Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 20.06.2002

LArbG Baden-Württemberg: angebot der arbeitsleistung, begründung des urteils, arbeitsgericht, arbeitskraft, arbeitsfähigkeit, unverzüglich, rechtskräftiges urteil, mechaniker, leistungsfähigkeit

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 20.6.2002, 22 Sa 7/02
Annahmeverzug des Arbeitgebers - Sonderzahlung
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Villingen-Schwenningen vom 28.11.2001 - 9 Ca 99/01 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt Lohn aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Dezember 2000,
vermögenswirksame Leistungen für den gleichen Zeitraum, Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 2000 sowie Weihnachtsgeld für das
Kalenderjahr 2000.
2
Der am 13.06.1942 geborene Kläger war seit Oktober 1976 bei der Firma R. , der Betriebsvorgängerin der Beklagten, tätig. Der Betrieb ist am
01.07.1997 auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte beabsichtigte mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag mit dem aus Aktenblatt 64 bis 65
ersichtlichen Inhalt abzuschließen. Der Vertrag ist unstreitig vom Kläger nicht unterschrieben worden. Die Beklagte ist Mitglied der Kfz-Innung
Zollern-Alb. Für diese besteht ein Manteltarifvertrag, der nach bestrittener Behauptung der Beklagten allgemein im Betrieb Anwendung findet
(Abl. I/66 - 88).
3
Die Parteien stritten im Verfahren 13 Ca 228/99 bereits über Ansprüche des Klägers auf Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, vermögenswirksame
Leistungen u. ä. Im Verfahren 13 Ca 228/99 erging ein inzwischen rechtskräftiges Urteil vom 22.12.1999, auf das der Einzelheiten wegen Bezug
genommen wird (Abl. 99 - 115 der beigezogenen Akten 13 Ca 228/99 - ArbG Freiburg - Kammern Villingen-Schwenningen).
4
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 05.08.1997 zum 15.09.1997 ordentlich gekündigt und dies u. a. damit
begründet, dass sie mit den Arbeitsleistungen des Klägers nicht zufrieden war. Der Kläger war im Anschluss an diese Kündigung vom 06.08. bis
20.08.1997 arbeitsunfähig erkrankt, was die Beklagte aus Gründen verschiedener, von ihr vorgetragener streitiger Umstände in Zweifel zog. Aus
diesem Grunde und wegen unberechtigter Nutzung der Werkstatt am 16.08.1997 hat die Beklagte am 01.09.1997 das Arbeitsverhältnis
außerordentlich fristlos mündlich gekündigt und diese Kündigung mit Schreiben vom 01.09.1997, dem Kläger am 03.09.1997 zugegangen,
wiederholt. Diese Kündigungen waren Gegenstand des Kündigungsschutz- und Kündigungsfeststellungsverfahrens 13 Ca 341/97 = 9 Sa 59/98
(Arbeitsgericht Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen). Mit Urteil vom 14.05.1998 wurde durch das Arbeitsgericht zunächst festgestellt,
dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der erwähnten Kündigungen nicht geendet hat. Die Berufung der beklagten Partei gegen diese
Entscheidung wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 13.01.1999 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom gleichen Tage
zurückgewiesen und zugleich der vom Kläger im Berufungsrechtszug gestellte Auflösungsantrag zurückgewiesen. Auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe im Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 14.05.1998 im Verfahren 13 Ca 341/97 (Bl. 111 - 131 der beigezogenen Akten
13 Ca 341/97) sowie auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Berufungsurteils zu dieser Entscheidung vom 13.01.1999 (Bl. 220 - 229 d.
erwähnten beigezogenen Akten) wird Bezug genommen.
5
Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 25. August 1997 aufgefordert, die Arbeit "binnen 24 Stunden" aufzunehmen, ansonsten sie sich
gezwungen sehe, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung fristlos zu kündigen. Nach Zustellung der Entscheidungsgründe des dem
Feststellungsbegehren des Klägers stattgebenden Urteil des Arbeitsgerichtes vom 14.05.1998 (13 Ca 341/97 = 9 Sa 59/98) hat die Beklagte dem
Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 1998 aufgefordert, "die Arbeit in .... Niederlassung Z. (der Beklagten) unverzüglich wieder anzutreten "(Abl. I/29
).
6
Unter dem Schreiben vom 05.06.1998 (Abl. I/30) hat die Beklagte dem Kläger selbst per Einschreiben Folgendes mitgeteilt:
7
Sehr geehrter Herr F. ,
8
bereits mit Schreiben der Rechtsanwälte Dr. Sch. vom 29.05.1998 an Ihren Rechtsanwalt sind Sie aufgefordert worden, die Arbeit in unserer
Filiale in Z. unverzüglich wieder aufzunehmen, Sie sind bislang nicht wieder zur Arbeit erschienen.
9
Ich habe Sie hierdurch nochmals aufzufordern, sich unverzüglich wieder am Arbeitsplatz einzufinden und die Arbeit aufzunehmen.
10 Ein Verzicht auf die Rechtswirkungen der erklärten Kündigungen bzw. ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses ist damit
nicht verbunden ....."
11 Mit Schreiben vom 30. Juli 1998 hat die AOK der Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger seit 12.06.1998 arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Kläger war
bis 10.12.1999 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und hat Krankengeld bezogen. Mit Schreiben vom 12.10.1999 (Abl. I/40) hat die AOK der
Beklagten Mitteilung darüber gemacht, dass das Krankengeld auslief und hat aufgefordert, den Kläger bei der Krankenkasse abzumelden. Am
11.12.1999 wurde der Kläger von der AOK ausgesteuert. Seit 11.12.1999 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld (vgl. Schreiben des Arbeitsamtes
vom 30.05.2000, Abl. I/41, 42). In einem Antwortschreiben vom 06.06.2000 hat der Bevollmächtigte der Beklagten dem Arbeitsamt mitgeteilt, dass
der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien lediglich ruhe und der Kläger seine Arbeitsleistung wieder zur Verfügung stellen müsse, wenn er
wieder arbeitsfähig wäre. Erst ab diesem Zeitpunkt könnten wiederum Lohnansprüche gegeben sein. Es werde gebeten mitzuteilen, ob der
Kläger nach wie vor als arbeitsunfähig gemeldet ist. Mit Schreiben vom 13.09.2000 machte der neue Prozessvertreter des Klägers vom Kläger
teilweise bereits angemeldete, mit der vorliegenden Klage weiter verfolgten Ansprüche auf Arbeitslohn, vermögenswirksame Leistungen ab
14.12.1999 geltend (Abl. 55 - 57). Zugleich wurde bei der Beklagten angefragt, ob es "nicht sinnvoll sei, das Arbeitsverhältnis - allerdings nur zu
angemessenen Konditionen - zu beenden?"
12 Mit Schreiben vom 24.10.2000 (Abl. I/58) hat der Vertreter der Beklagten die Zahlungsansprüche des Klägers zurückgewiesen und weiterhin
Folgendes ausgeführt:
13 .... "Ihr Mandant ist im Dezember 99 von der Krankenkasse ausgesteuert worden, weil er nach der Lohnfortzahlung im Anschluss über ein Jahr
arbeitsunfähig war und somit die Leistungen der Krankenversicherung ausgelaufen sind. Bis heute ist Herr F. arbeitsunfähig. Der Arbeitsvertrag
zwischen Herrn F. und der A. GmbH ruht somit. Sollte Herr F. wieder arbeitsfähig werden, müsste er seine Arbeitsleistung bei der A. GmbH
anmelden und seine Arbeitsleistung zur Verfügung stellen. Erst ab diesem Zeitpunkt wären dann wieder Ansprüche gegeben ....
14 Meine Mandantin hat im Übrigen keinerlei Veranlassung, das Arbeitsverhältnis zu beenden, da dieses derzeit ruht. Ihr Mandant möge mitteilen,
wenn er wieder arbeitsfähig sein sollte. Ab diesem Zeitpunkt des Anbietens der Arbeitskraft wird er dann wieder beschäftigt werden."
15 Der Kläger hat im Folgenden den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit der Beklagten nicht mitgeteilt. Seine Arbeitskraft hat er nicht angeboten.
16 In der Begründung der im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Forderungen vom 13.03.2001 (Abl. I/10 - 15) hat der Kläger ausgeführt:
17 "Der Kläger hat seine Arbeitskraft angeboten. Aufgrund Erkrankung ist er aber nicht in der Lage, die Arbeitskraft in die Tat umzusetzen".
18 Die vom Kläger beantragte Prozesskostenhilfe für das vorliegende Verfahren wurde teilweise nicht gewährt. Im Beschwerdeverfahren gegen die
teilversagte Prozesskostenhilfe hat der Kläger im Schriftsatz vom 17.07.2001 (Abl. I/110) seinen Vortrag aus der Klagbegründung dahingehend
korrigiert und dies mit einem "Informationsversehen" erläutert, dass er mit Ablauf des 10.12.1999 wieder arbeitsfähig gewesen sei für die Tätigkeit
als Kfz-Mechaniker. Dies ergebe sich aus einem arbeitsärztlichen Gutachten vom 16.02.2000 (Abl. 157). Seine Arbeitskraft sei im
Kündigungsschutzverfahren mehrfach angeboten worden. Eines weiteren Angebotes habe es nach der Rechtsprechung des BAG nicht bedurft.
Die Beklagte habe ihm im Rahmen der Kündigungserklärung vom 05.06.1998 Hausverbot erteilt. Der Kläger macht geltend, dass ihm für die Zeit
vom 14.12.1999 bis Dezember 2000 insgesamt DM 55.927,96 brutto Lohn zustünden, wovon Leistungen des Arbeitsamtes in Höhe von DM
40.552,49 abzusetzen seien. Außerdem stünden ihm monatlich DM 26,00 vermögenswirksame Leistungen, mithin DM 338,00 für diesen
Jahreszeitraum Dezember 1999 bis Dezember 2000 zu. Er habe ferner Anspruch auf ein betriebsübliches Urlaubsgeld in Höhe von 50 % des
Julilohnes für das Jahr 2000 mit DM 2.148,60 brutto. Der Urlaub sei im Betrieb der Beklagten über den 31.03. des Folgejahres üblicherweise
übertragen worden. Schließlich stünden ihm noch 50 % des Novemberlohnes für 2000 als Weihnachtsgeld zu. Insoweit bestehe eine vertragliche
Absprache aus Zeiten des Rechtsnachfolgers R. .
19 Der Kläger hat b e a n t r a g t :
20 Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger DM 60.660,21 brutto abzüglich
21 für diesen Zeitraum bezahlte DM 40.552,49 zuzüglich 5 % Zinsen ab
22 10 Oktober 2000 aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu bezahlen.
23 Die Beklagte b e a n t r a g t e
24 Klagabweisung.
25 Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger nach dem 10.12.1999 arbeitsfähig gewesen sei. Noch am 24.10.2000 habe das Arbeitsamt mitgeteilt,
dass der Kläger Leistungen des Arbeitsamtes beziehe und die Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers ausüben könne. Die Beklagte habe mit Schreiben
vom 29.05.2000, Abl. I/54) den Kläger darauf hingewiesen, dass er den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit unter Nachweiserbringung darlegen
müsse. Mit Anwaltsschreiben vom 24.10.2000 (Abl. I/58/59) sei dem Kläger über dessen Bevollmächtigten mitgeteilt worden, dass er wieder
beschäftigt werde, wenn er wieder arbeitsfähig sei. Annahmeverzugsansprüche bestünden daher nicht, daher auch kein Anspruch auf
vermögenswirksame Leistungen. Ein Urlaubsgeldanspruch entfalle, weil dem Kläger Urlaub nicht gewährt worden sei. Der Anspruch auf
Weihnachtsgeld bestehe nicht, da der Kläger im Jahre 2000 infolge Arbeitsunfähigkeit keine Leistungen anzusprechen habe. Nach § 14 1.6 des
Manteltarifvertrages bestehe für ruhende Arbeitsverhältnisse kein Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen. Die Beklagte sei tarifgebunden und
wende diesen Tarifvertrag für das Kfz-Gewerbe Baden-Württemberg an.
26 Das Arbeitsgericht hat die Klage für zulässig, indes insoweit nur für begründet gehalten, als der Kläger Weihnachtsgeld für das Jahr 2000 geltend
macht. Das Arbeitsgericht hat einen Annahmeverzugslohnanspruch verneint und dabei dahingestellt sein lassen, ob der Kläger überhaupt
arbeitsfähig gewesen sei und seine Arbeitsleistung hätte erbringen können, woran erhebliche Zweifel bestünden. Jedenfalls habe der Kläger
den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit der Beklagten nicht mitgeteilt und seine Arbeitskraft weder wörtlich noch tatsächlich hinreichend
angeboten.
27 Ein Anspruch auf ein Urlaubsgeld bestehe nicht, da der Kläger tatsächlich im Jahr 2000 kein Urlaub realisiert habe.
28 Der Anspruch auf ein Weihnachtsgeld ergebe sich hingegen im Anschluss an die Begründung des Urteils in Sachen 13 Ca 228/99 vom
22.12.1999.
29 Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung des Arbeitsgerichtes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des
Arbeitsgerichtes vom 28.11.2001 (Abl. I/181 - 188) Bezug genommen.
30 Der beklagten Partei wurde das Urteil am 11.01.2002 (Abl. I/192, schreibfehlerhaft 11.02.2002 gekennzeichnet), dem Kläger am 13.01.2002 (Abl.
I/190) zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 01.02.2002 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Die Beklagte begehrt die
Abweisung der Klage insgesamt und vertieft hierbei ihr erstinstanzliches Vorbringen dahingehend, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon
ausgegangen sei, dass eine gemäß § 4 Abs. 3 TVG günstigere einzelvertragliche Regelung bestehen würde. Zwischen dem Kläger und der
Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma R. , habe lediglich ein mündlicher Arbeitsvertrag bestanden, aufgrund dessen vereinbart gewesen
sei, dass der Tarifvertrag für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende im Kraftfahrzeuggewerbe Baden-Württemberg Anwendung finden sollen
(Schreiben des Herrn R. vom 18.12.2001, Abl. II/3) und Zeugnis des ehemaligen Inhabers der Beklagten, H. G. R. . Aus diesem Grunde ruhe
gemäß § 14 1.6 des Manteltarifvertrages der Anspruch auf ein Weihnachtsgeld, soweit das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes ruht.
Ruhen sei indes mit der Aussteuerung des Klägers bei der AOK Rottweil eingetreten (wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf
die Berufung vom 30.01.2002, Abl. II/1 bis 3 Bezug genommen).
31 Die Beklagte hat b e a n t r a g t ,
32 das am 28.11.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen - Az. 9 Ca 99/01 - aufzuheben und die
Klage insgesamt abzuweisen.
33 Der Kläger hat b e a n t r a g t ,
34 1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
35 2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Villingen-
36 Schwenningen - Az.: 9 Ca 99/01 - wird abgeändert und die Beklagte
37 verurteilt, an den Kläger über den zugesprochenen Betrag von
38 DM 2.245,65 = EUR 1.148,18 hinaus weitere DM 17.862,07 = EUR 9.132,73
39 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz
40 zu bezahlen.
41 Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
42 die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
43 Der Kläger hat zur Begründung seines Berufungsbegehrens ausgeführt, dass er die Ausführungen des Arbeitsgerichtes in Tatbestand des Urteils
vom 28.11.2001, da richtig, nicht angreife. Die Beklagte befinde sich indes, anders als dies das Arbeitsgericht meine, mit der Annahme der
Arbeitskraft des Klägers im Annahmeverzug, weshalb seine Zahlungsansprüche unter Berücksichtigung des bezogenen Arbeitslosengeldes
begründet seien. Der Kläger sei ab 13.12.1999 zur Erbringung seiner vertraglichen Arbeitsleistung als Kfz-Mechaniker arbeitsfähig gewesen.
Das Arbeitsgericht habe die Grundsätze des Urteils des Bundesarbeitsgerichtes zur Frage des Arbeitsangebotes des Arbeitnehmers und des
Eintritts des Annahmeverzuges seitens des Arbeitgebers verkannt. Die Beklagte habe sechs Kündigungen ausgesprochen und der Kläger habe
aufgrund der von ihm angestrebten Kündigungsschutzprozesse seine Arbeitskraft angeboten. In der Zeit vom 12.06.1998 bis 10.12.1999 sei er
krank gewesen. Die Aufforderung der Beklagten, seine Dienste zu erbringen, datierten vom 29.05.1998 und 05.06.1998, seien mithin vor der
Erkrankung des Klägers und vor Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens abgegeben worden. Nachdem er erkrankt gewesen sei, habe er
seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen können. Deshalb hätte die Beklagte ihn auffordern müssen, zur Arbeit anzutreten. Die Aufforderung
der Beklagten vom 29.05. und 05.06.1998 während des Kündigungsschutzprozesses seien dazu nicht geeignet gewesen.
44 Auch der Anspruch auf Urlaubsgeld für das Jahr 2000 sei begründet. Dass er im Jahr 2000 für die Beklagte nicht gearbeitet habe und deshalb
keinen Urlaub hatte, sei ein von der Beklagten verursachtes Verschulden.
45 Die Beklagte tritt der Berufung des Klägers entgegen und verweist dabei auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Entscheidungen des LAG
Baden-Württemberg im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren (Az. 17 Ta 7/0) im Beschluss vom 21.08.2001 und verteidigt das Urteil des
Arbeitsgerichtes, soweit es den Vergütungsanspruch des Klägers zurückgewiesen hat.
46 Der Kläger sei nicht arbeitsfähig gewesen nach dem 13.12.1999, was sich aus dem ärztlichen Gutachten, das das Arbeitsamt Rottweil erhoben
habe, ergebe. Nach diesem Gutachten habe der Kläger bestimmte Arbeiten bzw. Arbeiten bei bestimmten Belastungen nicht ausführen dürfen,
etwa bei häufigem Bücken, Zwangshaltungen etc. Gerade dies sei für die Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers typisch. Die Beklagte habe im Übrigen
erstmals vom Attest Dr. R. im vorliegenden Verfahren am 13.11.2001 erfahren, vorher sei dies nicht bekannt gewesen.
47 Die Beklagte habe den Kläger mehrfach aufgefordert, den Wiedereintritt seiner Arbeitsfähigkeit anzuzeigen, so auch mit Schreiben vom
29.05.2000 und 24.10.2000. Der Kläger habe hierauf nicht reagiert.
48 Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom
30.01.2002 (Abl. II/1 - 2 a), die Berufungserwiderung auf die Berufung des Klägers vom 10.04.2002 (Abl. 24 - 26), die Berufungsbegründung des
Klägers vom 08.03.2002 (Abl. II/17 - 21) und den Schriftsatz des Klägers vom 18.06.2002 (Abl. II/44 - 46) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
49
I. Die Berufungen der Beklagten wie des Klägers sind gemäß § 64 Abs. 1 Satz 2 ArbGG statthaft. Sie sind auch form- und fristgerecht eingelegt
und begründet worden. Die Berufungen der Parteien sind mithin gemäß §§ 66 Abs. 1, 74 Abs. 6 ArbGG i. Verb. m. §§ 578, 579 ZPO in der bis
31.12.2001 geltenden Fassung zulässig.
50
Die Berufung des Klägers (II) ist im Gegensatz zur Berufung der Beklagten (III) nicht begründet.
II.
51
Zur Berufung des Klägers
52
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage auf Vergütung für die Zeit ab 13.12.1999 bis Ende 2000 zurückgewiesen. Der Kläger hat
für diesen Zeitraum keinen Lohnanspruch unter dem Gesichtspunkt des § 615 BGB.
53
1. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohn für den Zeitpunkt vom 13.12.1999 bis 31.12.2000
besteht nicht. Zwar besteht das Arbeitsverhältnis der Parteien ungekündigt fort, doch fehlt der Annahmeverzug der beklagten Partei als
Voraussetzung für die Lohnzahlungspflicht gemäß § 615 Satz 1 BGB.
54
a) Die Rechtsfolgen des Annahmeverzuges des Arbeitgebers, dessen Voraussetzung sich im Übrigen aus § 293 f BGB ergeben, werden
von § 615 BGB dahingehend geregelt, dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf vereinbarte Vergütung behält, ohne zur Nachleistung
verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug gerät. Neben dem Bestehen eines
rechtswirksamen Arbeitsvertrages, der hier vorliegend ohne Zweifel gegeben ist und dessen Bestand über den 14.05.1998 hinaus durch
das rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Villingen-Schwenningen - vom 14.05.1998 (Az.: 13 Ca 341/97) und des
Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg im Berufungsrechtszug vom 13.01.1999 (Az.: 9 Sa 59/98) festgestellt ist, setzt der
Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitgeber die ihm angebotene Arbeitsleistung des leistungsbereiten und
leistungswilligen Arbeitnehmers nicht annimmt. Wie im Einzelnen die Arbeitsleistung anzubieten ist und ob ein Angebot ausnahmsweise
überflüssig ist, ergibt sich aus §§ 294 ff. BGB. Auf ein etwaiges Verschulden und die Ursachen der Nichtannahme der Arbeitsleistung von
seiten des Arbeitnehmers kommt es, wie der Kläger grundsätzlich insoweit zu Recht ausführt, nicht an.
55
b) Voraussetzung ist dabei grundsätzlich im fortbestehenden Arbeitsverhältnis, dass der Arbeitnehmer nach § 294 BGB, in der Regel auch
persönlich, gemäß § 613 Abs. 1 BGB, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung dem Arbeitgeber so anbietet, wie sie vertragsgemäß zu
bewirken ist. Dies bedeutet, der Arbeitnehmer muss am Arbeitsplatz, das heißt zum Erfüllungsort seiner Arbeitsleistung, erscheinen und zur
Arbeitsaufnahme unverzüglich bereit sein (so schon BAG Urt. v. 27.3.1960 AP Nr. 10 zu § 615 BGB m. Anm. Hueck). Anders gewendet
muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur rechten Zeit und am rechten Ort und in der rechten Weise seine Dienste anbieten.
56
Grundsätzlich genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers zum Erbringen seiner Dienste gemäß § 295 Satz 1 BGB nur dann, wenn
der Arbeitgeber zuvor erklärt hat, die Leistung des Arbeitnehmers nicht anzunehmen oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung
des Arbeitgebers unterbleibt.
57
Eine solche Mitwirkungshandlung ist im gekündigten Vertragsverhältnis Voraussetzung, um den Annahmeverzug des Arbeitgebers zu
beenden, wie der Kläger zu Recht mit der Berufung wiederholt vorgetragen hat (BAG Urt. v. 19.1.1999 - Az. 9 AZR 679/97 - AP Nr. 79 zu §
615 BGB = BAGE 90, 329 f.).
58
Dem Arbeitgeber obliegt es als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung zu ermöglichen.
Dazu muss er den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers planen und durch Weisung hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher
konkretisieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Obliegenheit nicht nach, gerät er in Annahmeverzug, ohne dass es eines tatsächlichen
Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer bedarf (BAG Urt. v. 19.1.1999 a.a.O.).
59
c) Es bedarf indes eines tatsächlichen Angebotes des Arbeitnehmers, wenn die zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber in Streit
befindlichen Kündigungen und ein etwaiger Auflösungsantrag des Arbeitnehmers - wie hier - rechtskräftig erledigt sind und feststeht, dass
das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Es bedarf insbesondere wieder eines tatsächlichen Arbeitsangebotes des Arbeitnehmers, jedenfalls dann,
wenn der Arbeitgeber hinreichend eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass und welche Arbeitsstelle dem Arbeitnehmer zugewiesen
werden soll und zugleich aufgefordert hat, gegebenenfalls bei gesundheitlicher Leistungsfähigkeit seine Dienste anzubieten. Unter diesen
Voraussetzungen endet nach Auffassung der Kammer der ursprünglich bestehende Annahmeverzug der Beklagten mit dem Eintritt der
Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 13.01.1999 im Kündigungsfeststellungsverfahren.
60
Das rechtswirksame Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Parteien stand aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung über die
Kündigungsschutzklage des Klägers sowie auch aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung der Zurückweisung des Auflösungsantrages
des Klägers mit der Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes vom 13.01.1999 fest. Es kommt nicht darauf an, ob diese
Entscheidung mit ihrer Verkündung am 13.01.1999, mit deren Zustellung am 14.02.1999 oder mit der Rücknahme der
Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die am 16.04.1999 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen war, eingetreten ist, jedenfalls stand
spätestens mit dem 16.04.1999 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien rechtswirksam fortbestand. Unter dem besonderen Vorliegen
von im Übrigen unstreitigen Umständen, hätte es nach dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers eines tatsächlichen, oder was hier
dahinstehen kann, zumindest eindeutigen wörtlichen Angebotes des Klägers bedurft, seine Dienste erneut anzubieten. Mithin hat
spätestens zum Zeitpunkt des 16.04.1999 der Annahmeverzug der Beklagten sein Ende gefunden.
61
d) Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:
62
(a) Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass ein Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägers nicht
bestand. Der Kläger hatte im Verfahren 13 Ca 341/97 zweitinstanzlich mit Schriftsatz vom 29.12.1998 (Abl. 200 - 206 d. beigezogenen
Akten 9 Sa 59/98) einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9, 10 KSchG zum 31.03.1998 gestellt und diesen
damit begründet, dass sich aus den Kündigungen ergebe, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Kläger unzumutbar
sei. Außerdem hat der Kläger aufgeführt, dass "er sich unverzüglich nach seiner Wiedergenesung um eine Arbeitsstelle bemühen"
werde. Der Kläger hat den Auflösungsantrag bezüglich des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.1998 bis zur mündlichen Verhandlung im
Berufungsrechtszug im Verfahren 9 Sa 59/98 am 13.01.1999, darüber hinaus aber ganz offenkundig auch bis zur Rücknahme seiner
Nichtzulassungsbeschwerde am 16.04.1999 weiterverfolgt. Der Kläger hat indes nach diesem Zeitpunkt weder aufgrund mündlicher
Äußerungen, noch aufgrund schriftsätzlicher Mitteilungen oder außergerichtlicher Mitteilungen an die Beklagte in irgendeiner Weise zu
erkennen gegeben, dass er nach Beendigung seiner Genesung und nach Eintritt des rechtskräftigen Feststehens des Fortbestehens
des Arbeitsverhältnisses bereit sei, die Tätigkeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen.
63
(b) Die Beklagte hatte andererseits durchgehend zu erkennen gegeben, dass der Kläger, wenn er wiederum arbeitsfähig sei,
vertragsgerecht beschäftigt würde.
64
So hat die Beklagte mit Schreiben vom 29.05.1998 durch ihren damaligen Prozessvertreter auffordern lassen, "die Arbeit in deren
Niederlassung Z. unverzüglich wieder anzutreten". Mit Schreiben vom 05.06.1998 hat die Beklagte selbst unter Bezug auf das
Schreiben ihres Prozessvertreters vom 29.05.1998 erneut den Kläger aufgefordert, die "Arbeit in unserer Filiale in Z. unverzüglich
wieder aufzunehmen" und angefügt "sie sind bislang nicht zur Arbeit erschienen".
65
Die Beklagte hat damit zu erkennen gegeben, dass sie das im Zusammenhang mit der Kündigung vom 01.09.1997 ausgesprochene
Verbot, den Betrieb zu betreten, zurücknimmt, bzw. für sachlich erledigt hält.
66
Die Beklagte hat im Gegensatz zum Kläger die ohnedies einem Rechtsmittel nicht unterliegende Entscheidung vom 13.01.1999 nicht
mit der Nichtzulassungs- beschwerde angegriffen.
67
Für die Bereitschaft der Beklagten, jedenfalls nach Rechtskraft der Entscheidung vom 13.01.1999 die Arbeitskraft des Klägers wieder in
Anspruch zu nehmen, spricht ferner, dass sie ausdrücklich mit Schreiben vom 06.06.2000 (Abl. 44) und erneut mit Schreiben des
Beklagtenvertreters vom 24.10.2000 (Abl. II/14) darauf hingewiesen hat, dass der Kläger für den Fall der Arbeitsfähigkeit seine
Arbeitsleistung wiederum zur Verfügung stellen müsste. Die Beklagte hat sich mithin durchgehend bereit gezeigt, für den Fall der
Arbeitsfähigkeit die Arbeitskraft des Klägers wieder in Anspruch zu nehmen.
68
Andererseits hat der Kläger auf die entsprechenden Aufforderungen der Beklagten nicht reagiert. Diese Verhaltensweise muss nach
den Umständen nach Auffassung der Kammer zu dem Schluss führen, dass die weitere Voraussetzung für den Annahmeverzug,
nämlich der ernsthafte Wille des Klägers die Leistung im geschuldeten Umfang zu erbringen (§ 297 BGB) gefehlt hat (vgl. BAG Urt. v.
29.10.1992 EzA § 615 BGB Nr. 77; Müko-Boewer Rdnr. 29 zu § 78; ErfK-Preis Rdnr. 52 zu § 615 BGB).
69
Der Kläger hat der Beklagten gegenüber keine Bereitschaft gezeigt, die Tätigkeit wieder aufzunehmen.
70
2. Die Berufung des Klägers scheitert auch daran, dass entgegen seiner Auffassung das objektive Leistungsvermögen nicht dargetan ist.
71
Voraussetzung für den Annahmeverzug des Arbeitgebers ist nach § 297 BGB ferner, dass der Arbeitnehmer objektiv in der Lage ist, die
arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, anders gewendet, dass dieses Leistungsvermögen nicht aus gesundheitlichen Gründen
fehlt (BAG, Urt. v. 18.12.1986 AP Nr. 2 zu § 297 BGB). Ist der Arbeitnehmer auch nur teilweise arbeitsunfähig oder teilweise nicht in der Lage,
die vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu erbringen, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, mögliche Teilleistungen anzunehmen. Auch
besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Tätigkeit des Arbeitnehmers im Wiedereingliederungsverfahren nach § 74 SGB V als
Teilleistung der Arbeit entgegenzunehmen (vgl. BAG Urt. v. 29.10.1998, NZA 1999, S. 377).
72
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat der Kläger, der für dieses anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmal
darlegungsbelastet ist, nicht ausreichend dargelegt, dass er nach dem 13.12.1999 tatsächlich hinreichend leistungsfähig gewesen ist, die
vertraglich geschuldeten Tätigkeiten insgesamt zu erbringen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
73
a) Der Kläger hat sich am 11.12.1999 beim Arbeitsamt zwar als "arbeitsfähig" gemeldet und sich nach seiner Darstellung um eine
Vollzeitarbeitsstelle als Kfz-Mechaniker (Schriftsatz des Klägers vom 28.11.2001, Abl. 171) bemüht. Gleichwohl ergeben sich
durchgreifende gewichtige Zweifel daran, ob der Kläger für die typische Tätigkeit des Kfz-Mechanikers, wie er sie für die beklagte Partei
hätte erbringen müssen, ab 13.12.1999 leistungsfähig gewesen sei. Zweifel ergeben sich zunächst daraus, dass
74
der Kläger bis 10.12.1999 unstreitig Krankengeld von der AOK Rottweil bezog. Das Ende der Arbeitsunfähigkeit, wie dies der Kläger
nunmehr behauptet, fiel zeitlich exakt mit der Aussteuerung durch die AOK Rottweil zusammen. Die AOK Rottweil hatte der Beklagten mit
Schreiben vom 12.10.1999 (Abl. II/40) mitgeteilt, dass "bei Herrn F. ... das Krankengeld am 10.12.1999 (endet)". Irgendeine Äußerung
gegenüber der Beklagten, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt genesen sein würde, lässt sich dem Schreiben der AOK Rottweil vom
12.10.1999 nicht entnehmen. Dies lässt sich im Übrigen auch nicht den Mitteilungen des Klägers an die Beklagte entnehmen, mit denen
der Kläger unter dem Datum des 20.03.2000 (Abl. I/46 - 50) Zahlungsansprüche u. a. geltend machte. Für die Beklagte war daher
tatsächlich am 10.12.1999/13.12.1999 nicht feststellbar, ob der Kläger arbeitsfähig sein würde.
75
b) Entgegen der Auffassung des Klägers ergeben sich auf der Grundlage des vom Kläger am 12.11.2001 vorgelegten ärztlichen
Gutachtens des Dr. R. vom 16.02.2000, das dieser nach einer Untersuchung erstellt hat, gewichtige Zweifel, ob der Kläger für eine
vollschichtige Tätigkeit als Kfz-Mechaniker bei der Beklagten tatsächlich arbeitsfähig gewesen ist.
76
So heißt es zwar im positiven Leistungsbild unter I a, dass der Kläger "im Freien, in Werkhallen, in geschlossenen Räumen, in temperierten
Räumen täglich vollschichtig einer Erwerbsarbeit in der Arbeitshaltung stehend, gehend, sitzend nachgehen kann", doch wird unter I b die
Leistungsfähigkeit des Klägers erheblich eingeschränkt. Danach soll der Kläger mit folgenden Arbeiten oder Belastungen nicht befasst
werden: "unter Zeitdruck, mit häufigem Bücken, Zwangshaltungen (z. B. über Kopf arbeiten, Knien, Armvorhalt, vornübergebeugt), Heben
und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel".
77
Eine weitere Einschränkung folgt im Übrigen unter III. und IV a) und b). Unter III. wird als "Gesundheitsstörung" aufgeführt: "Chronisches
Erschöpfungssyndrom nach Kündigung" und "Kompensiertes degeneratives Wirbelsäulensyndrom", unter IV. b) steht unter der Überschrift
"Im Vordergrund stehende Gesundheitsstörungen mit Hinweisen auf die funktionelle Auswirkung - Prognose - Behandlungsbedürftigkeit"
folgender Text: "Herr F. leidet an einem ausgeprägten Erschöpfungssyndrom mit depressiven Zügen, nachdem er von seinem Arbeitgeber
mehrfach die Kündigung bekommen hat. Da die gerichtlichen Auseinandersetzungen andauern, ist mit verbesserter Belastbarkeit in
absehbarer Zeit nicht zu rechnen .....".
78
Da im Übrigen kein Anhalt für eine akute Organerkrankung und keine wesentlichen Funktionsstörungen von Dr. R. festgestellt wurden,
bleiben erhebliche Zweifel, ob der Kläger für eine vollschichtige Tätigkeit als Kraftfahrzeugmechaniker bei der Beklagten arbeitsfähig ist.
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c) Diese Zweifel am Gesundheitszustand des Klägers für die Verrichtung der konkreten Tätigkeit beruhen auch darauf, dass die Beklagte
unbestritten vorgetragen hat, dass der Kläger bei der Durchführung seiner Tätigkeit als Automechaniker bei der Beklagten auch mit
Arbeiten beschäftigt werden muss, die nach dem negativen Leistungsbild der Begutachtung des Dr. R. nicht vom Kläger verrichtbar sind.
80
Der Kläger hielt im Übrigen auch noch nach der Zurückweisung seines Auflösungsantrages durch Urteil des Landesarbeitsgerichtes vom
13.01.1999 an seiner Auffassung fest, dass es ihm nicht zuzumuten sei, die Tätigkeit bei der Beklagten fortzusetzen. So hat er im Schriftsatz
vom 15.10.1999, den er selbst an das Arbeitsgericht Freiburg adressiert hatte und welcher dort am 18.10.1999 eingegangen ist (vgl. Abl. 54
d. Verfahrensakte 13 Ca 228/99) ausgeführt, dass "das Arbeitsverhältnis völlig zerstört ist und unter keinen Umständen mehr fortgeführt
werden kann". Aus diesem Grunde habe er beim Landesarbeitsgericht den Auflösungsantrag gestellt.
81
d) Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Klägers gerade für die Verrichtung einer Tätigkeit als Mechaniker bei der Beklagten ergibt sich auch
aus dem von ihm im Verfahren 13 Ca 341/97 = 9 Sa 59/98 mit Schriftsatz vom 29.12.1998 (dort Abl. 195) angebrachten Antrag auf
Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.1998 gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung. Der Kläger
hat dort vorgetragen, dass es ihm nicht weiter zuzumuten ist, infolge der Art und Weise der fristlosen und ordentlichen Kündigungen, noch
weiter bei der Beklagten zu arbeiten. Im Rahmen einer langfristigen Prognose, so sein dortiger Vortrag, könne nicht davon ausgegangen
werden, dass sich das zwischen den Parteien hoffnungslos zerstörte Verhältnis noch einmal bessere. Ferner hat er Seite 6 des
Schriftsatzes vom 29.12.1998 im Verfahren 9 S 59/98 angekündigt, dass er sich "unverzüglich nach seiner Wiedergenesung um eine neue
Arbeitsstelle bemühen" werde (Abl. 198). Der Kläger hat sich daher selbst für leistungsunfähig gehalten, seine vertraglich geschuldeten
Tätigkeiten für die beklagte Partei zu erbringen.
82
Indes kommt es hierauf letztlich nicht an. Der Arbeitgeber kommt nach § 297 BGB nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des
Angebots außerstande ist, die Leistung - vollständig - zu bewirken. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Schuldners,
also des Klägers an, sondern auf die objektiven Umstände der Leistungsfähigkeit. Kann der Arbeitnehmer objektiv aus gesundheitlichen
Gründen nicht die vereinbarte Leistung vollständig erbringen, so kann das fehlende Leistungsvermögen nicht allein durch den Willen des
Arbeitnehmers ersetzt werden, trotz objektiver Leistungsunfähigkeit einen Arbeitsversuch zu unternehmen (BAG Urt. v. 29.10.1998 Az. 2
AZR 266/97 - AP Nr. 77 zu § 615 BGB - unt. II. 2 b) d. Gründe).
83
Die objektiv fehlende Leistungsfähigkeit als Voraussetzung des Annahmeverzugs ist aufgrund der erwähnten Umstände daher nicht
dargelegt. Dies gilt jedenfalls für die hier streitbefangene Zeit ab 13.12.1999 bis 31.12.2000.
84
Aus diesen Gründen vermochte die Berufung des Klägers keinen Erfolg zu haben.
85
3. Ebenso wenig wie ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn in der Zeit zwischen 13.12.1999 und 31.12.2000 besteht ein Anspruch auf
vermögenswirksame Leistungen für diesen Zeitraum. Vermögenswirksame Leistungen sind ebenso wie die unmittelbaren Lohn- und
Gehaltsbestandteile steuerpflichtige Arbeitslohn nach § 2 Abs. 6, 5. VermbG, unabhängig davon, ob sie vom Arbeitgeber erbracht werden oder
auf Verlangen des Arbeitnehmers ein Vertrag über die vermögenswirksame Anlage von Teilen des Arbeitslohnes abgeschlossen worden ist.
Entfällt ein Anspruch auf Leistung von Lohn mangels bestehendem Annahmeverzuges, so entfällt auch ein Anspruch auf die
vermögenswirksamen Leistungen als besonderer Bestandteil des Arbeitslohnes.
86
4. Ein Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes, wie vom Kläger geltend gemacht, besteht, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat,
nicht. Wie bereits im Urteil vom 22.12.1999 im Verfahren 13 Ca 228/99 zu Recht ausgeführt, wird vorliegend von den Parteien übereinstimmend
vorgetragen, dass das Urlaubsgeld nicht als ein fester, nur zusätzlicher Gratifikationsbetrag an einem bestimmten Stichtag gezahlt wurde,
sondern dass die Urlaubsvergütung - offenkundig in Anlehnung an die Üblichkeit der entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen im
Kraftfahrzeughandwerk - in Höhe des 1,5fachen des üblichen Stunden- oder Monatslohnes zusammengesetzt wurde. In diesen Fällen handelt
es sich um ein einheitliches Urlaubsentgelts, einschließlich des Urlaubsgeldes und ein Anspruch besteht nur dann, wenn dem Arbeitnehmer
tatsächlich Urlaub gewährt worden ist (vgl. BAG Urt. v. 19.1.1999 - 9 AZR 204/98 - EzA § 4 TVG - Einzelhandel - Nr. 39; BAG Urt. v. 28.7.1992 - 9
AZR 314/91 - EzA § 17 BErzG Nr. 4).
87
Der Kläger hat zwischen dem 13.12.1999 und dem 31.12.2000 weder Urlaub beantragt, noch gewährt erhalten. Das Arbeitsverhältnis besteht
unstreitig fort. Ein Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld besteht daher nicht.
I.
88
Zur Berufung der Beklagten
89
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
90
Die Kammer ist der Auffassung, dass ein Anspruch auf eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, von der vorliegend zur Überzeugung des
Gerichtes auszugehen ist, dann entfällt, wenn weder eine tatsächliche Arbeitsleistung aufgrund fehlenden Arbeitsangebotes des Arbeitnehmers
für das gesamte Bezugsjahr gegeben ist und aus dem erkennbaren Verhalten des Arbeitnehmers eine Betriebstreue für die Zukunft nicht
abgeleitet werden kann.
91
1. In Übereinstimmung mit dem Kläger kann nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Kläger und dem Rechtsvorgänger der
Beklagten, dem früheren Inhaber Herrn R. , eine Vereinbarung darüber zustande gekommen ist, dass der gesamte, jeweils geltende Tarifvertrag
für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende im Kraftfahrzeuggewerbe in Baden-Württemberg mit seinen gratifikationseinschränkenden
Regelungen zur Anwendung kommen soll. Zwar behauptet die Beklagte mit der Berufung, dass eine entsprechende Anwendung des
Tarifvertrages mit Herrn R. vereinbart worden sei. Der entsprechende Beweisantritt ist indes nicht in gesetzmäßiger Weise erfolgt. Mit Recht rügt
der Kläger, dass keine Einzelheiten dargestellt worden sind, wann und mit welchem Inhalt aufgrund welchen Gespräches, etwa mit dem Kläger,
eine entsprechende Vereinbarung zustande gekommen sein soll. Hierzu hätte aber insbesondere deshalb Veranlassung bestanden, weil
jedenfalls unstreitig der schriftliche Vertragsentwurf der beklagten Partei vom Kläger unstreitig nicht akzeptiert worden ist. Das
Vertragsverhältnis mit der Firma R. hatte seit Oktober 1976 bestanden, so dass die Beklagte schon im Einzelnen hätte darstellen müssen, wann
zwischen dem Zeitpunkt des Oktober 1976 und dem Betriebsübergang am 01.07.1997 eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen
wurde.
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In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht ist auch davon auszugehen, dass eine Kürzungsvereinbarung ausdrücklicher Art im Sinne von § 4 a
EFZG von der Beklagten nicht behauptet worden und auch nicht ersichtlich ist.
93
Gleichwohl hat der Kläger vorliegend nach Auffassung der Kammer keinen Anspruch auf eine entsprechende Gratifikation für das Jahr 2000.
94
2. Die vom Arbeitgeber aufgrund vertraglicher (oder auch gegebenenfalls betrieblicher oder tarifvertraglicher Regelung) gewährten
Sonderzuwendungen unterschiedliche Zwecke verfolgen und ihnen kommt daher auch ein unterschiedlicher Charakter zu. So kann Zweck der
Sonderzuwendung sein, im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich zu vergüten, so dass die entsprechende Sonderzuwendung reinen
Entgeltcharakter hat oder dass sie den Zweck hat, die dem Betrieb erwiesene Betriebstreue zu belohnen und zukünftige Betriebstreue
anzuregen. Eine Sonderzuwendung kann auch beide Zwecke verfolgen und hat dann Mischcharakter, sofern nicht der eine oder der andere
Zweck eindeutig überwiegt. Der Zweck der jeweiligen Sonderzahlung ist dabei den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien zu entnehmen,
wie sie sich aus dem Vortrag ergeben.
95
Die Kammer ist dabei der Auffassung, dass nach dem beidseitigen Vortrag davon auszugehen ist, dass die Parteien jedenfalls insoweit einen
Mischcharakter mit der vereinbarten Gratifikation verknüpft haben, als diese jedenfalls dann nicht geschuldet sein soll, wenn weder irgendeine
Arbeitsleistung im Bezugsjahr erbracht worden ist, noch der Arbeitnehmer bei von ihm dargestellter und behaupteter Leistungsfähigkeit seine
Dienste angeboten hat, noch zu erkennen gegeben hat, dass er künftig betriebstreu bleiben möchte.
96
Die Kammer ist der Auffassung, dass Sonderzahlungen, wie sie hier die Parteien vereinbart haben, jedenfalls unter dem stillschweigenden
(negativen) Tatbestandsmerkmal stehen, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich leistungsbereit sein muss und die fehlende Leistung der Arbeit
nicht auf Arbeitsunfähigkeit, Erziehungsurlaub, Mutterschaftsurlaub oder sonstiger gesetzlicher oder vertraglich mit dem Arbeitgeber
vereinbarter Freistellung beruht. Fehlt es sowohl an der Arbeitsleistung, wie am Angebot der Arbeitsleistung, obgleich dieses geboten und
möglich ist, wie auch an dem Willen des Arbeitnehmers, Betriebstreue für die Zukunft zu leisten, so fehlt es an diesem Tatbestandsmerkmal für
die Mischleistung, was zum Entfallen des Anspruches führt.
97
3. So liegen die Dinge jedoch in der vorliegenden Fallgestaltung:
98
Unter II. 1. und 2. ist dargestellt worden, dass der Kläger verpflichtet gewesen wäre, seine Dienste der Beklagten, wenn er sich denn für
leistungsfähig hielt, was er vorträgt, tatsächlich anzubieten. Entsprechende Angebote hat der Kläger indes nicht gemacht. Weiterhin hat der
Kläger zu erkennen gegeben, dass Betriebstreue von ihm nicht erwartet werden kann, dies gilt zumindest für den hier streitbefangenen
Zeitraum bis Ende 2000. Der Kläger hat seit seinem Schriftsatz vom 29.12.1998 (13 Ca 341/97 = 9 Sa 59/98, dort Abl. 195) einen Antrag auf
Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.1998 gegen Zahlung einer Abfindung verfolgt. Er hat hierzu dargestellt, dass es ihm nicht
zuzumuten ist, die Tätigkeit bei der Beklagten fortzusetzen. Aus dem gesamten Akteninhalt, vor allem auch aus den vom Kläger eingeführten
persönlichen Geltendmachungsschreiben, lässt sich nirgendwo erkennen, dass der Kläger bereit wäre, für den Fall seines rechtskräftigen
Obsiegens in den Kündigungsfeststellungsverfahren, seine Dienste der Beklagten wieder zu erbringen.
99
Dieses Ergebnis ist im Wege der Auslegung der gesamten Regelung zu entnehmen, welches die Parteien getroffen haben und bei dem auch
berücksichtigt werden muss, was die beteiligten Kreise üblicherweise, beispielsweise in der tarifvertraglichen Regelung im Kfz-Handwerk, zu
vereinbaren pflegen.
100 Der Berufung der Beklagten war daher insoweit stattzugeben und die Klage auch diesbezüglich abzuweisen.
101 Die Kammer hat insoweit, da möglicherweise von der Rechtsprechung des 10. Senates abweichend, (vgl. etwa BAG Urt. v. 16.3.1994 - 10 AZR
669/92 -; BAG Urt. v. 19.4.1955 - 10 AZR 259/94 - NZA 95, S. 997 und NZA 95, S. 1096, aber auch BAG Urt. v. 24.3.1993 - 10 AZR 160/92 - AP
Nr. 152 zu § 611 BGB Gratifikation) die Revision zugelassen, soweit die Klage auch mit dem Streitgegenstand der geltend gemachten
Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2000 unter Abänderung des Urteils 1. Instanz abgewiesen wurde.
IV.
102 Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97, 91 ZPO.
103 gez. K.,..... gez. H.,..... gez. L.,.....