Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 10.12.2009
LArbG Baden-Württemberg: betriebsrat, versetzung, tarifvertrag, arbeitsgericht, beteiligungsrecht, stellenausschreibung, angestellter, transparenz, akte, qualifikation
LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 10.12.2009, 11 TaBV 3/09
Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei Einstellung und Versetzung - Vergütungsordnung - Angestellter
Leitsätze
1. Der Betriebsrat ist bei der Einstellung eines Arbeitnehmers nach § 99 I BetrVG nur zu beteiligen, wenn im Betrieb eine Vergütungsordnung
besteht, die kraft Tarifbindung, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag, betrieblicher Übung oder sonstiger Einführung durch den Arbeitgeber auf das
Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers Anwendung findet.
2. Dies ist nicht der Fall, wenn ein Anerkennungstarifvertrag nur für Gewerkschaftsmitglieder abgeschlossen wird, im Übrigen es aber den
einzustellenden Arbeitnehmern freigestellt wird, ob sie einzelvertraglich sich dem Anerkennungstarifvertrag unterwerfen wollen oder nicht und 20 bis
30 Prozent der Mitarbeiter des Betriebs dieser Art einen sogenannten AT-Vertrag geschlossen haben, ohne dass ein Fall der Überschreitung der
höchsten Tarifgruppe oder ein Herausfallen aus Tarifmerkmalen vorliegen würde.
3. Ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats besteht auch dann nicht, wenn ohne Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs ein bisher
tarifunterworfener Arbeitsvertrag lediglich in einen solchen AT-Vertrag umgeschrieben wird.
4. Dagegen ist der Betriebsrat zu beteiligen, wenn ein Arbeitnehmer, der bislang tariflich eingruppiert war, nach einer Versetzung Tätigkeiten
verrichten soll, die außerhalb der Anforderungen des einschlägigen Tarifvertrags liegen und künftig als AT-Angestellter geführt werden soll.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 07.04.2009 - Az. 11 BV 19/08 - abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, ein innerbetriebliches Beteiligungsverfahren gemäß § 99 BetrVG bezüglich der Herausgruppierung des
Arbeitnehmers L. aus der Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I (LGRTV I) der Metallindustrie Südbaden vom
01.12.1988 einzuleiten und durchzuführen und im Falle der fristgerechten und beachtlichen Zustimmungsverweigerung das
Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 IV BetrVG bezogen auf diese Herausgruppierung einzuleiten und durchzuführen.
2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG anlässlich der Einstellung einer Mitarbeiterin, der Versetzung
eines Mitarbeiters und der Vertragsänderung eines weiteren, wobei der Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse aller drei Betroffenen originär oder
künftig außertariflich gestalten will.
2
Antragsteller und Beteiligter Ziffer 1 (künftig Betriebsrat) ist der im Betrieb der Antragsgegnerin und Beteiligten Ziffer 2 (künftig Arbeitgeberin)
gebildete 11-köpfige Betriebsrat. Im Betrieb der Arbeitgeberin finden seit dem Anerkennungstarifvertrag zwischen der Firma L. GmbH und der
Industriegewerkschaft Metall vom 03.04.1998 (Bl. 70 ff. d. Akte) nach dessen § 1 und 2 für alle Beschäftigten, Arbeiter, Angestellte und
Auszubildende, die Mitglied der IG Metall sind, die Tarifverträge in der Metallindustrie des Tarifgebietes Südbaden Anwendung. Die
Gehaltsentwicklung wurde für die Beschäftigten, die Mitglieder der IG Metall sind, durch Tarifverträge zwischen der Beklagten und der IG Metall
geregelt zuletzt durch Tarifvertrag vom 08.12.2008, nach dem für die oberste Gehaltsgruppe der kaufmännischen Angestellten (K 7) EUR
4.465,57 und die oberste Gehaltsgruppe der technischen Angestellten (T 7) EUR 4.890,26 gezahlt wurden. Die Arbeitgeberin schließt mit einem
Teil ihrer Mitarbeiter unabhängig von ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft Arbeitsverträge unter Inbezugnahme der maßgeblichen Tarifverträge.
Seit jeher beschäftigt die Beklagte aber auch sogenannte AT-Angestellte, auf deren Arbeitsverhältnisse die Tarifverträge keine Anwendung
finden, auch wenn und obwohl ein Überschreiten der höchsten tariflichen Gehaltsgruppe nicht vorliegt. Damit deren übliche
Gehaltsanpassungen, soweit nicht leitende Angestellte betroffen waren, nach nachvollziehbaren Kriterien erfolgten, wurde bereits im Jahr 2001
diesbezüglich eine Betriebsvereinbarung zwischen der Firma L. GmbH und ihrem Betriebsrat geschlossen (Bl. 149, 150 d. Akte). Derzeit haben
von 739 Mitarbeitern 194 einen sogenannten außertariflichen Arbeitsvertrag.
3
Der Mitarbeiter Dr. K. ist seit 01.12.2007 bei der Arbeitgeberin als Entwicklungsingenieur beschäftigt. Die Einstellung erfolgte nach Mitteilung vom
07.11.2007 (Bl. 98 d. Akte) in die Tarifgruppe T 6/1. Unter dem 29.05.2008 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, dass Herr Dr. K. zum
01.07.2008 in ein außertarifliches Arbeitsverhältnis genommen werde. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine tarifnahe Vergütung vereinbart
sei und die tariflichen Reisezeitenregelungen gelten. In dem unter dem 20.05.2009 mit Herrn Dr. K. abgeschlossenen neuen Arbeitsvertrag, der
mit „außertariflicher Arbeitsvertrag“ überschrieben war, heißt es in Ziffer 2., die Tätigkeit liege außerhalb der Anforderungen des einschlägigen
Tarifvertrages. Unter Ziffer 4 wurden EUR 4.600,00 als Vergütung festgesetzt. Des Weiteren war eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 40
Stunden vereinbart sowie eine Sondervergütung in Höhe von 100 Prozent des jeweiligen Junigehalts und weiteren 100 Prozent des jeweiligen
Novembergehalts. Eine Änderung der bisher ausgeübten Tätigkeit war mit dem neuen Vertrag nicht verbunden.
4
Der Mitarbeiter L. war als Sachbearbeiter Einkauf mit einer Eingruppierung in K 5 des Tarifvertrages bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Die
Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat mit, dass Herr L. mit Wirkung zum 01.09.2008 als Black Belt Lean Six Sigma beschäftigt werden solle.
Entsprechend der Stellenausschreibung sollte es sich dabei um ein AT-Arbeitsverhältnis handeln. Der unter dem 15.07.2008 vereinbarte
„außertarifliche Arbeitsvertrag“ entsprach im Wesentlichen dem Arbeitsvertrag mit Herrn Dr. K., vereinbart war ein Bruttomonatsentgelt von EUR
4.200,00 und eine Erhöhung auf EUR 4.500,00 ab 01.03.2009. Der Betriebsrat wurde förmlich hinsichtlich der beabsichtigten Versetzung, nicht
aber einer Ein- bzw. Umgruppierung beteiligt, die Arbeitgeberin lehnte dies auch nach Rüge des Betriebsrats ab.
5
Im März 2008 schrieb die Arbeitgeberin die Stelle einer Personalreferentin zum 01.10.2008 aus. Je nach Qualifikation sollte eine Eingruppierung
in K 6 oder eine AT-Beschäftigung erfolgen. Der Betriebsrat wurde mit Schreiben vom 14.07.2008 von der beabsichtigten Einstellung einer Frau
H. unterrichtet. Eine Eingruppierung wurde nicht vorgenommen. Es wurde mitgeteilt, dass die Einstellung außertariflich erfolge. Der zwischen
Frau H. und der Arbeitgeberin geschlossene Arbeitsvertrag vom 15.07.2008 entsprach im Wesentlichen den Arbeitsverträgen mit Herrn Dr. K.
und Herrn L. hinsichtlich Arbeitszeit und Sondervergütungen. Vergütung für geleistete Mehrarbeit sollte mit der Gehaltszahlung abgegolten sein
auch soweit an Samstagen, Sonn- und Feiertagen geleistet. Vereinbart war ein Gehalt von EUR 3.500,00, ab 01.04.2009 von EUR 3.750,00 und
ab 01.10.2009 von EUR 4.000,00. Auch in diesem Falle lehnte es die Arbeitgeberin ab, dem Verlangen des Betriebsrats nach umfassender
Information und Beteiligung auf der Rechtsgrundlage des § 99 BetrVG nachzukommen.
6
Der Betriebsrat hat die Eingruppierung der drei genannten Mitarbeiter in die Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrages der Metallindustrie Südbaden vom 01.12.1988 geltend gemacht. Er war der Auffassung, die Arbeitgeberin habe in
ihrem Betrieb die tarifvertragliche Vergütungsordnung für sämtliche Arbeitnehmer mit Ausnahme von Einzelfällen sowie mit Ausnahme der
leitenden Angestellten eingeführt, weshalb die drei genannten Mitarbeiter in die Lohn- und Gehaltsgruppen der Anlagen zum Lohn- und
leitenden Angestellten eingeführt, weshalb die drei genannten Mitarbeiter in die Lohn- und Gehaltsgruppen der Anlagen zum Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrag I einzugruppieren seien. Die tarifliche Entgeltgruppenordnung gelte für sämtliche Mitarbeiter im Betrieb unabhängig
davon, ob sie der tarifvertragsschließenden Fachgewerkschaft IG Metall angehörten oder nicht. Die drei betroffenen Mitarbeiter seien tatsächlich
auch keine außertariflichen Angestellten, weil sie weder wegen der Andersartigkeit ihrer Tätigkeit aus dem Tarifvertrag herausfielen noch
Aufgaben erbrächten oder Verantwortungsbereiche zugewiesen bekommen hätten, die sie nicht mehr in der höchsten Vergütungsgruppe des
einschlägigen Tarifvertrags eingruppiert sein ließen. Bei Herrn Dr. K. ergebe sich dies bereits daraus, dass sich sein Tätigkeitsinhalt im
Zusammenhang mit dem neuen Arbeitsvertrag nicht verändere, Herr L. könne ordnungsgemäß in die Entgeltgruppe K 7 oder T 7 eingruppiert
werden, bei Frau H. sei bereits der Stellenausschreibung zu entnehmen, dass sie der Arbeitswertgruppe K 7 zuzuordnen sei.
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Der Betriebsrat hat beantragt,
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der Beteiligten Ziffer 2 aufzugeben, die Arbeitnehmer
9
a) Herrn Dr. K.
b) Frau H.
c) Herrn L.
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in die Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I (LGRTV I) der Metallindustrie Südbaden vom 01.12.1988
einzugruppieren und die Zustimmung des Betriebsrates zu dieser Eingruppierung zu beantragen sowie im Falle der
Zustimmungsverweigerung durch den Beteiligten Ziff. 1 das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten und
durchzuführen.
11
Die Arbeitgeberin hat
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Zurückweisung des Antrags
13
beantragt
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und die Auffassung vertreten, sie sei nicht verpflichtet, die Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung der drei genannten Mitarbeiter
einzuholen. Mit allen Betroffenen seien individuelle Vergütungsvereinbarungen getroffen worden, ohne dass das tarifvertragliche
Vergütungssystem für die Metall- und Elektroindustrie anzuwenden gewesen sei. Eine Eingruppierung in das tarifliche
Vergütungssystem habe in keinem der drei Fälle stattgefunden, eine Tarifbindung kraft Gewerkschaftszugehörigkeit bestehe bei den
fraglichen Mitarbeitern nicht. Es sei unzutreffend, dass in ihrem Betrieb die vom Betriebsrat reklamierte Tarifordnung generell oder
aufgrund betrieblicher Übung oder entsprechender Gesamtzusage Anwendung finde, vielmehr seien stets auch in der Vergangenheit
von den tariflichen Regelungen abweichende Vergütungsvereinbarungen getroffen worden, was bislang vom Betriebsrat nicht
beanstandet worden sei. Auch eine Eingruppierung in ein anderes Vergütungssystem als das tarifvertragliche erfolge weder generell
noch im Falle der betroffenen drei Mitarbeiter, ob nach Tarifvertrag oder außertariflich vergütet werde entschieden letztlich die
Arbeitnehmer bei Vertragsschluss, ihnen würden beide Möglichkeiten angeboten.
15 Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats in vollem Umfang entsprochen. Es hat den Antrag dahingehend verstanden, dass die von der
Arbeitgeberin vorzunehmende Eingruppierungsbeurteilung ergebnisoffen sei und auch dazu führen könne, dass die
Eingruppierungsentscheidung zur Feststellung führen könne, dass die genannten Arbeitnehmer außerhalb der Gehaltsordnung stünden. Das
Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die Arbeitgeberin die Vergütungsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags I der
Metallindustrie Südbaden vom 01.12.1988 nicht nur auf tarifgebundene Arbeitnehmer, sondern auch auf nicht tarifgebundene anwende. Dies
ergebe sich aus den Versetzungsmitteilungen der Arbeitgeberin, ausweislich derer Herr Dr. K. bei der Einstellung in Entgeltgruppe T 6/1
eingruppiert war und Herr L. in Gehaltsgruppe K 5. Die Arbeitgeberin habe auch nicht behauptet, sie würde die Lohn- und Gehaltsordnung des
Tarifvertrages ausschließlich auf Gewerkschaftsmitglieder anwenden. Da auch nicht behauptet worden sei, die Handhabung für die Zukunft zu
verändern, müsse der Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I auch als die maßgebliche Vergütungsordnung für die Neueinstellung der Frau H.
herangezogen werden. Da die Vergütungsordnung auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finde, habe die
Arbeitgeberin grundsätzlich eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung vorzunehmen, selbst dann, wenn sie aufgrund einer Prüfung zum
Ergebnis gelange, dass der Arbeitnehmer nicht in eine der Gehaltsgruppen der maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren sei, weil die
vorgesehene Tätigkeit höherwertige Qualifikationsmerkmale als die höchste Vergütungsgruppe aufweise. Auch der Umstand, dass die
Arbeitgeberin mit den Arbeitnehmern Dr. K., L. und H. individuelle Vergütungsvereinbarungen getroffen habe ohne hierbei das tarifvertragliche
Vergütungssystem anzuwenden, entbinde nicht von der Verpflichtung zur Eingruppierung. Herr Dr. K. und Herr L. seien zumindest
auszugruppieren, weil sie bislang im tariflichen Vergütungsgefüge eingruppiert waren, im Hinblick auf die Einstellung von Frau H. sei bereits der
Stellenausschreibung zu entnehmen, dass auch eine Eingruppierung in K 6 je nach Qualifikation in Betracht gekommen sei. Gerade daraus
ergebe sich das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats.
16 Mit ihrer am 19.05.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 07.08.2009 vor
deren Ablauf am 04.08.2009 begründeten Beschwerde gegen den ihr am 07.05.2009 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts verfolgt die
Arbeitgeberin ihr Begehren auf Zurückweisung des Antrags weiter. Ihrer Auffassung nach ist Voraussetzung für die Verpflichtung des
Arbeitgebers zur Eingruppierung die Anwendbarkeit einer Vergütungsordnung auf das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers. Es sei
dagegen nicht ausreichend, dass ein Vergütungssystem im Betrieb vorhanden sei. Nur wenn der Arbeitgeber rechtlich verpflichtet sei, das
Vergütungssystem im konkreten Arbeitsverhältnis zur Anwendung zu bringen, sei er auch gegenüber dem Betriebsrat zur Eingruppierung
verpflichtet. Die Arbeitgeberin aber sei weder aus Tarifvertrag noch aufgrund einer Betriebsvereinbarung oder einer einzelvertraglichen
Inbezugnahme verpflichtet gewesen, die tarifvertragliche Vergütungsordnung auf die Arbeitsverhältnisse der hier betroffenen Arbeitnehmer
anzuwenden. Auch aus betrieblicher Übung oder Gleichbehandlung bestehe eine solche Verpflichtung nicht. Keiner der Betroffenen sei Mitglied
der IG Metall, bei keinem finde sich eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie. Es gebe nicht
nur keine Betriebsvereinbarung wonach die tariflichen Vergütungsgruppen anzuwenden seien, sondern vielmehr sogar Betriebsvereinbarungen,
die ausschließlich für die sogenannten AT-Angestellten gelten. Dass auch keine betriebliche Übung bestehe, wonach alle Arbeitnehmer
unabhängig von der Tarifbindung im tariflichen Lohn- und Gehaltsgefüge verortet werden müssten werde schon daraus deutlich, dass nicht
weniger als 194 außertarifliche Arbeitsverhältnisse bestünden, in denen das tarifliche Vergütungssystem gerade keine Anwendung finde und
eine Eingruppierung, bislang vom Betriebsrat völlig unbeanstandet, stets unterblieben sei. Auch der allgemeine arbeitsrechtliche
Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete es nicht, alle Arbeitnehmer in die tarifvertragliche Vergütungsordnung einzubeziehen und
einzugruppieren. Bei Herrn Dr. K. habe sich die zugrundeliegende Eingruppierung ohnehin nicht geändert, weshalb eine Neubeurteilung der
Arbeitsaufgabe nicht vorgenommen werden musste. Es sei lediglich der Status des AT-Angestellten verliehen worden, bei Herrn L. sei eine
Eingruppierung trotz Versetzung auf eine andere Stelle nicht erforderlich gewesen, weil die Vergütungsordnung auf das Arbeitsverhältnis keine
zwingende Anwendung finde. Weshalb das Arbeitsgericht hinsichtlich Frau H. eine Verpflichtung zur Anwendung der tariflichen
Vergütungsordnung angenommen habe, erschließe sich schon gar nicht.
17
Die Arbeitgeberin stellt deshalb den Antrag:
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1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 07.04.2009 wird aufgehoben.
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2. Der Antrag wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
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Der Betriebsrat beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
22 Er stellt sich weiterhin auf den Standpunkt, die Arbeitgeberin habe in Verbindung mit ihrer eigenen Tarifbindung die tarifvertragliche Lohn- und
Gehaltsgruppenordnung einseitig dadurch geschaffen, dass sie das tarifvertragliche Vergütungssystem ungeachtet der Mitgliedschaft zur
tarifvertragsschließenden Gewerkschaft IG Metall und damit auch auf nicht unmittelbar tarifgebundene Arbeitnehmer anwende. Es stehe
jedenfalls nicht im freien Belieben der Arbeitgeberin, Arbeitnehmern einen „AT“-Status zu verleihen unabhängig von deren konkreter Tätigkeit
und Vergütung und unabhängig von einer Mitgliedschaft bei der IG Metall. Dass die Arbeitgeberin dies tatsächlich nicht so handhabe, ergebe
sich aus der Anwendung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I in Verbindung mit den Tarifverträgen I 2007 und I 2008, in denen gerade
nicht unterschieden werde, ob die einzelnen Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglieder der IG Metall oder eben Nichtmitglieder sind. Nicht die
Arbeitgeberseite allein entscheide darüber, wer AT-Angestellter ist, dies beurteile sich vielmehr nach der objektiven Rechtslage. Das
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats diene der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung in gleichen und
vergleichbaren Fällen. Es soll zur innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der im Betrieb vorgenommenen Eingruppierungen
beitragen, auch bei der Frage, ob ein Arbeitnehmer noch der tariflichen Vergütungsordnung unterfalle. Gerade deshalb sei auch hinsichtlich der
Arbeitnehmer Dr. K. und L., die beide bislang in das tarifliche Lohn- und Gehaltsgefüge eingruppiert waren, von einem
mitbestimmungspflichtigen Eingruppierungsvorgang im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG auszugehen, die Arbeitgeberin habe auch dann, wenn sie
feststellen wolle, dass der Arbeitnehmer nicht mehr in eine Gehaltsgruppe der maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren sei, der
Arbeitnehmer also ausgruppiert werden solle, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.
23 Bezüglich weiterer Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die Beschwerdebegründung und die Erwiderung hierauf verwiesen.
II.
24 Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingereichte und ausgeführte Beschwerde ist zulässig, sie ist zum größeren Teil auch begründet. Mit
dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass dem Betriebsrat ein Recht auf Beteiligung an der Herausgruppierung des Mitarbeiters L. aus der
Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I der Metallindustrie Südbaden vom 01.12.1988 gemäß § 99 BetrVG
zusteht. Dies gilt allerdings nicht im Zusammenhang mit der Vertragsänderung des Arbeitnehmers Dr. K. und ebenfalls nicht bezüglich der
Eingruppierung der Mitarbeiterin H.. Insoweit war der Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und der Antrag des Betriebsrats
zurückzuweisen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
25 1. Das Arbeitsgericht hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Beteiligung des Betriebsrats an der Eingruppierung nach § 99 Abs.
1 Satz 1 BetrVG richtig wiedergegeben. Danach ist Voraussetzung für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung die Anwendbarkeit
einer Vergütungsordnung auf das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers. Es ist unerheblich, woraus sich die Geltung der
Vergütungsordnung ergibt. Sie kann insbesondere in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer
Betriebsvereinbarung beruhen oder aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung zur Anwendung kommen (BAG 12.12.2000 - 1 ABR 23/00;
23.09.2003 - 1 ABR 35/02). Aber auch dann, wenn die von neueingestellten Arbeitnehmern zu verrichtende Tätigkeit von einer tariflichen
Gehaltsgruppenordnung erfasst wird, die kraft betrieblicher Übung oder sonstiger einseitiger Einführung durch den Arbeitgeber im Betrieb zur
Anwendung kommt, ist der Arbeitgeber zur Eingruppierung der neueingestellten Arbeitnehmer in diese Gehaltsgruppenordnung und zur
Beteiligung des Betriebsrats an dieser Eingruppierung verpflichtet (BAG 23.11.1993 - 1 ABR 34/93 - AP Nr. 111 zu § 99 BetrVG 1972).
26 Ist von der Anwendbarkeit einer Vergütungsordnung auf das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers auszugehen, hat dieser also einen
Anspruch darauf, in das im Betrieb zur Anwendung kommende Vergütungsgefüge eingruppiert zu werden, so kann der Betriebsrat in Fällen, in
denen der Arbeitgeber eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen hat ohne zuvor versucht zu haben, die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
erforderliche Zustimmung einzuholen, gemäß § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbestimmungsrechts die nachträgliche Einholung seiner
Zustimmung sowie bei deren Verweigerung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4
BetrVG verlangen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitsgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen hat. Fehlt es
bereits hieran, kann und muss der Betriebsrat zur Sicherung seiner Mitbestimmungsrechte verlangen, dem Arbeitgeber zunächst die Ein- oder
Umgruppierung in die maßgebliche Vergütungsordnung aufzugeben und ihn sodann zur Einholung seiner des Betriebsratszustimmung sowie
bei deren Verweigerung zur Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens zu verpflichten.
27 Eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer
aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe zuzuordnen ist. Diese Beurteilung hat der Arbeitgeber bei jeder Einstellung und
Versetzung vorzunehmen. Das folgt bereits aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, der für diese Fälle die Unterrichtung des Betriebsrats über die
vorgesehene Eingruppierung ausdrücklich vorschreibt. Die Verpflichtung zur Eingruppierung besteht danach auch im Falle der Versetzung. Zwar
ist der Arbeitnehmer in einem solchen Falle regelmäßig aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit bereits einer bestimmten Vergütungsgruppe
zugeordnet. Eine Versetzung ist aber nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG stets mit der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs verbunden. Daher
muss der Arbeitgeber auch in diesem Fall die Eingruppierung des Arbeitnehmers überprüfen. Gelangt er hierbei zu dem Ergebnis, dass aufgrund
der geänderten Tätigkeit der Arbeitnehmer einer anderen Vergütungsgruppe zuzuordnen ist, handelt es sich um eine Umgruppierung. Ergibt die
Prüfung des Arbeitgebers, dass er trotz geänderter Tätigkeit bei der bisherigen Zuordnung verbleibt, liegt eine erneute Eingruppierung im Sinne
des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor (BAG 18.06.1991 - 1 ABR 53/90 - BAGE 68, 104; 12.12.2006 - 1 ABR 13/06 - BAGE 120, 303 - 308).
Umgruppierung im Sinne von §§ 95 Abs. 1, 99 Abs. 1 BetrVG ist die Neueinreihung des Beschäftigten in eine im Betrieb geltende
Vergütungsordnung. Sie besteht in der Feststellung, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Merkmalen der
Vergütungsgruppe entspricht, in die er bisher eingruppiert ist, sondern denen einer anderen. Eine Umgruppierung findet nicht nur statt, wenn
dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe entspricht, sondern
auch, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert. Sie liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber
aufgrund einer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Arbeitnehmer nicht mehr in eine der Gehaltsgruppen der neuen Vergütungsordnung
einzugruppieren ist, weil die Tätigkeit höherwertige Qualifikationsmerkmale als die höchste Vergütungsgruppe der neuen Vergütungsordnung
aufweist. Die Richtigkeit dieser Beurteilung unterliegt ebenfalls dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Es dient der einheitlichen und
gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen. Es soll zur innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und
Transparenz der im Betrieb vorgenommenen Eingruppierungen beitragen, auch bei Fragen, ob ein Arbeitnehmer noch der tariflichen
Vergütungsordnung unterfällt (BAG 26.10.2004 - 1 ABR 37/03; 12.12.2006 - 1 ABR 13/06; LAG Köln 01.07.2008 - 9 TaBV 78/07).
28 Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer mit einem Arbeitnehmer vereinbarten
Änderung des Arbeitsvertrags zu der Auffassung gelangt, die bisherige Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe des maßgeblichen
Vergütungssystems oder gar in dieses insgesamt sei überholt. Diese Beurteilung ist nicht identisch mit dem als solchem nicht der Mitbestimmung
des Betriebsrats unterliegenden Abschluss des Änderungsvertrages. Sie ist vielmehr erst dessen Folge. Sie der Mitbeurteilung des Betriebsrats
zu unterziehen, entspricht dem Sinn und Zweck der Mitwirkung nach § 99 BetrVG bei einer Umgruppierung. Allerdings liegt in einem solchen Fall
eine vollständige Umgruppierung nur vor, wenn es außerhalb der bislang maßgeblichen Vergütungsordnung keine weitere gestufte
Vergütungsordnung gibt, in die eine Eingruppierung zu erfolgen hat. Gibt es außerhalb der zuvor angewandten Vergütungsordnung nur einen
nicht weiter gestuften Bereich, bezieht sich die Mitbeurteilung des Betriebsrats auf die Richtigkeit der Feststellung des Arbeitgebers, der
Arbeitnehmer falle nicht mehr unter die bisherige Vergütungsordnung (BAG 26.10.2004 - AZR 37/03). Die Frage, ob die Arbeitnehmer nach den
Vertragsänderungen nicht mehr einer bestimmten Vergütungsgruppe der bisher maßgeblichen Vergütungsordnung, sondern einem außerhalb
dieser Vergütungsordnung liegenden Bereich zuzuordnen sind, ist im Interesse der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz vom
Betriebsrat mit zu prüfen (vgl. BAG 17.06.2008 - 1 ABR 37/07 - AP Nr. 126 zu § 99 BetrVG 1972).
29 2. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze hat der Betriebsrat ein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG nur bei der
Herausgruppierung des Mitarbeiters L., nicht aber bei der Eingruppierung der Arbeitnehmerin H. und auch nicht im Zusammenhang mit der
Arbeitsvertragsänderung mit dem Mitarbeiter Dr. K..
30
a) Der Betriebsrat war nicht an einer „Eingruppierung“ der neu eingestellten Mitarbeiterin H. nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beteiligen,
weil Frau H. nicht in eine im Betrieb der Beklagten bestehende Vergütungsordnung eingruppiert wurde. Entgegen der Auffassung der
Beklagten besteht im Betrieb der Beklagten keine einheitliche Vergütungsordnung, die der betroffenen Mitarbeiterin Frau H. einen Anspruch
auf Eingruppierung in die Stufen einer solchen Vergütungsordnung eröffnet hätte.
31
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrages I der Metallindustrie Südbaden vom 01.12.1988 auf das Arbeitsverhältnis der betroffenen Mitarbeiterin
Anwendung findet. Zwar hat die Arbeitgeberin mit der IG Metall einen Anerkennungstarifvertrag geschlossen, dieser sieht die Anwendbarkeit
der Tarifverträge und insbesondere auch des Gehaltsrahmentarifvertrags I nur für Mitglieder der Gewerkschaft vor. Nach jedenfalls
zweitinstanzlich unbestrittener Darlegung der Arbeitgeberin ist die betroffene Mitarbeiterin Frau H. nicht Gewerkschaftsmitglied, ein Anspruch
auf Eingruppierung in den Gehaltsrahmentarifvertrag I besteht somit jedenfalls nicht aufgrund beidseitiger Verbandszugehörigkeit.
32
Ein Anspruch auf Eingruppierung ergibt sich auch nicht aus dem Arbeitsvertrag, den die Arbeitgeberin mit Frau H. geschlossen hat. Dort ist
eine Inbezugnahme tarifvertraglicher Regelungen nicht erfolgt. Weder gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht tarifgebundene
Mitarbeiter wie Gewerkschaftsmitglieder zu behandeln noch verstößt die unterschiedliche Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern und
Nichtmitgliedern gegen ein Differenzierungsverbot, nachdem Tarifverträge selbst Differenzierungsklauseln zulassen, wonach tarifliche
Leistungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zustehen (BAG 18.03.2009 - 4 AZR 64/08). Auf letztgenannte Gesichtspunkt hat der Betriebsrat
sich auch nicht berufen.
33
Ein Anspruch der betroffenen Arbeitnehmerin H. auf Eingruppierung in die Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrages I der Metallindustrie Südbaden ergibt sich aber insbesondere auch nicht aus betrieblicher Übung. Anders als in
dem vom Betriebsrat herangezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.11.1993 - 1 ABR 34/93 - a. a. O. hat die Arbeitgeberin im
vorliegenden Falle gerade nicht in der Vergangenheit für alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Tarifbindung den Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrag angewendet. Sie hat damit nicht für ihren Betrieb eine Vergütungsordnung für alle Arbeitnehmer eingeführt, die
darin besteht, dass die Arbeitnehmer in die Lohn- und Gehaltsgruppen des LGRTV I eingruppiert sind. Zwischen den Parteien ist völlig
unstreitig, dass von insgesamt 730 Mitarbeitern 194 Mitarbeiter nicht nach dem Tarifgefüge der Metallindustrie Südbaden und demzufolge
auch nicht nach der Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I behandelt werden. Dies ist immerhin mehr als ein Viertel
der Gesamtbelegschaft. Bei den ca. 100 Einstellungen der letzten zwei Jahre wurden nach Angaben des Betriebsrats in der Anhörung vor
der Berufungskammer 30, nach Angaben der Arbeitgeberin 20 Mitarbeiter unter einen nicht tarifgebundenen Vertrag genommen. Dies wären
nach der Schätzung der Arbeitgeberin 20 Prozent, nach der des Betriebsrats sogar 30 Prozent der neu eingestellten Mitarbeiter. Nach
unbestrittener Darstellung der Arbeitgeberin handelt es sich bei diesen sogenannten außertariflichen Angestellten (AT-Angestellten) weder
um solche, die einen Aufgaben- und Verantwortungsbereich mit höheren Anforderungen innehaben als in der höchsten Vergütungsgruppe
eines einschlägigen Tarifvertrags verlangt wird, noch liegt eine Andersartigkeit ihrer Tätigkeit vor, die sie dem fachlichen Geltungsbereich
des Tarifvertrages nicht unterfallen lassen würden. Damit kann von einer betriebsüblichen Anwendung der Gehaltsordnung des Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrages der Metallindustrie Südbaden schon angesichts des hohen Anteils nicht tarifgebundener Arbeitsverhältnisse
nicht ausgegangen werden. Die Entscheidung, ob ein tarifgeprägter Arbeitsvertrag oder aber ein außerhalb des Tarifgefüges stehender
Arbeitsvertrag zustande kommt treffen die jeweiligen Vertragsparteien, die, zumindest soweit nicht beidseitige Tarifbindung kraft
Verbandszugehörigkeit besteht, hierzu auch frei sind. Die Entscheidung fällt gerade auch unabhängig von der Frage, ob eine
Eingruppierung in die Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I möglich oder notwendig wäre oder nicht. Nach
unwidersprochener Darlegung der Arbeitgeberin entscheidet letztlich der einzelne Arbeitnehmer, ob er einen tarifgebundenen oder einen
nicht tarifunterworfenen Arbeitsvertrag abschließt. Ist dem so, dann stellt dies das Gegenteil einer vom Arbeitgeber eingeführten
Vergütungsordnung überhaupt und einer tarifvertragsgeprägten im Besonderen dar.
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Da, anders als in den Fällen, in denen generell die Gehaltsordnung eines Tarifvertrages angewandt wird und lediglich solche Arbeitnehmer,
die aufgrund der Art ihrer Tätigkeit aus dem Tarifgefüge herausfallen und solche, die die höchste Tarifgruppe übersteigen, von der
Anwendung tarifvertraglicher Regelungen ausgenommen und anders behandelt werden, hat der Arbeitgeber auch keine Entscheidung zu
treffen, ob der betroffene Arbeitnehmer eingruppiert, ausgruppiert oder umgruppiert wird. Wenn aber die Arbeitgeberin bei der Einstellung
der Mitarbeiterin H. eine solche Entscheidung nicht zu treffen hatte, konnte und musste sie dem Betriebsrat auch kein Mitbeurteilungsrecht im
Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einräumen. Da ausschließlich der Wille der Vertragsparteien entscheidend war, ob das tarifliche
Vergütungsgefüge dem Arbeitsvertrag zugrunde gelegt wurde oder nicht, worauf gerade auch die Stellenausschreibung mit der alternativen
Einstellungsmöglichkeit in Vergütungsgruppe K 6 fernab von der höchsten Vergütungsgruppe des Tarifgefüges, oder aber AT hindeutete,
gab es keinerlei Spielraum für eine Eingruppierung in das Vergütungsgefüge des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages der
Metallindustrie.
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b) Auch hinsichtlich des Mitarbeiters Dr. K. ist die Arbeitgeberin nicht zur Beteiligung des Betriebsrats an einer Eingruppierung verpflichtet.
Die Arbeitgeberin hat Herrn Dr. K. weder eingruppiert, noch umgruppiert, noch ausgruppiert, sie hat lediglich mit dem Kläger einen neuen
Arbeitsvertrag geschlossen, in dem beispielsweise die Bezüge und die Arbeitszeit verändert wurden und nach dem der Mitarbeiter sich als
sogenannter AT-Angestellter betrachten konnte. Die von Herrn Dr. K. geschuldete vertragliche Tätigkeit hat sich durch den neuen Vertrag
nicht verändert. Eine Versetzung irgendeiner Art erfolgte nicht. Die Wertigkeit der vereinbarten Arbeitsleistung blieb gleich. Eine rechtliche
Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer anderen oder überhaupt einer bestimmten
Vergütungsgruppe zuzuordnen sei, erfolgte nicht, sie war auch nicht erforderlich, da Herr Dr. K. weder neu eingestellt noch versetzt wurde.
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Da der Vertragsabschluss mit Herrn Dr. K. nicht mit der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs verbunden war, musste die Arbeitgeberin
die Eingruppierung des Arbeitnehmers nicht überprüfen, sie hatte weder festzustellen, ob eine Umgruppierung erforderlich war noch, weil
trotz geänderter Tätigkeit es bei der bisherigen Zuordnung verbleibt, eine erneute Eingruppierung erfolgen musste. Insofern ist die Äußerung
der Arbeitgeberin im Berufungstermin, die Tätigkeit des Mitarbeiters Dr. K. sei, wolle man sie am Tarifvertrag messen, unverändert, ohne
rechtlichen Belang. Die Arbeitgeberin hat auch nicht die Beurteilung vorgenommen, die Tätigkeit des betroffenen Herrn Dr. K. übersteige die
Merkmale der obersten tariflichen Vergütungsgruppe und sei daher dem außertariflichen Bereich zuzuordnen. Nicht dessen berühmt sich die
Arbeitgeberin, vielmehr beruft sie sich darauf, Herrn Dr. K. unabhängig von der Wertigkeit seiner Tätigkeit außerhalb der
Gehaltsgruppenordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages der Metallindustrie Südbaden behandeln zu wollen. Dies aber nicht als
Ergebnis einer Beurteilung, etwa weil die Tätigkeit des Mitarbeiters höher zu bewerten sei, als die Tätigkeit für die die höchste
Vergütungsgruppe der Tarifregelung einschlägig wäre, sondern vielmehr deshalb, weil das Tarifgefüge gar nicht Maßstab für das
Arbeitsverhältnis sein soll, weil es nicht die generell im Betrieb angewandte Vergütungsordnung darstellt, aus der der Mitarbeiter Dr. K.
herausfallen soll. Allein die Tatsache, dass Herr Dr. K. nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien dem außertariflichen Bereich zugeordnet
werden soll, erfordert eine Eingruppierungsbeurteilung des Arbeitgebers, an der der Betriebsrat zu beteiligen wäre, nicht, weil eine erneute
Eingruppierung des Mitarbeiters unabhängig von der Frage, ob er dem außertariflichen Bereich zuzuordnen ist, sich erst dann stellt, wenn
die Zuweisung einer neuen anderen Tätigkeit die Beurteilung der Arbeitgeberin erfordert, ob auch nach der neuen Tätigkeit weiterhin eine
Zuordnung zum außertariflichen Bereich erfolgen soll und der Mitarbeiter weiterhin nicht der tariflichen Vergütungsordnung unterliegt.
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c) Anders als im Falle des Mitarbeiters Dr. K. geht das Berufungsgericht von einem Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der
„Ausgruppierung“ des Mitarbeiters L. aus und hat deshalb die Berufung der Beklagten in seinem Falle als unbegründet zurückgewiesen.
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Der Mitarbeiter L. war von der Arbeitgeberin ursprünglich in Vergütungsgruppe T 5 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages für die
Metallindustrie in Südbaden entsprechend seiner Ursprungstätigkeit eingruppiert. Nachdem Herr L. ab 01.09.2008 als Black Belt Lean Six
Sigma beschäftigt werden sollte war eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Versetzung zu einer Änderung der Eingruppierung führte.
Dabei ist auch die Beurteilung des Arbeitgebers, die Tätigkeit des Arbeitnehmers übersteige die Merkmale der obersten tariflichen
Vergütungsgruppe und sei daher dem außertariflichen Bereich zuzuordnen, ebenfalls eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1
BetrVG (vgl. BAG 12.12.2006 - 1 ABR 13/06 - AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 - Eingruppierung). Dies ist jedenfalls auch dann der Fall, wenn
ein bislang tariflich eingruppierter Arbeitnehmer erstmals dem außertariflichen Bereich zugeordnet wird (vgl. BAG 26.10.2004 - 1 ABR 37/03
- BAGE 102, 238, in diesem Urteil verwendet das Bundesarbeitsgericht den Begriff der Ausgruppierung). Zwar hat die Arbeitgeberin mit
Abschluss des außertariflichen Arbeitsvertrags mit ihrem Mitarbeiter L. nicht geprüft, ob die Wertigkeit seiner Tätigkeit oberhalb der höchsten
Tarifgruppe des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I liegt, sie hat nach Ziffer 2 des Arbeitsvertrags aber ausdrücklich festgestellt, dass
die nunmehrige Tätigkeit außerhalb der Anforderungen des einschlägigen Tarifvertrages liege und dass sich das Arbeitsverhältnis im
Hinblick auf die Bedeutung der Aufgabe außertariflich regle. Damit hat die Arbeitgeberin mit der vertraglichen Zuweisung einer neuen
Tätigkeit ihre Einschätzung dokumentiert, dass diese nunmehr außerhalb der Anforderungen des einschlägigen Tarifvertrages liege, was bis
dahin nach ihrer Einschätzung, die sich bei der Einstellung verbunden mit der dortigen Eingruppierung in Gehaltsgruppe T 5 des auf das
Arbeitsverhältnis angewandten Tarifgefüges, offensichtlich nicht der Fall war. Damit aber ist die Beurteilung der Arbeitgeberin als
Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu verstehen, an der der Betriebsrat zu beteiligen ist, denn es geht insoweit auch um
die Frage, ob der Mitarbeiter L. noch wie bisher der tariflichen Vergütungsordnung unterfällt oder ob er eben Tätigkeiten verrichtet, die wie
sein neuer Arbeitsvertrag dies vorsieht, außerhalb der Anforderung des einschlägigen Tarifvertrages liegen.
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Mit der Neutenorierung hat das Berufungsgericht lediglich versucht, mehr sprachliche Klarheit zu erzeugen. Während erstinstanzlich die
Arbeitgeberin im Tenor verpflichtet wurde, auch den Mitarbeiter Herrn L. in den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag der Metallindustrie
Südbaden einzugruppieren, wurde in den Gründen klargestellt, dass das Beteiligungsverfahren auch zu dem Ergebnis führen könne, dass
eine Eingruppierung nicht erforderlich sei. Die Neutenorierung durch das Berufungsgericht hält sich an die Auslegung des Antrags des
Betriebsrats durch die erste Instanz, der zu folgen ist und der sprachlich Rechnung getragen werden sollte. Andernfalls wäre davon
auszugehen, dass das in der Berufungsentscheidung zugebilligte Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Eingruppierungsbeurteilung der
Arbeitgeberin ein Minus darstellt gegenüber der im Antrag verlangten Vornahme der Eingruppierung des Mitarbeiters L. in die Lohn- und
Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages I der Metallindustrie Südbaden; denn dass das Beteiligungsverfahren nach §
99 Abs. 1 BetrVG im Falle des Mitarbeiters L. zwingend zum Ergebnis führen musste, dass der Mitarbeiter in das tarifliche Gehaltsgefüge
auch wirklich einzustufen war, musste und konnte auch das Berufungsgericht nicht entscheiden, gerade weil es sich bei dem Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrag der Metallindustrie nicht um die im Betrieb allgemein angewandte oder aufgrund Verbandszugehörigkeit oder
vertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters zwingend anzuwendende Vergütungsordnung handelte, sondern
daneben die Möglichkeit der nichttariflichen Behandlung bestand.
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Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich
der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Ein-, Um- und Ausgruppierung von Mitarbeitern soweit erkennbar zu Fällen ergingen, in denen
einheitliche tarifliche Vergütungsordnungen zur Anwendung kamen, aus denen einzelne Arbeitnehmer nur deshalb herausfielen, weil die
Wertigkeit ihrer Tätigkeit die höchste tarifliche Vergütungsgruppe überstieg.