Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 06.05.2003

LArbG Baden-Württemberg: befristung, unwirksamkeit der kündigung, betriebsrat, akte, arbeitsgericht, kündigungsschutz, anhörung, zahl, form, abwesender

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 6.5.2003, 8 Sa 5/03
Befristete Aushilfsarbeitsverhältnisse beim selben Arbeitgeber
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.11.02, Az.: 18 Ca 6704/02, teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 09.07.02 nicht aufgelöst worden ist und über
den 28.07.02 hinaus unverändert fest besteht.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 25.02.02 wie bisher weiterzubeschäftigen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses, um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und die
Weiterbeschäftigung des Klägers.
2
Der Kläger war in der Zeit vom 13.11.95 bis 31.10.97 als Arbeiter bei der Beklagten in deren Werk in ........................ beschäftigt. Für die Zeit vom
16.04. bis 08.06.02 schlossen die Parteien erneut einen befristeten Arbeitsvertrag. Der Kläger erhob am 28.06.02 Klage gegen die Wirksamkeit
dieser Befristung. Nach Anhörung des bei ihr gebildeten Betriebsrats (Blatt 63 d. Akte) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben
vom 09.07.02 zum 28.07.02.
3
Der Kläger meint, die Befristung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen § 14 TzBfG. Die Kündigung sei bereits wegen fehlerhafter
Betriebsratsanhörung, darüber hinaus wegen Verstoßes gegen § 612a BGB, als Umgehung des gesetzlichen Befristungsschutzes sowie wegen
Verstoßes gegen eine Auswahlrichtlinie sowie die "Rahmenbetriebsvereinbarung zur Standardsicherung im Produktionswerk .................." vom
18.12.96 und gegen den verfassungsrechtlichen Kündigungsschutz unwirksam.
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Der Kläger hat beantragt:
5
1. Es wird festgestellt, dass das zuletzt am 25. Februar 02 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund Befristung zum 08. Juni 02 nicht
beendet ist.
6
2. Für den Fall des Obsiegens mit Klagantrag Ziffer 1: Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 25. Februar
02 wie bisher weiter zu beschäftigen.
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3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 09.07.02 noch durch sonstige
Beendigungsgründe aufgelöst worden ist und über den 28.07.02 unverändert fortbesteht.
8
Die Beklagte hat beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10 Sie meint, die Befristung sei ungeachtet § 14 TzBfG auch ohne sachlichen Grund zulässig gewesen weil das Kündigungsschutzgesetz im
Hinblick auf die Kürze des Arbeitsverhältnisses nicht habe umgangen werden können. Die Kündigung sei nur vorsorglich ausgesprochen
worden für den Fall, dass die Befristung tatsächlich vom Gericht als unwirksam erachtet werde. Die Betriebsratsanhörung sei fehlerfrei.
11 Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung aufgelöst worden sei und die Kündigung der Beklagten
das Arbeitsverhältnis erst zum 28.07.02 beendet habe. Auf den Inhalt des Urteils wird auf Blatt 74 ff. d. Akte Bezug genommen.
12 Gegen das beiden Parteien am 21.01.03 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.01.03 Berufung eingelegt und diese am 20.03.03 begründet. Er
vertieft seine erstinstanzlichen rechtlichen Ausführungen zur Unwirksamkeit der Kündigung und führt ergänzend aus, die Beklagte beschäftige
ständig mehrere Tausend Beschäftigte nur befristet zwischen 13 Wochen und zwei Jahren. Aus diesem Mitarbeiterkreis wähle die Beklagte
aufgrund von Empfehlungen der jeweiligen Vorgesetzten ihr genehme Arbeitnehmer zur Entfristung der Arbeitsverhältnisse aus. Der Kläger als
besonders leistungsstarker Mitarbeiter sei am 13. Mai 02 von seinem Meister für eine Vertragsverlängerung bis 13.07.02 vorgeschlagen worden.
Gerade auf einen Hinweis des Klägers an die Personalsachbearbeiterin, eigentlich habe er bereits einen Anspruch auf die vollständige
Entfristung des Arbeitsverhältnisses, habe diese eine weitere Vertragsverlängerung abgelehnt.
13 Die Beklagte habe den Betriebsrat bewusst unwahr informiert, indem sie ihm mitgeteilt habe, eine Beschäftigung des Klägers über den 08.07.02
sei nicht möglich.
14 Der Kläger beantragt,
15 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25. November 02 (Az.: 18 Ca 6704/02) wird dergestalt abgeändert, dass auch festgestellt wird,
dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 09.07.02 noch durch sonstige Beendigungsgründe aufgelöst worden ist
und über den 28. Juli 02 hinaus unverändert fortbesteht.
16 2. Für den Fall des Obsiegens mit Antrag Ziffer 1: Die Beklagte wird verurteilt dem Kläger entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 25. Februar 02
wie bisher weiterzubeschäftigen.
17 Die Beklagte verteidigt das Urteil hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung. Sie hat ihrerseits am 05.02.03 Berufung eingelegt und diese am
21.03.03 ausgeführt. Sie meint weiterhin, § 14 TzBfG stehe der Wirksamkeit einer Befristung unter sechs Monaten nicht entgegen.
18 Sie beantragt,
19 das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.11.02 wird abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
20 Der Kläger beantragt,
21 die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
22 Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages.
23 Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
24 I. Berufung der Beklagten Die gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und ausgeführt
und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
25 Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien gegen § 14 Abs. 2 TzBfG verstößt und
damit unwirksam ist. Der Argumentation, wonach § 14 Abs. 2 TzBfG so auszulegen sei, dass die Vorschrift nicht für Arbeitsverhältnisse unter
sechs Monaten gelte, ist die Kammer nicht gefolgt. Das Arbeitsgericht ist bei seiner Auslegung zu Recht vom Wortlaut der Norm ausgegangen.
Dieser enthält keine Einschränkung für kurzfristige Arbeitsverhältnisse (und auch keine Beschränkung auf eine bestimmte Betriebsgröße). Soweit
die Beklagte die Begründung der Bundesregierung zum TzBfG zitiert, wonach § 14 TzBfG in Anknüpfung an die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts der Umgehung des Kündigungsschutzes durch befristete Arbeitsverhältnis entgegen wirken soll, hat dies im Wortlaut und
in der Gesetzessystematik keinen Niederschlag gefunden. Dem Gesetzgeber war bekannt und bewusst, dass der allgemeine Kündigungsschutz
in Deutschland durch den persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich beschränkt ist (§§ 1 Abs. 1 und 23 KSchG), so dass das Fehlen einer
entsprechenden Regelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz als bewusste Abkoppelung vom allgemeinen Kündigungsschutz verstanden
werden muss. Im Übrigen hatte die durch § 14 TzBfG abgelöste Vorschrift des § 1 Abs. 3 BeschFG in der Fassung vom 25.09.1996 dazu geführt,
immer wieder Arbeitsverträge mit Sachgrund und solche nach § 1 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz im Wechsel aneinander zu reihen.
Über Jahre hinweg ist so ein Bestandschutz für den jeweiligen Arbeitnehmer verhindert worden. Diese unerwünschte Praxis entfällt unter der
Geltung des § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz jedenfalls dann, wenn wie vorliegend mit dem selben Arbeitgeber bereits ein Arbeitsverhältnis
bestanden hat und ein Befristungsgrund nicht gegeben ist. Gerade bei den geschilderten Kettenarbeitsverhältnissen ist es nicht von Bedeutung,
ob das aktuelle Arbeitsverhältnis unter sechs Monaten befristet ist.
26 Der Beklagten ist zuzugestehen, dass das Ergebnis dieser am Wortlaut orientierten Auslegung - Auseinanderfallen von Befristungskontrolle und
allgemeinem Kündigungsschutz - teilweise unbefriedigend erscheint. In der Tat ist ein Wertungswiderspruch nicht zu verkennen, wenn
Kündigungen von kurzfristigen Arbeitsverhältnissen ohne Weiteres möglich sind, der Gesetzgeber aber eine entsprechende Befristung untersagt,
auch wenn das vorherige Arbeitsverhältnis Jahre zurückliegt und keinerlei Zusammenhang mit dem aktuellen Arbeitsverhältnis besteht. Für die
Korrektur dieser Gesetzeslage, die der betrieblichen Praxis gerade im Zusammenhang mit Ferien- und Aushilfsarbeitsverhältnissen sicher nicht
entspricht, hat aber gegebenenfalls erneut der Gesetzgeber zu sorgen.
27 II. Berufung des Klägers
28 Auch die Berufung des Klägers ist nach § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet und auch im Übrigen
zulässig. Sie ist im Wesentlichen auch begründet, denn die Kündigung der Beklagten vom 09.07.02 ist wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung
unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
29 Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 und 2 ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören; dabei sind ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Dies
gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt. In diesem Fall sind dem Betriebsrat alle der
Kündigungsabsicht zugrunde liegenden Tatsachen und Erwägungen mitzuteilen, es sind keine geringeren Anforderungen an die
Mitteilungspflicht zu stellen als bei einer sonstigen Kündigung (BAG DB 1999, 1172). Insbesondere führt eine bewusst wahrheitswidrige
Information über den Kündigungsgrund zur Unwirksamkeit der Anhörung und damit der Kündigung. Allerdings ist die Substanziierungspflicht
hinsichtlich der Kündigungsgründe gegenüber dem Betriebsrat nicht an den objektiven Merkmalen der noch nicht erforderlichen
Kündigungsgründe nach § 1 KSchG zu messen sondern daran, welche konkreten Umstände oder subjektiven Vorstellungen den Arbeitgeber
zum Kündigungsentschluss geführt haben. Er ist aber nur gehalten, die für ihn maßgeblichen Kündigungsgründe mitzuteilen ("subjektive
Determination"). Hierauf soll der Betriebsrat Einfluss nehmen können. Die Möglichkeit des Arbeitgebers zur Bestimmung des verwertbaren
Sachverhalts findet ihre Grenze an der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information. Eine bewusst und gewollt unrichtige Mitteilung der für den
Kündigungsentschluss des Arbeitgebers maßgebenden Kündigungsgründe und damit eine Irreführung des Betriebsrats führt zu einem
fehlerhaften und damit unwirksamen Anhörungsverfahren. Unzulässig ist deshalb sowohl die bewusst unrichtige Sachdarstellung, insbesondere
die Mitteilung von Scheingründen unter bewusstem Verschweigen der wahren Kündigungsgründe (BAG NZA 1995, 678), darüber hinaus die
bewusst unvollständige Sachdarstellung.
30 Die Betriebsratsanhörung zur Kündigung des Klägers (Bl. 64 d. Akte) lautet auszugsweise wie folgt:
31 "... erfahrungsgemäß benötigen wir im Frühjahr eines jeden Jahres eine erhöhte Zahl von Aushilfskräften, da die Krankheitsquote in dieser Zeit
üblicherweise höher ist und noch bestehender als der Urlaub aus dem Vorjahr bis zum 31.03. abzubauen ist. Zur Vertretung dieser abwesenden
Mitarbeiter war Herr ................ befristet bei uns beschäftigt wobei eine nachvollziehbare Vertretungskette nicht vorhanden ist, da wir bei der Größe
unseres Unternehmens einen bestimmten Puffer an Aushilfskräften vorhalten müssen. Da während des 1. Quartals nur teilweise Semester- bzw.
Schulferien liegen, sind Aushilfskräfte wie Schüler und Studenten im Raum Sindelfingen nur schwer zu bekommen. Herr ....... war zum Ausgleich
dieser erfahrungsgemäß abwesender Mitarbeiter eingestellt worden. Es war nicht geplant, ihn nach Ablauf dieses Zeitraums
weiterzubeschäftigen. Dies war auch tatsächlich nicht möglich, da der urlaubsbedingte Personalbedarf über den Zeitraum Ostern und Pfingsten
2002 nicht hinaus ging. Herr ..... hat nun Klage beim Arbeitsgericht Stuttgart erhoben... nach unserer Rechtsauffassung ist die Befristung wirksam
, da aber die Gefahr besteht, dass unsere Rechtsansicht nicht vom Gericht geteilt wird und wir uns von Herrn ..... trennen wollen, beabsichtigen
wir zur Vermeidung von rechtlichen Risiken das Arbeitsverhältnis vorsorglich zum 28.07.02 zu kündigen."
32 Die Beklagte hat ihren Betriebsrat damit zutreffend darüber informiert, die Kündigung solle vorsorglich erfolgen, falls die Befristung des
Arbeitsverhältnisses vom Arbeitsgericht nicht anerkannt werde. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Anhörungsschreiben aber auch der Grund
für den unbedingten "Trennungswunsch", nämlich der (angebliche) vorübergehende Personalmehrbedarf im Frühjahr bzw. im 1. Quartal eines
Jahres. Von der eine Schreibmaschinenseite umfassenden Kündigungsbegründung befassen sich zwei Absätze (von fünf) des Textes allein mit
dem Personalbedarf im genannten Zeitraum; es werden die Hintergründe für den besonderen Vertretungsbedarf dargestellt und dies konkret auf
die befristete Anstellung des Klägers bezogen. Am Ende der Ausführungen stellt die Beklagten einen direkten Bezug zwischen dem
vorübergehenden Personalbedarf und der Beschäftigung des Klägers dar, indem sie ausführt, eine Weiterbeschäftigung sei "nicht möglich", da
kein über Ostern/Pfingsten 2002 hinausgehender Personalbedarf vorliege. Der verständige Leser, so auch der Betriebsrat musste diese Passage
so verstehen, dass die Beklagte nicht allein wegen ihres Personalkonzepts, das die ständige Beschäftigung eines Teils der Belegschaft mit
befristeten Arbeitsverträgen vorsieht, kündigte sondern konkret deshalb, weil im maßgeblichen Zeitpunkt die Weiterbeschäftigung des Klägers
unmöglich war. Diese fehlende Beschäftigungsmöglichkeit entsprach indessen objektiv nicht dem Kenntnisstand der Beklagten. Dies ergibt sich
schon aus dem Gespräch des Klägers mit der Personalsachbearbeiterin Frau ....., das der Kläger im Wortlaut geschildert hat und das von der
Beklagten nicht konkret bestritten wurde. Die Einlassung der Beklagten, es sei "zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen, den Kläger über den
geplanten Zeitraum hinaus zu beschäftigen", erweist sich vor dem Hintergrund, dass Frau ,,,,, zunächst die Vertragsunterlagen für eine
Verlängerung bis zum 13.07.02 entgegennahm, weitere Unterlagen hinzuzog und diese ausfüllte und erst auf die Bemerkung des Klägers, er
habe "einen Anspruch auf einen festen Arbeitsvertrag" vor den Augen des Klägers die Vertragsverlängerung zerriss mit dem Bemerken "wissen
sie was, ich will sie gar nicht weiter verlängern" als unsubstanziiert. Unstreitig ist darüber hinaus, dass sowohl der zuständige Meister, Herr .......,
wie auch der Gruppensprecher Herr ........... eine Verlängerung bis einschließlich 13.07.02 gutgeheißen und dem Kläger entsprechend den
schriftlichen Unterlagen übergeben hatten, somit aus der Sicht der Produktionsabteilung die Vertragsverlängerung jedenfalls in die Wege geleitet
war. Schließlich hat der Kläger im Berufungsrechtszug eine Aufstellung über Ferienbeschäftigte/Kurzzeitbefristete/Langzeitbefristete (Bl. 32 d.
Akte) zur Akte gegeben, die die Beklagte wiederum nur pauschal und damit unzulässig bestritten hat. Die Beklagte war anhand ihrer Unterlagen
sehr wohl in der Lage, nachzuvollziehen und anzugeben, wie viele befristete Arbeitsverhältnisse sie im streitgegenständlichen Zeitraum
abgeschlossen hat bzw. wieviel Mitarbeiter befristet beschäftigt waren. Auch führte sie in ihrer Betriebsratsanhörung und im vorliegenden
Prozess aus, es bestehe "erfahrungsgemäß" im Frühjahr jeden Jahres ein erhöhter Aushilfskräftebedarf, weshalb zumindest annäherungsweise
Zahlen vorliegen müssen. Aus der Aufstellung ergibt sich, dass die Zahl der befristeten Arbeitnehmer nach Ablauf des 1. Quartals nicht etwa sinkt
(befristet Beschäftigte im März: 692 + 994 =1686) sondern bis einschließlich August kontinuierlich ansteigt (4995 Beschäftigte) um im September
dann auf ein Maß zurückzugehen (2467 befristet Beschäftigte), das immer noch deutlich über der Anzahl von März liegt. Da keine Anhaltspunkte
dafür ersichtlich sind, dass speziell im Jahr 2002 andere Gesetzmäßigkeiten gegolten haben als in den Vorjahren, kann die an den Betriebsrat
gerichtete Mitteilung, über den ursprünglich geplanten Termin hinaus sei eine Beschäftigung des Klägers "unmöglich", nur als bewusst unrichtige
Information angesehen werden. Vor dem Hintergrund der vom Meister des Klägers befürworteten Vertragsverlängerung scheidet auch ein - von
der Beklagten auch nicht vorgebrachter - speziell in der Abteilung des Klägers von der allgemeinen Entwicklung abweichender Personalbedarf
aus.
33 Die Kammer hat nicht verkannt, dass die Beklagte in ähnlichen, ebenfalls anhängig gewordenen Fällen die Kündigung ausschließlich mit ihrem
Personalkonzept, gelegentlich mit Leistungsschwächen des jeweiligen Arbeitnehmers oder sonstiger "Unzufriedenheit" der Beklagten mit ihm
begründet hat. Die Durchsetzung ihres Personalkonzepts mag also der tragende Grund für die Kündigung gewesen sein. Der Beklagten ist es
aber verwehrt, zur Untermauerung ihrer Kündigungsabsicht auf solche Fakten abzuheben, die unrichtig und geeignet sind, den Betriebsrat
irrezuführen.
34 Erweist sich somit sowohl die Befristung des Arbeitsverhältnisses als auch die Kündigung der Beklagten vom 09.07.02 als unwirksam, so ist der
Kläger vertragsgemäß weiterzubeschäftigen (BAG EZA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9).
35 Sonstige Beendigungsgründe sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Mangels Feststellungsinteresse ist der auf die Unwirksamkeit solcher
Beendigungsgründe zielende Antrag des Klägers unzulässig.
III.
36 Da die Beklagte im Wesentlichen unterlegen ist hat sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO).
37 Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsgerichtsgesetz.
38 Kaiser,..... Czakaj,..... Ritter