Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 04.10.2002

LArbG Baden-Württemberg: arbeitsgericht, feststellungsklage, erlass, nettolohn, vergütung, widerklage, rechtsberatung, vergleich, öffentlich, beschwerdeschrift

LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 4.10.2002, 3 Ta 89/02
Streitwert für Feststellungsklage wegen des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses bei Nettolohnvereinbarung
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 18. Juni 2002 - 8 Ca 351/01 - teilweise, und zwar
insoweit abgeändert, als der vom Arbeitsgericht für die einzelnen Verfahrensabschnitte festgesetzte Wert auf folgende Beträge zu vermindern ist:
5.832,60 EUR seit Klageerhebung am 25. Juni 2001;
7.056,63 EUR seit 26. September 2001;
2.757,91 EUR seit 18. Oktober 2001;
4.137,26 EUR seit 21. Februar 2002.
Gründe
1 Die Beschwerde der beteiligten Staatskasse richtet sich gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Bewertung der vom Beteiligten zu 3 im
Ausgangsverfahren erhobenen Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG sowie dagegen, dass das Arbeitsgericht bei der Aufteilung des
Gegenstandswerts auf einzelne Verfahrensabschnitte nicht die Erledigung der Feststellungsklage aufgrund des Teilurteils vom 17. Oktober 2001
berücksichtigt hat. Im Ausgangsverfahren waren folgende Anträge anhängig: Mit der Klageschrift hat der Kläger einen Kündigungsschutzantrag
sowie eine Zahlungsklage über 2.407,60 DM netto erhoben. Am 27. Juli hat die Beteiligte zu 4 eine Widerklage über 2.394,00 DM erhoben, am 26.
September 2001 hat der Kläger seine Klage um einen weiteren Antrag über 3.000,00DM netto erweitert. Am 17. Oktober 2001 hat das
Arbeitsgericht durch Teilurteil über den Kündigungsschutzantrag befunden und der Klage insoweit stattgegeben. Am 21. Februar 2002 hat die
Beteiligte zu 4 ihre Widerklage auf 2.603,40 EUR erweitert. Der nicht durch das genannte Teilurteil erledigte Teil des Rechtsstreits hat durch
Prozessvergleich geendet. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss den Gebührenwert für die Feststellungsklage in Höhe der
Vergütung des Klägers für ein Kalendervierteljahr festgesetzt, ging dabei aber von einem geschätzten Bruttobetrag von 4.000,00 DM anstelle der
vom Kläger behaupteten monatlichen Nettovergütung kraft ausdrücklicher Vereinbarung in Höhe von 3.000,00 DM aus. Ferner hat es bei der
Berechnung des Werts der einzelnen Verfahrensabschnitte den Wert der Feststellungsklage auch in dem Zeitraum nach Erlass des Teilurteils, das
rechtskräftig geworden ist, hinzugerechnet. Mit der Beschwerde verfolgt die Staatskasse den Antrag, den Gegenstandswert entsprechend ihrem
Antrag in der Beschwerdeschrift vom 25.06.2002 herabzusetzen.
2 Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur antragsgemäßen Herabsetzung des Gebührenwerts. Maßgeblich für
die Streitwertberechnung sind die verfahrenseinleitenden Anträge des Klägers oder Widerklägers zum Zeitpunkt, zu dem sie anhängig gemacht
wurden (§ 15 GKG). Soweit sie erledigt wurden, sind für die Gebühren des nichterledigten Verfahrensabschnitts wie auch des vorzeitig erledigten
Teils nur die jeweils hierauf entfallenden Gebührenwerte maßgeblich (§ 21 Abs. 1 GKG). Hinsichtlich des Werts der Kündigungsschutzklage gilt
folgendes: Da die Parteien nach der Behauptung des Klägers eine sogenannte Nettolohnvereinbarung getroffen haben, ist deren Betrag das
Entgelt im Sinne von § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG. Auf die hierauf entfallenden öffentlich-rechtlichen Abgaben hat der Kläger dann keinen Anspruch.
Deshalb sind sie nicht seinem vertragsgemäßen Entgelt hinzuzurechnen (vgl. Beschluss der Kammer vom 26. November 2001 - 3 Ta 128/01;
Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 4. Aufl. § 12 Rndn. 98; a.A. KR-Friedrich, § 4 KSchG Rz. 274). Denn nur auf den Nettolohn hätte der Kläger
im Falle des Annahmeverzugs Anspruch. Demgemäß hatte das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung, das Bestandsschutzbegehren mit einem
Drittel des Vierteljahresbezugs zu bewerten, den - behaupteterweise - vereinbarten monatlichen Nettolohn von 3.000,00 DM zugrunde zu legen.
Dies ist die nach dem Gesetz zu beachtende Obergrenze. Die Erwägungen des Arbeitsgerichts führten zu einem Gegenstandswert, der die für ein
Kalendervierteljahr zu beanspruchende Vergütung nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG übersteigt. Das Arbeitsgericht hätte ferner berücksichtigen
müssen, dass sich der Gebührenwert für den auf den Erlass des Teilurteils folgenden Verfahrensabschnitt um den Wert der
Kündigungsschutzklage ermäßigt hat, da diese nicht mehr anhängig war. Auch insoweit ist deshalb auf die Beschwerde die angegriffene
Entscheidung abzuändern. Ein Vergleichsmehrwert insbesondere hinsichtlich des im Vergleich beendeten Arbeitsverhältnisses ist ebenfalls nicht
entstanden, da angesichts des rechtskräftigen Teilurteils des Arbeitsgerichts hierüber auch kein Streit mehr bestand im Sinne des § 779 BGB.
Nach allem hat die Beschwerde in vollem Umfang Erfolg.
3 Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).