Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 17.07.2003

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LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 17.7.2003, 22 Sa 124/00
Geldwerter Vorteil - Anspruch des Arbeitgebers auf Zahlung der von ihm an den Steuerfiskus aufgrund rechtskräftigen Haftungsbescheids
gezahlten Lohnsteuer
Tenor
1. Die Berufung des Klägers/Widerbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 13.09.2000, Az.: 4 Ca 280/99, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger/Widerbeklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger/Widerbeklagte (künftig Kläger) macht restliche Arbeitsentgeltansprüche geltend. Der Beklagte (Insolvenzverwalter der ehemaligen
Arbeitgeberin) wendet Aufrechnung ein und macht des Weiteren widerklagend Ansprüche geltend aus einer Lohnsteuerschuld mit der
Begründung, dass die Insolventin für den nach deren Ansicht verbilligten Verkauf einer Eigentumswohnung an den Kläger Lohnsteuer
einbehalten und an das Finanzamt abgeführt hat, weil insoweit ein geldwerter Vorteil vorgelegen habe.
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Der Klage/Widerklage liegt Folgendes zugrunde:
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Der am 14.03.1952 geborene, verheiratete Kläger war bei der Insolventin als Architekt/Bauleiter langjährig beschäftigt. Der Kläger schied
aufgrund eigener Kündigung zum 30.06.1999 aus. Für die Monate Mai und Juni 1999 hat der Kläger noch unstreitig DM 6.062,70 netto
anzusprechen, nachdem die Insolventin den Betrag von DM 5.489,00 restlichen nicht unpfändbaren Gehaltsbestandteiles für die Monate Mai und
Juni 1999 gezahlt hat. Über das Vermögen der Firma O. wurde am 17.02.2000 das vorläufige Insolvenzverfahren und am 22.05.2000, 12.00 Uhr
das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter.
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Gestritten wird über eine Lohnsteuerforderung, mit der der Beklagte gegenüber der Klagforderung aufrechnet und soweit nicht durch
Aufrechnung verbraucht bei der Widerklageforderung um Folgendes: Die Insolventin beschäftigte sich mit der Errichtung von
Eigentumswohnungen im Stadtteil R. der Stadt F.. Von mehreren dort errichteten Eigentumswohnungen verkaufte die Insolventin durch
notariellen Kaufvertrag vom 18.03.1996 an den Kläger und dessen Ehefrau zu je 1/2 eine Vier-Zimmer-Eigentumswohnung mit 96,59 qm zum
einem Kaufpreis von DM 328.000,00. Die Wohnung wurde öffentlich teilfinanziert durch ein Förderprogramm und oblag dadurch einer dinglich
gesicherten Dienstbarkeit eines Wohnungsbelegungsrechtes zugunsten der Stadt F. und einer Mietpreisbindung. Die Insolventin hatte Ende
1995 baugleiche Wohnungen an zwei verschiedene Kunden für DM 444.260,00 verkauft, wobei unbekannt ist, ob diese Wohnungen von
Eigennutzern erworben wurden und daher nicht dem Mietbelegungsrecht der Stadt F. und der Mietbindung unterlagen. Der Kläger und seine
Ehefrau haben die Wohnung nahezu vollständig gemeinsam finanziert. Anlässlich des Erwerbsvorganges war von dem Zufluss eines geldwerten
Vorteils seitens der Insolventin oder des Klägers keine Rede. Anlässlich einer normalen Betriebsprüfung der Insolventin wurde gegen Ende 1998
der Vorgang in der Formulierung der
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Beklagten "aufgedeckt". Ein Haftungsbescheid des Finanzamtes oder ein Vermerk in der Betriebsprüfung erging indessen nicht. Die Insolventin
hat darauf berichtigte Lohnsteueranmeldungen für das Steuerjahr 1996 erstellt und zwar zunächst unter dem Datum des 17.12.1998 über einen
hälftigen geldwerten Zufluss und später am 28.12.1998 auch für den der Ehefrau des Klägers zuzurechnenden Zufluss mit insgesamt - insoweit
unstreitig - DM 34.954,92 Lohnsteuer und diese angemeldete Lohnsteuer auch an das Finanzamt abgeführt. Eine geänderte
Lohnsteuerbescheinigung wurde dem Kläger unter dem 28.12.1998 erteilt. Der Vorgang fand ferner Erwähnung in dem Abschlussprotokoll einer
Lohnsteuerprüfung im August 1999. Der Kläger erhielt einen neuen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1996 unter dem 24.01.2000,
aufgrund dessen unter Berücksichtigung auch der nachträglich gemeldeten und abgeführten Lohnsteuer DM 160,95 Lohnsteuer erstattet
wurden. Die Einsprüche des Klägers, wie auch der Insolventin gegen die jeweiligen Lohnsteuerfestsetzungen blieben erfolglos. Die jeweiligen
Rechtsmittel sind rechtskräftig erledigt. Unter anderem beruhten die Entscheidungen des Finanzamtes M. vom 16.11.1999 (ABl. 105) darauf,
dass die Finanzbehörde die Auffassung vertrat, dass eine Beschwer fehle, da die Gemeinschuldnerin selbst den Tatbestand festgestellt, die
Lohnsteuer für das Jahr 1996 nachträglich im Jahre 1998 angemeldet und abgeführt habe. Im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung im August
1999 sei der Vorgang nur noch mitgeteilt worden, indessen nicht Gegenstand der Lohnsteueraußenprüfung gewesen.
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Der Kläger bestreitet, dass ein geldwerter Vorteil vorliege, die Beklagte sei daher nicht Inhaberin einer Forderung, mit der sie wirksam gegenüber
seinen pfändbaren Gehaltsbestandteilen für Mai und Juni 1999 habe aufrechnen können. Er habe lediglich im Hinblick auf seine Verhandlungen
einen günstigeren Preis erzielt als die anderen Kunden. Die Gemeinschuldnerin habe das von ihm letztlich erworbene Objekt auch zu anderen
als den von anderen Kunden gezahlten vergleichbaren Preisen angeboten. Er hält daher die Aufrechnung für unwirksam und ist der Meinung,
dass die Widerklagforderung zu Unrecht bestehe.
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Der Kläger hat, nachdem die weitere Gehaltsforderung auf den unpfändbaren Gehaltsbestandteil durch Zahlung seitens der Gemeinschuldnerin
erledigt worden war, im ersten Rechtszug den Antrag gestellt:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 6.062,70 nebst 12 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Der beklagte Insolvenzverwalter b e a n t r a g t e,
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die Klage abzuweisen
11 und hat widerklagend b e a n t r a g t:
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Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte DM 28.892,22 nebst 4 % Zinsen ab Zustellung der Widerklage zu zahlen.
13 Der Kläger b e a n t r a g t e,
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die Widerklage abzuweisen.
15 Der Beklagte sieht den Kläger als Schuldner der Steuerschuld von DM 34.954,92, mit der teilweise wirksam gegenüber den pfändbaren
Bestandteilen der Lohn-/Gehaltsforderungen des Klägers aufgerechnet worden sei. Die Gemeinschuldnerin habe als Arbeitgeber - Haftschuldner
der Lohnsteuer - den Betrag anzumelden gehabt, da dem Kläger mit dem verbilligten Kaufpreis ein geldwerter Vorteil im Lohnsteuerjahr 1996
zugeflossen sei. Der Kläger habe aus auftragsähnlichem Schuldverhältnis die Lohnsteuerschuld zu begleichen.
16 Die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens erster Instanz ergeben sich aus den gewechselten Schriftsätzen nebst den von den Parteien
vorgelegten Anlagen. Hinsichtlich eines vom Kläger weiter geltend gemachten Urlaubsgeldanspruches in Höhe von DM 3.600,00 für die Jahre
1998 und 1999 sowie hinsichtlich des Anspruches des Klägers auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses hat das Arbeitsgericht durch
Teilanerkenntnis-Urteil vom 13.09.2000 unter dem Vorbehalt der Kostenentscheidung für das Schluss-Urteil entschieden.
17 Mit (Schluss-)Urteil vom 13.09.2000 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Kläger verurteilt, an die Beklagte
DM 28.892,22 nebst 4 % Zinsen ab 22.07.1999 zu bezahlen. Die Entscheidung erging nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des
Dr. W. (Bl. 182 - 189 d. A).
18 Das Arbeitsgericht war der Auffassung, dass die Aufrechnungsforderung bzw. Widerklageforderung zu Recht bestehe. Der Kläger habe aus §
670 BGB dem Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die Lohnsteuer zu erstatten. Die Insolventin habe ihrer Fürsorgepflicht Rechnung
getragen und dem Kläger von dem Nachzahlungsbegehren des Finanzamtes Kenntnis gegeben. Zu mehr sei die Insolventin nicht verpflichtet.
Insbesondere sei sie nicht verpflichtet, aussichtslose Rechtsmittel zu führen.
19 Wegen der Einzelheiten der Entscheidung des Arbeitsgerichtes wird auf das Urteil des Arbeitsgerichtes vom 13.09.2000 (ABl. 227 - 231) Bezug
genommen. Gegen diese am 22.09.2000 zugestellte Entscheidung wendet sich die am 17.10.2000 eingelegte und nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis 04.12.2000 an diesem Tage begründete Berufung.
20 Die Berufung wendet sich gegen die Entscheidung, weil der vereinbarte Kaufpreis in 1996 aufgrund von Verhandlungen mit dem damaligen
Arbeitgeber zustande gekommen sei und es sich bei dem vereinbarten Kaufpreis um den Marktpreis handle (Beweis
Sachverständigengutachten). Es sei rechtlich fehlerhaft, den geldwerten Vorteil in voller Höhe dem Kläger als Arbeitnehmer zuzurechnen, da die
Zuwendung zur Hälfte an die Ehefrau erfolgte, die zur Hälfte Miteigentümerin ist und die auch die Lasten aus der gemeinsamen Finanzierung zu
tragen habe. Gerechtfertigt sei allenfalls die Hälfte aus DM 96.090,00, mithin DM 48.045,00 als geldwerten Vorteil zu betrachten. Die
Gemeinschuldnerin könne sich auf einen entsprechenden Anspruch auch deshalb nicht berufen, weil sie selbst - ohne ersichtlichen Grund - das
Nachbesteuerungsverfahren selbst in die Wege geleitet hat. Das Finanzamt selbst habe nämlich keinen entsprechenden geldwerten Vorteil
erkannt und auch nicht festgesetzt. Die Insolventin habe auch nicht auf eine etwaige Steuernachforderung bei Abschluss des Vertrages
hingewiesen. Sie hätte aus Fürsorgepflichtgründen beim Finanzamt zunächst eine Auskunft einholen müssen, um Nachteile vom Kläger
abzuwenden. Der Kläger sei indes erst informiert worden, als die berichtigten Lohnsteueranmeldungen bereits abgegeben gewesen seien. Der
Kläger und seine Ehefrau hätten das Objekt nicht zu einem anderen Preis erworben und insbesondere den Kaufvertrag nicht abgeschlossen,
wenn er gewusst hätte, dass durch den Erwerb der Wohnung ein geldwerter Vorteil in der nunmehr streitgegenständlichen Höhe anfallen würde.
21 Schließlich seien tarifliche Ausschlussfristen zu beachten (Schriftsatz vom 27.12.2000). Im Baugewerbe seien entsprechende Ansprüche binnen
zwei Monaten geltend zu machen. Der Anspruch der Gemeinschuldnerin sei erst Ende 1998 geltend gemacht worden und nicht im Jahre 1996.
22 Der Kläger hat b e a n t r a g t:
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Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg (Az.: 280/99) vom 13.09.2000 wie folgt abgeändert:
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1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 6.062,70 netto nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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2. Die Widerklage wird abgewiesen.
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3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
27 Der Beklagte b e a n t r a g t e,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen (Bl. 19 d. BA).
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Der Beklagte verteidigt das Urteil 1. Instanz und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
30 Wegen der Einzelheiten wird auf die von den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.
31 Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beschlusses vom 24.06.2002 durch Erhebung eines Sachverständigengutachtens über den
Verkehrswert der dem Kläger und seiner Ehefrau übereigneten Eigentumswohnung. Das Sachverständigengutachten kommt zu einem
Verkehrswert zum Stichtag des Erwerbs im März 1996 von DM 400.000,00 = EUR 204.517,00. Wegen der Einzelheiten wird auf das
Sachverständigengutachten vom 02.10.2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
32
Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1 S. 2 ArbGG statthaft. Die Berufung des Klägers ist auch gemäß § 66 Abs. 1, 74 Abs. 6 ArbGG
i. V. m. §§ 578, 579 ZPO in der für die Berufung anwendbaren bis 31.12.2001 geltenden Fassung zulässig.
II.
33
Der vom Kläger klagändernd gestellte Antrag auf Feststellung des Bestehens einer Insolvenzforderung in Höhe seiner restlichen nicht
pfändbaren Vergütungsansprüche für die Monate Mai und Juni 1999 ist eine zulässige oder sachdienliche Klagänderung im Sinne des §
263 ZPO a. F.. Die unter den Parteien nun streitig erwachsene restliche Lohnforderung auf die unpfändbaren Gehaltsbestandteile für Mai
und Juni 1999 kann der Kläger nach Eintritt der Insolvenz bei dem Arbeitgeber nur noch im Wege der Feststellungsklage des Bestehens der
entsprechenden Forderung als einfache Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geltend machen. Diese von der Rechtslage gebotene
Klagänderung ist daher sachdienlich.
III.
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Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
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Der Entscheidung des Arbeitsgerichtes ist beizutreten, obgleich nach dem Ergebnis des überzeugenden Gutachtens der zugeflossene
geldwerte Vorteil in dem vom Insolvenzverwalter berühmten Umfang nicht dem Kläger zugeflossen ist und der Zufluss eines geldwerten
Vorteils an die Ehefrau aus Rechtsgründen nicht in Betracht kommt. Gleichwohl besteht die Forderung auf Erstattung des an die
Finanzbehörden durch die Firma O. geleisteten Lohnsteuerbetrages aus der nachträglichen Lohnsteueranmeldung für das Jahr 1996 in
dem rechnerischen unstreitigen Umfang von DM 34.954,92 zu Recht. Die Insolventin war daher befugt, gegenüber dem ebenso der Höhe
nach unstreitigen restlichen Vergütungsansprüchen des Klägers für die Monate Mai und Juni 1999 aufzurechnen, was die mit der Klage
geltend gemachte Lohnforderung zum Erlöschen gebracht hat (§ 398 BGB).
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Die vom Arbeitsgericht zugesprochene Widerklagforderung in Höhe der Differenz zwischen dem durch Aufrechnung getilgten Betrag der zur
Erstattung der Gemeinschuldnerin zustehenden Lohnforderung und der Widerklagforderung schuldet der Kläger in entsprechender
Anwendung von § 670 BGB.
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Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:
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1. Unbeschadet zum Teil unterschiedlicher dogmatischer Begründung vertritt das BAG und die ihm folgende Rechtslehre in ständiger
Rechtsprechung die Auffassung, dass der Arbeitgeber dann, wenn er von den Einkünften des Arbeitnehmers zu wenig Lohnsteuern
einbehalten und an das Finanzamt abgeführt hat und wenn der Arbeitgeber nach Feststellung eines weiteren besteuerbaren Vorganges,
etwa wegen des Zuflusses eines geldwerten Vorteils, eine Steuernachmeldung und entsprechende Abführung der Lohnsteuern vornimmt
vom Arbeitgeber verlangen kann, dass dieser ihm die gezahlten Lohnsteuern erstattet (BAG AP Nr. 17, 20, 21, 22 mit überwiegend
zustimmender Anm. Weber zu § 670 BGB). Der mögliche Freistellungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmers bzw. der
Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber abgeführten Lohnsteuer folgen aus dem sich aus dem Einkommensteuergesetz ergebenen
Grundsatz, dass der Arbeitnehmer Steuerschuldner der Lohnsteuer ist (§ 38 Abs. 2 S. 1 EStG). Die Lohnsteuer wird bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit durch Abzug vom Arbeitslohn, durchgeführt durch den Arbeitgeber gemäß § 38 Abs. 1 EStG erhoben, um hierdurch
die Erfüllung des staatlichen Steueranspruches zu gewährleisten. Der Arbeitgeber haftet dem Fiskus aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher
Grundlage gemäß § 38 d Abs. 4 S. 2 EStG für die Lohnsteuer selbst. Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind Arbeitgeber und
Arbeitnehmer Gesamtschuldner des Staates. Im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zueinander bleibt der Arbeitnehmer indes
alleiniger Schuldner der Steuerforderung (BAG Urt. v. 20.03.1984 - AP Nr. 22 zu § 670 BGB unt. II 2. a) d. Grde). Dieser Grundsatz gilt, gleich,
ob der Arbeitgeber aufgrund eines Haftungsbescheides vom Finanzamt in Anspruch genommen wird oder ob der Arbeitgeber aufgrund
eigener im Rahmen der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer korrekt anzustellender Feststellungen zu dem
Ergebnis kommt, dass ein staatlicher Steueranspruch besteht und daher etwa eine nachdrückliche Festsetzung einer Lohnsteuerschuld zu
erfolgen und die entsprechende Abführung der Beträge an den Fiskus vorzunehmen ist.
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Es spielt daher keine entscheidungserhebliche Rolle, ob der Arbeitgeber aufgrund seiner Prüfung etwa eines geldwerten Vorteils zu
dem Ergebnis kommt, es liege ein besteuerbarer geldwerter Vorteil vor und eine freiwillige Neufestsetzung der Lohnsteuer für das
entsprechende Steuerjahr vornimmt oder der Arbeitgeber aufgrund eines ausdrücklichen Haftungsbescheides des Finanzamtes die
Steuerforderung für den Arbeitnehmer erfüllt (BAG a. a. O. AP Nr. 22 zu § 670 BGB m. w. N.).
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Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt es sich bei dem steuerlichen Haftschuldner-/Originärschuldnerverhältnis nicht
lediglich um ein auftragsähnliches Legalschuldverhältnis, sondern um eine, wie richtig, Nebenpflicht als Teil der verschiedenen
Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis, welche von Seiten des Arbeitgebers von der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht und auf
Seiten des Arbeitnehmers von der Redlichkeitspflicht geprägt werden (BAG Urt. v. 14.06.1974 - AP Nr. 20 zu § 670 BGB; vgl. dazu auch
Weber Anm. zu AP Nr. 22 zu § 670 BGB). Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Arbeitgebers gehören nicht nur die
rechtsgeschäftlich vereinbarten, sondern auch die kraft Gesetzes aus dem Einkommenssteuergesetz sich ergebenden öffentlich-
rechtlichen Verpflichtungen, mithin die Verpflichtung, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers richtig zu berechnen, diese einzubehalten und
an das Finanzamt abzuführen (§ 39 b Abs. 2 S. 1 EStG; vergl. Weber a. a. O. und Wiedemann in Anm. zu BAG AP Nr. 20 zu § 670 BGB).
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Hieraus folgt, dass der Arbeitgeber gehalten ist, bei der Berechnung der öffentlich-rechtlichen Lohnsteuerpflicht des Arbeitnehmers auf
der Grundlage der Fürsorgepflicht eine richtige Lohnsteuerberechnung vorzunehmen und die Lohnsteuer abzuführen, ebenso wie die
entsprechende Dokumentation in den Lohnsteuerbescheinigungen.
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Andererseits ergibt sich für den Arbeitnehmer die Verpflichtung, als Lohnsteuerschuldner gegenüber dem Arbeitgeber die von diesem
als Haftungsschuldner an das Finanzamt geleistete Lohnsteuer zu erstatten. Aus der vertraglichen Nebenpflicht zur richtigen
Berechnung und Abführung der Lohnsteuerschuld ergibt sich, dass der Arbeitgeber beispielsweise ungerechtfertigte
Nachversteuerungsansinnen des Finanzamtes abzulehnen und darüber hinaus auch den Arbeitnehmer von einer drohenden oder
erfolgten Nachversteuerung zu unterrichten hat, desgleichen von einer vom Arbeitgeber aufgrund der von ihm redlich ermittelten
Rechtsgrundlage nachträglich gemeldeten und abgeführten Lohnsteuer zu unterrichten, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat zur
Abwehr der Lohnsteueransprüche tätig zu werden (vgl. BAG AP Nr. 15 zu § 670 unt. 7. d. Grde. u. AP Nr. 8 u. Nr. 9 zu § 670 BGB).
Verletzt der Arbeitgeber seine diesbezüglich konkretisierte Fürsorgepflicht in schuldhafter Weise, so kann ein Schadenersatzanspruch
erwachsen, der zur Folge hätte, dass der Arbeitnehmer von dem Anspruch auf Leistung der bezahlten Lohnsteuer befreit wird, weil die
Festsetzung und Abführung der Steuer schuldhaft rechtswidrig unter Verletzung der Fürsorgepflicht vorgenommen wurde. In diesem
Falle hätte nämlich der Arbeitgeber die Steuer sogleich wiederum als Schadenersatzanspruch dem Arbeitnehmer zu erstatten (dolo petit
qui petit quod statim rediturus est; § 242 BGB).
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2. Nach dieser Rechtslage ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers, der Firma O. GmbH, mithin
der Insolventin ein Anspruch auf Erstattung in Höhe von rechnerisch unstreitigen DM 34.954,92 aus dem auftragsähnlichen Schuldverhältnis
erwachsen ist, mit dem der damalige Arbeitgeber zutreffend gegenüber der pfändbaren Lohnforderung des Klägers aufgerechnet hat.
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Die Angriffe der Berufung führen zu keinem anderen Ergebnis:
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3. Entgegen der Meinung der Berufung kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil und damit die Festsetzung der
nachträglich anzumeldenden Lohnsteuer zutreffend ermittelt hat oder nicht, da jedenfalls die Insolventin kein erkennbares Verschulden
daran trifft, dass jedenfalls nach Überzeugung des erkennenden Berufungsgerichtes der geldwerte Vorteil fehlerhaft bemessen wurde.
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a) Zu den Einnahmen im Sinne des Einkommenssteuergesetzes zählen, wie der Gutachter W. überzeugend auf der Grundlage des § 8
Abs. 1 EStG in seinem Gutachten vom 31.03.2000 ausgeführt hat, etwaiger dem Arbeitnehmer zufließender geldwerter Vorteil. Dabei
zählen zu den Einnahmen im Sinne des Einkommenssteuergesetzes grundsätzlich alle Güter, die dem Steuerpflichtigen in Geld oder
Geldeswert zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG). Auf die subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien, ob und in welcher Höhe eine
Einnahme aus geldwertem Vorteil vorliegt, kommt es grundsätzlich nicht an, vielmehr sind die objektiven Verhältnisse maßgebend, ob
ein geldwerter Vorteil vorliegt oder nicht.
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Auch das Berufungsgericht ist, wie der Kläger, davon überzeugt, dass die Bemessung des geldwerten Vorteils letztendlich objektiv
nicht zutreffend ist: Wie das Gutachten des Sachverständigen S. überzeugend dargestellt hat, kommt der Wohnung zum Zeitpunkt
des Verkaufes, nämlich dem März 1996, nicht der zwischen den Parteien vereinbarte Kaufpreis von DM 328.000,00 zu, sondern es
ergibt sich im Hinblick auf die Besonderheiten des Objektes, Lage und Ausstattung sowie die Belegungsbindung an die Stadt F. und
die Mietpreisbindung ein objektiver Wert von DM 409.000,00, mithin eine Differenz von DM 81.000,00 zu dem vom Kläger und
seiner Ehefrau bezahlten Kaufpreis. Das Gutachten des Herrn S. ist überzeugend. Es hat auf der Grundlage sowohl der
Vergleichswertverfahrensberechnung wie der Verkehrswertberechnung den Wert von DM 409.000,00 ermittelt.
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b) Objektiv unrichtig ist nach Überzeugung des Gerichtes auch, dass dem Kläger dieser geldwerte Vorteil in der gesamten Höhe
zugeflossen ist. Wie sich aus dem notariellen Kaufvertrag ergibt und im Übrigen auch unstreitig ist, hat nicht nur der Kläger, sondern der
Kläger mit seiner Ehefrau die Eigentumswohnung zu je 1/2 Miteigentumsteil erworben, den Kaufpreis gemeinsam bezahlt und auch die
Finanzierung gemeinsam bereitgestellt. Der Zufluss eines geldwerten Vorteils an den Kläger erfolgte daher lediglich in Höhe der Hälfte
von DM 81.000,00, soweit dies die objektiven Verhältnisse anlangt.
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c) Gleichwohl kann der Beklagten kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie im Anschluss an einen Hinweis im Rahmen einer
Betriebsprüfung den geldwerten Vorteil in der von ihr angenommenen Höhe, nämlich auf der Grundlage eines Vergleichskaufpreises für
zwei andere vergleichbar große und der Lage nach ähnliche Wohnungen im Objekt von ihr mit DM 444.260,00 in Ansatz gebracht hat.
Es lässt sich jedenfalls aus dem Vortrag der Parteien nirgendwo ermitteln, dass es sich hierbei um wesentlich abweichende Objekte
handelt, die wertmäßig höher zu veranschlagen sind als die vom Kläger und seiner Ehefrau erworbene Wohnung, obgleich dies
durchaus deshalb der Fall sein könnte, weil bei diesen Wohnungen eine öffentliche Förderung nicht vom Erwerber gewollt war und
daher etwa die Belegungs- und Mietpreisbindung zugunsten der Stadt F. als dingliche und wirtschaftliche Belastung entfiel.
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Gleichwohl kann der Beklagten nicht schuldhaft zugerechnet werden, wenn sie auf der Grundlage dieser vergleichbaren
Wohnungen und der für diese Wohnungen erzielten Preise den geldwerten Vorteil festgestellt hat. Zwar hat die Firma O. ganz
offenkundig zunächst selbst nicht daran gedacht einen geldwerten Vorteil für den Erwerb der Wohnung einzustellen, da immerhin
für die Zeit von März 1996 bis Ende 1998 eine entsprechende Festsetzung einer Lohnsteuerabführung unterblieb. Hieraus kann
indes der Firma O. kein im Sinne des § 276 BGB relevanter fahrlässiger Pflichtverstoß vorgeworfen werden.
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Wie unter den Parteien unstreitig, wurde ganz offenkundig anlässlich einer Betriebsprüfung Ende 1998, mithin unter Mitwirkung der
Steuerbehörde, der Tatbestand eines geldwerten Vorteilsflusses an den Kläger festgestellt und, wie sich insoweit ebenso unstreitig
aus dem Vortrag der Beklagten ergibt, von der Finanzbehörde darauf geachtet, dass eine entsprechende nachträgliche
Lohnsteueranmeldung erfolgt. Die Firma O. hatte auch zunächst lediglich die Hälfte der entsprechenden Lohnsteuer zur
Anmeldung gebracht, offenkundig mit Rücksicht auf den lediglich hälftigen Zufluss an den Kläger und ohne Beachtung des
etwaigen Zuflusses an die Ehefrau des Klägers. Sie hat aber gleichwohl durch weitere Lohnsteueranmeldung vom 23.12.1998 den
gesamten nunmehr im Streit befindlichen Betrag als geldwerten Zufluss festgesetzt und abgeführt. Ein irgendwie gearteter
Pflichtverstoß ist hieraus nicht ersichtlich, zumal die Finanzbehörde im späteren Haftungsbescheid, der im Hinblick auf eine
Lohnsteueraußenprüfung erfolgte (im Jahre 1999) den Vorgang des zu versteuernden Zuflusses eines geldwerten Vorteils an den
Kläger "nachrichtlich" erwähnt hat, d. h. mit der offenkundigen Billigung der Finanzbehörde. Auch aus den Auskünften, die das
Gericht beim Lohnsteuerfinanzamt bzw. dem Körperschaftssteuerfinanzamt eingeholt hat, ergibt sich, dass die Steuerbehörde nach
wie vor die Auffassung vertritt, dass
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- entgegen den von der Kammer festgestellten objektiven Gegebenheiten - dem Kläger ein entsprechender geldwerter Vorteil
zugeflossen ist.
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Unter diesem Umständen fehlt es an einem schuldhaften Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei der Bemessung
der Lohnsteuer.
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Der Einwand der Berufung geht daher fehlt, dass ein Verschulden sich daraus ergäbe, dass die Finanzbehörden selbst keinen
entsprechenden geldwerten Vorteil angesetzt hätten und sich deshalb ein Fürsorgepflichtverstoß des damaligen Arbeitgebers des
Klägers ergäbe.
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4. Ein Verschulden einer Fürsorgepflichtverletzung bei der Steuerfestsetzung und Abführung lässt sich auch nicht, wie die Berufung meint,
darin sehen, dass der damalige Arbeitgeber den Kläger nicht auf eventuelle Steuernachforderungen hingewiesen hätte oder es unterlassen
habe, beim Finanzamt eine Auskunft einzuholen, um Nachteile abzuwenden.
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a) Wie der Kläger selbst vorträgt, ist er umgehend informiert worden, als die berichtigte Lohnsteueranmeldungen abgegeben waren. Die
Beklagte hat dem Kläger mit Hilfe einer geänderten besonderen Lohnsteuerbescheinigung vom 28.12.1998 von der Abführung
nachträglich festgesetzter Lohnsteuer für das Steuerjahr 1996 Kenntnis gegeben. Dies soll nach der Darstellung des Steuerberaters des
Klägers in der letzten mündlichen Verhandlung Ende April 1999 (vgl. Bl. 207) geschehen sein. Wenn dies auch nicht unmittelbar Ende
1998 oder Anfang 1999 erfolgte, so ist jedoch aus dieser Verzögerung insoweit kein Schaden erwachsen, als der geänderte
Einkommenssteuerbescheid für 1996 dem Kläger am 29.06.1999 zuging. Dieser Bescheid wurde von der Finanzbehörde auf der
Grundlage des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO abgeändert. Der Steuerberater des Klägers hat im Hinblick auf eine telefonische Auskunft des
Finanzamtes, dass ein entsprechender Einspruch ohnedies erfolglos wäre, erst am 22.10.1999 Einspruch eingelegt. Dieser Einspruch
ist - da verspätet - mit Bescheid vom 26.11.2001 als unzulässig verworfen worden. Es bestand indes für den Kläger die Möglichkeit auf
der Grundlage des geänderten Bescheids selbst wiederum das Rechtsmittel des Einspruches gegen den Einkommenssteuerbescheid
für das Jahr 1996, zugegangen am 29.06.1999, zu führen. Wenn denn der Kläger der Auffassung gewesen wäre, dass die
Steuerfestsetzung eines geldwerten Vorteils in der von der Firma O. vorgenommenen Höhe ungerechtfertigt wäre, so hätte dies im
Verwaltungsverfahren des Einspruchs wie auch im finanzgerichtlichen Verfahren geklärt werden können. Dass dies unterblieben ist,
beruht jedenfalls letztlich nicht auf einem Verschulden der Firma O. GmbH.
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b) Zu einem Verschulden der Firma O. kann auch nicht der Vortrag der Berufung führen, dass die Firma O. zunächst eine Auskunft des
Finanzamtes hätte einholen müssen.
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Wie aus dem Ablauf und den Auskünften des Finanzamtes erkennbar wird, beruhte die nachträgliche Festsetzung des geldwerten
Vorteils und der entsprechenden Lohnsteuersumme wie Abführung auf einer Betriebsprüfung im Jahre 1998 der Firma O. und
wurde "billigend" wiederholt in der Lohnsteueraußenprüfung im Jahre 1999. Es entspricht daher vertretbarer, jedenfalls nicht
fahrlässig verkannter Beurteilung der Steuerrechtsfrage seitens der Firma O. , wenn diese den geldwerten Vorteil in Höhe des
Differenzkaufpreises zu den Vergleichsobjekten festgestellt und die entsprechende Lohnsteuer abgeführt hat.
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c) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil, wie die Berufung meint, der Kläger das Objekt nicht erworben
hätte, wenn er gewusst hätte, dass er entsprechende Lohnsteuerbeträge nachzahlen müsse.
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Wie oben ausgeführt, ist allein maßgebend für die Steuerschuld des Klägers der objektiv festzustellende geldwerte Vorteil des dem
Arbeitnehmer Zugewendeten. Es wäre daher Sache des Klägers gewesen, sich gfs. bei der Finanzbehörde, etwa unter Nutzung
einer Anrufungsauskunft, darüber kundig zu machen, ob und in welcher Höhe er gfs. wegen der Veranlagung eines geldwerten
Vorteils nachträglich oder unverzüglich mit den nächstfolgenden Lohnabrechnungsmonaten zur Lohnsteuer für den Bezug eines
geldwerten Vorteils herangezogen würde.
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d) Der Anspruch der Beklagten ist auch nicht wegen des Eingreifens tarifvertraglicher Ausschlussfristen entfallen.
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Zunächst bleibt der Kläger im Schriftsatz vom 22.12.2000 schuldig, um welchen Tarifvertrag es sich handeln solle. In Betracht käme
allenfalls der Tarifvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten im Baugewerbe. Dieser Tarifvertrag ist indes im
Gegensatz zu dem für die gewerblichen Arbeitnehmer geltenden Baurahmentarifvertrag nicht allgemein verbindlich, weder zum
Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Firma O. , noch zum Zeitpunkt März 1996, ebenso wenig zum
Zeitpunkt 1999/2000. Das Gericht könnte daher nur dann von einer Tarifanwendung ausgehen, wenn der Kläger entsprechende
Tarifbindung auf Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberseite substantiiert dargestellt hätte oder einen anderen Wirkungsgrund für die
Anwendung des Tarifvertrages behauptet hätte. Der Anspruch auf den Ausgleich der abgeführten Lohnsteuer des Arbeitgebers wird
nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes erst dann fällig, wenn der Arbeitgeber freiwillig oder aufgrund
eines Haftungsbescheides die Steuerforderung für den Arbeitnehmer erfüllt (BAG AP Nr. 22 zu § 670 BGB unt. II 2. b) d. Grde. m. w.
N.). Das heißt, dass die Lohnsteuerforderung entweder Ende Dezember 1998 oder mit der tatsächlichen Abführung der Lohnsteuer
im April 1999 fällig geworden ist.
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In beiden Fällen wäre der Anspruch jedenfalls weder nach einer Ausschlussfrist verfallen noch verjährt. Die Firma O. hat mit
Schreiben vom 01.06.1999 ihre Forderung und ihre Aufrechnung geltend gemacht. Der Kläger hat seinerseits bereits am
30.06.1999 Klage auf den Lohn erhoben. Die Widerklage ist am 08.07.1999 (Bl. 9 d. A.) eingegangen. Der Anspruch ist daher
weder verfallen noch verjährt.
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Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die beklagte Partei befugt war, gegenüber der Höhe nach unstreitigen und
pfändbaren Gehaltsbestandteilen für Mai und Juni 1999 aufzurechnen und den nicht durch Aufrechnung zum Erlöschen gebrachten
Teil der Forderung widerklagend der Forderung in Höhe von DM 28.992,22 = EUR 14.808,15 geltend zu machen.
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5. Da die Kammer davon überzeugt ist, dass die Festsetzung des geldwerten Vorteils auf der Grundlage des Gutachtens S. letztlich nicht
dem objektiven Wert des zugeflossenen geldwerten Vorteils entspricht und auch ein geldwerter Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis dem
Kläger insoweit nicht zugeflossen ist, als die Ehefrau die Hälfte der Wohnung erworben und den entsprechenden hälftigen Kaufpreis gezahlt
oder mitfinanziert hat ist der Kläger darauf verwiesen, gfs. auf der Grundlage des § 173 AO eine neue Festsetzung der Lohnsteuer für das
Jahr 1996 bei der Finanzbehörde zu erreichen.
IV.
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Da der Kläger unterlegen war, hatte er § 97 ZPO die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
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Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.