Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 28.03.2002

LArbG Baden-Württemberg: fristlose kündigung, gegen die guten sitten, abwerbung von mitarbeitern, besonders verwerfliche gesinnung, abwerbung von arbeitnehmern, firma, arbeitsgericht, treuepflicht

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 28.3.2002, 20 Sa 75/01
Abwerbung von Arbeitskollegen während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses als Grund für eine fristlose Arbeitgeberkündigung
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Aalen – vom 26.07.2001 – 9 Ca 543/00 – insoweit
abgeändert, als dem Bestandsschutzantrag (Position 1 des Urteilstenors) und dem Antrag der Klägerin auf Zahlung der Vergütung für Dezember
2000 (Position 2 des Urteilstenors) entsprochen wurde. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird Position 3 des arbeitsgerichtlichen Urteilstenors abgeändert und –
unter Klagabweisung im Übrigen – zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, über den tantiemeberechtigten Gewinn vor Steuern der Niederlassungen ..., ..., ..., ... und ... für den Zeitraum vom
01.01.2000 bis 01.12.2000 sowie über den tantiemeberechtigten Gewinn vor Steuern bei den Niederlassungen in ... (kaufmännisch und gewerblich)
für den Zeitraum vom 01.10.2000 bis 01.12.2000 gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten, von der Klägerin zu bestimmenden
Wirtschaftsprüfer Rechnung zu legen.
3. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des zum Zwecke der Abwendung
der Zwangsvollstreckung erteilten Zeugnisses ein Zeugnis mit folgendem Inhalt, datiert auf den 01.12.2000, auf Geschäftspapier der Firma ..., zu
erteilen und zuzusenden:
„Frau ..., geb. am ..., war vom 01.01.1994 bis zum 01.12.2000 bei der ... beschäftigt. Dabei war sie vom 01.01.1994 bis zum 31.03.1998 als
Niederlassungsleiterin tätig. Vom 01.04.1998 bis zum 01.01.2000 übernahm sie die Position der Gebietsleiterin für den Bereich Baden-Württemberg.
Zu ihrem Tätigkeitsbereich als Niederlassungsleiterin gehörten folgende Aufgaben:
Frau ... oblag die Leitung, Führung und Verantwortung für die gesamte Niederlassung sowie die Koordination aller Bereiche. Sie war sowohl
verantwortlich für die Umsetzung und Zielerreichung der Jahresplanung als auch für die Einhaltung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, der
Unfallverhütungsvorschriften und des Arbeitszeitgesetzes.
Das Aufgabengebiet von Frau ... umfasste auch den persönlichen Kontakt zu Kunden und Interessenten sowie zu Arbeitsämtern,
Umschulungseinrichtungen, Weiterbildungseinrichtungen, Berufsschulen und Handwerkskammern. Ferner war Frau ... für die Kunden- und
Mitarbeiterbetreuung vor Ort verantwortlich. Sie stellte Mitarbeiter beim Kunden vor und erklärte dessen jeweiligen Arbeitsorganisation. Dabei
erkundete sie zusätzliche Auftragsmöglichkeiten.
Frau ... führte die Hauptkasse und klärte beim Kunden offene Posten, wenn Zahlungsziele überschritten wurden. Ebenso war sie verantwortlich für
Personalsuchanzeigen.
Zu ihrem Tätigkeitsbereich als Gebietsleiterin gehörten folgende Aufgaben:
Frau ... trug die alleinige Verantwortung bezüglich der ihr unterstellten Niederlassungen für das Erreichen der von der Geschäftsführung in
Abstimmung mit den Gebietsleitern festgesetzten Zielen.
Frau ... entschied über Einstellungen und Entlassungen von internem Personal, führte Mitarbeitergespräche und Motivationsgespräche für die
Zielerreichung der Jahresplanung. Bei Bedarf koordinierte sie den Personaleinsatz in den Niederlassungen.
Zusammen mit der Geschäftsführung sowie den unterstellten Niederlassungsleitern und den Disponenten erstellte sie die jährliche Umsatz-, Kosten-
und Ertragsplanung, überwachte diese und leitete bei negativen Abweichungen entsprechende Maßnahmen ein. Außerdem fiel die Umsetzung und
Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems in den Verantwortungsbereich von Frau ...
Darüber hinaus unterstand ihr die Überwachung von Personal- und Kundenaktenkontrollen, Offene-Posten-Verwaltung und Mahnwesen,
Kundenreklamationen und nötige Korrekturmaßnahmen, Arbeits- und Gesundheitsvorschriften sowie Einarbeitungsvorschriften, Schulungs- und
Ausbildungsstand.
Frau ... war verantwortlich für das Erscheinungsbild und Image aller ihr unterstellten Niederlassungen. Sie koordinierte für ihre Niederlassungen alle
Fachbereiche und war unterschriftsberechtigt im Rahmen der Aufgabenstellung. Darüber hinaus überwachte sie den Aufbau von zusätzlichen
Niederlassungen und Bereichen. Bei der regionalen Mitarbeiterbeschaffung sowie der Kunden- und Interessenbetreuung war sie unterstützend tätig.
Ferner gehörte zum Aufgabenbereich von Frau ... auch die Wahrnehmung von Arbeitsgerichtsterminen, sowie bei Bedarf mittelfristig die
Übernahmen von Schulungen. Zudem unterstützte sie die Niederlassungen bei Kündigungen und Rechtsfragen. Sie überprüft alle Arbeitsabläufe
und war verantwortlich für die Umsetzung der Kalkulation.
Schließlich übernahm Frau ... in den Niederlassungen auch umfangreiche Kontrollfunktionen (z. B. bezüglich Kassen, Lohnstruktur, alle
administrativen Arbeiten, Einhaltung des AÜG, Fehlzeiten, BAG-Untersuchungen, Umsetzung und Einhaltung der VBG-Auflagen etc.).
Frau ... war stets hochmotiviert und identifizierte sich immer mit dem Unternehmen. Sie war für ihre Aufgabe außerordentlich befähigt und den
Belastungen und Anforderungen der anspruchsvollen Position in jeder Hinsicht gewachsen. Frau ... beherrschte ihr Aufgabengebiet umfassend.
Aufgrund ihrer sicheren Fachkenntnisse, ihrer langjährigen Erfahrung sowie ihres großen Interesses an neuen Aufgaben konnte ihr hinsichtlich aller
Tätigkeiten höchstes Maß an Selbständigkeit eingeräumt werden. Bei Nutzung derselben ging Frau ... jederzeit außerordentlich planvoll,
zweckgerecht und mit größter Umsicht vor.
Frau ... verstand es, ihre Mitarbeiter zu überzeugen und zu motivieren, so dass sie alle ihr übertragenen Aufgaben mit größtem Erfolg verwirklichen
konnte. Mit ihrer Leistung waren wir in jeder Hinsicht stets außerordentlich zufrieden.
Das Auftreten von Frau ... gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und Kunden war immer vorbildlich.“
4. Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Berufungsverfahren trägt die Klägerin 54,8 %, die Beklagte 45,2 %.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen, da das Urteil
des Berufungsgerichts der Revision nicht unter fällt.
Entscheidungsgründe
2
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1
Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518 Abs. 1 und 2, 519 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO a.F.) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist begründet, soweit
das Arbeitsgericht der Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Arbeitgeberkündigung (I.) und auf Zahlung der Vergütung
für Dezember 2000 (II.) stattgegeben hat. Auch steht der Klägerin nur ein Auskunftsanspruch auf den tantiemeberechtigten Gewinn und
beschränkt auf das vorzeitige Ausscheiden zu (III.). Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig (§§ 521 Abs.1, 522 a. ZPO a.F.) und
überwiegend begründet. Die Klägerin kann die Auskunfterteilung auch an einen Wirtschaftsprüfer verlangen (III.). Der
Zeugnisberichtigungsanspruch der Klägerin ist bis auf das Beendigungsdatum und die Schlussformel begründet (IV.).
I.
3
Die fristlose Kündigung der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig – aus Vereinfachungsgründen – nur noch: Beklagte) vom 01.12.2000 hat
das Arbeitsverhältnis der Parteien mit deren Zugang am selben Tage aufgelöst.
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1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn
Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der
Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die
erforderliche Überprüfung dahin, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt, vollzieht
sich zweistufig:
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a) Zum Einen muss ein Grund vorliegen, der – ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles – überhaupt an sich geeignet
ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG, Urteil vom 29.01.1997 – 2 AZR 292/96 – AP Nr. 131 zu § 626 BGB). Insoweit handelt
es sich um einen Negativfilter, d.h., dass bestimmte Kündigungsgründe von vornherein eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen
können. Dabei gehören die persönlichen Umstände des Gekündigten nicht zum Kündigungsgrund (BAG, Urteil vom 02.03.1989 – 2 AZR 280/88
– AP Nr. 101 zu § 626 BGB).
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b) Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles,
insbesondere auch das des Verhältnismäßigkeitsprinzips, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der in der Regel
vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Alle in diesem Rahmen vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände müssen
vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 29.01.1997 – 2 AZR 292/96 – a.a.O.).
7
2. Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs erweist sich die fristlose Kündigung der Beklagten vom 01.12.2000 als wirksam.
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a) Das Verhalten der Klägerin war objektiv geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu bilden.
9
aa) Der Verstoß gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot ist an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Während des
rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines
Arbeitgebers untersagt. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 HGB geregelt. Diese Vorschrift konkretisiert jedoch einen allgemeinen
Rechtsgedanken, der seine Rechtsgrundlage in der Interessenwahrungspflicht des Arbeitnehmers hat. Der Arbeitgeber soll vor
Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den
persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein (BAG, Urt eil vom 16.08.1990 – 2 AZR
113/90 – AP Nr. 10 zu § 611 BGB Treuepflicht). Dieses bleibt auch bei einer Suspendierung oder Freistellung des Arbeitnehmers bestehen
(BAG, Urteil vom 30.05.1978 – 2 AZR 598/76 – AP Nr. 9 zu § 60 HGB).
10
Allerdings darf ein Arbeitnehmer, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart worden ist, schon vor
Beendigung seines Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens vorbereiten
(BAG, Urteil vom 30.05.1978 – 2 AZR 598/76 – AP Nr. 9 zu § 60 HGB). § 60 Abs. 1 HGB verbietet ihm lediglich die Aufnahme der werbenden
Tätigkeit, insbesondere also das Vorbereiten der Vermittlung und des Abschlusses von Konkurrenzgeschäften (BAG, Urteil vom 30.01.1963
– 2 AZR 319/62 – AP Nr. 3 zu § 60 HGB; Urteil vom 12.05.1972 – 3 AZR 401/71 – AP Nr. 6 zu § 60 HGB). Daraus ergibt sich, das solche
Vorbereitungsmaßnahmen unzulässig sind, die schon selbst als Teil der werbenden Tätigkeit aufzufassen sind. Vorbereitungshandlungen,
die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, erfüllen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 HGB hingegen nicht (BAG
Urteil vom 30.05.1978 – 2 AZR 598/76 - a.a.O.).
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Die Abgrenzung der noch erlaubten Vorbereitungshandlung von der bereits verbotenen Konkurrenztätigkeit – sowohl im Sinne der ersten
als auch der zweiten Alternative des § 60 Abs. 1 HGB – ist danach vorzunehmen, ob ein Handeln vorliegt, durch das unmittelbar in die
Geschäfts- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingegriffen wird. Zulässig sind demnach solche Vorbereitungshandlungen, die
auf die Schaffung der formalen und organisatorischen Voraussetzungen für das geplante eigene Handelsunternehmen gerichtet sind; sie
sind zulässig, wenn sich die Tätigkeit in den Vorbereitungshandlungen erschöpft und nicht aus sonstigen, besonderen Gründen die
Geschäftsinteressen des Arbeitgebers noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses unmittelbar gefährdet werden, insbesondere
durch Kontaktaufnahme mit Kunden oder anderen Vertragspartnern des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 30.05.1978 – 2 AZR 598/76; a.a.O.).
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Deshalb ist dem Arbeitnehmer während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses auch die Abwerbung von Arbeitnehmern verboten (BAG,
Urteil vom 30.01.1963 – 2 AZR 319/62 – a.a.O; Urteil vom 12.05.1972 – 3 AZR 401/71 – a.a.O.). Darunter versteht man die Einwirkung auf
den Arbeitnehmer mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit mit dem Ziel, ihn zur Aufgabe des einen zwecks Begründung des
eines neuen Arbeitsverhältnisses zu bewegen (allgemeine Auffassung, vgl. KR-Fischermeier, 5. Auflage, § 626 BGB Rnr. 406 m.w.N.).
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bb) Ausgehend von einem Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 07.02.1992 – 6 Sa 528/91 – (LAGE § 626 BGB Nr. 64) wird nunmehr von
einem Teil der Instanzrechtsprechung (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 21.12.1999 – 2 Sa 62/99 – und auch die angegriffene erstinstanzliche
Entscheidung) und der Literatur (vgl. APS-Dörner § 626 BGB Rnr. 293 f.m.w.N.)
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die Auffassung vertreten, Artikel 12 Abs. 1 GG gestatte es einem Arbeitnehmer, der den Schritt in die Selbständigkeit beabsichtige, die ihm
aus einem bisherigen Arbeitsverhältnis bekannt gewordenen Kollegen auf den Wechsel zu ihm anzusprechen und deren Bereitschaft
womöglich auch durch Gehaltszusagen zu fördern. Die innerhalb des Arbeitsverhältnisses bestehende Treuepflicht verbiete ihm die
Wahrnehmung dieser berechtigten Eigeninteressen nicht. Mit solchen Abwerbungsmaßnahmen nehme der Arbeitnehmer berechtigte,
verfassungsrechtlich geschützte Interessen wahr. Dem stünden gleichermaßen geschützte Interessen des Arbeitgebers nicht entgegen. Sein
Interesse, seine Arbeitnehmer nicht an Konkurrenten zu verlieren, sei grundsätzlich nicht geschützt. Die bloße Abwerbung greife damit nicht
in gesicherte Rechtspositionen des Arbeitgebers ein. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der Abwerbung das Merkmal der
Sittenwidrigkeit anhafte, da sich sittenwidrige Handlungen grundsätzlich außerhalb der geschützten Freiheitsräume bewegten. Dies könne
der Fall sein, wenn die Abwerbung zugleich eine grobe Verletzung der Treuepflicht darstelle, insbesondere, wenn die sie begleitenden
Handlungen eine besonders verwerfliche Gesinnung offenbarten oder selbst sittenwidrig seien. Solche Umstände könnten etwa vorliegen,
wenn ein Arbeitnehmer Kollegen zu verleiten suche, unter Vertragsbruch beim bisherigen Arbeitnehmer auszuscheiden, wenn er im Auftrag
eines Konkurrenzunternehmens gegen Bezahlung diesen Versuch unternehme oder wenn er insoweit seinen Arbeitgeber planmäßig zu
schädigen suche.
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cc) Diese Auffassung vermag die erkennende Kammer nicht zu teilen. Sie verkennt zum einen, dass auch die Berufsausübung der
bisherigen Arbeitgeberin der Klägerin über Art. 12 Abs. 1 GG und über Art. 14 Abs. 1 GG als Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb Verfassungsrang hat (vgl. insoweit Papier in: Maunz-Dürig, GG, Art. 14 Rnr. 95 ff.m.w.N.). Daneben wird nur postuliert, aber
nicht begründet, weshalb die in § 60 HGB konkretisierte Treuepflicht des Arbeitnehmers die Abwerbung von Arbeitskollegen bereits während
des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses gestatten soll. Diese These ist nach Auffassung der erkennenden Kammer falsch. Es ist
unumstritten, dass die arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten nach Maßgabe der einfachrechtlichen Gesetze bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist zulässige Berufsausübungsregelungen im Sinne des Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG sind. Damit gilt auch die Treuepflicht bis
zum letzten Tag des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Sie gebietet dem Arbeitnehmer neben der konkret ausformulierten
Wettbewerbsenthaltung im § 60 HGB auch loyales Verhalten als solches. Dazu gehört insbesondere die Pflicht, Störungen und Schäden in
seinem Arbeitsbereich dem Arbeitgeber anzuzeigen und, soweit möglich und zumutbar, abzuwenden (allgemeine Auffassung,, vergleiche
Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Auflage, § 53 Rnr. 12 ff.m.w.N.). Ein Loyalitätsverstoß eines Angestellten in einer Führungsposition ist
sogar geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG, Urteil vom 11.03.1999 – 2 AZR 507/98 – AP Nr. 149 zu § 626 BGB). Deshalb
ist nicht ersichtlich, weshalb der Arbeitnehmer noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses berechtigt sein soll, auf Mitarbeiter
einzuwirken und zu versuchen, Arbeit bei ihm oder bei seinem neuen Arbeitgeber aufzunehmen.
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dd) Bei Anwendung der oben unter aa) genannten Rechtsgrundsätze des BAG ist von einer unzulässigen Abwerbung von Mitarbeitern der
Beklagten durch die Klägerin auszugehen. Nach den zum Teil unstreitigen Tatsachen, den von der Beklagten im Wege des
Urkundenbeweises eingeführten Aussagen der Zeuginnen ..., ..., ..., ..., ... und ... im Rahmen der Beweisaufnahme im Rechtsstreit zwischen
der Beklagten und der Firma ... .., deren Geschäftsführerin die Klägerin seit 01.01.2001 ist, vor dem LG Ellwangen – 20 O 12/1 – und von der
Klägerin im Wege des Urkundenbeweises eingeführten Aussagen des Zeugen ... und der Zeuginnen ... und ... im Rahmen der
Beweisaufnahme im Rechtsstreit zwischen der ehemaligen Leiterin der Niederlassung ... und der Beklagten vor dem Arbeitsgericht
Würzburg – 6 Ca 1987/00 A – ist zu Lasten der Klägerin davon auszugehen, dass die Klägerin die Zeuginnen konkret und gezielt auf einen
Wechsel zur Firma ... angesprochen hat. Gegen eine bloße Information ihres Weggehens spricht, dass es sich jeweils um Einzelgespräche
hinter verschlossener Tür gehandelt hat (Zeuginnen ..., ... und ...). Solcher hätte es nicht bedurft, wenn die Klägerin lediglich ihren Weggang
bekundet hätte. Entgegen ihrer Auffassung kommt es dabei nicht darauf an, ob die Zeuginnen von sich aus Abwanderungsgedanken
geäußert haben sollten, weil sie im Zuge der Umstrukturierungen bei der Beklagten mit ihrer seinerzeitigen Situation nicht (mehr) zufrieden
gewesen sind. Denn die Loyalitätspflicht gegenüber der Beklagten hätte der Klägerin geboten, sich durch eine Kontaktaufnahme mit dem
Geschäftsführer ..., gegen den die Klägerin keine Einwendungen vorgebracht hat, für eine Klärung der Verhältnisse und ein Verbleiben
dieser Mitarbeiterinnen bei der Beklagten stark zu machen. Statt dessen hat sie unter Hintanstellung ihrer arbeitsvertraglichen
Verpflichtungen als Arbeitnehmerin der Beklagten und in Förderung ihrer eigenen Wettbewerbsinteressen sogar nachhaltig auf die
Zeuginnen eingewirkt. Sie hat den Zeuginnen nicht nur höhere Gesamtvergütungen zugesagt – was im Falle deren ohnehin bestehenden,
unbedingten Wechselwillens nicht erforderlich gewesen wäre -, sondern ihr Werben mit der Argumentation bekräftigt, die Beklagte gehe eh
den Bach runter (Zeuginnen ... und ...) und werde ohnehin bald komplett zugemacht (Zeugin ...). Des Weiteren hat sie die Bereitschaft der
Arbeitnehmerinnen zum Wechsel von der Beklagten zu Firma ... GmbH dadurch zu unterstützen versucht, dass sie diesen gegenüber darauf
abgehoben hat, dass (nahezu) das gesamte interne Personal mitgehe (Zeuginnen ..., ..., ... und ...).
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Dass die Klägerin sich der Unzulässigkeit ihres Verhaltens bewusst war, wird zum Einen durch die Festlegung unterschiedlicher
Kündigungserklärungstermine zur Vertuschung des Ausmaßes der Absprachen deutlich. Zum Anderen ergibt sich dies aus dem Erstellen,
Vordatieren, Unterschreiben lassen und Wiedereinsammeln der Arbeitsverträge der Mitarbeiterinnen der Beklagten mit der Firma ... GmbH.
Wenn die Klägerin ihr Vorgehen nicht selbst als vertragswidrig eingestuft hätte, hätte nichts näher gelegen, als die neuen Arbeitsverträge
von der seinerzeitigen Geschäftsführerin ... unterschreiben und den Mitarbeiterinnen bereits Ausfertigungen zukommen zu lassen. Durch
ihre Aktion sollte aber verborgen bleiben, dass die Klägerin noch während des Bestehens ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als
Geschäftsführerin der Firma ... GmbH aufgetreten ist und dieses Handeln jedenfalls bezüglich der Mitarbeiterinnen, die ohne einen gültigen
neuen Arbeitsvertrag keine Eigenkündigung gegenüber der Beklagten aussprechen wollten, kausal für deren notwendiges Ausscheiden
bereits zum 31.12.2000 war, um ein Überwechseln zur Firma ... GmbH bereits zu deren aktivem Markteintritt am 01.01.2001 zu
gewährleisten.
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Das LG Ellwangen ist den Bekundungen der Zeuginnen ..., ..., ..., ..., ... und ... gefolgt, weil es diese für glaubwürdig und glaubhaft gehalten
hat. Die Klägerin ist diesen Wertungen im Kern nicht entgegengetreten. Sie hat im Wesentlichen nur darauf abgehoben, die Aussagen
gäben jeweils nur einen Ausschnitt der mit diesen geführten Gesprächen wieder. Tatsächlich sei die Initiative letztlich von den Zeuginnen
ausgegangen. Danach seien diese nur nicht gefragt worden.
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Die Richtigkeit dieser Einlassung kann dahinstehen. Denn auf Grund der Art und der Intensität des sich daran anschließenden Vorgehens
der Klägerin muss dennoch von einer Einwirkung auf diese mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit mit dem Ziel, diese zur
Aufgabe des einen und zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu bewegen, ausgegangen werden, die für eine objektive
Eignung als fristloser Kündigungsgrund ausreicht. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin darüber hinaus auch noch auf weitere,
namentlich im Einzelnen benannte Mitarbeiterinnen eingewirkt hat, die zum Teil per 01.01.2001 zur Firma ... GmbH gewechselt sind. Im
Rahmen des § 626 Absatz 1 BGB ist ebenfalls unerheblich, ob das Verhalten der Klägerin zugleich auch gegen § 1 UWG und/oder gegen
die guten Sitten verstößt.
20 b) Die fristlose Kündigung erweist sich auch bei Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles als wirksam. Die Klägerin weist eine knapp 7-
jährige ununterbrochene Betriebszugehörigkeit zur Beklagten aus. Sie war zum Zeitpunkt des Ausspruchs der fristlosen Kündigung knapp 39
Jahre alt und hat keine Unterhaltspflichten. Die Beklagte war mit ihr bis zuletzt uneingeschränkt zufrieden. Das Arbeitsverhältnis würde auf Grund
der ordentlichen Eigenkündigung der Klägerin vom 09.11.2000 ohnehin am 31.12.2000 enden. In Bezug auf die streitgegenständliche fristlose
Kündigung vom 01.12.2000 geht es deshalb nicht um die Alternative sofortige Beendigung per 01.12.2000 oder unbefristeter Fortbestand,
sondern „nur“ um eine Fortsetzung von 1 Monat. Dazuhin ist die Klägerin seit dem Ausspruch ihrer Eigenkündigung von der Verpflichtung zur
Arbeitsleistung freigestellt. Diese Freistellung ist als einer der maßgeblichen Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen
(BAG, Urteil vom 05.04.2001 – 2 AZR 217/00 – unter II 3 der Entscheidungsgründe). Es kann dahinstehen, ob es bei einer endgültigen
Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung stets besonderer Interessen des Arbeitgebers bedarf, um den Ausspruch einer
außerordentlichen Kündigung noch zu rechtfertigen und ob in derartigen Fällen von einem regelmäßigen Überwiegen der
Arbeitnehmerinteressen auszugehen ist. Denn im Streitfall lägen auf Grund der konkreten Vertragsverletzungen solche überwiegenden
Arbeitnehmerinteressen vor. Die Klägerin hat nicht erst nach ihrer Eigenkündigung und Freistellung mit dem Abwerben begonnen. Sie hat dabei
ihre Position als Gebietsleiterin systematisch zum Nachteil der Beklagten ausgenutzt. Durch das gezielte Ansprechen gerade des
Innendienstpersonals hat sie die Beklagte empfindlich zu treffen versucht. Denn die Niederlassungsleiter und die Disponenten sind für die
Kundenkontakte verantwortlich. Wandern diese vermehrt zu einem ebenfalls nahegelegenen Konkurrenten ab, ist die Gefahr des Kundenverlusts
sehr groß. Auf Grund des gravierenden Vertrauensbruchs der Klägerin erscheint dies bei Abwägung sämtlicher Umstände sachgerecht, von
einem überwiegenden sofortigen Lösungsinteresse der Beklagten auszugehen. Es könnte dieser nicht vermittelt werden, den Abwerbungen der
Klägerin noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatenlos zusehen und der Klägerin weiterhin Vergütung bezahlen zu müssen, obwohl sie die
Klägerin in § 10 Abs. 3 des Gebietsleitervertrags vom 24.06/05.07.1999 sogar ausdrücklich auf die sich aus § 60 HGB ergebende Pflicht, alles zu
unterlassen, was einen Mitarbeiter der Gesellschaft dazu veranlassen könnte, die Gesellschaft zu verlassen, hingewiesen hat. § 10 Abs. 3 des
Gebietsleitervertrags vom 24.06./05.07.1999 stellt insoweit keine eigenständige Regelung dar, sondern verdeutlicht nur die ohnehin schon
bestehende Rechtspflicht.
21 2. Nachdem die Beklagte auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten hat – sie hat von den Vorkommnissen erstmals
am 22.11.2000 erfahren – und sonstige Unwirksamkeitsgründe weder ersichtlich noch vorgetragen sind, erweist sich die fristlose Kündigung als
wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Zugang am 01.12.2000 aufgelöst.
II.
22 Damit gibt es auch keine Anspruchgrundlage für die von der Klägerin geforderte Vergütung für Dezember 2000, weshalb auch die
Zahlungsklage abzuweisen war.
III.
23 Dagegen steht der Klägerin ein Anspruch auf Auskunfterteilung über den tantiemeberechtigten Gewinn vor Steuern nach Maßgabe der Position 2
des Tenors des Berufungsurteils zu.
24 1. Die Einschränkung auf den „tantiemeberechtigten Gewinn“ gegenüber dem arbeitsgerichtlichen Auskunftsurteil ergibt sich aus der
entsprechenden Formulierung des Tantiemeanspruchs in § 6 Abs. 1 des Gebietsleitervertrags der Parteien vom 24.06./05.07.1999. Die Beklagte
hat im Berufungsverfahren zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung des tantiemeberechtigten Gewinns unstreitig eine
Kostenumlage für die ... GmbH und die ... GmbH in Abzug zu bringen ist, die pro Niederlassung nicht mehr als DM 54.000,00 betragen darf. Da
dieser Abzug auf den Gewinn vor Steuern gemacht wird, diesen damit mindert, muss bei der Tenorierung die Terminologie der Parteien
verwendet werden.
25 2. Da der Tantiemeanspruch bei unterjährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und/oder nicht ganzjähriger Zuweisung der jeweiligen
Niederlassung nur pro rata temporis besteht (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 03.06.1958 – 2 AZR 406/55 – AP Nr. 9 zu § 59 HGB), war auch der
Auskunftsanspruch entsprechend zu begrenzen.
26 3. Mit dieser Maßgabe schuldet die Beklagte der Klägerin die begehrte Auskunft. Das hat das Arbeitsgericht insoweit unter C auf Blatt 19 des
angegriffenen Urteils zutreffend ausgeführt. Dem schließt sich das Berufungsgericht an und sieht insoweit gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in
Verbindung mit § 543 Abs. 1 ZPO a.F. von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
27 4. Allerdings kann die Klägerin die Auskunft nicht an sich persönlich, sondern, wie vom Arbeitsgericht unter II auf Blatt 3 des
Zwangsgeldbeschlusses vom 03.12.01 – 9 Ca 543/00 – (Blatt 264 der erstinstanzlichen Akte) festgestellt, auf Grund der nunmehr bestehenden
Wettbewerbssituation mit der Beklagten nur gegenüber einem von ihr zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer verlangen. Die Klägerin hat den
Klagantrag deshalb in zweiter Instanz gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zutreffend dahingehend umgestellt.
28 5. Die Klägerin hat im Termin zur Berufungsverhandlung klargestellt, dass sie mit der zweitinstanzlich begehrten „Rechenschaft“
Rechnungslegung im Sinne des § 254 ZPO verlangt. Diese steht ihr auch zu. Als Rechnungslegung im Sinne dieser Vorschrift gilt „jede
Auskunftserteilung, die auf entsprechender, durch Gesetz oder durch Vertrag begründeter Rechtspflicht beruhend, in verständlicher, der
Nachprüfung zugänglicher Kundgebung der Tatsachen besteht, nach denen sich die Ansprüche bemessen“ (BAG, Urteil vom 21.11.2000 – 9
AZR 665/99 – DB 2001, 1727). Das Gesetz lässt somit in Abweichung von dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Vorbehalt zu,
die Angabe der herauszugebenden Leistung nach Rechnungslegung zu bestimmen. Maßgebend für diesen Vorbehalt ist allein, ob die Klägerin
ohne Erteilung der geforderten Auskünfte die nähere Bestimmung nicht vornehmen kann (Zöller/Greger, ZPO 23. Auflage, § 254 Rnr. 6). Diese
Voraussetzung ist vom Arbeitsgericht zutreffend bejaht worden. Ohne die begehrte Auskunft ist die Klägerin nicht in der Lage festzustellen, ob
und in welchen Umfang ihr ein Tantiemeanspruch zusteht. Der Auskunftsanspruch besteht deshalb, weil die Klägerin in entschuldbarer Weise
über Bestehen und Umfang ihres Rechts im Ungewissen ist und die verpflichtete Beklagte die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen
tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 – a.a.O.). Dieser von
der Rechtsprechung entwickelte Anspruch beinhaltet entsprechend § 259 BGB eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung
nebst Belegen, damit der Wirtschaftsprüfer in der Lage ist, die Angaben der Beklagten zu überprüfen (vgl. BAG Urteil vom 21.11.2000 – 9 AZR
665/99 – a.a.O.). Die Klägerin braucht sich deshalb nicht mit der bloßen Angabe der jeweiligen Endsummen zu begnügen.
IV.
29 Die im Berufungsverfahren erfolgte Klageerweiterung um die Zeugnisberichtigung ist zulässig (1.) und überwiegend begründet (2.).
30 1. Ob die zweitinstanzlich im Wege der Anschlussberufung vorgenommene Klageerweiterung eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO ist
oder insoweit nur ein Fall des § 264 Nr. 2 vorliegt, kann dahinstehen. Denn für den Fall der Annahme der ersten Alternative wäre sie bereits
deshalb zulässig, weil die Beklagte durch die bloße Stellung des Klagabweisungsantrags in sie eingewilligt hätte.
31 2. Der Zeugnisberichtigungsanspruch ist nur in drei Punkten unbegründet.
32 a) Als Beendigungsdatum ist nicht der 31.12.2000 (der Tag des Ablaufs der Kündigungsfrist bezüglich der ordentlichen Eigenkündigung der
Klägerin), sondern bereits der 1.12.2000 (der Tag des Zugangs der wirksamen fristlosen Arbeitgeberkündigung) zugrunde zu legen.
33 b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den Schlussabsatz. Denn der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit
Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die gute Zusammenarbeit dankt und ihn für die Zukunft alles Gute wünscht
(BAG, Urteil vom 20.02.2001 – 9 AZR 44/00 – NZA 2001, 843).
34 c) Die Klägerin kann nicht verlangen, dass ihr die das Zeugnis ausstellende Arbeitgeberin bei einer fristlosen Arbeitgeberkündigung bescheinigt,
auf eigenen Wunsch ausgeschieden zu sein.
35 3. Im Übrigen war die Beklagte jedoch antragsgemäß zu verurteilen.
36 a) Zwar ist es Sache des Arbeitgebers, ein Zeugnis im Einzelnen zu formulieren. Er ist in seiner Entscheidung darüber frei, welche positiven oder
negativen Leistungen und Eigenschaften er hier mehr hervorheben will als andere (BAG, Urteil vom 23.09.1992 – 5 AZR 573/91 – EzA § 630
BGB Nr. 16). Das Zeugnis muss aber allgemein verständlich gefasst sein. Im diesen Rahmen ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der
Formulierung des Zeugnisses, solange das Zeugnis nichts falsches enthält (BAG, Urteil vom 29.07.1971 – 2 AZR 250/70 – AP Nr. 6 zu § 630
BGB). „Falsch“ ist ein Zeugnis auch dann, wenn es Merkmale enthält, die den Zweck haben, den Arbeitnehmer in einer aus dem Wortlaut des
Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen und denen entnommen werden muss, der Arbeitgeber distanziere sich vom
buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen, der Arbeitnehmer werde in Wahrheit anders beurteilt, nämlich ungünstiger als im Zeugnis
bescheinigt (vgl. BAG, Urteil vom 21.09.1999 – 9 AZR 893/98 – AP Nr. 23 zu § 630 BGB). Ein unzulässiges Geheimzeichen kann auch im
Auslassen eines an sich erwarteten Zeugnisinhalts bestehen (BAG, Urteil vom 29.07.1971 – 2 AZR 250/70 – a.a.O.). Hat der Arbeitgeber kein in
diesem Sinne ordnungsgemäßes Zeugnis erteilt, kann der Arbeitnehmer Erfüllung seines Anspruchs verlangen (ständige Rechtsprechung des
BAG, vgl. Urteil vom 17.02.1988 – 5 AZR 638/86 - BAGE 57, 329). Will der Arbeitgeber dagegen einwenden, das erteilte Zeugnis sei inhaltlich
richtig und er habe demgemäss den Zeugnisanspruch erfüllt, so ist er als Schuldner dafür darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urteil vom
23.09.1992 – 5 AZR 573/91 – a.a.O.).
37 b) Die Beklagte hat mit Ausnahme des von ihr als nicht geschuldet reklamierten Schlussabsatzes keinerlei Ausführungen zum
Zeugnisberichtigungsverlangen der Klägerin gemacht. Sie ist damit ihrer Darlegungspflicht nicht nachgekommen. Das Klägervorbringen war
deshalb gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen und die Beklagte entsprechend zu verurteilen.
V.
38 Die Kosten des Berufungsverfahrens waren den Parteien gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO nach
dem Wert des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens in der Hauptsache aufzuerlegen.
VI.
39 Die Revision war nicht zu zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.