Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 22.12.2004
LArbG Baden-Württemberg: arbeitsgericht, firma, grundsatz der gleichbehandlung, geschäftsführer, stellenbeschreibung, gesellschaft, anstellungsvertrag, dienstverhältnis, form, verwaltung
LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 22.12.2004, 10 Sa 75/04
Rechtsmittel bei inkorrekter Rechtswegentscheidung; Vorabentscheidung über Zuständigkeit durch das Landesarbeitsgericht durch
Beschluss des Vorsitzenden
Tenor
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
2. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Freiburg -Kammern Villingen-Schwenningen -vom 25.11.2003 (Az. 8 Ca 251/03) wird der
Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Rottweil verwiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung einer Prämie für das Jahr 2002.
2
Bei den Beklagten handelt es sich um zwei Gesellschaften im Bereich Elektronik und Medizinelektronik.
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Bis 2001 war die Erstbeklagte alleinige operative Gesellschaft, an der als Kommanditisten die Firma B. mit 95,24 % und die Firma G. B. zu 4.76 %
beteiligt waren. Die Firma G. B. existiert als Besitzgesellschaft und Eigentümerin der Grundstücke und Gebäude. Die Firma B. ist Eigentümerin
des beweglichen Anlagevermögens der operativen Gesellschaften mit Angliederung der zentralen Verwaltungsabteilungen.
4
Im Jahr 2001 wurde neben der Erstbeklagten als weitere operative Gesellschaft die Firma B. M.GmbH gegründet für den Bereich
Medizinelektronik. Diese wurde nach dem Vortrag der Parteien im August 2004 infolge einer Namensänderung umfirmiert in die Firma I.
(Zweitbeklagte).
5
Der Kläger war bis zum 01.07.2001 bei der Erstbeklagten Kaufmännischer Leiter.
6
Zum 01.07.2001 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Zweitbeklagten bestellt. Dies erfolgte auf der Grundlage eines
Geschäftsführervertrages vom 01.07.2001. In § 10 Abs. 1 des Geschäftsführervertrages ist festgehalten, dass der Anstellungsvertrag mit der
Beklagten Ziffer 1 erloschen sei. In einem Anhang zum Geschäftsführervertrag (Bl. 47 bis 49 d. erstinstanzl. A.) wird die Zuständigkeit und
Verantwortlichkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten Ziffer 2 geregelt. Aufgenommen ist dabei insbesondere auch, welche
Rechtsgeschäfte, Maßnahmen und Entscheidungen der Zustimmung der B. bedürfen. In einer ergänzenden Stellenbeschreibung sind neben
diesen Arbeitsaufgaben unter Verweis auf den Geschäftsführervertrag aufgenommen Tätigkeiten des Klägers für die B. Die Bezüge des Klägers
sind im Geschäftsführervertrag geregelt. Neben einem festen Jahreseinkommen von damals 200.000,00 DM enthält der Geschäftsführervertrag
eine Tantiemenregelung auf der Grundlage des bilanzierten Gewinnes.
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Für das Jahr 2001 erhielt der Kläger von der Erstbeklagten die volle Jahresprämie entsprechend der Prämienregelung mit der Beklagten Ziffer 1.
Mit einem Schreiben vom 22.02.2002 unter dem Briefkopf "B. " ohne nähere Zuordnung zu einem Unternehmen erhielt der Kläger die Mitteilung
der Festlegung der Prämienregelung für das Jahr 2002 mit detaillierten Angaben zur Berechnung (vergl. Bl. 3/4 d. erstinstanzl. A.).
8
Das Schreiben enthält im Unterschriftenfeld maschinenschriftlich die Namen von Herrn T. F. und Herrn H. H.. Handschriftlich unterzeichnet hat
das Schreiben nur Herr H. H.
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Die Zweitbeklagte hat das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 18.06.2002 zum 31.12.2002 gekündigt. Aufgrund einer zugesagten vorzeitigen
Lösungsmöglichkeit für den Kläger hat das Vertragsverhältnis tatsächlich mit dem 31.10.2002 geendet.
10 Nachdem der Kläger mit der am 03.04.2003 erhobenen Klage zunächst die Erstbeklagte auf Rechnungslegung für die anteilige Prämie 2002
verklagt hat, hat der Kläger zuletzt die Zahlung einer Prämie von EUR 28.487,50 brutto von den Beklagten gesamtschuldnerisch begehrt.
11 Der Kläger ist der Auffassung, dass sich für die Prämienregelung die Erstbeklagte verpflichtet habe. Der Arbeitsvertrag sei nicht erloschen, da er
weiterhin Kaufmännischer Leiter dieser Gesellschaft gewesen sei. Zuletzt hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass aufgrund der
Prämienregelung vom 22.02.2002 er einen Anspruch gegen beide Beklagte habe, wobei zur Berechnung der Prämie allein auf das Free-Cash-
Flow der Erstbeklagten abzustellen sei. Einen solchen Anspruch habe er zumindest auch nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung, da andere
Managementmitglieder der Beklagten Ziffer 1 eine solche erhalten hätten.
12 Der Kläger hat zuletzt
beantragt,
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die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 28.487,50 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz ab
Rechtshängigkeit zu bezahlen.
14 Die Beklagten haben
beantragt,
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die Klage abzuweisen.
16 Die Beklagten haben vorgetragen, dass die Klage wegen Unzuständigkeit des Arbeitsgerichts abzuweisen sei. Es habe nur noch bestanden ein
Anstellungsvertrag mit der Zweitbeklagten.
17 Da der Kläger Geschäftsführer gewesen sei, sei die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes nicht gegeben. Ansprüche könne der Kläger im Übrigen
nur gegen die Zweitbeklagte geltend machen, da er, was unstreitig ist, ausschließlich aus diesem Anstellungsvertrag heraus bezahlt worden sei,
und zwar unabhängig davon, ob er auch für andere Firmen tätig gewesen sei. Der Kläger sei als Geschäftsführer verpflichtet gewesen, die
kaufmännische Verwaltung bei der Firma B. auszuüben.
18 Der Anspruch sei im Übrigen nicht begründet, da zum einen die Prämienregelung nicht, wie erforderlich von beiden Geschäftsführern, vielmehr
nur von einem Geschäftsführer unterschrieben gewesen sei und nach der Prämienregelung auf das Free-Cash-Flow bei der Beklagten Ziffer 2
abzustellen sei.
19 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage gegen die Erstbeklagte sei nicht begründet, da mit Abschluss des Anstellungsvertrages
zum Geschäftsführer der Beklagten Ziffer 2 der Arbeitsvertrag mit der Erstbeklagten erloschen sei. Durch die Prämienregelung vom 22.02.2002
sei nicht die Erstbeklagte verpflichtet worden.
20 Die Klage gegen die Zweitbeklagte sei abzuweisen, da der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben sei. Als Geschäftsführer sei der
Kläger auch gar nicht Arbeitnehmer der Zweitbeklagten.
21 Gegen das dem Kläger am 14.01.2004 zugestellte Urteil hat dieser am 06.02.2004 Berufung eingelegt und diese am 04.03.2004 begründet.
22 Der Kläger ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht verkannt habe, dass mit der Prämienzusage 2002 sich die Erstbeklagte habe verpflichten
wollen. Als Geschäftsführer der Zweitbeklagten habe er nach § 2 des Geschäftsführervertrages die kaufmännische Verwaltung der Firma B. zu
erledigen gehabt, sodass als verpflichtete Unternehmen die Beklagten als operativ tätige Gesellschaften in Betracht kommen würden.
23 Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht die Klage gegen die Zweitbeklagte abgewiesen. Zum einen habe im vorangegangenen
Kündigungsrechtsstreit das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger nicht Organ, vielmehr Arbeitnehmer der Zweitbeklagten
gewesen sei. Im Übrigen hätte das Arbeitsgericht die Klage nicht abweisen dürfen, vielmehr nach Abtrennung an das zuständige Landgericht
Rottweil verweisen müssen.
24 Mit der Berufung
begehrt
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1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg -Kammern Villingen-Schwenningen -(Az. 8 Ca 251/03) vom 25.11.2003 wird abgeändert.
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2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger EUR 28.487,50 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus
über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
27 Die Beklagten
begehren,
28
die Berufung zurückzuweisen.
29 Das Arbeitsgericht habe die Klage zutreffend abgewiesen. Allerdings hätte das Arbeitsgericht die Klage insgesamt als unzulässig zurückweisen
müssen, weil sie vor dem unzuständigen Gericht erhoben worden sei. Neben dem Dienstvertrag als Geschäftsführer habe ein weiteres
Arbeitsverhältnis mit der Erstbeklagten nicht mehr bestanden. Aus der Prämienzusage vom 27.03.2001 für das Jahr 2001 könne der Kläger
nichts herleiten, da diese Zusage während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Erstbeklagten erfolgt sei. Aus diesem Grund sei für
das Jahr 2001 die Prämienzahlung durch die Erstbeklagte erfolgt.
30 Das Schreiben vom 22.02.2002 habe nicht die Erstbeklagte verpflichten wollen. Wie sich aus dem Dienstvertrag als Geschäftsführer ergebe, sei
die gesamte Vergütung einschließlich aller Nebenleistungen durch die Zweitbeklagte geschuldet. Im Übrigen sei der Anspruch auch nicht
begründet, da sowohl dann, wenn man auf den Free-Cash-Flow der Zweitbeklagten allein oder der Erst- und Zweitbeklagten gemeinsam
abstelle, die Voraussetzungen für die Zahlungen der Prämie nicht erfüllt seien.
31 Ergänzend wird auf das weitere Vorbringen der Parteien aus den Schriftsätzen vom 01.03.2004, 10.05.2004, 23.06.2004, 29.07.2004 und
24.09.2004 verwiesen.
II.
32 Auf die zulässige Berufung des Klägers ist das Urteil des Arbeitsgerichtes Freiburg aufzuheben und der Rechtsstreit durch Beschluss an das
zuständige Landgericht Rottweil zu verweisen. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
33 1. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.
34 2. Die Berufung ist teilweise begründet. Das Arbeitsgericht konnte die Klage gegen die Beklagte Ziffer 1 nicht als unbegründet und gegen die
Beklagte Ziffer 2 als unzulässig abweisen. Vielmehr war der Rechtsstreit von Amts wegen an das Landgericht Rottweil zu verweisen.
35 a) Die Beklagten haben erstinstanzlich die Zulässigkeit des Rechtsweges gerügt. Unschädlich ist, dass die Beklagten in der mündlichen
Verhandlung vom 25.11.2003 Klagabweisung beantragt haben. Die Beklagten haben erstinstanzlich zuletzt mit Schriftsatz vom 14.11.2004
geltend gemacht, dass die Klage wegen Unzuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichtes als unzulässig abzuweisen sei. Damit haben die
Beklagten rechtzeitig die Rüge der Unzuständigkeit vor der Verhandlung zur Hauptsache nach § 282 Abs. 3 ZPO vorgebracht. Unerheblich ist,
dass die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer keinen Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige
Landgericht gestellt haben. Die Rüge der Zulässigkeit des Rechtsweges erfordert einen solchen Antrag nicht, da es sich um keinen Sachantrag
handelt. Die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs erfolgt vielmehr von Amts wegen (vergl. BGH
v. 18.11.1998, VI ZR 269/97, NJW 1999 S. 651).
36 b) Da die Beklagten die Zulässigkeit des Rechtsweges gerügt haben, musste das Arbeitsgericht gemäß § 17 a Abs. 4 S. 1 GVG vorab durch
Beschluss über die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges entscheiden.
37 Hätte das Arbeitsgericht bei richtiger Anwendung des § 17 a Abs. 3 S. 2 GVG vorab durch Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtsweges
entschieden, wäre nach § 17 a Abs. 3 S. 3 GVG die sofortige Beschwerde nach den §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 568 ff, 577 ZPO gegeben gewesen. Das
Arbeitsgericht hat das Verfahren fehlerhaft sowohl nach der Form (Urteil statt Beschluss) als auch nach dem Inhalt (Abschließen in der
Hauptsache statt vorab beschränkt auf die Rechtswegfrage) entschieden (vergl. BAG, Urt. v. 26.03.1992, 2 AZR 443/91, NZA 1992 S. 954).
38 Soweit das Arbeitsgericht die Klage gegen die Zweitbeklagte als unzulässig abgewiesen hat, ergibt sich die Pflicht zur Prüfung des Rechtsweges
als Folge der zulässigen Berufung des Klägers (vergl. OLG Naumburg, Beschluss v. 25.07.2001, 12 W 22/01, NZA/RR 2002 S. 791;
Schwab/Weth/Walcker, ArbGG, § 48 Rz. 49).
39 Darüber hinaus ist der Rechtsweg auch zu prüfen, soweit die Klage gegen die Erstbeklagte als unbegründet abgewiesen wurde, das
Arbeitsgericht damit, wenn auch ohne Begründung, von der Zulässigkeit des Rechtswegs ausgegangen ist. Gegen diese Entscheidung war, da
nicht beschwert, ein Rechtsmittel durch die Beklagte nicht möglich, und zwar weder die Berufung noch die sofortige Beschwerde. Da der Kläger
seinerseits jedoch Berufung eingelegt hat und die Erstbeklagte in der Berufungserwiderung vom 10.05.2004 erneut geltend gemacht hat, dass
die Klage insgesamt wegen Unzuständigkeit hätte abgewiesen werden müssen, ist, damit die Beklagte durch das unrichtige Verfahren keine
Nachteile erleidet, die Zulässigkeit des Rechtsweges zu prüfen. Unterbleibt die beschwerdefähige Vorabentscheidung trotz Zulässigkeitsrüge,
wirkt sich das prozessuale Benachteiligungsverbot dahingehend aus, dass die Berufungsbeschränkung im Rechtsmittelzug gemäß § 17 a Abs. 5
GVG, § 65 ArbGG nicht eingreift (vergl. BGH, Urt. v. 18.11.1998, VIII ZR 269/97, NJW 1999 S. 651; Vollkommer i. Anm. z. BAG v. 23.06.1992,
a.a.O., AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 1979).
40 3. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht gegeben.
41 a) Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Zulässigkeit des Rechtsweges gegen die Zweitbeklagte § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG
entgegensteht.
42 Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und
Arbeitgebern. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gelten als
Arbeitnehmer nicht die Personen, die kraft Gesetzes zur Vertretung der juristischen Person berufen sind. Dabei betrifft § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG das
der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Die Fiktion gilt unabhängig davon, ob das der Organstellung zugrunde liegende
Rechtsverhältnis materiell-rechtlich ein freies Dienstverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis ist. Auch wenn das Anstellungsverhältnis zwischen
juristischer Person und Vertretungsorgan wegen starker innerer Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis anzusehen ist und deshalb dem
materiellen Arbeitsrecht unterliegt, sind zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus dieser Rechtsbeziehung wegen § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, §
13 GVG die ordentlichen Gerichte berufen. Anderes gilt nur, wenn die Rechtsstreitigkeit zwischen dem Mitglied des Vertretungsorgan und der
juristischen Person nicht das der Organstellung zugrunde liegende Arbeitsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung betrifft (st. Rspr. d.
BAG vgl. z.B. BAG v. 20.03.2003, 5 AZB 79/02, AP Nr. 58 zu § 5 ArbGG 1979, AP Nr. 58 zu § 5 ArbGG 1979; v. 06.05.1999, 5 AZB 22/98, AP Nr.
46 zu § 5 ArbGG 1979).
43 Der Organstellung des Klägers liegt der Geschäftsführervertrag mit der Zweitbeklagten vom 01.07.2001 zugrunde. Wenn durch das Schreiben
vom 22.02.2002 die Zweitbeklagte verpflichtet werden sollte, ist dies auf der Grundlage dieses Geschäftsführervertrages erfolgt, sodass im
Verhältnis zur Zweitbeklagten der Kläger nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt.
44 b) Auch für die Klage gegen die Erstbeklagte ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a nicht gegeben. Im Jahr 2002
bestand zwischen der Erstbeklagten und dem Kläger, wovon auch das Arbeitsgericht ausgegangen ist, kein Arbeitsverhältnis. Das
Vertragsverhältnis mit der Erstbeklagten wurde aufgehoben. Es besteht auch kein Streit zwischen den Parteien darüber, dass mit Ausnahme der
Prämie der Kläger die Vergütung von der Zweitbeklagten erhalten hat, und zwar sowohl für die Tätigkeit im Rahmen der Stellenbeschreibung als
auch im Rahmen der Tätigkeit für die Firma B..
45 Aus der Tatsache, dass im Jahr 2001 die Erstbeklagte die Prämie bezahlt hat, kann nichts hergeleitet werden, da, worauf beide Beklagten
zutreffend hingewiesen haben, die Zahlung der Prämie auf der Grundlage einer Verpflichtung der Erstbeklagten erfolgt ist.
46 Für die Frage der Zuständigkeit kommt es allein darauf an, ob zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten im Jahr 2002 ein Arbeitsverhältnis
bestand. Es mag sein, dass durch das Schreiben vom 22.02.2002 die Erstbeklagte allein oder gemeinsam mit der Zweitbeklagten sich
verpflichten wollte. Es mag auch sein, dass zur Prämienberechnung auf das Ergebnis der Erstbeklagten abzustellen ist. All dies begründet nicht
das für die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen erforderliche Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten.
47 Hinzu kommt, dass der Kläger, soweit er auf Tätigkeiten abstellt, die über die Aufgaben des Geschäftsführers der Zweitbeklagten hinausgehen,
verpflichtet war, kaufmännische Tätigkeiten für die Firma B. zu erledigen. Es mag sein, dass zuvor der Kläger diese Tätigkeiten für die Firma B. im
Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit der Erstbeklagten erledigt hat. Als Folge des Geschäftsführervertrages hatte der Kläger im Rahmen der
Stellenbeschreibung jedoch Tätigkeiten nicht für die Erstbeklagte, sondern für die Firma B. mit zu erledigen.
48 Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger eine Bruttoforderung geltend gemacht hat. Es
liegt kein sic-non Fall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes vor, weil auch im Rahmen eines freien Dienstvertrages und im
Rahmen des Geschäftsführervertrages Bruttoentgeltforderungen erhoben werden können (vergl. BAG, Beschluss v. 26.09.2002, 5 AZB 19/01,
NJW 2003 S. 161 ff; BGH, Urt. v. 01.12.1997, 2 ZR 232/96, NJW 1998 S. 1480).
49 4. Da der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen insgesamt nicht gegeben ist, ist dies gemäß § 17 a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 GVG i. V. m. § 78
Abs. 1 ArbGG auszusprechen und der Rechtsstreit unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils an das zuständige Landgericht Rottweil zu
verweisen.
50 Die Entscheidung hat durch Beschluss zu erfolgen. Das Rechtsmittelgericht hat das Verfahren wieder in die Bahn zu lenken, in die es bei
richtiger Entscheidung der Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel gelangt wäre. Dies bedeutet, dass die Entscheidung in der Form
zu treffen ist, in der bei richtiger Entscheidung der Vorinstanz hätte entschieden werden müssen (vergl. BAG, Urt. v. 26.03.1992, 2 AZR 443/91,
a.a.O.). Dies bedeutet nicht nur, dass in diesem Fall die Entscheidung durch Beschluss zu ergehen hat, vielmehr weitergehend, dass nach § 78
S. 3 ArbGG über die sofortige Beschwerde ohne Hinzuziehung der Ehrenamtlichen Richter zu entscheiden ist. Dass durch diese Entscheidung
ein Urteil aufgehoben wird, steht dem nicht entgegen, da Grund der Entscheidung allein ist, dass das Arbeitsgericht das Urteil verfahrenswidrig
erlassen hat.