Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 07.10.2002

LArbG Baden-Württemberg: geschäftsführer, grad des verschuldens, schmerzensgeld, billige entschädigung, anschlussberufung, arbeitsgericht, ausbildung, persönlichkeitsrecht, eltern, genugtuung

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 7.10.2002, 6 Sa 33/02
Schmerzensgeld wegen Tätlichkeiten des Arbeitgebers gegenüber Azubi
Tenor
1. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 22.03.2002 - 4 Ca 585/01 - insoweit abgeändert,
als die Beklagte verurteilt wird, weitere 700,00 Euro an den Kläger zu bezahlen.
2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Von der ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes wird gemäß § 69 Abs. 2 und 3 ArbGG abgesehen, nachdem das Urteil des
Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt. Stattdessen wird auf den Inhalt des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
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Die Parteien streiten weiterhin über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Kläger.
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Die Beklagte wendet gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, mit dem dem Kläger ein Schmerzensgeld von ... EUR zugesprochen wurde, im
Wesentlichen ein, es treffe nicht zu, dass sowohl der Geschäftsführer der Beklagten als auch Herr ... den Kläger während der bei der Beklagten
verbrachten Ausbildungszeit tätlich angegriffen hätten, er habe lediglich Klapse und Schubse erhalten. Das Arbeitsgericht habe insoweit die
Aussagen der Zeugen ..., ... und ..., auf die es seine Entscheidung gestützt habe, nicht richtig gewürdigt, da sie im Unfrieden bei der Beklagten
ausgeschieden seien, könne ihren Bekundungen kein Glauben geschenkt werden. Wie der Zeuge ... ausgesagt habe, seien keine
Körperverletzungs- oder Züchtigungshandlungen vorgekommen, da weder physische noch psychische Beeinträchtigungen des Klägers
festzustellen gewesen seien.
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Auch habe die Beklagte nicht für etwaige Handgreiflichkeiten des Herrn ... einzutreten, der lediglich auf Grund familienrechtlicher Beziehungen in
Spitzenzeiten bei der Beklagten tätig gewesen sei. Er sei deshalb nicht als Verrichtungsgehilfe der Beklagten anzusehen, ein Arbeitsverhältnis
zu dieser habe nicht bestanden. In jedem Fall habe den Geschäftsführer der Beklagten kein Überwachungs- oder Auswahlverschulden für
seinen Vater Herrn ... getroffen, da er diesen als verständigen und geduldigen Ausbilder kenne, dem erst spät der Geduldsfaden reiße.
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Die Beklagte hat in der zweiten Instanz daher folgenden Antrag gestellt,
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das Teilurteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 22.03.2002 – 4 Ca 585/01 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
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2. auf die Anschlussberufung des Klägers das Teilurteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 22.03.2002 – 4 Ca 585/01 – dahin abzuändern,
dass die Beklagte an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld, welches den Betrag von 700,00 EUR nicht unterschreitet, zu zahlen hat.
10 Die Beklagte beantragt daraufhin,
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die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
12 Der Kläger entgegnet, das Arbeitsgericht habe ihm zu Recht einen Schmerzensgeldanspruch zugesprochen, wenn auch in zu geringer Höhe.
Ein Anspruch bestehe gemäß den §§ 823 Abs. 1, 831, 847 Abs. 1 BGB, die auch im Arbeitsverhältnis Anwendung fänden.
13 Die Misshandlungen des Klägers durch den Geschäftsführer der Beklagten und dessen Vater, Herrn ... stellten eine Reihe von vorsätzlichen
Körperverletzungen im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB dar. Die Beklagte könne den Exkulpationsbeweis gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht
führen. So hätten auch schon Ermittlungen der IHK Heilbronn Ende Februar 2001 wegen des Vorwurfs von Tätlichkeiten gegenüber
Auszubildenden stattgefunden, diese hätten allerdings nicht den Kläger betroffen. Dieser Umstand sei aber maßgeblich für die Sorgfalt des
Geschäftsführers der Beklagten hinsichtlich seiner Überwachungspflichten im Rahmen des § 831 BGB.
14 Die Beklagte stelle selbst nicht in Abrede, dass Herr ... in maßgeblichen und erheblichem Umfang für die Praxisausbildung des Klägers zuständig
gewesen sei, dies betreffe nicht nur die Zeit des vorgeschalteten 2-monatigen Praktikums, der Senior sei vielmehr während des gesamten
Zeitraums der Ausbildung des Klägers mehrmals wöchentlich über längere Zeit in der Küche tätig und mit der Ausbildung des Klägers betraut
gewesen. Nachdem der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber den Eltern des Klägers Tätlichkeiten des Seniors eingeräumt habe, hätte ihn
eine erhöhte Überwachungs- und Überprüfungspflicht getroffen.
15 Die Zeugen, auf deren Bekundungen das Arbeitsgericht seine Entscheidung gestützt habe, seien glaubwürdig, im Übrigen habe die Beklagte
selbst „Klapse und Schubse“, „Packen am Ärmel“ oder „Stoß gegen den Oberarm“ eingeräumt. Dabei sei auch insbesondere zu berücksichtigen,
dass eine Garantenpflicht des Geschäftsführers der Beklagten gegenüber Auszubildenden bestehe. Auch habe der Zeuge ..., der noch bei der
Beklagten beschäftigt sei, einige Vorfälle bestätigt, wenn er sie auch bagatellisiert habe.
16 Für die Höhe des Schmerzensgeldes sei insbesondere der lange Zeitraum, in dem es immer wieder zu Tätlichkeiten gekommen sei, zu
berücksichtigen. Auch hätten die Zeugen bestätigt, dass sich der Kläger in einem ängstlichen Dauerzustand befunden habe.
17 Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und
Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
18 Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 22.03.2002 ist statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 517, 519, 520 Abs. 2 ZPO). Auch die unselbständige
Anschlussberufung des Klägers ist gemäß § 524 Abs. 2 Satz, Abs. 3 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden.
19 Die Berufung der Beklagten konnte keinen Erfolg haben, während auf die Anschlussberufung des Klägers ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe
von ... EUR zugesprochen wurde.
20 Wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, steht dem Kläger ein Schmerzensgeldanspruch aus § 847 BGB zu, allerdings kam die Kammer
zu dem Ergebnis, dass ein Schmerzensgeld von insgesamt ... EUR angemessen ist, dem Kläger wurde somit auf seine Anschlussberufung hin
ein weiterer Betrag von ... EUR zugesprochen.
21 Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Geschädigte im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eine
billige Entschädigung in Geld verlangen, darüber hinaus kann der Arbeitnehmer auch in Fällen gravierender Persönlichkeitsverletzung in
Analogie zu § 847 BGB die Zahlung eines Schmerzensgelds beanspruchen. Es gelten allerdings folgende einschränkende Voraussetzungen:
Die Schwere des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht muss nach Grad des Verschuldens, Art und Schwere der Beeinträchtigung, Anlass und
Beweggrund des Handelnden Genugtuung durch ein Schmerzensgeld erfordern, und die Verletzung kann nicht in anderer Weise befriedigend
ausgeglichen werden. Der Umstand, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung zugleich eine Vertragsverletzung darstellt, steht einem
Schmerzensgeldanspruch nicht entgegen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 114 – 166 zu § 611 BGB, BAG vom 21.02.1979 AP
Nr. 13 zu § 847 BGB, BAG vom 18.12.1984 AP Nr. 8 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht).
22 Somit kann ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers sowohl wegen der Körperschäden als auch wegen der mit den Tätlichkeiten vor den
anderen Mitarbeitern verbundenen Ehrverletzung, also einer Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts, begründet sein.
23 Die von dem Arbeitsgericht vernommenen Zeugen ..., ... und ... haben im Wesentlichen übereinstimmend bekundet, dass sowohl der
Geschäftsführer der Beklagten als auch Herr ... den Kläger während der bei der Beklagten verbrachten Ausbildungszeit vom 01.02.2001 bis
August 2001 mehrfach tätlich angegriffen haben. So haben die Zeugen ... und ... ausgesagt, dass der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger
am 15.04.2001 wegen eines angeblich misslungenen Nachtisch mit der Faust auf den Oberschenkel geschlagen und den Ellbogen in den
Magen des Klägers gestoßen habe. Nach der Bekundung des Herrn ... hat der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger am 26.05.2001
wiederum mit der Faust auf den Schenkel geschlagen, weil er sich durch diesen beim Anrichten von Speisen gestört fühlte, der Zeuge sagte des
Weiteren aus, dass es sich nach seiner Beobachtung nicht um eine spontane Reaktion des Herrn ... gehandelt habe, sondern dass er sich
vielmehr in die Wut hineingesteigert habe. Der frühere Mitarbeiter ... bekundete, dass Herr ... den Kläger am 20.01.2001 stark am Ohr gezogen,
auf den Arm geschlagen und angeschrieen habe. Nach Herrn ... wiederum soll der Vater des Geschäftsführers den Kläger am 09.04.2001 ins
Gesäß getreten haben, nachdem er einen vom Kläger zubereiteten Spätzlesteig kontrolliert habe und mit ihm augenscheinlich nicht zufrieden
gewesen sei. Der Zeuge ... bekundete auch, dass Herr ... dem Kläger am 06.02.2001 peitschenartige Schläge mit dem Kochtuch auf den Rücken
versetzt habe, wobei dieses mehrmals vorgekommen sei. Die Zeugen sagten übereinstimmend aus, dass es sich um stärkere Züchtigungen,
nicht nur um Schubse und Klapse gehandelt haben, dass sie blaue Flecken beim Kläger gesehen hätten, dass er verängstigt gewirkt habe und
dass diese Misshandlungen des Klägers öfters vorgekommen seien, und dass sich insbesondere niemand schützend vor den Kläger gestellt
habe. So habe auch die Mutter des Geschäftsführers, Frau ..., die sich auch im Betrieb aufgehalten habe, den Kläger in den Arm gezwickt und
gesagt: „Du wirst nicht geschlagen.“
24 Die Beklagte hat als Grund für die Unglaubwürdigkeit der Zeugen angeführt, dass die Mitarbeiter ..., ... und ... bereits aus dem Betrieb der
Beklagten ausgeschieden seien. Die Beklagte will sich deshalb auf die Aussagen des Zeugen ... stützen, der zur Zeit seiner Zeugenvernehmung
noch bei der Beklagten beschäftigt war. Aber selbst dieser Mitarbeiter hat bekundet, dass der Kläger geschubst wurde, und dass es schon mal so
gewesen sein könnte, dass ein stärkerer Klaps mit der Hand auf den Rücken erfolgt sei. Aber gerade bei dem letzteren Zeugen ist zu
berücksichtigen, dass er noch bei der Beklagten arbeitete und sich somit in einer Abhängigkeit von der Beklagten befand, während die anderen
Mitarbeiter bereits ausgeschieden waren, wobei aber mit dem Arbeitsgericht bemerkt werden muss, dass die Zeugen die Vorfälle detailreich und
frei von Widersprüchen geschildert haben, die Behauptungen des Klägers allerdings nicht pauschal bestätigten, sondern im Einzelnen
schilderten, welche Vorfälle sie miterlebt hatten. Es besteht somit kein Grund, ihre Aussagen der Entscheidung nicht zu Grunde zu legen.
25 Danach handelte es sich bei den Vorfällen um ein Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten sowie des Herrn ..., das sowohl zu körperlichen
Beeinträchtigungen des Klägers führte (Rückenschmerzen, blaue Flecken), als auch die persönliche Integrität und Ehre des Klägers verletzte.
Auch wenn der Kläger sicher besser daran getan hätte, nach den von ihm behaupteten blutunterlaufenen Striemen auf dem Rücken nach den
Schlägen mit dem Küchentuch, einen Arzt aufzusuchen und diese bestätigen zu lassen, so steht doch fest, dass es durch die Schläge und Tritte,
die nach Aussagen der Zeugen nicht unerheblich waren, zu körperlichen Beeinträchtigungen kam. Es ist aber des Weiteren zu beachten, dass
dadurch das Persönlichkeitsrecht des Klägers in erheblichem Umfang verletzt wurde, da er vor den anderen Mitarbeitern und Auszubildenden
als unfähig und dumm hingestellt wurde und dies in weit höherem Ausmaß, als wenn dies nur mit Worten geschehen wäre. Durch körperliche
Misshandlungen bringt der Handelnde eine weitaus größere Missachtung der Person des anderen zum Ausdruck als durch Schimpfworte,
mögen sie auch ehrverletzend sein.
26 Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte für die Handlungen des Herrn ... gemäß § 831 Abs. 1 BGB nicht einzustehen
hat. Zu einer Verrichtung bestellt ist derjenige, dem von einem anderen in dessen Einflussbereich allgemein oder im konkreten Fall eine Tätigkeit
zugewiesen ist und der in einer gewissen Abhängigkeit steht. Für das Weisungsrecht ist insoweit ausreichend, dass der Geschäftsherr die
Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann. Die Tätigkeit kann tatsächlicher oder
rechtlicher Natur sein, entgeltlich oder unentgeltlich, ausdrücklich oder stillschweigend übertragen werden. Somit kommt es vorliegend nicht
entscheidend darauf an, dass Herr ... nicht im Arbeitsverhältnis zu der Beklagen stand, es genügt, dass er im Betrieb mitarbeitete und dabei auch
die Tätigkeit des Klägers überwachte. Denn es bestand ein enger Zusammenhang zwischen der unerlaubten Handlung des Herrn ... und seiner
Überwachungstätigkeit im Rahmen der Ausbildung des Klägers, das zeigt sich z.B. schon daran, dass Herr ... nach der Kontrolle eines vom
Kläger zubereiteten Spätzlesteigs, mit dem er nicht zufrieden war, den Kläger tätlich anging. Es war insoweit auch nicht entscheidend, dass der
Geschäftsführer der Beklagten seinem Vater nicht die Ausbildung des Klägers insgesamt übertragen hatte.
27 Eine Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht, da davon auszugehen ist, dass der Geschäftsführer der
Beklagten die Vorgehensweise seines Vaters, des Herrn ... kannte. So sagte insbesondere der Zeuge ... aus, dass der Geschäftsführer der
Beklagten vom Verhalten des Herrn ... Kenntnis hatte, da „die Züchtigungen“ in seinem Beisein in der Küche stattgefunden hätten. Auch hatte die
IHK im Februar 2001 bereits wegen eines ähnlichen Vorfalls bei der Beklagten ermittelt, und zwar auch wegen Handlungen des Herrn ... Des
Weiteren haben auch die Eltern des Klägers den Geschäftsführer der Beklagten auf die Tätlichkeiten durch seinen Vater angesprochen, wenn
auch streitig ist, inwieweit der Geschäftsführer diesen zugesagt hat, sie abzustellen.
28 Dem Kläger steht somit ein Schmerzensgeldanspruch gegenüber der Beklagten zu, der vorrangig auf den Ausgleich der Schäden des Verletzten
gerichtet ist, der durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden soll, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten anstelle derer
zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld auch zu einer
Genugtuung führen und der Prävention dienen. Insbesondere war vorliegend auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Geschädigten um
einen Auszubildenden handelte, bei dem dem Ausbilder nach § 6 BBiG größere Fürsorgepflichten auferlegt sind als dem Arbeitgeber gegenüber
dem Arbeitnehmer. Im betrieblichen Bereich besteht eine Pflicht des Auszubildenden zur charakterlichen Förderung des Auszubildenden, soweit
das Ausbildungsverhältnis auch ein Erziehungsverhältnis ist. Der Ausbildende soll die geistig-seelische Entwicklung des Auszubildenden positiv
beeinflussen, um ihn zu einem selbständigen, ernsten und sozial orientierten Menschen zu erziehen (Erfurter Kommentar, Rn. 9 zu § 6 BBiG).
Daraus ergibt sich, dass das Ausbildungsverhältnis in weit stärkerem Maße von Fürsorgepflichten des Ausbildenden geprägt ist als ein normales
Arbeitsverhältnis. Das Erziehungsrecht des Ausbildenden beinhaltet allerdings keine Züchtigungsmaßnahmen. Diese wiegen hier umso
schwerer, als es zu mehrfachen Vorfällen während der gesamten Zeit kam, in der der Kläger als Auszubildender bei der Beklagten tätig war, es
handelte sich also nicht um einen einmaligen Vorfall. Des Weiteren ist zu beachten, dass zumindest zwei Personen gegenüber dem Kläger
tätlich wurden, nämlich der Geschäftsführer der Beklagten und Herr .... Verstärkt wurde dies noch durch Handlungen der Mutter des
Geschäftsführers. Außerdem bekundeten die Zeugen ein starkes Zuschlagen der Beteiligten, nicht nur leichte Schubse und Klapse. Somit ist im
Ergebnis festzustellen, dass die Körper- und Ehrverletzungshandlungen, die sich die Beklagte anrechnen lassen muss, von erheblichem Gewicht
waren, dass der Kläger verängstigt war und nach Vorsprache der Eltern des Klägers und der Ermittlungen der IHK wegen eines ähnlichen
Vorfalls die Tätlichkeiten gegenüber dem Kläger von Seiten der Beklagten nicht aufhörten, sondern eine erhebliche Hartnäckigkeit aufwiesen,
die unter Umständen auf ein fehlendes Unrechtsbewusstsein der Ausbildenden schließen lassen. In Anbetracht dessen erscheint ein
Schmerzensgeld von insgesamt 1.500,00 EUR als angemessen.
29 Auf die Anschlussberufung des Klägers war das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit abzuändern, als dem Kläger weitere 700,00 EUR
Schmerzensgeld zugesprochen wurden, die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen.
30 Die Entscheidung über die Kosten der Berufung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
31 Gegen dieses Urteil gibt es kein Rechtsmittel. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.