalpräventiven Gesichtspunkten als auch im Hinblick
auf einen möglichen Imageschaden bei Geschäftspartnern und in der
Öffentlichkeit wirksam zu unterbinden.
159 6. Die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB, die mit der Information des
Vorstands der Beklagten am 11. Oktober 2011 zu laufen begann, wurde mit dem
am 22. Oktober 2011 bewirkten Kündigungszugang eingehalten.
160 7. Die Kündigung scheitert auch nicht an einer nicht ordnungsgemäßen
Anhörung des Sprecherausschusses. Hierbei kann zugunsten des Klägers
unterstellt werden, dass der Sprecherausschuss der Zentrale der Beklagten
überhaupt zur Kündigung des Klägers anzuhören war, was die Beklagte unter
Hinweis auf die ihres Erachtens fehlende Zugehörigkeit des Klägers zu ihrem
Inlandsbetrieb in Abrede gestellt hat.
161 Die am 17. Oktober 2011 erfolgte Freistellung hat nichts an der Qualifizierung des
Klägers als leitender Angestellter geändert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die
Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistungen bzw. die damit
korrespondierende Beschäftigungspflicht nicht dauerhaft erlischt, sondern
lediglich - wie hier - vorübergehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(BAG 23. März 1976 - 1 AZR 314/75 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 14 = EzA BetrVG
1972 § 5 Nr. 2). Wäre mit einer solchen Freistellung eine Statusänderung
verbunden, so könnte der Arbeitgeber den Status eines leitenden Angestellten
einseitig ändern. Dies widerspräche aber den Regelungen des § 5 Abs. 3
BetrVG, wonach der Arbeitnehmer nach Arbeitsvertrag, also einvernehmlich, als
leitender Angestellter tätig wird (LAG Düsseldorf 3. Februar 2012 - 6 Sa 1081/11 -
CCZ 2013, 113).
162 Bezüglich der Anforderungen an die Mitteilungspflicht und der Rechtsfolgen einer
nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Sprecherausschusses nach § 31 Abs. 2
Satz 1 bis Satz 3 SprAuG gelten dieselben Grundsätze wie für die Anhörung des
Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG (BAG 27. September 2001 - 2 AZR
176/00 - AP KSchG 1969 § 14 Nr. 6 = EzA KSchG § 14 Nr. 6).
163 Diesen Anforderungen genügen die Anhörungen des Sprecherausschusses vom
17. Oktober 2011 iVm. den ergänzenden Anhörungen vom 25. und 26. April
2012, die im Hinblick auf die nachgeschobenen Kündigungsgründe erfolgten. Die
Beklagte hat die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die Kündigung dem
Sprecherausschuss dargelegt. Der vom Kläger in der Berufung erhobene
Einwand, die Information des Sprecherausschusses sei insofern unrichtig erfolgt,
als die Aufstellung über die durch Arbeiten an und Anschaffungen für die
Dienstvilla entstandenen Gesamtkosten Herrn Dr. S. nicht im Juli 2011, sondern
schon im April 2011 vorgelegt worden sei, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Selbst wenn - was offen bleiben kann - der Sprecherausschuss in diesem Punkt
falsch informiert worden wäre, würde dies unabhängig von der Frage, ob der
abweichende zeitliche Ablauf der Beklagten bekannt war, keinen für den
Kündigungssachverhalt und dessen Beurteilung durch den Sprecherausschuss
maßgeblichen Unterschied machen.
164 8. Da die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. Oktober
2011 aus den dargelegten Gründen wirksam ist, ist ein Eingehen auf die weiteren
von der Beklagten vorgetragenen Kündigungssachverhalte nicht erforderlich.
III.
165 Beim Auflösungsantrag des Arbeitnehmers handelt es sich um einen
uneigentlichen Eventualantrag, der nur für den Fall der Begründetheit des
Feststellungsantrags gestellt ist (KR-Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 16). Da die
Kündigungsschutzklage des Klägers aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg
hat, ist der Auflösungsantrag nicht zur Entscheidung angefallen.
B.
I.
166 Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO.
II.
167 Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2
ArbGG nicht vorliegen.