Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 04.08.2009

LArbG Baden-Württemberg: arbeitsgericht, herausgabe, ermessensfehler, verfügung, ermessensspielraum, rückgriff, beschwerdekammer, vergleich, rechtsberatung

LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 4.8.2009, 5 Ta 54/09
Streitwertfestsetzung - Herausgabeanspruch einer Lohnsteuerkarte
Leitsätze
Die Bewertung eines Antrags auf Herausgabe der Lohnsteuerkarte richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO. Bei der Beurteilung des
wirtschaftlichen Interesses steht dem Gericht ein Ermessensspielraum zu. Dabei ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Gericht im Rahmen
seiner Ermessenentscheidung die Herausgabe mit 200 EUR bewertet hat.
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Villingen-Schwenningen - vom 3. Juli 2009 -
8 Ga 4/09 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 63 Abs. 2 GKG.
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Gegenstand des Ausgangsverfahrens war ein einstweiliges Verfügungsverfahren, mit dem der Verfügungskläger die Herausgabe der
Lohnsteuerkarten 2008 und 2009 begehrte. Das Verfahren endete durch Vergleich gemäß Beschluss vom 19. März 2009. Mit Beschluss vom 3.
Juli 2009 hat das Arbeitsgericht den „Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit“ auf EUR 400,00 festgesetzt und ausgeführt, dass gemäß
§§ 3 ff. ZPO für die Herausgabe jeder Lohnsteuerkarte EUR 200,00 festgesetzt würden. Eine Bewertung nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG entbehre jeder Grundlage.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 14. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie einen
Ansatz von EUR 4.000,00 erstreben.
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Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 30. Juli 2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
II.
5
Die nach dem Beschwerdewert statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert im
angefochtenen Beschluss zutreffend auf der Grundlage der § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat entgegen dem
aus dem Wortlaut rührenden Anschein keine Wertfestsetzung nach § 33 RVG vorgenommen, sondern auf der Grundlage des § 63 Abs. 2 GKG.
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1. Das vorliegende Wertfestsetzungsverfahren richtet sich nach § 63 GKG und die Beschwerde der Beteiligten zu 1 damit nach § 68 GKG.
Gegenstand des vorliegenden Wertfestsetzungsverfahrens ist eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG. Zwar hat das Arbeitsgericht ausweislich
seines Beschlusses vom 3. Juli 2009 den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit festgesetzt. Die Formulierung spricht zunächst
für eine Wertfestsetzung auf der Grundlage des § 33 RVG. Die durchgeführte Beteiligung der Beteiligten zu 3 und 4 (der
Verfügungsbeklagten und ihrer Prozessbevollmächtigten) spricht jedoch für eine Wertfestsetzung auf der Grundlage der allein in Betracht
kommenden Regelung des § 63 GKG.
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2. Die Beschwerde ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert zutreffend mit EUR 400,00 und damit EUR
200,00 für jede der beiden Lohnsteuerkarten festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat das ihm nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zustehende
Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
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a) Die Wertfestsetzung hinsichtlich des Antrags auf Herausgabe der Lohnsteuerkarten richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.
Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Interesses der
klagenden Partei steht dem Gericht ein Ermessensspielraum zu, den die Beschwerdekammer nur auf Ermessensfehler überprüfen kann.
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b) Das Arbeitsgericht hat in seiner Entscheidung die Bedeutung der Lohnsteuerkarten hervorgehoben und insoweit auch darauf
abgestellt, dass insbesondere für das abgelaufene Kalenderjahr eine Herausgabe nicht mehr erforderlich ist, da dem Arbeitnehmer nur
noch der elektronische Ausdruck zur Verfügung gestellt wird. Auch hat das Arbeitsgericht berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer
zumindest die Lohnsteuerkarte 2009 zeitnah benötigt. Das Arbeitsgericht hat sich auch mit den einzelnen von den Beteiligten zu 1
aufgeführten Gesichtspunkten detailliert auseinandergesetzt. Die vom Arbeitsgericht vorgenommenen Ermessenserwägungen lassen
keine Ermessensfehler erkennen.
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Soweit die Beschwerdeführer neuerlich in der Beschwerde geltend machen, dass der Ansatz eines Regelstreitwerts gemäß § 23 Abs. 3
Satz 2 RVG vorzunehmen sei, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass dieser ausschließlich für die Bewertung nicht
vermögensrechtlicher Streitigkeiten in Betracht zu ziehen ist. Der Anspruch auf Herausgabe einer Lohnsteuerkarte ist jedoch
vermögensrechtlicher Natur, weshalb ein Rückgriff auf § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wie vom Arbeitsgericht bereits zutreffend im Beschluss
vom 3. Juli 2009 und im Nichtabhilfebeschluss vom 30. Juli 2009 ausgeführt, von vornherein ausscheidet.
III.
11 Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
12 Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).