Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 24.06.2009

LArbG Baden-Württemberg: arbeitsgericht, personalakte, abmahnung, vermögensrechtliche streitigkeit, berechtigung, rechtsberatung, ermessensfehler, ermessensspielraum, absicht, verfügung

LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 24.6.2009, 5 Ta 12/09
Streitwert - Bewertung eines Antrags auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und Feststellung ihrer fehlenden Berechtigung
Leitsätze
1. Die Bewertung eines Antrags auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und Feststellung ihrer fehlenden Berechtigung erfolgt nach
§ 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.
2. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Werts ist es nicht
ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht für die - als Einheit anzunehmenden Anträge - im Rahmen seiner Ermessenentscheidung von der
Einheitlichkeit zu wertenden Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt.
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 4. Juni 2009 - 12 Ca 18/09 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 63 Abs. 2 GKG.
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Gegenstand des Ausgangsverfahrens waren diverse Klaganträge betreffend ein Schreiben der Beklagten vom 3. März 2009, das die Klägerin als
Abmahnung verstanden hatte und deren Nichtberechtigung sowie Entfernung des Schreibens aus der Personalakte mit der Klage erreicht
werden sollte. Das Verfahren endete durch Abschluss eines Vergleiches, wonach das genannte Schreiben aus der Personalakte entfernt werden
sollte und für den Fall, dass es sich dort nicht befindet, auch künftig nicht zur Personalakte genommen werden dürfe. Darüber hinaus waren sich
die Parteien einig, dass aus dem Schreiben vom 3. März 2009 keine Rechtswirkungen hergeleitet werden können.
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Das Arbeitsgericht hat im Termin am 29. Mai 2009 seine Absicht bekundet, den Gegenstandswert mit EUR 1 500,00 gemäß § 3 ZPO
anzunehmen, wobei dieser Bewertung ein halbes Monatsgehalt zugrunde liegen würde. Mit Schreiben vom 2. Juni 2009 haben die Beteiligten
zu 1 darauf hingewiesen, dass sie an ihrer Auffassung festhalten, wonach nach einer Abmahnung mit einem Monatsgehalt bewertet werden
müsse und dieser Wert auch vorliegend angemessen sei.
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Mit Beschluss vom 4. Juni 2009 hat das Arbeitsgericht den Wert auf EUR 1 500,00 festgesetzt und zur Begründung darauf hingewiesen, dass es
eine Festsetzung mit üblicherweise einem Monatsgehalt nicht geben würde, vielmehr die zugrunde liegenden, den Wert bestimmenden Faktoren
nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg zu bewerten seien. Die Annahme eines halben Bruttomonatsgehalts
sei angemessen und ausreichend, da der Grad der Beeinträchtigung der Klägerin durch das Schreiben der Beklagten vom 3. März 2009 gering
gewesen sei. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob das Schreiben überhaupt als Abmahnung hätte verstanden werden können.
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Mit Schreiben vom 9. Juni 2009 haben die Beteiligten zu 1 gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes Beschwerde eingelegt und zur
Begründung auf ihr Schreiben vom 2. Juni 2009 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem
Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 68 Abs. 1 GKG) statthafte und auch insgesamt zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der
angefochtene Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mannheim ist nicht abzuändern. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen
Beschluss das Interesse der Beteiligten zu 2 an der Entfernung des Schreibens der Beteiligten zu 3 vom 3. März 2009 aus der Personalakte und
der Feststellung Nichtberechtigung der "Abmahnung" mit dem Wert einer halben durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung mit EUR 1 500,00
bewertet. Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Interesses
der Beteiligten zu 2 steht dem Arbeitsgericht ein Ermessensspielraum zu, den das Beschwerdegericht zu respektieren hat.
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1. Das Arbeitsgericht hat den Wert eines Abmahnungsrechtsstreits nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen
zu schätzen. Nach ständiger und langjähriger Rechtsprechung der Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist der
Bewertungsmaßstab bei Abmahnungsstreitigkeiten aus § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO zu entnehmen, weil es sich bei dem
Streit um die Herausnahme einer Abmahnung aus der Personalakte und deren Berechtigung, um eine vermögensrechtliche Streitigkeit
handelt. Für deren Bewertung ist das wirtschaftliche oder persönliche Interesse der das Verfahren einleitenden Partei hinsichtlich der mit der
Klage geltend gemachten Anträge maßgeblich. Soweit das Arbeitsgericht zulässig sein Ermessen ausgeübt hat, kann das
Beschwerdegericht dessen Ermessensentscheidung übernehmen. Deshalb wird in solchen Fällen vom Beschwerdegericht eine
entsprechende Entscheidung ungeachtet dessen respektiert, ob der festgesetzte Gebührenwert vom Beschwerdegericht selbst höher oder
niedriger festgesetzt worden wäre, wenn sich die „Richtigkeit“ eines bestimmten Wertes nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, sondern
Ergebnis einer richterlichen Schätzung ist, die auch von subjektiven Wertungselementen abhängt.
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2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die vom Arbeitsgericht getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden.
Ermessensfehler des Arbeitsgerichts hat die Beschwerde nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Das Arbeitsgericht hat seine
tragenden Erwägungen in seine Entscheidung einfließen lassen. Es berücksichtigt hat, dass das Schreiben vom 3. März 2009 eine
Beeinträchtigung der Beteiligten zu 2 darstellt und auch das Interesse an der Herausnahme dieses Schreibens berücksichtigt. Es hat in
seine Entscheidung auch eingestellt, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht konkret gefährdet gewesen sei und das Schreiben
lediglich pauschale Vorwürfen zum Gegenstand hatte, die es nicht als sonderlich schwerwiegend angesehen hat. Unter Berücksichtigung
dessen ist die Annahme des Arbeitsgerichts, der Gegenstandswert sei mit EUR 1 500,00 ausreichend und ordnungsgemäß bewertet, nicht
als ermessensfehlerhaft zu beanstanden.
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3. Es kann im Entscheidungsfall dahingestellt bleiben, ob die von den Beteiligten zu 1 angenommene Gleichung für die Bewertung eines
Klageantrags über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und der Feststellung der fehlenden Berechtigung derselben eine
Bewertung mit einem Bruttomonatsbezug des klagenden Arbeitnehmers zutreffend ist. Die Beschwerdeammer neigt allerdings dazu eine
Wertfestsetzung für einen Abmahnungsrechtsstreit, die sich am Monatsbezug des Arbeitnehmers orientiert, nicht als ermessensfehlerhaft
anzusehen. Dies bedeutet aber nicht, dass jede andere Entscheidung des Arbeitsgerichts ermessensfehlerhaft wäre.
III.
10 Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
11 Gegen diese Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).