Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 07.11.2013

betriebsrat, mitbestimmungsrecht, treu und glauben, pause

LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 7.11.2013, 21 TaBV 3/13
Teilnichtigkeit eines Einigungsstellenspruchs - unzulässige Verlagerung von
Mitbestimmungsangelegenheiten auf den Arbeitgeber
Leitsätze
1. Beschränkt sich der Spruch einer Einigungsstelle auf die Ausgestaltung von
Verfahrensregelungen zur Dienstplanaufstellung durch den Arbeitgeber und die
Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats hierauf und stellt er dabei gleichzeitig keine
für den Arbeitgeber verbindlichen - zumindest abstrakten - Regelungen auf, die vom
Arbeitgeber bei der Aufstellung des konkreten Dienstplans und für die Heranziehung
von Arbeitnehmern hierzu zu beachten hat, führt dies zur Unwirksamkeit der
Verfahrensregelungen, soweit diese gegen gesetzlich Mitbestimmungsrechte für den
Betriebsrat gem. den §§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verstoßen (im Anschluss an BAG 9.
Juli 2013 - 1 ABR 19/12 -).
2. Anwendungsfall der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Möglichkeit
der Teilnichtigkeit eines Einigungsstellenspruchs.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Betriebsrats (Bet. zu 1) wird der
Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 07.03.2013 - Az: 23
BV 160/12 - teilweise abgeändert.
1) Es wird festgestellt, dass der Spruch der
Einigungsstelle vom 14.05.2012 in den §§ 3 Ziffer 3 und 4,
4 Ziffer 2 und Ziffer 3c unwirksam ist.
2) Im Übrigen wird der Antrag des Betriebsrats
zurückgewiesen.
II. Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrats gegen die in I.
dieses Beschlusses genannte arbeitsgerichtliche Entscheidung
wird zurückgewiesen.
III. Die Rechtsbeschwerde wird für die Bet. zu 2 zugelassen. Für
den Betriebsrat wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.
Gründe
1
A. Sachverhalt
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Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle.
3
Die Beklagte zu 2 (im Weiteren: Arbeitgeberin) ist ein Einzelhandelsunternehmen,
das in der Bundesrepublik Deutschland in über 380 Filialen Textilwaren und
Accessoires an Endkunden vertreibt. Der antragstellende Beteiligte zu 1 (im
Weiteren: Betriebsrat) ist der in der Filiale ... der Arbeitgeberin in S. (K. 14)
gewählte Betriebsrat, der aus sieben Mitgliedern besteht. In dieser Filiale sind
circa 150 Arbeitnehmer beschäftigt, deren Einsatz durch Arbeits-/Schichtpläne
gesteuert wird. In dieser Filiale findet unter anderem der Manteltarifvertrag
Einzelhandel für Baden-Württemberg vom 13.01.1994 in der Fassung vom
10.07.2008 (im Weiteren: MTV), bezüglich dessen Einzelheiten vollinhaltlich auf
(Bl. 123 d. Akten-ArbG) verwiesen wird, Anwendung. In der Filiale ... galten für
Vollzeitmitarbeiter im Verkauf bislang Arbeitszeiten montags bis samstags in der
Frühschicht von 7.00 Uhr bis 16.15 Uhr und in der Spätschicht von 11.30 Uhr bis
20.30 Uhr. Vollzeitmitarbeiter hatten, jeden zweiten Samstag frei. Am 24.12 oder
wahlweise am 31.12. des Kalenderjahres war bis 14.30 Uhr Arbeitszeit. Die
Arbeitgeberin reichte betreffend den Einsatz der Arbeitnehmer in der Filiale ihre
Personaleinsatzplanung bis zum letzten Werktag des Vormonats beim Betriebsrat
ein. Im Anschluss daran verhandelten die Betriebsparteien über die
Personaleinsatzplanung, bei Nichteinigung entschied die Einigungsstelle über
den konkreten Personaleinsatzplan für einen konkreten Zeitraum. Eine als
Betriebsvereinbarung überschriebene Regelung zwischen den Betriebsparteien
zum Thema „Arbeitszeit/Pausen/Überstunden“ bestand bislang nicht. Mit von der
damaligen Filialleiterin der Arbeitgeberin unterzeichnetem Schreiben vom
27.08.2008 hatte die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat eine Änderung
des praktizierten Arbeitszeitmodells beantragt. Der Betriebsrat erklärte am
27.08.2008 hierzu seine Zustimmung. Dieses mit „TELEFAX“ überschriebene
Schreiben wurde an den Betriebsrat nicht per Telekopie versandt, sondern als
Originalschreiben wurde beim Betriebsrat eingereicht. Der Betriebsrat
unterschrieb ebenfalls auf diesem Schreiben unter den handschriftlichen Worten
„wir stimmen zu“. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird
vollinhaltlich auf Bl. 75 und 76 d. Akten verwiesen.
4
Durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg wurde eine
Einigungsstelle für die Filiale … zum Thema „Betriebsvereinbarung zur Regelung
der Arbeitszeiten, der Pausen, der Personaleinsatzplanung sowie der Verfahren
bei Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit“ eingerichtet.
Diese Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts Pf.,
Herrn W., beschloss am 14.05.2012 gegen die Stimmen der Beisitzer auf Seiten
des Betriebsrats eine Betriebsvereinbarung. Hinsichtlich der Einzelheiten, des
Verlaufes und des Ergebnisses der Einigungsstellensitzung am 14.05.2012 wird
vollinhaltlich auf Bl. 62, 63 d. Akten-ArbG verwiesen. Der Bevollmächtigte des
Betriebsrats erhielt den vollständigen Spruch der Einigungsstelle am 16.05.2012 .
Der Antrag des Betriebsrats betreffend die Anfechtung dieses
Einigungsstellenspruchs ging am 30.05.2012 per Telefax und am 04.06.2012 im
Original beim Arbeitsgericht Stuttgart ein (vgl. gerichtliche Eingangsstempel Bl. 1
und 41 d. Akten-ArbG).
5
Die Betriebsvereinbarung enthält folgende im vorliegenden Fall relevanten
Regelungen:
6
㤠1 Ziel und Zweck
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Zweck dieser Betriebsvereinbarung ist es, die Grundsätze der
Personaleinsatzplanung, sowie die Arbeitszeit samt ihrer Verteilung auf die
Wochentage und der Pausenregelung unter Berücksichtigung der Zeitzuschläge
für die Beschäftigten mit Ausnahme der leitenden Angestellten festzulegen.
Damit soll ein Ausgleich geschaffen werden, zwischen den wirtschaftlichen und
betrieblichen Interessen von H. hinsichtlich eines optimalen Arbeitseinsatzes und
den Interessen der Arbeitnehmer ihre Arbeits- und Freizeit rechtzeitig planen zu
können.
8
§ 3 Personaleinsatzplanung
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1. Die Personaleinsatzplanung wird für einen Zeitraum von jeweils einem
Kalendermonat im Voraus erstellt.
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2. Die Filialleitung legt dem Betriebsrat den Entwurf der Personaleinsatzplanung
bis spätestens Donnerstag, 9:00 Uhr, der dritten Woche vor Beginn des
Planungszeitraums vor. Soweit Mitarbeiter in größerem zeitlichem Umfang
eingesetzt werden, als dies in ihren Arbeitsverträgen vereinbart ist, werden die
diesbezüglichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zusammen mit denen
bei der P. wahrgenommen (Ohne dass diese dadurch eingeschränkt werden).
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3. Der Betriebsrat hat, falls der Entwurf rechtzeitig eingereicht wurde, zur
Personaleinsatzplanung bis spätestens Dienstag, 18:00 Uhr der zweiten Woche
vor Beginn des Planungszeitraums Stellung zu nehmen.
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4. Tut er dies nicht, gilt die Personaleinsatzplanung als genehmigt. Stimmt der
Betriebsrat der Personaleinsatzplanung nicht zu, hat er die Gründe hierfür der
Filialleitung schriftlich mitzuteilen.
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5. Die genehmigte Personaleinsatzplanung wird unverzüglich, spätestens 4
Kalendertage vor Beginn des Planungszeitraums durch Aushang bekannt
gegeben.
14
§ 4 Änderung der Personaleinsatzplanung
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1. Änderungen der P., einschließlich des ursprünglichen Entwurfs der P. des
Arbeitgebers, müssen zusätzlich eingereicht werden und bedürfen der
Zustimmung des BR gem. § 87 BetrVG.
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2. Soweit der Arbeitgeber die Änderung der P. mindestens 4 Tage im Voraus
schriftlich beantragt, ist der Betriebsrat verpflichtet hierzu innerhalb von 3 Tagen,
oder zum Zeitpunkt des § 3 Abs. 3, schriftlich Stellung zu nehmen. Sofern der
Betriebsrat nicht binnen 3 Tagen nach Zugang des Änderungswunsches
schriftlich widerspricht, gilt die Änderung des Personaleinsatzplanes als
zugestimmt.
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3. Für Eil- und Sonderfälle gilt Folgendes:
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a. Dringende Abschlussarbeiten, wie z.B. das Zu-Ende-Bedienen, der
Kassenabschluss oder andere Tagesabschlussarbeiten, die nicht von
Mitarbeitern der nächsten Schicht übernommen werden können, gelten im
zeitlichen Umfang von bis zu 15 Minuten als genehmigt.
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b. Im Fall eines der folgenden technischen Probleme gelten - in dem Umfang
und nur für die tatsächlich notwendigen Mitarbeiter - Zeiten die zur Behebung
des Grundes für den Einsatz erforderlich sind, als genehmigt:
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aa. Probleme bei Defekten an der Kasse nach Ladenschluss;
21
bb. Probleme bei Einschalten der Alarmanlage nach Ladenschluss;
22
cc. Probleme bei Abschließen der Filiale nach Ladenschluss;
23
Der Betriebsrat ist hierüber unverzüglich, spätestens am folgenden Arbeitstag
unter Darlegung der Notwendigkeit textlich zu informieren.
24
c. Bei kurzfristigen (weniger als 4 Tage) Änderungen der
Personaleinsatzplanung in Folge von Arbeitsunfähigkeit oder bei einem ähnlich
plötzlich auftretenden sonstigen Arbeitsausfall oder aufgrund dringender
betrieblicher Gründe ist die unverzüglich beim Betriebsrat zu beantragen. Dieser
kann Maßnahmen treffen, die eine Entscheidung hierüber durch einzelne
Betriebsratsmitglieder (per Delegation) sicherstellen. Ist dies nicht geschehen,
oder geht bis zum Beginn des notwendigen Personaleinsatzes keine Antwort
ein, kann die Maßnahme vorläufig durchgeführt werden, bis eine Entscheidung
des Betriebsrats vorliegt.
25
§ 5 Grundsätze der Personaleinsatzplanung
26 I. Allgemeine Grundsätze
27
1. Die flexiblen Teilzeitmitarbeiter teilen ihrem jeweiligen Department Manager
schriftlich bis spätestens Freitag, 9:00 Uhr, der vierten Woche vor Beginn des
Planungszeitraums mit, an welchen Tagen des nächsten Planungszeitraum sie
nicht arbeiten wollen. Dies kann auch in pauschaler Form als Dauerwunsch
geschehen. Bei diesen Mitteilungen handelt es sich um für H. unverbindliche
Wünsche. H. wird sich gleichwohl bemühen, diesen Wünschen Folge zu leisten,
sofern betriebliche Belange und/oder die Wünsche oder die festgelegten
Arbeitszeiten anderer Mitarbeiter diesen nicht entgegenstehen.
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2. Am 24.12. und/oder am 31.12. arbeiten die Mitarbeiter wahlweise entweder am
24. Dezember oder am 31. Dezember in der Zeit von 07:00 Uhr bis 14:00 Uhr
(24.12.) bzw. 16:30 Uhr (31.12). Freiwillig kann auch an beiden Tagen gearbeitet
werden.
29 II. Regelungen für Vollzeitkräfte
30
1) Verkauf
31
1. Der Mitarbeiter arbeitet im Laufe einer Woche an höchstens fünf Arbeitstagen.
Im Laufe der Arbeitswoche hat er einen festen freien Arbeitstag (nicht der
Samstag). Bei der Festlegung des festen freien Tages soll der Wunsch des
Mitarbeiters berücksichtigt werden, soweit dies die betrieblichen Belange
zulassen.
32
2. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf einen 2 freie Samstage pro Monat. Lediglich
in zu begründenden Ausnahmefällen kann nur ein freier Samstag gewährt
werden. Dies darf allerdings nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten
geschehen.
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3. Die Mitarbeiter arbeiten bei einem 2-Schicht-System im wöchentlichen
Wechsel jeweils in einer Woche in der Frühschicht und in der darauf folgenden
Woche in der Spätschicht bzw. umgekehrt, je nachdem, welches
Rhythmusschema für den Mitarbeiter zutrifft.
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4. Arbeitszeit
35
Montag bis Freitag:
36
Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr
37
Spät: 11:45 Uhr bis 20:30 Uhr
38
Samstag:
39
Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr
40
Spät: 11:00 Uhr bis 20:30 Uhr
41
2) Lager
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1. Arbeitszeit:
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Montag bis Samstag: 05:30 Uhr bis 14:35 Uhr oder 06:00 Uhr bis 15:20 Uhr
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Für einige Mitarbeiter im Lager beginnt die Arbeitszeit morgens um 05:30 Uhr,
während für die übrigen Mitarbeiter des Lagers die Arbeitszeit morgens um
06:00 Uhr beginnt. Welche Mitarbeiter wann morgens beginnen, ergibt sich aus
der Personaleinsatzplanung.
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Der Mitarbeiter arbeitet im Laufe einer Woche an höchstens 5 Arbeitstagen. Im
Laufe der Arbeitswoche hat er einen festen freien Arbeitstag (nicht der
Samstag). Bei der Festlegung des festen freien Tages soll der Wunsch des
Mitarbeiters berücksichtigt werden, soweit dies die betrieblichen Belange
zulassen.
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2. Der Mitarbeit hat Anspruch auf 2 freie Samstage pro Monat. Lediglich in zu
begründenden Ausnahmefällen kann nur ein freier Samstag gewährt werden.
Dies darf allerdings nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten geschehen.
47
3) Storecontroller
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Montag bis Freitag:
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Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr
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Spät: 11:45 Uhr bis 20:30 Uhr
51
Samstag:
52
Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr
53
Spät: 11:00 Uhr bis 20:30 Uhr
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Der Mitarbeiter arbeitet im Laufe einer Woche an höchstens fünf Arbeitstagen.
Im Laufe der Arbeitswoche hat er einen festen freien Arbeitstag (nicht der
Samstag). Bei der Festlegung des festen freien Tages soll der Wunsch des
Mitarbeiters berücksichtigt werden, soweit dies die betrieblichen Belange zu
lassen.
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1. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf 2 freie Samstag pro Monat. Lediglich in zu
begründenden Ausnahmefällen kann nur ein freier Samstag gewährt werden.
Dies darf allerdings nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten geschehen.
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2. Der Mitarbeiter arbeitet bei einem Zweischichtsystem im wöchentlichen
Wechsel jeweils in einer Woche in der Frühschicht und in der darauf folgenden
Woche in der Spätschicht bzw. umgekehrt, je nachdem, welches
Rhythmusschema für den Mitarbeiter zutrifft.
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4) Visual Merchandiser
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Arbeitszeit Monat - Freitag 07:00 Uhr - 15:30 Uhr
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III. Regelungen für Teilzeitkräfte
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1. Dem Betriebsrat werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser
Betriebsvereinbarung, arbeitsvertraglich bereits geschlossenen Vereinbarungen
über die feste Lage von Arbeitszeiten bei Teilzeitverträgen, nach Abschluss
dieser Betriebsvereinbarung schriftlich mitgeteilt. Zukünftige Änderungen der
individuellen Arbeitszeit (Dauer und feste Lage) sind dem Betriebsrat, spätestens
mit der P., ebenfalls schriftlich mitzuteilen.
61
2. Die Arbeitszeit der in Teilzeit tätigen Mitarbeiter liegt innerhalb des in dieser
Betriebsvereinbarung für die Vollzeitmitarbeiter bestimmten Arbeitszeitrahmens.
Sie werden im Übrigen in dem jeweiligen Arbeitsvertrag bestimmt und ergeben
sich bei Mitarbeitern, die flexibel arbeiten (z.B. aufgrund eines Arbeitsvertrages
mit Jahresarbeitszeitregelung, mit einer stundenweisen Entlohnung oder mit
einer geringfügigen oder einer kurzfristigen Beschäftigung) auf der Grundlage
der jeweiligen Personaleinsatzplanung. Einschlägige tarifvertragliche Vorgaben
sind zu beachten.
62 § 6 Pausen
63
1. Die Pausen werden nicht bezahlt und betragen bei einer Arbeitszeit
64
- ab fünf Stunden 15 Minuten
65
- ab sechs Stunden 30 Minuten
66
- ab sieben Stunden 45 Minuten
67
- ab acht Stunden 60 Minuten.
68
2. Für die Pausen gelten folgende Rahmenbedingungen:
69
Die erste Pause wird frühestens 2,5 Stunden ab Arbeitsbeginn genommen.
70
Die zweite Pause frühestens 2 Stunden (bei Vollzeitkräften 2,5 Stunden) ab
Beendigung der ersten Pause.
71
3. Die letzte Pause für alle Arbeitnehmer muss spätestens 1,5 Stunden vor
Arbeitsende stattgefunden haben.
72
4. Auf Wunsch des Mitarbeiters und in Absprache mit der jeweiligen
Führungskraft kann in Ausnahmefällen von diesen Pausenkorridoren
abgewichen werden (z. B. Mitarbeiter muslimischen Glaubens möchten gerne
während der Fastenzeit erst später Pause machen).
73
5. Die Pausen werden für die einzelnen Mitarbeiter zu Beginn des Tages durch
die zuständige Führungskraft im Tagesplan festgelegt, die hierbei unter
Berücksichtigung des Beginns und Ende der jeweiligen Arbeitszeit der Mitarbeiter
auf eine ausgewogene Einteilung zu achten haben. Am Ende einer jeden
Woche, hat der Arbeitgeber alle Tagespläne der Woche dem Betriebsrat
unaufgefordert vorzulegen.
74
6. Eine Verschiebung der Pause ist im Einvernehmen aller Betroffenen möglich.
75
7. Während der Pause dürfen keine Arbeitsanweisungen erteilt werden.
76
§ 8 Inkrafttreten
77
Diese Betriebsvereinbarung tritt am 01.06.2012 im Hinblick auf die Juli Planung in
Kraft.
78
Sie kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende beiderseits gekündigt
werden. Im Falle der Kündigung wirkt sie nach, bis sie durch eine neue
Vereinbarung ersetzt wird.
79
Im Falle der Kündigung sind die Betriebsparteien verpflichtet, unverzüglich
Verhandlungen zum Abschluss einer neuen Vereinbarung aufzunehmen.“
80 Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten,
81 der Einigungsstellenspruch sei unwirksam, weil er gegen das Gesetz verstoße
und die Einigungsstelle das ihr zustehende Ermessen überschritten habe. Die
Einigungsstelle sei bereits unzuständig, weil das Schreiben der Filialleiterin vom
25.08.2008 mit dem Antrag einer Änderung des Arbeitszeitmodells und der
Zustimmung des Betriebsrats hierzu eine ungekündigte Betriebsvereinbarung
zum gesamten Arbeitszeitmodell darstelle, die der jetzigen Betriebsvereinbarung
entgegenstehe. Die Schriftform sei aufgrund der Unterschriften beider
Betriebsparteien auf dem Schreiben der Filialleiterin gewahrt. Falls es sich nicht
um eine Betriebsvereinbarung handeln sollte, handele es sich zumindest um eine
Regelungsabrede. Das bisherige Arbeitszeitmodell in der Filiale sei jedenfalls im
Wege der Gesamtzusage oder des Gewohnheitsrechts Bestandteil der
Arbeitsverträge der Arbeitnehmer geworden und könne nur geändert werden,
wenn die Neuregelung kollektiv gesehen für die Arbeitnehmer günstiger sei. Dies
sei hingegen nicht der Fall. Unabhängig davon verstoße die Pausenregelung in §
6 des Spruchs gegen geltendes Recht, weil sie Arbeitnehmer zu einer längeren
Ruhepause zwinge als gesetzlich in § 4 ArbZG vorgeschrieben. Jedenfalls sei die
Regelung wegen Überschreitens des Ermessens der Einigungsstelle unwirksam,
weil sie das billige Interesse der Arbeitnehmer nicht berücksichtige, ihre
Arbeitszeiten nur mit den Mindestpausen gemäß § 4 ArbZG erbringen zu
müssen. § 6 Nr. 5 des Spruchs verstoße gegen das Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats zur Lage der Pausen. Die Regelung werte das Mitbestimmungsrecht
zu einer reinen Informationsverpflichtung ab. Die Bestimmungen zur
Personaleinsatzplanung seien unwirksam, weil sie das Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG zu einem bloßen
Zustimmungsverweigerungsrecht degradierten. Die Regelung der veränderten
Arbeitszeiten in § 5 des Spruchs verstoße gegen § 6 Ziffer 2 MTV. Er, der
Betriebsrat, könne nicht nachvollziehen, ob das Arbeitszeitmodell zu einer
höheren als der tariflich vorgesehenen regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5
Wochenstunden führe, weil sich die Einigungsstelle keine
Berechnungen/Erläuterungen durch die Arbeitgeberin habe vorlegen lassen. Die
Festlegung des Arbeitszeitrahmens überschreite auch billiges Ermessen, weil die
Arbeitnehmer an den umsatzstarken und damit besonders belasteten Samstagen
im Kalenderjahr nunmehr länger und häufiger eingesetzt würden.
82 Der Betriebsrat hat beantragt,
83
festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 14. Mai 2012 zum
Regelungsgegenstand „Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeiten,
der Pausen, der Personaleinsatzplanung sowie der Verfahren bei Verkürzung
oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten“ unwirksam sei.
84 Die Arbeitgeberin hat beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
86 Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Spruch der Einigungsstelle wirksam
sei. Eine ungekündigte, dem Spruch entgegenstehende Betriebsvereinbarung,
existiere in der Filiale zwischen den Betriebsparteien der Filiale nicht. Es sei auch
überraschend, dass der Betriebsrat erst nach dem Spruch der Einigungsstelle
das Schreiben vom 25.08.2008 in seinen Unterlagen finde, obwohl sich beide
Betriebsparteien im Vorfeld des Spruchs einig gewesen seien, dass keine
Betriebsvereinbarung zum Themenkomplex der eingesetzten Einigungsstelle
bestehe. Abgesehen davon, stelle das Schreiben vom 25.08.2008 keine
Betriebsvereinbarung dar. Bereits aus dem Wortlaut ergebe sich, dass die
Arbeitgeberin mit dem Schreiben lediglich das Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG habe wahren wollen. Sie habe in
diesem Schreiben lediglich die Zustimmung zu einer geringfügigen Änderung des
Arbeitszeitmodells beantragt. Der Betriebsrat habe allein hierzu seine
Zustimmung in Ausübung seines Mitbestimmungsrechts erteilt. Dem Schreiben
sei als Anlage eine Berechnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
beigefügt gewesen; jede der beiden Parteien habe aber lediglich ihre Aussagen
unterschrieben. Eine Unterzeichnung des gesamten Schreibens sei weder am
Ende der Seite 2 noch als Abschluss unter den Berechnungen erfolgt. Selbst
wenn man dieses Schreiben als Betriebsvereinbarung auslege, sei die
Vereinbarung auf das Kalenderjahr 2008 befristet. Wenn es sich um eine
Regelungsabrede handeln sollte, sei diese durch den Spruch der Einigungsstelle
abgelöst worden. Das Schreiben stelle auch keine Gesamtzusage an ihre
Arbeitnehmer dar, die einer Betriebsvereinbarung vorginge. Das Schreiben sei
nicht an die Arbeitnehmer, sondern an den Betriebsrat gerichtet und sie, die
Arbeitgeberin habe keinen Rechtsbindungswillen gehabt. Schließlich beziehe
sich das Schreiben nur auf Beginn und Ende der Frühschicht, die durch die
Betriebsvereinbarung überhaupt nicht geändert worden sei. Der Spruch der
Einigungsstelle widerspreche auch nicht den gesetzlichen Regelungen des § 87
Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG. Die Personaleinsatzpläne und die Arbeitszeiten hätte
der Betriebsrat auch ohne Beteiligung der Einigungsstelle mit der Arbeitgeberin
abstrakt und abschließend regeln und damit sein Mitbestimmungsrecht ausüben
können. Die Einigungsstelle habe auch ihr Ermessen hinsichtlich der Regelung in
§ 5 fehlerfrei ausgeübt, weil die veränderte Arbeitszeit bis auf geringe
Abweichungen den bisher betriebsüblichen Arbeitszeiten entspräche. § 6 des
Spruchs verstoße nicht gegen § 4 ArbZG, weil das Gesetz nur die Mindestdauer
von Ruhepausen regle. Auch die gestaffelte Verlängerung der Pausen sei nicht
ermessensfehlerhaft. Die Arbeitszeiten entsprächen im Durchschnitt eines
Kalenderjahres der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit von 37,5
Wochenstunden. Im Kalenderjahr bestehe eine Differenz von 4,01
beziehungsweise 7,88 Stunden, die den Mitarbeitern als Zeitausgleich gewährt
werde. Die Abweichungen seinen so geringfügig, dass sie sich in der täglichen
Arbeitszeit praktisch nicht auswirkten.
87 Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Es führt
hierzu aus, es bestehe keine Betriebsvereinbarung zum Regelungsgegenstand
eines Arbeitszeitmodells, die zum Zeitpunkt des Einigungsstellenspruchs
ungekündigt gewesen sei. Unterstellt, das vom Betriebsrat unterschriebene
Schreiben der Storeleiterin der Arbeitgeberin vom 25.08.2008 könne als
Betriebsvereinbarung ausgelegt werden, sei zumindest deren Wirksamkeit
zweifelhaft, was die Kompetenz der Einigungsstelle für den
Regelungsgegenstand „Arbeitszeit“ nicht beeinträchtige. Die Regelung zu den
Ruhepausen verstoße nicht gegen gesetzliche Vorschriften. Das
Mitbestimmungsrecht zur Lage der Pausen werde durch den Spruch nicht zu
einer bloßen Informationsverpflichtung degradiert. Die Einigungsstelle habe klare
Regelungen dazu getroffen, in welchen Zeiträumen die Pausen genommen
werden müssten. Der der Arbeitgeberin im Rahmen der geregelten Grenzen
überlassene Spielraum stelle keine Aushöhlung des Mitbestimmungsrechts des
Betriebsrats dar. Die Regelungen zur Personaleinsatzplanung verstießen nicht
gegen das Gesetz. Die Einigungsstelle habe eine rahmenmäßige
Verfahrensweise bei der Personaleinsatzplanung festgelegt. Diese wahre die
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Die Bestimmungen zur
Personaleinsatzplanung regelten den Gegenstand vollständig und übertrügen die
Entscheidung nicht auf die Arbeitgeberin. Der Spruch verstoße auch nicht gegen
tarifvertragliche Regelungen über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit,
nachdem die Voraussetzungen der Tariföffnungsklausel erfüllt seien. Im Hinblick
auf das Arbeitszeitmodell des Spruchs, das zu komplexen Berechnungen der
Jahresarbeitszeit und durch andere tarifliche Regelungen zu Zuschlägen
rechnerisch kompliziert würde, käme es zwar zunächst zu einer geringfügig von
der tariflichen Arbeitszeit abweichenden Jahresarbeitszeit. Durch die Regelung
eines entsprechenden einmaligen Zeitausgleichs werde dies jedoch umgehend
wieder kompensiert, nachdem sich im Durchschnitt wieder eine regelmäßige
Arbeitszeit vom 37,5 Wochenstunden für den Arbeitnehmer ergäbe. Die
Einigungsstelle habe ihr Ermessen auch nicht fehlerhaft ausgeübt. Die
Pausenregelung halte sich innerhalb des Ermessensspielraums, da die
Einigungsstelle eine gestaffelte, geringfügige Erhöhung der gesetzlichen
Mindestpausenzeiten beschlossen habe, die sich im Rahmen der Grenzen ihres
Ermessens halte. Ob diese Regelung durch ein Wahlrecht der Arbeitnehmer
vernünftiger sei, stelle lediglich eine Frage der Zweckmäßigkeit dar. Auch bei der
Festlegung der Arbeitszeiten und der freien Arbeitstage habe die Einigungsstelle
ihren Ermessensspielraum nicht überschritten. Die Verkürzung der Spätschicht
sei ebenso wie die Frage, ob, wie bisher, jeden zweiten Samstag für
Vollzeitmitarbeiter frei sei oder nur zwei Samstage im Monat, eine Frage der
Zweckmäßigkeit.
88 Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigen des Betriebsrats am
18.03.2013 (Bl. 290 d. Akten-ArbG) zugestellt. Mit der am 12.04.2013 per Telefax
und am 16.04.2013 im Original beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
mit anwaltlichem Schriftsatz eingegangenen Beschwerde (vgl. gerichtliche
Eingangsstempel Bl. 1 und 20 d. Akten) wendet der Betriebsrat sich gegen den
Beschluss des Arbeitsgerichts. Mit am 18.06.2013 per Telefax und am
20.06.2013 im Original beim Landesarbeitsgericht eingegangenem anwaltlichen
Schriftsatz (vgl. gerichtliche Eingangsstempel Bl. 18 und 61 d. Akten) begründete
der Betriebsrat seine Beschwerde, nachdem ihm zuvor auf seinen mit am
13.05.2013 per Telefax und am 15.05.2013 im Original mit anwaltlichem
Schriftsatz beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrag (vgl. gerichtliche
Eingangsstempel Bl. 42 und 44 d. Akten) gemäß gerichtlicher Verfügung vom
13.05.2013 (Bl. 46 d. Akten) die Beschwerdebegründungsfrist bis 18.06.2013
verlängert worden war.
89 Der Betriebsrat vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt noch vor,
sowohl das Fehlen der Bezeichnung „Betriebsvereinbarung“ als auch die
Verwendung eines Formblatts welches die Bezeichnung „Telefax“ trage, spräche
nicht gegen die rechtliche Wertung als Betriebsvereinbarung. Dass die
Betriebsvereinbarung vorübergehend bei den Betriebsparteien offensichtlich in
Vergessenheit geraten sei, führe nicht zur Unwirksamkeit dieser Vereinbarung. §
4 Nr. 3c des Spruchs verstoße gegen § 27 Abs. 3 BetrVG. §§ 3 bis 5 des Spruchs
verstießen gegen §§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 87 Abs. 2 BetrVG. Diese
Bestimmungen setzten weder ein Ablehnungserfordernis des Betriebsrats, noch
eine Schriftform voraus, noch hätten sie eine Zustimmungsfiktion zum Inhalt. Der
Spruch der Einigungsstelle weiche insoweit von der gesetzlichen Wertung des §
87 BetrVG als echtes Mitbestimmungsrecht ab und kehre dieses
Mitbestimmungsrecht in ein abgeschwächtes Zustimmungsverweigerungsrecht
um. § 6 des Spruchs verstoße gegen bestehendes Recht, da diese Regelung
den Mitarbeitern ab 6 Stunden Arbeitszeit/Tag eine Pause von 30 Minuten und
Mitarbeitern mit einer Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden eine Mehrpause von 15
bis 30 Minuten aufzwinge. Überdies verstoße sie gegen § 87 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
BetrVG, da das Mitbestimmungsrecht zu einem ganz überwiegenden Teil auf die
Arbeitgeberin übertragen werde. Der Spruch verstoße auch gegen § 6 Nr. 2 MTV
(regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 37,5 Stunden für die Arbeitnehmer). Das
vom Spruch der Einigungsstelle niedergelegte Arbeitszeitmodell entspräche nicht
den Voraussetzungen der Tariföffnungsklausel des § 6 Nr. 2 MTV. Im Hinblick auf
die hochgradig komplexe Regelung gäbe es Unwägbarkeiten, aufgrund derer
nicht genau berechnet werden könne, wie hoch die Differenz zwischen der
betrieblichen Arbeitszeit und der tariflichen Arbeitszeit zu werten sei. Die tarifliche
Öffnungsklausel sehe einen Abweichungskorridor jedoch nicht vor. Die
Tarifvertragsparteien hätten auch keinen Toleranzrahmen im Rahmen ihrer
Öffnungsklausel vereinbart. Der Tarifvertrag könne deshalb nur so ausgelegt
werden, dass eine Abweichung von der 37,5 Stundenwoche nur möglich sei,
wenn das Jahresarbeitszeitmodell einen entsprechenden Durchschnittswert
ergäbe. Die Einigungsstelle habe auch das ihr zustehende Ermessen
überschritten. Die Verlängerung der Pausen beziehungsweise die Einführung der
Pausen für Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit von weniger als 6 Stunden dienten
allein dem Interesse der Arbeitgeberin, die Mitarbeiter über einen längeren
Zeitkorridor einplanen zu können und jeden Mitarbeiter so flexibler zu
umsatzschwachen Zeiten kostenfrei einer Pause zuführen zu können. Die
bisherige Spätschicht sei ermessenswidrig zu Lasten der Arbeitnehmer insoweit
verändert worden, als an umsatzschwächeren Tagen Montag bis Freitag die
Arbeitnehmer in der Spätschicht zwar 15 Minuten später anfangen, dafür aber an
besonders umsatzstarken und damit besonders für die Arbeitnehmer belasteten
Samstagen 30 Minuten länger eingesetzt würden. Aufgrund der veränderten
Samstagsregelungen mit weniger freien Samstagen pro Monat erfolge der
Einsatz der Arbeitnehmer auch noch deutlich häufiger an einem Samstag.
90 Die Arbeitgeberin habe das vom Betriebsrat genehmigte Arbeitszeitmodell
gegenüber den Arbeitnehmern in betriebsüblicher Form in den täglichen Meetings
kommuniziert und das vereinbarte Arbeitszeitmodell in den monatlich
ausgehängten Personaleinsatzplänen jahrelang gegenüber den Mitarbeitern
bekanntgemacht. Darin sei eine Gesamtzusage zu sehen. Der kollektive
Günstigkeitsvergleich zwischen dem Arbeitszeitmodell und dem Spruch der
Einigungsstelle führe zu einer Schlechterstellung der bereits beschäftigten
Arbeitnehmer im Betrieb.
91
Der Betriebsrat beantragt,
92
1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 07.03.2013 (23 BV
160/12) abzuändern,
93
2. festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 14. Mai 2012 zum
Regelungsgegenstand „Betriebsvereinbarung zur Regelung der
Arbeitszeiten, der Pausen, der Personaleinsatzplanung sowie der
Verfahren bei Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen
Arbeitszeit“ unwirksam sei.
94
Die Arbeitgeberin beantragt,
95
die Beschwerde zurückzuweisen.
96 Sie trägt nunmehr vor,
97 selbst bei Annahme der Wahrung des Schrifterfordernisses sei das Schreiben
ihrer Filialleiterin vom 25.08.2008 nicht als Betriebsvereinbarung zu qualifizieren,
da ein entsprechender Rechtsbindungswillen der Betriebsparteien nicht
feststellbar sei. Es sei auch nicht das übliche Formblatt zum Abschluss von
Betriebsvereinbarungen genutzt worden, das generell, auch schon 2008, für den
Abschluss von Betriebsvereinbarungen von den Betriebspartnern genutzt worden
sei.
98 Ein Verstoß gegen § 27 Abs. 3 BetrVG liege nicht vor, nachdem es sich bei dem
in § 4 Nr. 3 des Spruchs geregelten Angelegenheiten nicht um laufende
Geschäfte im Sinne der Vorschrift handle. Bei Eilfällen dürften die
Betriebsparteien Vorsorge treffen. Insoweit dürften Arbeitgeber und Betriebsrat in
einer Betriebsvereinbarung festlegen, wie zu verfahren sei, wenn der Betriebsrat
nicht erreichbar sei oder aus sonstigen Gründen kurzfristig keinen wirksamen
Beschluss fassen könne.
99 Die Betriebsparteien hätten sich im Rahmen des Spruches dazu entschieden,
Grundsätze der Personaleinsatzplanung zu treffen und darüberhinaus
grundsätzlich jeden einzelnen Personaleinsatzplan und dessen Änderung
abzustimmen. Der Betriebsrat habe mit dieser Zustimmung zu den monatlichen
Personaleinsatzplänen sein Mitbestimmungsrecht ausgeübt. Für Eilfälle habe der
Spruch bereits vom Mitbestimmungsrecht bei der Personaleinsatzplanung
Gebrauch gemacht. Die Einigungsstelle sei nach § 87 Abs. 2 BetrVG befugt, in
den Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine Regelung zu treffen. Ihre
Kompetenz reiche dabei soweit, wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Der Spruch der Einigungsstelle habe das ihr zustehende Regelungsbedürfnis
ausgeübt und den Verfahrensgegenstand umfassend geregelt. Die
Einigungsstelle habe die Entscheidung der Parteien dahingehend ersetzt, dass
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Rahmen des monatlichen Verfahrens
zur Personaleinsatzplanung in Anlehnung an die Regelungen der § 99, 102
ausgestaltet sei. Dies verstoße nicht gegen § 87 Abs. 1 BetrVG.
100 Bei den in § 4 ArbZG genannten Pausenzeiten handele es sich um
Mindestruhezeiten, die es dem Arbeitgeber nicht verwehrten, kraft seines
Weisungsrechts längere Pausen vorzusehen. Genauso wie es sich bei der Dauer
der Pausen um Mindestzeiten handle, sei auch die Dauer der zur Nahme einer
Pause notwendigen Arbeitszeit eine Mindestangabe. Die Einigungsstelle habe
zwar Regelungen getroffen, mit der der Arbeitgeberin in engen Grenzen eine
Regelungskompetenz zugesprochen werde. In den Regelungen sei jedoch
sowohl die Länge der Pausen, die Anzahl der Pausen als auch ein fester
Zeitkorridor für die Nahme der Pausen vorgegeben. Der Einigungsstellenspruch
verstoße auch nicht gegen § 6 Abs. 2 MTV. Auch wenn es aufgrund des
komplexen Berechnungsmodels, mit welchem die tariflichen betrieblichen
Regelungen abgebildet würden, zu einer geringfügigen Überzeit komme, werde
den betroffenen Mitarbeitern die Überzeit als Zeitausgleich gewährt. Im Ergebnis
ergäbe sich damit bei idealtypischer Berechnung über das gesamte Kalenderjahr
keine Abweichungen von § 6 Nr. 1 MTV.
101 Die Einigungsstelle habe mit dem Spruch auch nicht ihr zustehendes Ermessen
überschritten.
102 Der Spruch der Einigungsstelle verstoße auch nicht gegen das
Günstigkeitsprinzip, nachdem das bis dahin bestehende Arbeitszeitmodell nicht
im Wege einer Gesamtzusage der Arbeitgeberin Bestandteil des Arbeitsvertrages
der Arbeitnehmer geworden sei.
103 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf
die Protokolle über die erst- und zweitinstanzlichen mündlichen
Anhörungstermine verwiesen.
104
B. Entscheidungsgründe
105
I. Zulässigkeit der Beschwerde
106 1. Die Beschwerde des Betriebsrats ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist
auch form- und fristgerecht im Sinne der §§ 87 Abs. 2, 90 Abs. 1, 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG, 519 Abs. 1, 520 Abs. 1 ZPO eingelegt und nach noch innerhalb der
Beschwerdebegründungsfrist bei Gericht eingegangenem
Fristverlängerungsantrag innerhalb der daraufhin vom Gericht verlängerten Frist
begründet worden.
107 2. Die Beschwerde des Betriebsrats ist auch im Hinblick auf die Anforderungen
des § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG zulässig. Sie setzt sich in hinreichendem Maße mit
den Gründen auseinander, mit denen das Arbeitsgericht die vom Betriebsrat
beanstandeten Regelungen des Einigungsstellenspruchs für rechtens und
ermessenfehlerfrei erachtet hat.
108 3. Anderweitige Bedenken an der Zulässigkeit der Beschwerde bestehen nicht.
109
II. Begründetheit der Beschwerde
110
1. Zulässigkeit des Antrags
111 a) Der Antrag des Betriebsrats ist zutreffend auf die Feststellung der
Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtet. Eine gerichtliche
Entscheidung über die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle gemäß §
76 Abs. 5 BetrVG hat feststellende und nicht rechtsgestaltende Wirkung. Deshalb
ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs die zutreffende Antragsart,
wenn gegen die Wirksamkeit des Beschlusses vorgegangen werden soll (BAG 6.
Mai 2003 - 1 ABR 11/02 in AP Nr. 161 zu § 112 BetrVG 1972 B. I. der Gründe
mwN). Der Einigungsstellenspruch ist auch abschließend. Mit dem Spruch wollte
die Einigungsstelle ersichtlich die streitigen Regelungsgegenstände, für die sie
bestellt worden ist, abschließend regeln.
112 b) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben,
nachdem der Betriebsrat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen
gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs hat, um sein
Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung der Schichtpläne so wahrnehmen zu
können, wie es durch das Gesetz vorgegeben ist. Er ist nicht gehalten in jedem
Einzelfall sein Mitbestimmungsrecht unter dem Hinweis auszuüben, dass er den
Spruch der Einigungsstelle für unwirksam hält.
113
2. Begründetheit des Antrags
114 a) Die Betriebsparteien haben bei der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer
Regelungen zur Schichtarbeit ein Wahlrecht. Sie können entweder für jeden
Schichtplan die mitbestimmungsrechtlich relevanten Voraussetzungen im
Einzelfall selbst regeln. Zulässig ist es auch, konkrete Grundregeln festzulegen,
die der Arbeitgeber bei der Aufstellung von Schichtplänen einzuhalten hat. Diese
müssen aber den Anforderungen an die ordnungsgemäße Ausübung der in
Betracht kommenden Beteiligungsrechte des Betriebsrats genügen. Dies
erfordert regelmäßig abstrakte und verbindliche Bestimmungen über die
Ausgestaltung der unterschiedlichen Schichten und die Zuordnung von
Arbeitnehmern zu den einzelnen Schichten. Vereinbarten die Betriebsparteien
solche Regularien, kann die Aufstellung der einzelnen Schichtpläne dem
Arbeitgeber überlassen werden. Dieser hat dann die zuvor festgelegten
Vorgaben, durch die sein Direktionsrecht begrenzt wird, im Schichtplan zu
vollziehen. Die von Betriebsparteien getroffenen inhaltlichen Vorgaben können
sich auf Verfahrensregelungen beschränken, die für die Vorlage des
Schichtplans gelten, dem der Betriebsrat zustimmen muss. Bei diesem bleibt die
Aufstellung des Schichtplans Sache des Arbeitgebers. Gegenstand der
betrieblichen Regelung ist dann ausschließlich das Verfahren über die
Schichtplanaufstellung und die sich anschließende Beteiligung des Betriebsrats
(BAG 28. Oktober 1986 - 1 ABR 11/85 in AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit;
BAG 9. Juli 2013 - 1 ABR 19/12 - juris - Rn. 17).
115 Kommt eine Einigung der Betriebsparteien über die Ausgestaltung von
Schichtarbeit nicht zu Stande, entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch ersetzt
nach § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Vor
einer solchen Entscheidung der Einigungsstelle darf der Arbeitgeber den
Schichtplan nicht durchführen. Der Einhaltung des in dieser Vorschrift
vorgesehenen Verfahrens bedarf es auch bei einem kurzfristig und unerwartet
auftretenden Regelungsbedarf. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
besteht auch in Eilfällen. Die Betriebsparteien - und im Konfliktfall die
Einigungsstelle - müssen daher regelmäßig Regelungen treffen, wie bei der
Abweichung von einem beschlossenen Schichtplan verfahren werden soll (BAG
17. November 1998 - 1 ABR 12/98 AP Nr. 79 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit - B.
II. 1. b. der Gründe; BAG vom 9. Juli 2013 - 1 ABR 19/12 - juris - Rn. 19).
Beschränkt sich die Einigungsstelle auf Ausgestaltung von Verfahrensregelungen
und stellt sie keine abstrakten und verbindlichen Regelungen auf, die vom
Arbeitgeber bei der Aufstellung der Dienstpläne und der Heranziehung der
Arbeitnehmer zu den einzelnen Diensten zu beachten sind - fehlt es also an einer
abstrakten Regelung in der Betriebsvereinbarung - sind solche
Verfahrensregelungen unwirksam, wenn sie gegen die gesetzlichen
Mitbestimmungsrechte für den Betriebsrat gemäß den §§ 87 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2,
76 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG verstoßen. Zwischen den Betriebspartnern im
Rahmen einer Vereinbarung über mitbestimmungspflichtige Tatbestände
getroffene Verfahrensregelung, die die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
an dessen Mitbestimmungsrechte gemäß den § 99 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, 100
Abs. 1 und 2 BetrVG anlehnen, widersprechen dem in § 87 Abs. 2 BetrVG
vorgesehenen Verfahren zur Auflösung von Konflikten der Betriebsparteien. Die
in dieser Vorschrift enthaltenen Vorgaben sind zwingend und daher in einem
Einigungsstellenspruch zu beachten. Die Äußerung des Betriebsrats gegenüber
einem Ersuchen des Arbeitgebers in den Angelegenheiten des § 87 Abs. 1
BetrVG bedarf keiner bestimmten Form und muss auch nicht binnen einer
bestimmten Frist erfolgen. Ebenso darf eine Maßnahme, die der Mitbestimmung
des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegt, erst nach dessen
Zustimmung oder deren Ersetzung durch die Einigungsstelle durchgeführt
werden. Eine einseitige Regelungsbefugnis des Arbeitgebers oder dessen
Möglichkeit, eine von § 87 Abs. 1 BetrVG erfasste Maßnahme vorläufig
durchzuführen, sieht das Gesetz im Bereich der sozialen Angelegenheiten nicht
vor (BAG 9. Juli 2013 - 1 ABR 19/12 aaO Rn. 30).
116 Verstößt eine Regelung in einem Spruch gegen zwingende gesetzliche
Vorschriften, ist der Spruch jedenfalls insoweit unwirksam und danach nichtig. Bei
Teilnichtigkeit einer Betriebsvereinbarung bleibt der übrige Teil grundsätzlich
wirksam, sofern er noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung
enthält (BAG vom 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 in AP Nr. 126 zu § 87 BetrVG
1972 Arbeitszeit Rn. 51 mwN).
117 Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist der Betriebsrat bei der Festlegung von Beginn
und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der
Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu beteiligten. Das nach
dieser Bestimmung dem Betriebsrat zustehende Mitbestimmungsrecht besteht
bei Einführung und Ausgestaltung variabler Arbeitszeitmodelle. Wird durch eine
solche Regelung die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verkürzt oder
verlängert, ist der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu beteiligen. Nach §
87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG hat der Betriebsrat nicht nach § 87 Abs. 1
BetrVG mitzubestimmen, soweit die betreffende Angelegenheit tariflich geregelt
ist. Der Ausschluss der Mitbestimmung setzt voraus, dass die
Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit
eine zwingende oder abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit
dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben.
Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen
oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu
regeln. In einer solchen Regelung können sie jedoch den Betriebsparteien auch
die Möglichkeit eröffnen, von der tariflichen Regelung abzuweichen. Haben die
Tarifvertragsparteien Arbeitszeitfragen geregelt, die dem Mitbestimmungsrecht
des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG unterliegen und dabei den
Betriebsparteien ein Gestaltungsraum vorgegeben, ist daran auch die
Einigungsstelle nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG gebunden. Hält sich
deren Entscheidung innerhalb des ihr eröffneten Entscheidungsrahmens, liegt ein
Ermessenfehler im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG regelmäßig nicht vor.
Bei einem durch Tarifvertrag bestimmten Gestaltungsrahmen der
Betriebsparteien ist ohne Hinzutreten von besonderen Umständen davon
auszugehen, dass bereits durch die Begrenzung der betrieblichen
Regelungsmacht die Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeberseite
ausreichend berücksichtigt worden sind (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09
aaO Rn. 16, 17).
118 Im Übrigen ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung des von der
Einigungsstelle ausgeübten Ermessens im Sinne des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG,
ob die Regelung im Verhältnis zwischen den Betriebsparteien untereinander
einen billigen Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat als
Sachwalter der Belegschaft darstellt. Die gerichtliche Beurteilung bezieht sich
allein auf die getroffene Regelung. Ein rechtlich erheblicher Fehler im Sinne von §
76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG liegt vor, wenn sich die von der Einigungsstelle
getroffene Regelung nicht als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs
und der betroffenen Arbeitnehmer erweist (BAG vom 6. Mai 2003 - 1 ABR 11/02
AP Nr. 161 zu § 112 BetrVG 1972 - B. II. 2. a. der Gründe).
119 b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf das vorliegende Verfahren ergibt sich,
dass der Antrag des Betriebsrats teilweise begründet ist. Der angefochtene
Einigungsstellenspruch ist in Teilen unwirksam. Die Unwirksamkeit einzelner
Regelungen hat hingegen nicht die Unwirksamkeit des gesamten Spruchs zur
Folge. Die verbleibenden Teile bilden weiterhin eine in sich geschlossene und
sinnvolle Regelung.
120 aa) Die §§ 3 Nr. 3 und 4, 4 Nr. 2 und 3c des angefochtenen
Einigungsstellenspruchs vom 14.05.2012 verstoßen gegen die gesetzlichen
Regelung der §§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3, Abs. 2, 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG.
121 Gemäß § 3 Nr. 3 und 4 muss der Betriebsrat - unter der Voraussetzung der
rechtzeitigen Einreichung des Personaleinsatzplans (im Weiteren: PEP) der
Arbeitgeberin - binnen einer bestimmten Frist zum beabsichtigten
Personaleinsatz der Arbeitgeberin Stellung nehmen. Nimmt er innerhalb dieser
Frist keine Stellung, gilt der von der Arbeitgeberin vorgeschlagene P. vom
Betriebsrat als genehmigt. Soweit er innerhalb der Frist widerspricht, muss er die
Gründe hierfür der Filialleitung der Arbeitgeberin schriftlich mitteilen. Gemäß § 87
Abs. 1 BetrVG bedürfen Äußerungen des Betriebsrats in
mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten gegenüber einem Ersuchen des
Arbeitgebers keiner bestimmten Form und eine Äußerung muss auch nicht
binnen einer bestimmten Frist erfolgen. Eine Zustimmungsfiktion ist in § 87 Abs.
2 BetrVG für den Fall einer Nichtäußerung ebenfalls nicht vorgesehen. Dasselbe
gilt für die Regelung in § 4 Nr. 2 des Einigungsstellenspruchs. In § 4 Nr. 3c Satz
3 des Einigungsstellenspruchs ist geregelt, dass unter bestimmten
Voraussetzungen bei kurzfristigen Änderungen der P. der Arbeitgeber seinen
beabsichtigte Maßnahmen zunächst durchführen kann. Eine Möglichkeit des
Arbeitgebers, einen von § 87 Abs. 1 BetrVG erfasste Maßnahme vorläufig
durchzuführen, sieht das Gesetz - anders als im Bereich der Mitbestimmung in
den Fällen der §§ 99, 100 BetrVG - im Bereich der sozialen Angelegenheiten
nicht vor. Die Regelung ist danach ebenfalls unwirksam. Die Sätze 1 und 2 der
Regelung des § 4 Nr. 3c werden von der Unwirksamkeit des Satzes 3 dieser
Regelung erfasst, da sie in einem untrennbaren Zusammenhang mit Satz 3
stehen und isoliert keine eigenständige und sinnvolle Regelung mehr darstellen.
122 Die genannten Regelungen sind auch nicht im Hinblick darauf, dass in § 5 des
Spruchs umfangreiche Regelungen betreffend den Einsatz von
Arbeitnehmer/Arbeitnehmergruppen in Schichten und in versetzter Arbeitszeit
von der Einigungsstelle abstrakt und teilweise konkret getroffen worden sind, als
wirksam zu erachten. In dem Spruch sind nämlich nicht nur abstrakte
Grundregeln enthalten, die der Arbeitgeber bei der Fertigung der einzelnen PEP
beachten muss und deren Einhaltung der Betriebsrat dann nur noch im Rahmen
von § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei der Vorlage der Pläne durch die Arbeitgeberin
überwacht. Das wäre eine zwar mögliche Regelung gewesen, die sich (nur)
daran hätte messen lassen müssen, ob die Grenzen des Regelungsermessens
der Einigungsstelle überschritten wären oder nicht. Es ergibt sich hingegen aus
den Regelungen des Spruchs in § 3 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 4 und in § 4 Nr.
2, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats für jede einzelne P. des
Arbeitgebers erfolgen soll. Anders als im vom Bundesarbeitsgericht am
28.10.1986 (Az: 1 ABR 11/85 aaO) entschiedenen Fall steht dem Betriebsrat
nach den Regelungen des Spruchs nämlich ein Mitbestimmungsrecht für jeden
einzelnen P. zu und er beinhaltet nicht nur abstrakte Regelungen darüber, wie
ein PEP zu erstellen ist. Dass es auch anders hätte geregelt werden können,
ohne das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu verletzen (siehe oben), führt
hingegen nicht dazu, dass ein Weniger sogar ein Mehr an Mitbestimmungsrecht
wäre. Denn aus den Regelungen des Spruchs ergibt sich gerade nicht, dass nur
eine bloße Vollzugskontrolle und Überwachung des Betriebsrats gemäß § 80
Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betreffend den vom Arbeitgeber erstellten P. erfolgen sollte.
Dieser Spruch beinhaltet danach keine nur auf eine reine Rechtskontrolle des
Betriebsrats gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ausgelegte Regelung, sondern
eine Regelung über eine originäre gesetzliche Mitbestimmung des Betriebsrats
an jedem einzelnen PEP, die allerdings durch die darüber hinaus bereits
vereinbarten abstrakten Regelungen in § 5 des Spruchs inhaltlich begrenzt wird.
123 Danach sind die genannten Regelungen betreffend die Ausübung des
Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats an den von der Arbeitgeberin
vorzuschlagenden Personaleinsatzplänen im streitgegenständlichen
Einigungsstellenspruch wegen Verstoßes gegen das Gesetz im dargestellten
Maße für unwirksam zu erklären.
124 bb) Hingegen verstößt die Regelung des § 4 Nr. 3a und b des
Einigungsstellenspruchs nicht gegen das gesetzliche Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten. Er hat im Rahmen dieser Regelung im
Spruch sein Mitbestimmungsrecht bereits abschließend ausgeübt. In den Ziffern
Nr. 3a und b des § 4 sind Eil- und Sonderfälle anhand von konkreten Beispielen
beschrieben, bei denen der Arbeitgeber in einem konkret bestimmten zeitlichen
Maße und Umfang Personal einsetzen kann. Für diese konkret bestimmten Fälle
ist bis zu einer konkreten zeitlichen Grenze die Mitbestimmung durch den
Betriebsrat bereits im Rahmen der Regelung ausgeübt, nämlich die Zustimmung
zum Einsatz von Arbeitnehmern erteilt. Dass der Arbeitgeberin dabei ein
gewisser - enger - Regelungsspielraum, etwa für die Auswahl der
einzusetzenden Person, eingeräumt ist, ändert daran nichts. Ob der Arbeitgeber
sich im Einzelfall betriebsverfassungsgemäß und damit mitbestimmungsrechtlich
korrekt verhalten hat oder nicht, ist vom Betriebsrat im Rahmen des § 80 Abs. 1
Nr. 1 BetrVG zu prüfen. Dies wird unterstützt durch die Regelung, dass der
Betriebsrat von der Arbeitgeberin unverzüglich, spätestens am folgenden
Arbeitstag, unter Darlegung der Notwendigkeiten textlich zu informieren ist.
Damit ist es dem Betriebsrat auch unmittelbar im Nachhinein möglich, das
Vorliegen der Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung für die
Ausnahmeregelungen zu prüfen und somit letztendlich zu überprüfen, ob sein
Mitbestimmungsrecht verletzt wurde oder nicht.
125 cc) Die Regelung des Spruchs in seinem § 5 verstoßen ebenfalls nicht gegen
das Gesetz und/oder den im Betrieb jedenfalls teilweise auf die dort
beschäftigten Arbeitnehmer anzuwendenden § 6 Nr. 1 MTV. Es ist davon
auszugehen, dass durch die Regelung in § 5 Abs. 2 des Spruchs für
Vollzeitarbeitnehmer im Bereich Verkauf, Lager und Storecontroller die
Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 6 Nr. 2a MTV gegeben sind.
Richtig ist zwar, dass sich nach den verschiedenen
Personaleinsatzrechnungsmodellen mehr als 37,5 Stunden/Wochen
wöchentliche Arbeitszeit bei Arbeitnehmern ergeben können. Mit dem
Arbeitsgericht ist das Berufungsgericht jedoch der Auffassung, dass die
Voraussetzungen einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden gemäß
§ 6 Ziffer 2 MTV bei komplexen Arbeitszeitmodellen auch dann erfüllt sind, wenn
sich bei idealtypischer Berechnung über das gesamte Kalenderjahr hinweg eine
verhältnismäßig geringe Abweichung ergibt, die den betroffenen Arbeitnehmer
sodann als Zeitausgleich gewährt wird. Jedenfalls bei komplexen
Arbeitszeitmodellen können sich nämlich komplizierte Berechnungen ergeben,
die durch Festlegung eines ungeraden - unter Umständen sekundengenauen -
Arbeitsbeginns oder -endes genau auf 37,5 Wochenstunden gerechnet werden
können. Wollen die Betriebsparteien hingegen solche ungerade Arbeitszeiten
vermeiden, ist es zulässig, eine geringfügig erhöhte Arbeitszeit bei idealtypischer
Berechnung des Durchschnitts durch einmaligen Zeitausgleich zu
kompensieren. Vorliegend wird das Arbeitszeitmodell vor allem dadurch
rechnerisch kompliziert, weil Arbeitszeiten anfallen, die im Hinblick auf § 9 Nr. 4
MTV Spätöffnungszuschläge in Höhe von 20 % und Nachtzuschläge in Höhe
von 50 % gewährt werden müssen. Der Spätöffnungszuschlag ist jedoch
grundsätzlich gemäß § 9 Nr. 9 MTV in Form von Freizeit auszugleichen. Die
Nachtarbeit hingegen kann gemäß § 9 Nr. 8 MTV im Einvernehmen mit dem
Betriebsrat durch Freizeit mit dem entsprechenden Zuschlag abgegolten
werden. Dieser durch Spätöffnungs- von Nachtarbeit erlangte Freizeitausgleich
führt tatsächlich zu einer geringeren Arbeitszeit im Anschluss an die geleistete
Spätöffnungs- oder Nachtarbeit, ändert jedoch nichts an der regelmäßigen
tariflichen Arbeitszeit. Ebenfalls ist zu beachten, dass die Arbeitnehmer nach § 5
Abs. 1 Nr. 2 des Spruchs über den MTV hinaus Anspruch darauf haben,
entweder am 24.12. oder am 31.12. eines Kalenderjahres frei zu haben.
Freiwillig können sie hingegen auch an beiden Tagen arbeiten. Die betriebliche
Jahresarbeitszeit verringert sich insoweit gegenüber der tariflichen
Jahresarbeitszeit um vergleichsweise weniger geleistete Arbeit. Einfacher wird
die Berechnung auch dadurch nicht, dass in den vier Wochenenden vor
Weihnachten gemäß § 9 Nr. 3 Abs. 2 MTV kein Spätöffnungszuschlag anfällt.
Eine idealtypische Betrachtung stößt daher auf ihre Grenzen. Im Übrigen
schließt sich das Berufungsgericht ausdrücklich vollinhaltlich den zutreffenden
und ausführlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts im Beschluss vom
07.03.2013 unter B. II. 4. c. (Seite 14 und 15 des Beschlusses, Bl. 213, 214 d.
Akte-ArbG) an.
126 Auch hat die Einigungsstelle die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens bei
den Regelungen in § 5 des Spruches nicht überschritten. Die Verkürzung der
Spätschicht im Bereich Verkauf (§ 5 II. 1.4 des Spruchs) von montags bis
freitags und die Verlängerung an Samstagen ist eine Frage der Zweckmäßigkeit.
Dies gilt ebenfalls für die Frage, ob wie bisher, jeden zweiten Samstag frei ist
oder nur noch zwei Samstage im Monat künftig frei sind. Dies erfordert zwar in
der Tat an umsatzstarken Samstagen für Arbeitnehmer einen erhöhten Einsatz
und wirkt sich insoweit belastender als bisher aus. Der Umfang der Veränderung
der Arbeitszeit hingegen, 15 bis 30 Minuten - und Reduzierung der bisherigen
freien Samstage im Kalenderjahr von 26 auf 24 ist hingegen noch
verhältnismäßig und liegt in den Grenzen des Ermessensspielraums, der der
Einigungsstelle zusteht.
127 dd) Die Regelungen in § 6 des Spruches verstoßen ebenfalls nicht gegen das
Gesetz oder tarifvertragliche Regelungen. § 4 ArbZG regelt nur gesetzliche
Mindestruhepausen, weswegen es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei steht,
längere Ruhepausen anzuordnen, sofern er den Betriebsrat beteiligt. Zwar regelt
§ 6 Nr. 1 des Spruchs auch Ruhepausen nach einer zeitlichen
Arbeitsbeanspruchung in Stunden, für die das Gesetz noch keine Pause
vorsieht. Gleichwohl liegt insoweit keine Gesetzesverstoß vor, nachdem auch
die zusätzliche Einführung von Pausen nach einer bestimmten zeitlichen
Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Arbeitnehmers, die vom Gesetz nicht
nach unten abweicht, die Mindestregelung in § 4 ArbZG nicht tangiert. Auch ein
Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1
Nr. 2 BetrVG liegt insoweit nicht vor. Der Spruch regelt in § 6 Nr. 2 und 3 die
Festlegung und Einteilung durch die Arbeitgeberin in nicht unerheblichem Maße
beschränkend und in § 6 Nr. 5 ist auch ausdrücklich geregelt, dass die Pausen
für jeden Mitarbeiter zu Beginn des Tages von der Arbeitgeberin festzulegen
sind. Damit gibt der Betriebsrat gerade nicht zu einem überwiegenden Teil
bestimmungsfrei sein Mitbestimmungsrecht der Arbeitgeberin. Die
Einigungsstelle hat insoweit den Regelungsgegenstand Pausen und Lage der
Pausen gestaltet und kann dem Arbeitgeber insoweit einen gewissen Spielraum
überlassen (BAG 11. Februar 1992 - 1 ABR 51/91 in AP Nr. 50 zu § 76 BetrVG
1972, B II 3 c, aa der Gründe).
128 Die Pausenregelungen in § 6 des Spruchs halten sich auch im Rahmen des
Ermessensspielraums der Einigungsstelle. Soweit dort Ruhepausen geregelt
sind, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestruhepausen
hinausgehen, führt dies zwar einerseits zur Verlängerung der
Gesamtanwesenheitszeit der Arbeitnehmer im Betrieb. Zum anderen dient die
Verlängerung der Ruhepausen oder die Einführung zusätzlicher Ruhepausen
aber auch der Erholung der Arbeitnehmer. Im Hinblick auf die vorliegend von der
Einigungsstelle beschlossene Staffelung und Erhöhung der gesetzlichen
Mindestfristen ist die für die Einigungsstelle bestehende Ermessensgrenze nicht
überschritten. Bei bis zu fünf Stunden Arbeitsleistung sind weiterhin keine
Pausen zu nehmen. Die danach anfallenden Pausen nach Arbeitszeiten stellen
keine übermäßige Verlängerung der Aufenthaltsdauer der Arbeitnehmer im
Betrieb durch die Nahme von Pausen dar. Auch ist in § 6 Nr. 7 des Spruchs
insoweit ausdrücklich geregelt, dass die Arbeitgeberin während der Pause
keinerlei Arbeitsanweisungen erteilen darf, weshalb auch der mögliche Eindruck
der Abdeckung von Ladenöffnungszeiten durch Anwesenheit von
Arbeitnehmern im Rahmen verlängerter Pausen nicht entsteht.
129 ee) Die Regelungen des Spruchs - soweit sie nicht bereits aus anderen Gründen
unwirksam sind - verstoßen auch nicht gegen eine nicht gekündigte
Betriebsvereinbarung, die über die Regelungsgegenstände der Einigungsstelle
bereits besteht. Die Einigungsstelle ist für die von ihr getroffenen
Regelungsgegenstände deshalb zuständig gewesen.
130 aaa) Richtig ist zwar, dass die Storemanagerin der Filiale ..., für die der
Einigungsstellenspruch getroffen worden ist, mit einem als „Telefax“
überschriebenen und von ihr handschriftlich unterschriebenen Schreiben an den
Betriebsrat (datiert) vom 25.08.2008 (Bl. 75, 76 d. Akten-ArbG) eine Äußerung
des Betriebsrats zu einem konkreten Antrag betreffend die Arbeitszeit von 29
Arbeitnehmern ab der KW 36/2008 in der Filiale eingefordert hat und dass der
Betriebsrat am 27.08.2008 auf demselben Schreiben mit Unterschrift diesem
Antrag der Storemanagerin zugestimmt hat. Damit kam hingegen keine
Betriebsvereinbarung über ein bestimmtes Arbeitszeitmodell für die gesamte
Filialbelegschaft oder jedenfalls Teile von ihr zustande. Nach wohl einhelliger
Auffassung kommt eine Betriebsvereinbarung als privatrechtlicher Vertrag im
Sinne der §§ 145ff. BGB zustande (GK-BetrVG 9. Aufl. 2010 zu § 77 Rn. 35
mzwN). Als Vertrag erfordert die Betriebsvereinbarung danach
korrespondierende Willenserklärungen von Betriebsrat und Arbeitgeber.
Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der
Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Verkehrssitte verstehen musste (für viele: BAG 12. Januar 1994 5 AZR 41/93 in
AP Nr. 43 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Bei der Auslegung dürfen nur
solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem
Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren. Auf seinen Horizont und seine
Verständnismöglichkeit ist die Auslegung abzustellen und zwar auch dann,
wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen
durfte. Der Empfänger der Erklärung darf allerdings nicht einfach den für ihn
günstigen Sinn beilegen. Er ist nach Treu und Glauben verpflichtet, unter
Berücksichtigung aber ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger
Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (BAG 15. Dezember
2005 in AP Nr. 55 zu § 4 KSchG 1969 Rn. 25 mwN.).
131 bbb) Wendet man dies auf die im vorliegenden Fall bestehenden Äußerungen
an, ist nicht vom Zustandekommen einer Betriebsvereinbarung auszugehen.
Vielmehr ist in diesem Antrag der Storemanagerin, für den Betriebsrat erkennbar,
der Antrag der Arbeitgeberin zu verstehen, das von der Arbeitgeberin in der
Filiale durchgeführte/angewandte Arbeitszeitmodell, das vom Betriebsrat - bisher
- geduldet beziehungsweise nicht beanstandet oder hinterfragt war, punktuell
abzuändern. Darin kommt weder ein Wille der Arbeitgeberin zum Ausdruck, eine
Gesamtregelung der bisher - einseitigen - Vorgaben des Arbeitszeitmodells
durch die Arbeitgeberin durch eine Unterschrift des Betriebsrats im Hinblick auf §
87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG betriebsverfassungsrechtlich zu legalisieren, noch ist
daraus ersichtlich, dass die Arbeitgeberin für einen Teilbereich eine
Betriebsvereinbarung abschließen will. Es kommt in dieser rechtsgeschäftlichen
Willenserklärung lediglich zum Ausdruck, dass die Arbeitgeberin nicht ohne
punktuelle Zustimmung des Betriebsrats das bisher tatsächlich praktizierte
Arbeitszeitmodell verändern will. Darin liegt jedoch nicht das Angebot, das bisher
praktizierte Arbeitszeitmodell oder Teile davon nunmehr einvernehmlich im
Rahmen einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Dem Antrag des Arbeitgebers ist
deshalb, für den Betriebsrat auch ohne Weiteres erkennbar, kein Wille zum
Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu entnehmen. Dies wird auch dadurch
unterstützt, dass zum einen das Wort Betriebsvereinbarung im Schreiben nicht
verwand wird und zum anderen, dass das Schriftstück gerade nicht als
Betriebsvereinbarung überschrieben ist, obwohl den Betriebspartnern im Jahre
2008 durchaus bewusst war beziehungsweise sein musste, dass es zwischen
ihnen Vereinbarungen gibt, die ausdrücklich und deutlich mit
Betriebsvereinbarung überschrieben sind (vgl. hierzu Betriebsvereinbarung über
die Aufstellung allgemeiner Grundsätze der Urlaubsplanung und des
Urlaubsplanes vom 10.11.2008 - Bl. 96, 97 d. Akte). Darüber hinaus enthält das
Schreiben keine Bestimmungen eines Geltungsbereichs, keine Regelungen zur
Personaleinsatzplanung, zum Inkrafttreten oder zur Kündigung. Dies alles
spricht eindeutig gegen die Annahme des Zustandekommens einer
Betriebsvereinbarung durch die Unterzeichnung von Arbeitgebervertreterin und
Betriebsrat auf derselben Urkunde zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
132 ff) Der Einigungsstellenspruch - soweit er nicht aus anderen Gründen bereits
unwirksam ist - löst auch nicht in unzulässiger Weise eine Gesamtzusage der
Arbeitgeberin an die von ihr in der Filiale Nr. ... beschäftigten Arbeitnehmer ab.
133 Es weder offensichtlich, noch vom Betriebsrat konkret vorgetragen, dass es
Willensäußerungen der Arbeitgeberin gegeben hat, die von den in ihrer Filiale
beschäftigten Arbeitnehmern als Erklärung der Arbeitgeberin mit
Rechtsbindungswillen verstanden werden durften. Soweit der Betriebsrat
vorträgt, das Arbeitszeitmodell beziehungsweise dessen Änderungen, seien in
den täglichen Meetings kommuniziert und im Rahmen der monatlich
ausgehängten P. jahrelang bekanntgemacht worden, führt dies ohne das
Vorliegen weiterer tatsächlichen Umstände nicht zur Annahme einer auf Dauer
bindenden rechtsgeschäftlichen Erklärung der Arbeitgeberin. Darin liegt
zunächst nur die vom Arbeitgeber im Rahmen des § 106 Satz 1 GewO
verankerte Ausübung seines Direktionsrechts gegenüber den Arbeitnehmern
bezüglich der Lage der Arbeitszeit. Allein daraus, dass er sein Direktionsrecht
nach bestimmten Grundsätzen ausübt, führt - selbst wenn dies für die
Arbeitnehmer erkennbar gewesen sein sollte - nicht ohne weitere Anhaltspunkte
dazu, von einer Selbstbindung des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern
auf Dauer zu können.
134
C. Nebenentscheidungen
135 1. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die §§ 1 Abs. 2 Nr. 4, 2 Abs. 2
GKG nicht veranlasst.
136 2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht ist für die Arbeitgeberin
zuzulassen, nachdem die Voraussetzungen gemäß den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72
Abs. 2 Nr. 1 vorliegen. Für den Betriebsrat ist sie hingegen nicht zuzulassen, da
die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde nicht vorliegen.
137 Rieker Burkard Dr. Schuss