Urteil des KG Berlin vom 02.04.2017

KG Berlin: eigentümer, gutgläubiger erwerb, unrichtigkeit, zwangsvollstreckung, vorfrage, eigentum, grundbuchamt, rechtskraft, urkunde, bindungswirkung

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 113/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 894 BGB, § 19 GBO, § 22 GBO,
§ 771 ZPO, § 866 Abs 1 ZPO
Grundbuchverfahrensrecht: Löschung der zu Lasten des
Bucheigentümers eingetragenen Zwangshypothek nach
Grundbuchberichtigung auf den wahren Eigentümer
Leitsatz
Ist aufgrund eines gegen den eingetragenen (Buch-) Eigentümer gerichteten Zahlungstitels
eine
Zwangshypothek (§ 866 Abs. 1 ZPO) eingetragen, so kann der nach Berichtigung des
Grundbuchs
nunmehr eingetragene (wahre) Eigentümer deren Löschung im Wege der Berichtigung nach §
22 GBO nur nach Bewilligung des Gläubigers (§ 19 GBO) oder aufgrund einer Entscheidung
gemäß §§ 868 Abs. 1, 771 ZPO verlangen.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 19.421,34 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gemäß §§ 78 bis 80 GBO zulässige sofortige weitere Beschwerde der eingetragenen
Eigentümer hat in der Sache keinen Erfolg. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht in dem
angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die von den
eingetragenen Eigentümern beantragte Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO nicht
vorliegen.
Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen. Im
Hinblick auf die Ausführungen der weiteren Beschwerde und zur Klarstellung wird
ergänzend auf Folgendes hingewiesen:
1. Im Streit ist nur noch die im Wege der Berichtigung nach § 22 GBO beantragte
Löschung der zugunsten der Beteiligten im Abs. III Nr. 5 eingetragenen
Sicherungshypothek für eine Hauptforderung in Höhe von 37.984,84 DM gemäß
notariellem Schuldanerkenntnis des ehemals als Eigentümer eingetragenen K. K. . Die
Eintragung erfolgte am 25.3.1998, nachdem zuvor am 18.12.1997 in Abt. II Nr. 2 ein
Widerspruch gegen die Eintragung des Eigentums von K. K. zugunsten der unbekannten
Erben nach R. W. eingetragen worden war. Im Wege der Berichtigung aufgrund des
Urteils des Kammergerichts vom 14.8.1997 - 16 U 5543/96 - wurde das Eigentum am
17.1.2000 auf die unbekannten Erben umgeschrieben.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die Eintragung der
Sicherungshypothek nicht fehlerhaft erfolgt. Das mit Rechtskraftvermerk vom 3.2.1999
versehene Urteil des Kammergerichts wurde dem Grundbuchamt mit dem
Berichtigungsantrag des Notars K. D. M. am 4.3.1999 eingereicht. Früher konnte das
Grundbuchamt keinesfalls Kenntnis von der Unrichtigkeit der Eintragung des K. K. als
Eigentümer haben. Folglich waren die formellen Voraussetzungen der Eintragung des
Rechts gegeben, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Denn der eingetragene
Eigentümer K. hatte in notarieller Urkunde des Notars S. in Berlin vom 13.8.1997 - UR-
Nr. ... /1... - die Unterwerfung und die Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen
erklärt, § 794 (1) Nr. 5 ZPO, die vom Notar erteilte vollstreckbare Ausfertigung war dem
Schuldner am 19.8.1997 zugestellt worden, §§ 797 II, 750 ZPO. Auf die Voreintragung
des Widerspruchs kommt es nicht an. Der Widerspruch hindert nach § 892 (1), 1 BGB nur
den gutgläubigen Erwerb durch Rechtsgeschäft, er verhindert nicht die Eintragung des
Rechts im Wege der Zwangsvollstreckung. Erst bei Weiterveräußerung des zwangsweise
eingetragenen Rechts an einen Dritten bewirkt der Widerspruch, dass dessen
gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist.
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2. Die am 17.1.2000 erfolgte Berichtigung zu Abt. I Nr. 3 des Grundbuchs, wonach nicht
K. K. durch Eintragung vom 3.9.1996 Eigentümer geworden, sondern das Eigentum bei
R. W. bzw. seinen Erben verblieben ist, entfaltet auf die Eintragung der
Sicherungshypothek zu III/3 vom 25.3.1998 nicht die Wirkung, dass diese als fehlerhaft
zu löschen ist. Ein Fall des § 53 GBO ist offensichtlich nicht gegeben, wie das Landgericht
zutreffend ausgeführt hat. Es kommt nur eine Berichtigung nach § 22 I GBO in Betracht,
wenn eine Löschungsbewilligung nach § 19 GBO nicht beigebracht wird. Diese ist von
demjenigen zu erteilen, „dessen Recht von ihr betroffen wird„, also den Beteiligten zu 1.
- 138 als den Gläubigern des eingetragenen Grundpfandrechts. Entgegen der
Auffassung der weiteren Beteiligten ist die Entscheidung des BGH vom 20.1.2006 - V ZR
214/04 - (BGH-Report 2006, 695) nicht einschlägig. Sie betrifft die Frage, wer zur Abgabe
der für eine Rechtsänderung erforderlichen Erklärung materiell und formell berechtigt ist.
Hier geht es dagegen um die Berichtigung einer unrichtigen Eintragung, von der stets
der tatsächlich - richtig oder unrichtig - Eingetragene betroffen ist.
Verfehlt ist in diesem Zusammenhang der Einwand des Beschwerdeführers, die
Beteiligten könnten materiell-rechtlich nicht auf Erteilung der Löschungsbewilligung in
Anspruch genommen werden. Ist die Sicherungshypothek zu Unrecht eingetragen
worden, da sich die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde nicht gegen den -
wahren - Eigentümer des Grundstücks richtet, so ist das eingetragene Recht gleichwohl
entstanden, steht jedoch als Grundschuld von vornherein dem - wahren - Eigentümer zu,
vgl. RGZ 78, 398/408 f., Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 868 Rdn. 1. Gegenüber dem
buchmäßig Berechtigten kann der Eigentümer nach § 894 BGB den Anspruch auf
Berichtigung - auch im Wege der Löschung des Rechts - geltend machen, er kann aber
auch nach §§ 795, 771 ZPO gegen die Eintragung als Zwangsvollstreckungsakt (§ 866 I
ZPO) vorgehen und unter Vorlage einer Entscheidung nach § 868 Abs. 1 ZPO die
Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO erreichen.
3. Der Versuch des Beschwerdeführers, unter Übergehung der Beteiligten die Löschung
des zu ihren Gunsten eingetragenen Rechts im Wege der Berichtigung nach § 22 GBO zu
erreichen, muss fehlschlagen. Durch das vorgelegte rechtskräftige Urteil des
Kammergerichts vom 14.8.1997 ist nicht - wie der Beschwerdeführer meint - der
Nachweis im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 erbracht, dass das Grundbuch in Ansetzung
der Eintragung zu III/4 unrichtig ist und durch die Löschung dieses Rechts richtig wird.
a) Das folgt schon aus der zu 2. dargestellten Rechtslage. Danach ist das Recht zu III/4 -
die Unrichtigkeit der Eintragung des Eigentümers K. unterstellt - als
Eigentümergrundschuld entstanden. Zu deren Löschung bedarf es nach § 27 Satz 1
GBO der Zustimmung des Berechtigten, vorliegend auch der Genehmigung der
Zustimmung des Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht (vgl. dessen Beschluss v.
17.5.1995 betr. die Löschung der in III/3 eingetragenen Grundschuld).
b) Zu Unrecht will der Beschwerdeführer aus dem Urteil des Kammergerichts, in dem
den Erben nach R. W. gegen K. K. der Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs durch
Eintragung der Erben als Eigentümer zugesprochen wurde, eine Bindung des
Grundbuchamts hinsichtlich des Nachweises der hier geltend gemachten Unrichtigkeit
der Eintragung der Beteiligten als Berechtigte der Sicherungshypothek herleiten.
Der Beschluss des Thüring. OLG Jena vom 14.12.2000 (FGPrax 01, 56) ist hierfür nicht
einschlägig. Nach der dort vertretenen Auffassung - der der BGH, NJW-RR 02, 516/517
freilich entgegengetreten ist - stellt das der Klage auf Grundbuchberichtigung
stattgebende Urteil zwar „in den subjektiven Grenzen der Rechtskraft das dingliche
Recht fest“, so dass durch ein solches Urteil der Nachweis der Unrichtigkeit einer
entgegenstehenden Eintragung erbracht sein könnte. Das betrifft aber nur das
eingetragene Recht, das Gegenstand des Berichtigungsanspruchs ist. Insoweit ist die
vom Urteil des Kammergerichts zugesprochene Berichtigung auch bereits durch die
Eintragung vom 17.1.2000 vollzogen worden. Die hier gegenständliche Berichtigung
betrifft dagegen die Eintragung in III/4, für deren materielle Richtigkeit die Eigentumslage
zum Zeitpunkt der Eintragung nur Vorfrage ist. Auch nach der u. a. vom OLG Jena
vertretenen - weitergehenden - Auffassung besteht keine Bindung an die Beurteilung
von Vorfragen, die einen anderen Streitgegenstand betreffen.
Auch das OLG Jena betont im Übrigen, dass die angenommene Bindung nur in den
subjektiven Grenzen der Rechtskraft gelten könne. Richtet sich das
Berichtigungsverlangen - wie hier - gegen Rechtsinhaber, die an dem Vorprozess, in dem
über ein anderes, von derselben Vorfrage abhängiges Berichtigungsverlangen
entschieden wurde, nicht beteiligt waren, so kann das im Vorprozess ergangene Urteil
keine Bindungswirkung zu ihren Lasten entfalten. Damit ist es auch nicht geeignet, den
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keine Bindungswirkung zu ihren Lasten entfalten. Damit ist es auch nicht geeignet, den
nach § 22 Abs. 1 GBO erforderlichen Nachweis der Unrichtigkeit zu erbringen.
Da das Berichtigungsverfahren nach § 22 GBO nicht der Klärung der materiellen
Rechtslage im Streitfalle dient, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, entweder
die Bewilligung der Beteiligten nach §§ 19 GBO, 894 BGB oder eine Entscheidung nach §§
771, 868 ZPO beizubringen.
2. Eine Anhörung der Beteiligten zu 1. - 138. war nicht erforderlich, da die sofortige
weitere Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (vgl. Keidel/Kunze/Winkler, FGG, 15.
Aufl., § 12 Rdnr. 138 m.w.N.).
3. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 131 Abs. 1, 30 Abs. 1 in
Verbindung mit § 23 II KostO.
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