Urteil des KG Berlin vom 07.07.2004
KG Berlin: unrichtige angabe, darlehensvertrag, auszahlung, verbraucher, rückzahlung, nichtigkeit, rückabwicklung, vertragsschluss, immobilienfonds, kapitalanlage
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Gericht:
KG Berlin 4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 91/04
Dokumenttyp:
Teilurteil
Quelle:
Normen:
§ 4 HTürGG, § 4 Abs 1 S 4 Nr 1
Buchst b S 2 VerbrKrG vom
27.04.1993, § 6 Abs 2 S 1
VerbrKrG, § 9 VerbrKrG
Darlehensvertrag als Haustürgeschäft: Vorherige Bestellung;
Fortwirken der Haustürsituation; Gesamtbetragsangabe bei
unechten Abschnittsfinanzierungen; Heilung der Nichtigkeit
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 17. März 2004 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin - 23 O 341/02 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7.
Juli 2004 teilweise geändert:
1. Auf die Hilfsanträge der Kläger wird die Beklagte verurteilt, die von den Klägern seit
dem 1. Dezember 1996 auf den Darlehensvertrag vom 06./20. November 1996
Darlehensvertragsnummer: 9744764618 - geleisteten Teilzahlungen mit einem Zinssatz
von 4 % neu zu berechnen.
2. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 06./20. November
1996 - Darlehensvertragsnummer: 9744764618 – anstelle der vertraglich vereinbarten
Zinsen lediglich Zinsen in Höhe von 4 % schulden.
In den Hauptanträgen zu 1. und 2. - auch in ihrer erweiterten Form - wird die Berufung
zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferinnen haben die Kläger je zur Hälfte zu
tragen; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; den Klägern wird nachgelassen, eine
Zwangsvollstreckung der Streithelferinnen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die Streithelferinnen
vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
In dem vorliegenden Rechtsstreit verlangen die Kläger von der Beklagten Rückabwicklung
bzw. hilfsweise Neuberechnung eines Darlehensvertrages, mit dem sie ihren Beitritt zu
einem geschlossenen Immobilienfonds finanziert haben.
Mit Beteiligungsangebot vom 15. Juli 1996 (Anlage K 4, 5) boten die Kläger der
Streithelferin zu 1. den Abschluss eines Treuhandvertrages zu dem Zweck an, ihren
Beitritt zu der D... - W... - KG, der Streithelferin zu 2., einem geschlossenen
Immobilienfonds, zu erklären. Die Treuhänderin nahm das Angebot mit Schreiben vom
20. September 1996 an (Anlage S 13) und bewirkte den Beitritt der Kläger.
Zur Finanzierung ihrer Beteiligung schlossen die Kläger am 06./20. November 1996 den
hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag mit der Beklagten über 120.000,00 DM
(Anlage K 6), nachdem sie zuvor am 15. Juli 1996 eine entsprechende Kreditanfrage an
die Beklagte gerichtet hatten. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9.
Januar 2002 (Anlage K 9) widerriefen sie den Darlehensvertrag nach den Bestimmungen
des Haustürwiderrufsgesetzes.
Die Kläger behaupten, zum Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation
bestimmt worden zu sein. Sie sind der Auffassung, infolge ihres Widerrufs zu Zahlungen
auf das Darlehen nicht verpflichtet zu sein und erbrachte Leistungen zurückfordern zu
können. Jedenfalls aber hätten sie einen Anspruch auf Neuberechnung des Darlehns mit
einem Zinssatz von lediglich 4 %, weil es die Beklagte versäumt habe, in dem
Darlehensvertrag den Gesamtbetrag aller auf das Darlehn zu erbringenden Leistungen
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Darlehensvertrag den Gesamtbetrag aller auf das Darlehn zu erbringenden Leistungen
für den Gesamtzeitraum anzugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des widerstreitenden
Parteivorbringens erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge und der
daraufhin ergangenen Entscheidungen wird auf den Tatbestand und die
Entscheidungsgründe des die Klage in vollem Umfang abweisenden Urteils des
Landgerichts Berlin vom 17. März 2004 - 23 O 341/02 - Bezug genommen.
Dagegen haben die Kläger Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren
in vollem Umfang weiter verfolgen und dieses darüber hinaus im Hauptantrag zu 1) um
die zwischenzeitlich auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen und im Übrigen um
den Feststellungsantrag zu 2) und die Hilfsanträge erweitern. Sie rügen, dass das
Landgericht zu Unrecht ein Widerrufsrecht mit der Begründung verneint habe, die
Verhandlungen mit dem Vermittler Simon beruhten auf einer vorherigen Bestellung der
Kläger. Eine Bestellung zu konkreten Vertragsverhandlungen sei nicht erfolgt. Hilfsweise
stützen sie ihr Begehren auf eine Formnichtigkeit des Darlehensvertrages wegen
fehlender Angabe des Gesamtbetrages. Da es sich um ein verbundenes Geschäft
handele und sie den Kredit nicht selbst empfangen hätten, seien sie auch zu
Rückzahlungen nicht verpflichtet. Höchst hilfsweise stehe ihnen jedenfalls ein Anspruch
auf Neuberechnung zu einem Zinssatz von 4 % zu. Im Übrigen wiederholen und
vertiefen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des am 17. März 2004 verkündeten Urteils des Landgerichts
Berlin - 23 O 341/02 -
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger EUR 54.253,18 nebst 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
2. festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 06./20.
November 1996 sowie Folgeverträgen gegen die Kläger/Berufungskläger keine
Ansprüche mehr zustehen.
hilfsweise
1. die Beklagte zu verurteilen, die von den Klägern seit dem 1. Dezember 1996
auf den Darlehensvertrag vom 06./20. November 1996 - Darlehensvertragsnummer:
9744764618 - geleisteten Teilzahlungen mit einem Zinssatz von 4 % neu zu berechnen
und an die Kläger die zuviel bezahlten Zinsen zu erstatten;
2. festzustellen, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 06./20.
November 1996 - Darlehensvertragsnummer: 9744764618 - anstelle der vertraglich
vereinbarten Zinsen lediglich Zinsen in Höhe von 4 % schulden.
Weiterhin beantragen sie,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung insgesamt zurückzuweisen;
sowie hilfsweise
widerklagend für den Fall einer Verurteilung nach dem Hauptantrag zu 1.,
die Kläger zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Beklagte EUR 61.355,02
nebst Zinsen in Höhe von 8,30 % p. a. für die Zeit vom 1. Dezember 1996 bis zum 30.
November 2001, in Höhe von 7,18 % p. a. für die Zeit vom 1. Dezember 2001 bis
Rechtshängigkeit und in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
weiterhin hilfsweise,
die Kläger zu verurteilen, ihren Anspruch auf Auszahlung eines
Auseinandersetzungsguthabens in Höhe von EUR 23.079, 70 betreffend ihre Beteiligung
über nominal DM 120.000,- an der D... - W... – KG (Teilhaberregister-Nr. 941720141) an
die Beklagte abzutreten.
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Die Streithelferin zu 1. beantragt,
die Berufung der Kläger mit den Hauptanträgen zurückzuweisen und schließt sich
im Übrigen der Hilfswiderklage der Beklagten an.
Die Streithelferin zu 2. beantragt,
die Berufung der Kläger mit den Hauptanträgen zurückzuweisen und schließt sich
im Übrigen der Hilfswiderklage der Beklagten an.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen und vertiefen im Übrigen ihr
erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien und der
Streithelferinnen wird auf die in diesem Rechtszug eingereichten Schriftsätze nebst
Anlagen ergänzend Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Dies gilt gleichermaßen für die Erweiterung des
Hauptantrags zu 1) (Zahlungsantrag) und den erstmals in der Berufungsinstanz
gestellten Hauptantrag zu 2) (Feststellungsantrag) sowie die Hilfsanträge.
Hinsichtlich der Erweiterung der Hauptanträge handelt es sich um eine Klageerweiterung
(§ 263 ZPO), die nach Maßgabe von § 533 ZPO zulässig ist, weil den geänderten
Anträgen neue Tatsachen nicht zugrunde liegen (§ 533 Nr. 2 ZPO) und die Beklagte
durch rügelose Einlassung in die im Übrigen sachdienliche Klageänderung eingewilligt hat
(§ 533 Nr. 1 ZPO). Dies gilt gleichermaßen für die erstmals in der Berufungsinstanz
gestellten Hilfsanträge, so dass es auf die Frage, ob es sich dabei überhaupt um eine
Klageänderung handelt, oder ob dieses Begehren als Minus in den Hauptanträgen
enthalten ist, nicht ankommt.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur mit den Hilfsanträgen Erfolg, ist insoweit
jedoch erst teilweise zur Entscheidung reif, so dass durch Teilurteil (§ 301 ZPO) zu
entscheiden war.
Soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, weist die Berufung
entscheidungserhebliche Rechtsfehler bei der Tatsachenfeststellung oder
Rechtsanwendung (§ 513 Abs. 1 ZPO) nicht auf. Im Einzelnen:
I. Den Klägern steht kein Anspruch auf Rückerstattung der gesamten geleisteten
Zahlungen zu (§ 3 Abs. 1 S. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 gültigen
Fassung, im Folgenden: a. F.), denn der mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten
vom 9. Januar 2002 erklärte Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages
gerichteten Willenserklärungen ist nicht wirksam erfolgt.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a. F. kann der Kunde seine auf den Abschluss eines
Vertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen, zu der er durch mündliche
Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung bestimmt worden ist. Ein derartiges
Recht zum Widerruf besteht allerdings nicht, wenn die Verhandlungen auf vorherige
Bestellung des Kunden geführt worden sind (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 HWiG).
a) Das Landgericht hat den Ausschlusstatbestand der vorherigen Bestellung anhand des
unstreitigen Sachverhalts und der Vernehmung des Zeugen S. bejaht und den Widerruf
deshalb für unwirksam erachtet. Dies greift die Berufung als rechtsfehlerhaft an.
Den Klägern ist zuzugeben, dass das Merkmal der vorherigen Bestellung am
Schutzzweck des Haustürwiderrufsgesetzes orientiert restriktiv auszulegen ist (BGH,
Urteil v. 25. Oktober 1989 VIII ZR 345/88 - sub II. 2. a) aa), NJW 1990, 181-184). Es
genügen weder eine Bestellung zu einer allgemeinen Informationserteilung oder
Warenpräsentation (BGH, Urteil v. 1. März 1990 - VII ZR 159/89 - sub 1. a, NJW 1990,
1732-1733; OLG Köln, Urteil v. 24. Oktober 2001 - 11 U 73/00 - sub I. 2. c) sub I. 2. c),
MDR 2002, 751-752; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil v. 27. Oktober 2000 - 1 U
39/00 - sub II. 1. b) (3), BauR 2002, 1855-1857), noch ein gewisser vorheriger Kontakt
(BGH, Urteil v. 25. Oktober 1989 - VIII ZR 345/88 -, a.a.O.). Erforderlich ist vielmehr eine
Einladung zur Führung von konkreten Vertragsverhandlungen, bei denen die Waren
und/oder Dienstleistungen, an deren Erwerb der Kunde interessiert ist, wenigstens
annähernd feststehen müssen (BGH, Urteil v. 1. März 1990 - VII ZR 159/89 -, a.a.O.; OLG
Köln - 11 U 73/00 -, Urteil v. 24. Oktober 2001, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches OLG,
Urteil v. 27. Oktober 2000 - 1 U 39/00 -, a.a.O.).
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Urteil v. 27. Oktober 2000 - 1 U 39/00 -, a.a.O.).
Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, die Kläger hätten ihre
Behauptung, in ihrer Privatwohnung unaufgefordert und überraschend auf das
Anlagegeschäft angesprochen worden zu sein, nicht zu beweisen vermocht. Vielmehr
stehe nach der Vernehmung des Zeugen S. fest, dass die Kläger mit diesem einen
Termin vereinbart und um eine Finanzstrategie gebeten hätten, das vorgeschlagene
Anlagegeschäft also auf eigene Bestellung der Kläger zustande gekommen sei.
b) Ob dem zu folgen wäre, erscheint zweifelhaft. Hierbei ist insbesondere auch zu
berücksichtigen, dass die Beweislast für das Merkmal der vorherigen Bestellung bei dem
Darlehensgeber liegt. Das Einverständnis mit einem erbetenen oder telefonisch
angebotenen Hausbesuch erfüllt noch nicht das Merkmal der vorherigen Bestellung
(BGH, Urteil v. 25. Oktober 1989 - VIII ZR 348/88 -, a.a.O.). Inwieweit vorangegangene
Verhandlungen oder die Aufforderung des Kunden zur Abgabe eines Angebots, zu einer
anderen Beurteilung führen können, ist jeweils eine Frage des Einzelfalls. Maßgebend ist,
dass nur eine freie Entscheidung des Kunden es rechtfertigt, die ihm bei
Haustürgeschäften grundsätzlich eröffnete Widerrufsmöglichkeit abzuschneiden (BGH,
Urteil v. 29. September 1994 - VII ZR 241/93 - sub 2., NJW 1994, 3351-3352). Selbst
wenn man also in dem Einverständnis der Kläger mit einem Hausbesuch des Zeugen
S... auf Grund vorangegangener Kontakte und der Bitte um Erstellung einer
Finanzstrategie die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots für eine steuersparende
Kapitalanlage sehen wollte, würde auch eine solche Bitte noch nicht ohne weiteres das
Merkmal der vorherigen Bestellung erfüllen, denn auch sie kann grundsätzlich vom
Schutzzweck des § 1 Abs. 2 Nr. HWiG a. F. umfasst sein (BGH, Urteil v. 1. März 1990 - VII
ZR 159/89 -, a.a.O., sub 1. b) bb)). Dies ist dann der Fall, wenn die Bitte um
Unterbreitung eines Angebots nur das allgemeine Interesse des Kunden zum Ausdruck
bringt, zunächst unverbindlich über Art und Qualität der Ware sowie über den Preis
unterrichtet zu werden. Dies wird insbesondere anzunehmen sein, wenn der Kunde die
Ware, die ihm angebotene werden soll, von Art und Qualität her nicht kennt, wenn es
sich um ein aus objektiver Sicht größeres Geschäft mit erheblichen finanziellen
Belastungen für den Kunden handelt oder wenn der Kunde ein Vergleichsangebot noch
nicht eingeholt hatte (BGH, a.a.O., sub 1. b) cc)). Alle diese Voraussetzungen sind im
Streitfall gegeben. Insbesondere standen zum Zeitpunkt der Terminvereinbarung mit
dem dem Zeugen S. konkret weder der Beitritt zu einem geschlossenen
Immobilienfonds und noch weniger der Abschluss eines Darlehensvertrages zu dessen
Finanzierung im Raum. Der Vorschlag zum Abschluss des hier allein maßgeblichen
Darlehensvertrages kam somit für die Kläger unvorbereitet. Die Kläger hatten daher
auch keine Möglichkeit gehabt, die Frage einer Fremdfinanzierung bzw. deren
Konditionen durch die Einholung von Vergleichsangeboten vorher zu prüfen.
2. Letztendlich bedarf die Frage der vorherigen Bestellung aber keiner abschließenden
Entscheidung, denn die Kläger können ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages
gerichteten Willenserklärungen schon deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWiG a. F.
widerrufen, weil diese Erklärungen nicht auf den besonderen situativen Umständen jener
Vorschrift beruhen.
a) Dabei ist zugunsten der Kläger davon auszugehen, dass die Erstansprache durch den
Zeugen S... am 15. Juli 1996, als die Kläger sowohl das Beteiligungsangebot
unterzeichneten als auch die Kreditanfrage an die Beklagte stellten, unter den
besonderen situativen Voraussetzungen des Haustürwiderrufsgesetzes a. F. erfolgt ist,
dem insbesondere auch keine vorherige Bestellung der Kläger im Sinne von § 1 Abs. 2
Nr. 1 HWiG vorausgegangen ist, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Kläger
zum Abschluss des Darlehensvertrages durch eine solche Situation bestimmt worden
sind.
Zwar setzt § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a.F. nicht den Abschluss des Vertrages in einer
Haustürsituation voraus, sondern es genügt, dass der Kunde durch mündliche
Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung zu einer
späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist, wobei Mitursächlichkeit ausreicht
(BGH, Urteil v. 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02 -, sub II. 2. b), NJW 2004, 2744-2745; BGH,
Urteil v. 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02 - sub II. 1. a), WM 2004, 521-525). Unterzeichnet
ein Anleger einen Kreditvertrag zur Finanzierung einer Kapitalanlage (hier zur Erfüllung
seiner Einlageverpflichtung nach Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds) und
fanden die Verhandlungen über die Kapitalanlage und deren Finanzierung in einer
Haustürsituation im Sinne von § 1 Abs. 1 HWiG a. F. statt, besteht zunächst eine
Indizwirkung dafür, dass die ursprüngliche Haustürsituation ursächlich für die spätere
Abgabe der Willenserklärung geworden ist. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen
der Verhandlung und der Vertragserklärung wird dabei vom Gesetz ebenso wenig
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der Verhandlung und der Vertragserklärung wird dabei vom Gesetz ebenso wenig
verlangt, wie die alleinige Ursächlichkeit der Verhandlungssituation für die letztlich
abgegebene Vertragserklärung. Bei zunehmendem zeitlichem Abstand wird allerdings
die Indizwirkung entfallen. Dem Darlehnsnehmer bleibt der Nachweis der gleichwohl
bestehenden Kausalität stets unbenommen. Für die Annahme der Ursächlichkeit genügt
es, dass die besonderen Umstände der Kontaktaufnahme einen unter mehreren
Beweggründen darstellen, sofern nur ohne sie der später abgeschlossene Vertrag nicht
oder nicht so wie geschehen zustande gekommen wäre (BGH, Urteil v. 16. Januar 1996 -
XI ZR 116/95 -, sub IV. 2. d), NJW 1996, 926-929). Maßgebend ist letztlich, ob sich der
Darlehnsnehmer bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages in einer Lage befindet, in
der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den Vertrag zu schließen oder
davon Abstand zu nehmen (BGH, Urteil v. 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93 -, sub IV. 3.,
NJW 1994, 262-265). Dies ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalls (vgl. zu allem:
BGH, Urteil v. 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02, a.a.O.; BGH, Urteil v. 20. Januar 2004 - XI ZR
460/04 -, a.a.O.; BGH, Urteil v. 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 -, sub II. 4, NJW 2004, 59-
62; BGH, Urteil v. 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 -, sub B. II. 1. b), NJW 2003, 2529-2531;
BGH, Urteil v. 21. Januar 2003, XI ZR 125/02 - XI ZR 125/02 -, NJW 2003, 1390-1392).).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen vermag der erkennende Senat nicht festzustellen,
dass die Kläger letztlich durch etwaige ihre Entschließungsfreiheit beeinträchtigende
Umstände bei der Anbahnung des Darlehensvertrages am 15. Juli 1996 zu seinem
Abschluss Monate später am 20. November 1996 (mit-)bestimmt worden sind. So hat
der Bundesgerichtshof in einem Fall der Erstansprache am 6. Dezember mit
nachfolgendem Vertragsschluss am 27. Dezember die Kausalität einer Haustürsituation
bei der Erstansprache ebenso verneint (BGH, Urteil v. 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 -,
a.a.O.) wie im Fall einer Erstansprache „im Oktober“ und Vertragsschluss am 19.
November (BGH, Urteil v. 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 -, a.a.O.). Der vorliegende Fall
weist aber über den bloßen Zeitablauf hinaus besondere Umstände auf, die der
Annahme eines Fortwirkens der Haustürsituation bei Vertragsschluss entgegenstehen.
Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei der Schutzzweck des Widerrufsrechts bei
Vertragsabschlüssen in einer Haustürsituation. Der Kunde/Verbraucher, der sich in einer
der in § 1 Abs. 1 HWiG genannten Situationen Vertragsverhandlungen ausgesetzt sieht,
ist nicht in der Lage, wie z. B. bei Verhandlungen in einem Ladengeschäft, sich dem
Einfluss des häufig psychologisch noch besonders geschulten Verkaufspersonals durch
einfaches Verlassen der Räumlichkeiten zu entziehen. Durch Einräumung einer
Widerrufsfrist soll er deshalb die Möglichkeit erhalten, unbeeinflusst durch den Verkäufer
die Vor- und Nachteile des geschlossenen Geschäfts abzuwägen und gegebenenfalls
Vergleichsangebote einzuholen. Dem Schutzzweck des Haustürwiderrufsgesetzes
unterfällt damit aber nicht jeder Vertragsschluss, zu dem der Anstoß in einer
Haustürsituation gegeben worden ist, sonst käme dem Merkmal des „bestimmt worden“
Seins keine Bedeutung mehr zu. Wie der Bundesgerichtshof erst jüngst wieder betont
hat (BGH, Urteil v. 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02 -, a.a.O.), bedarf es zumindest der
Mitursächlichkeit dergestalt, dass ausreichend (damit nach Auffassung des erkennenden
Senats aber auch erforderlich) sei, dass der Darlehnsnehmer unter Verstoß gegen § 1
Abs. 1 HWiG in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt gewesen sei. Eines
Widerrufsrechts bedarf es nach der Schutzrichtung des Haustürwiderrufsgesetzes
demnach dann nicht, wenn der Kunde zwischen Vertragsanbahnung und Abschluss des
Geschäfts durch Zeitablauf und/oder Hinzutreten weiterer Umstände in der Lage war,
unbeeinflusst zu entscheiden, ob er an dem angebahnten Geschäft festhalten will oder
nicht. In diesem Fall wirken die besonderen Umstände der Vertragsanbahnung bei
Vertragsschluss nicht mehr fort. So liegt der Fall hier.
Anlässlich des Gesprächs am 15. Juli 1996 wurden den Klägern nach ihrem eigenen
Vortrag durch den Zeugen S. Fondsbeitritt und Darlehensvertrag als einheitliche
Kapitalanlage angeboten. Die Kläger unterzeichneten an diesem Tage ihr
Beteiligungsangebot und die Kreditanfrage, die die Einzelheiten des hier
interessierenden Darlehensvertrages enthielt. Sie wussten zu diesem Zeitpunkt mithin,
dass ihr Fondsbeitritt durch ein Darlehen der Beklagten finanziert werden sollte und
kannten auch dessen Konditionen. Das Anlagekonzept stand somit bereits zu diesem
Zeitpunkt fest.
Mit dem von den Klägern unterzeichnete Beteiligungsangebot ist ihnen eine
ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG a. F. erteilt worden. Diese ist
von den Klägern gesondert unterzeichnet und enthält keine nach § 2 Abs. 2 S. 2 HWiG
unzulässigen Zusätze. Die Kläger wussten somit, dass sie ihr Beteiligungsangebot
innerhalb von einer Woche durch schriftliche Erklärung gegenüber der Streithelferin zu 1.
ohne Angabe von Gründen widerrufen konnten. Sie hatten somit die ihnen gesetzlich
eingeräumte Überlegungsfrist, die Folgen und Risiken ihrer beabsichtigten Beteiligung
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eingeräumte Überlegungsfrist, die Folgen und Risiken ihrer beabsichtigten Beteiligung
einschließlich der zu ihrer Finanzierung geplanten Kreditaufnahme zu überdenken. Sie
hatten die Möglichkeit, ohne Angabe von Gründen von dem geplanten Geschäft Abstand
zu nehmen, wodurch auch eine Darlehnsaufnahme bei der Beklagten gegenstandslos
wurde. Sie hatten dadurch aber auch die Möglichkeit zu überprüfen, ob sie an dem
Geschäft lediglich in dieser Form, nämlich unter Finanzierung durch die Beklagte, nicht
mehr festhalten wollten, und gegebenenfalls Vergleichsangebote einzuholen.
Die Kläger haben ihr Beteiligungsangebot hingegen nicht widerrufen, sondern sich
vielmehr auch nach einwöchiger Überlegung für die Durchführung des Geschäfts und
damit auch für die beabsichtigte Finanzierung durch die Beklagte entschieden. Aus
dieser Prüfung kann die Frage der Kreditaufnahme auch nicht gleichsam abgespalten
werden mit der Folge, dass diesbezüglich die situativen Umstände der Erstansprache
weiterhin fortwirken. Die neueren Tendenzen in der Rechtsprechung gehen ausnahmslos
dahin, im fremdfinanzierten Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds ein
verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG a. F. und damit ein
wirtschaftlich einheitliches Geschäft zu sehen. Im Vordergrund steht nicht die
Kreditaufnahme als solche, sondern ausschließlich das finanzierte Geschäft als geplante
Kapitalanlage. Der Widerruf der Darlehensverträge erfolgt in der Regel auch nicht aus
Gründen dieser Verträge, sondern weil an dem finanzierten Geschäft, dem Fondsbeitritt
nicht mehr festgehalten werden soll. Daraus folgt, dass die Überprüfung des
Beitrittsgeschäfts zwangsläufig als dessen notwendiger Bestandteil auch seine geplante
Finanzierung mit einbezieht und rechtfertigt es, in solchen Fällen ein Fortwirken der
Haustürsituation bei dem späteren Abschluss des Darlehensvertrages zu verneinen.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, eine derartige Betrachtungsweise stelle
eine Umgehung des Belehrungserfordernisses des § 2 Abs. 1 HWiG dar, weil auf diese
Weise die erforderliche Belehrung aus einem Geschäft in unzulässiger Weise auf das
damit verbundenen Geschäft erstreckt werde. Darum geht es nicht. Ein Widerrufsrecht
entfällt nicht nur dann, wenn dem Kunden eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung
zuteil geworden und die Widerrufsfrist abgelaufen ist, sondern es entsteht erst gar nicht,
wenn die Vertragserklärung nicht ursächlich auf eine der Situationen des § 1 Abs. 1 HWiG
a. F. zurückzuführen ist. Diese Frage aber ist von der Erteilung einer Belehrung
unabhängig und beruht auf den tatsächlichen Umständen des konkreten Einzelfalls, wie
z. B. auch dem Zeitablauf zwischen Erstansprache und Vertragsschluss. Hierbei sind alle
Umstände zu würdigen, insbesondere auch die Möglichkeit, sich von dem finanzierten
Geschäft zu lösen, und dem beabsichtigten Kreditvertrag so die Grundlage zu entziehen.
So wird in der Rechtsprechung auch vertreten, dass die der Erstansprache nachfolgende,
dem endgültigen Abschluss des Darlehensvertrages aber vorausgehende notarielle
Beurkundung des finanzierten Geschäfts die Kausalität einer Haustürsituation bei der
Vertragsanbahnung für den späteren Abschluss des damit verbundenen
Darlehensvertrages unterbricht (Thüringer OLG, Urteil v. 13. Januar 2004 - 5 U 250/03 -,
rechtskräftig durch Nichtannahmebeschluss des BGH v. 23. November 2004 - XI ZR
27/04; vgl. auch BGH Urteil v. 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - a.a.O.). Ob dem in dieser
Allgemeinheit zu folgen wäre, kann dahinstehen. Dagegen könnte sprechen, dass sich
die Belehrungspflicht des Notars (§ 17 BeurkG), die nach dem Gesetzeszweck das
Erfordernis einer Widerrufsbelehrung entfallen lässt, nur auf das beurkundete finanzierte
Geschäft erstreckt, nicht aber auf den damit verbundenen Kreditvertrag. Aus diesem
Grunde vermag der Senat auch in keinem Falle der notariellen Beurkundung des
finanzierten Geschäfts eine höhere Warnkraft beizumessen als der Erteilung einer
ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, da sich im Gegensatz zur notariellen Belehrung
die einwöchige Überlegungsfrist für das finanzierte Geschäft zwangsläufig auch auf das
damit verbundene Kreditgeschäft erstreckt und damit mindestens eine gleich hohe
Warnfunktion hat. Jedenfalls aber bestätigt diese Rechtsprechung die Auffassung des
erkennenden Senats, dass eine von dem finanzierten Geschäft ausgehende
Warnwirkung grundsätzlich geeignet sein kann, eine etwaige Überrumpelungssituation
bei der Anbahnung des damit verbundenen Darlehensvertrages bis zu seinem
endgültigen Abschluss wieder entfallen zu lassen.
Ebenso wenig könnten sich die Kläger darauf berufen, dass sie sich durch ihr
Beteiligungsangebot und den Abschluss des Treuhandvertrages gleichsam zum
Abschluss des Kreditvertrages gezwungen gesehen hätten, in ihrer Entscheidungsfreiheit
also nicht unbeeinträchtigt gewesen seien, weil eine andere Möglichkeit der Finanzierung
nicht in Betracht gekommen sei. Eine derartige Beschränkung in der
Entscheidungsfreiheit beruht gerade nicht mehr auf den situativen Umständen bei der
Anbahnung des Kreditvertrages, sondern auf dem Abschluss des zu finanzierenden
Geschäfts, das die Kläger in Kenntnis der geplanten Finanzierung durch die Beklagte und
nach entsprechender Belehrung und einwöchiger Überlegung gerade nicht widerrufen
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nach entsprechender Belehrung und einwöchiger Überlegung gerade nicht widerrufen
haben. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass der Kunde trotz
ordnungsgemäßer Belehrung seine in einer Haustürsituation abgegebene
Willenserklärung nicht widerruft, durchaus selbst auf der Haustürsituation nach § 1 Abs. 1
HWiG a. F. beruhen kann. Der Gesetzgeber geht jedoch davon aus, dass die dem
Kunden eingeräumte Überlegungsfrist ausreicht, den Kausalzusammenhang zwischen
den situativen Umständen der Vertragsanbahnung und der endgültigen Entscheidung,
an dem Geschäft auch nach Prüfung festzuhalten, zu unterbrechen. Der Kunde kann
sich also nicht darauf berufen, noch bei der Entscheidung über die Ausübung des
Widerrufsrechts durch die situativen Umstände der Vertragsanbahnung in seiner
Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt gewesen zu sein. Dann aber erschiene es als
Wertungswiderspruch, wollte man dieselbe Haustürsituation noch als bei Abschluss des
Darlehensvertrages fortwirkend erachten. Darüber hinaus waren die Kläger insbesondere
auch nach Abgabe ihres Beteiligungsangebots und Stellung der Kreditanfrage nicht
gehindert, die geplante Beteiligung anderweitig und nicht durch die Beklagte finanzieren
zu lassen.
Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Kläger bei Abschluss
des Darlehensvertrages am 20. November 1996 noch durch eine etwaige
Haustürsituation am 15. Juli 1996 in ihrer Entschließungsfreiheit hinsichtlich des
Darlehensvertrages beeinträchtigt waren, nachdem sie die Gelegenheit, nach Prüfung
des Geschäfts von diesem wieder Abstand zu nehmen, nicht ergriffen hatten.
c) Zu berücksichtigen ist daneben noch ein weiterer Umstand.
Das ursprüngliche Beteiligungsangebot der Kläger und die Kreditanfrage vom 15. Juli
1996 bezogen sich auf einen Fondsanteil in Höhe von 160.000,00 DM, während die
Kläger später lediglich mit einer Beteiligung in Höhe von 120.000,000 DM beigetreten
sind und auch nur in dieser Höhe einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben. Sie
haben somit auch unter veränderten Konditionen an dem angebahnten Geschäft
festgehalten, was gleichfalls deutlich macht, dass die Kläger bis zum Abschluss des
Darlehensvertrages hinreichend Zeit hatten, die beabsichtigte Kreditaufnahme zu
überdenken.
II. Die Kläger können ihren Hauptanspruch auf Rückzahlung bisher auf das Darlehen
erbrachter Leistungen und auf Feststellung des Entfallens weiterer Zahlungspflichten
auch nicht auf eine Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F.
wegen fehlender Angabe des Gesamtbetrages (§ 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b) VerbrKrG a. F.)
stützen.
1. Soweit bislang in der Literatur umstritten war, ob es in Fällen einer sog. unechten
Abschnittsfinanzierung, wie sie die Parteien hier vereinbart haben, der Angabe eines
Gesamtbetrages überhaupt bedarf, hat dies der Bundesgerichtshof nunmehr
dahingehend entschieden, dass auch in derartigen Fällen gemäß § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b)
S.2 VerbrKrG eine Pflicht zur Angabe des Gesamtbetrages aller zu erbringenden
Leistungen besteht (Urteil v. 8. Juni 2004 - XI ZR 150/03 - sub II. 1., Urteile v. 14.
September 2004 - XI ZR 10/04 - und - XI ZR 12/04 - sub II. 1. a)).
a) Bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen hier streitgegenständlichen
Kreditvertrag handelt es sich um einen solchen mit veränderlichen Bedingungen im
Sinne von § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b) S. 2 VerbrKrG a. F. Bei einer Gesamtlaufzeit von 15
Jahren war der Zinssatz nur für die ersten 5 Jahre festgeschrieben. Danach oblag es der
Beklagten, neue Konditionen für die Restlaufzeit anzubieten. Sofern ein schriftlicher
Vertrag über die geänderten Konditionen nicht zustande kommen würde, sollte das
Darlehen mit Ablauf des Zinsfestschreibungszeitraums zur Rückzahlung fällig werden.
Das Darlehen war für die Dauer der Zinsfestschreibung mit 3,8 % p. a. zu tilgen. Ein
solcher Darlehensvertrag unterfällt den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b) S.
2 VerbrKrG a. F. (vgl. BGH a.a.O.).
b) In dem Darlehensvertrag vom 06./20. November 1996 sind unter Ziffer 14.
„Gesamtbetrag“ lediglich der Abschnittsgesamtbetrag für den Zeitraum der
Zinsbindung und die zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Restschuld angeben.
Der erkennende Senat hat dies bislang für ausreichend erachtet (vgl. Urteil v. 23. März
2004 - 4 U 45/03 -), weil es nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nach
Ablauf der Zinsbindung des Abschlusses eines neuen Vertrages bedurfte, der im Vertrag
angegebene Fälligkeitstermin danach nur der späteste Zeitpunkt war, zu dem das
Darlehn zurückgezahlt werden sollte. Der Senat hat in diesem Zusammenhang
insbesondere die Auffassung vertreten, dass mit der Angabe des Gesamtbetrages der
bis zum Ablauf der Zinsbindung zu zahlenden Raten und der Angabe der zu diesem
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bis zum Ablauf der Zinsbindung zu zahlenden Raten und der Angabe der zu diesem
Zeitpunkt noch offenen Restschuld dem Informationsinteresse des Verbrauchers und
dem Transparenzgebot genüge getan sei und der Verbraucher hinreichende
Vergleichsmöglichkeiten mit den Konditionen anderer Banken habe.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Juni 2004 (- XI ZR 150/03 -, sub
II. 1.; vgl. auch Urteile v. 14. September 2004 - XI ZR 11/04 - und 11. Januar 2005 - XI ZR
272/03) kann daran nach Ansicht des Senats jedoch nicht mehr festgehalten werden.
Zwar enthält das Urteil keine ausdrücklichen Ausführungen zu der Frage, auf welchen
Zeitraum sich bei unechten Abschnittsfinanzierungen die Gesamtbetragsangabe
beziehen muss. Aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen ergibt sich jedoch,
dass der anzugebende Gesamtbetrag auf den Zeitpunkt der Endfälligkeit zu berechnen
ist, denn der Bundesgerichtshof weist ausdrücklich darauf hin, dass die Ungewissheit
über die Konditionen nach Ablauf der Zinsfestschreibung nichts an der Angabepflicht
ändere, der Gesamtbetrag vielmehr nach § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b) S. 2 VerbrKrG a. F. auf
der Grundlage der Anfangskonditionen anzugeben sei. Auch das OLG Karlsruhe hat in
der dazu ergangenen Vorentscheidung (OLGR Karlsruhe 2003, 320-321) ausgeführt, der
anzugebende Gesamtbetrag bestehe aus dem Abschnittsgesamtbetrag aus allen
Belastungen innerhalb der ersten Festschreibungsperiode und dem restlichen Teil aus
den für die vereinbarte Laufzeit noch zu leistenden Zahlungen auf der Grundlage der
Anfangsbedingungen.
Die Angabe dieses Betrages enthält der streitgegenständliche Darlehensvertrag
unstreitig nicht.
2. Auch soweit der Senat bislang die Auffassung vertreten hat, der Darlehensvertrag sei
in derartigen Fällen aber deshalb nicht wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F.
nichtig, weil die dortige Sanktion nach dem eindeutigen und nicht auslegungsfähigen
Wortlaut der Norm lediglich an das Fehlen der genannten Angaben anknüpfe, nicht aber
an eine bloß unrichtige Angabe (BGH Urteil v. 18. November 2003 - XI ZR 320/01 -, ZIP
2004, 209-214; BGH Urteil v. 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02 -, ZIP 2003, 2149, 2151;
Bülow, Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl., Rn. 38 zu § 494 BGB m.w.N.), und es sich in
solchen Fällen lediglich um eine unrichtige, nämlich auf den falschen Zeitraum bezogene
Angabe handele, kann auch daran nach der jüngsten Entscheidung des
Bundesgerichtshofs nicht mehr festgehalten werden.
§ 6 VerbrKrG a.F. regelt die Rechtsfolgen des Fehlens von Mindestangaben abschließend
und darüber hinaus teilweise auch die Rechtsfolgen unrichtiger Angaben (vgl. z.B. § 6
Abs. 4 VerbrKrG für die unrichtige Angabe des effektiven oder anfänglichen effektiven
Zinssatzes). Für die bloß unrichtige Angabe des Gesamtbetrages ist eine spezielle
Sanktion nicht vorgesehen; sie kann daher bei Verschulden lediglich
Schadensersatzansprüche auslösen. Bei dieser Sachlage ist darauf zu achten, dass der
vom Gesetz mit den Mindestangaben und mit den vorgesehenen Sanktionen für ihr
Fehlen bezweckte Schutz des Verbrauchers nicht durch eine möglicherweise
sanktionslose unrichtige Angabe umgangen wird.
Ob eine Angabe nur unrichtig ist oder gänzlich fehlt, beurteilt sich danach anhand ihrer
Schutzfunktion. Sinn und Zweck der Gesamtbetragsangabe ist, dem Verbraucher auf
einen Blick die auf ihn mit der Darlehnsaufnahme zukommenden Gesamtkosten vor
Augen zu führen, eine Verschleierung der tatsächlichen Kosten zu verhindern und eine
einfache Vergleichsmöglichkeit mit den Angeboten anderer Kreditinstitute zu
ermöglichen. Ob unter diesen Gesichtspunkten die Angabe eines fiktiven
Gesamtbetrages bei nicht von vornherein völlig feststehenden Kreditbedingungen
sinnvoll erscheint, bedarf keiner weiteren Erörterung, nachdem der Gesetzgeber eine
solche Angabe mit § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b) S. 2 VerbrKrG a. F. verlangt und der
Bundesgerichtshof klargestellt hat, dass jene Vorschrift auch für die Fälle so genannter
unechter Abschnittsfinanzierungen Gültigkeit hat. Diese stellen sich aus der Sicht des
Bundesgerichtshofs als von vornherein auf die Gesamtlaufzeit ausgerichtete
Finanzierung dar und nicht, wie es bislang die Sichtweise des Senats war, als eine
zunächst auf die Zinsbindung begrenzte, lediglich mit der Möglichkeit einvernehmlicher
Verlängerung vereinbarte Finanzierung. Hat man aber von vornherein die
Gesamtlaufzeit im Blick, dann enthalten die Angabe des Abschnittsgesamtbetrages
unter Angabe der im Zeitpunkt des Ablaufs der Zinsbindung noch offenen Restschuld
keine Angaben über die Kosten der Rückführung dieser noch offenen Schuld für die
Dauer der Restlaufzeit. Ein diese Restlaufzeit berücksichtigender Gesamtbetrag fehlt.
Wollte man dies anders sehen und in der Angabe des Abschnittsgesamtbetrages nur
eine (weitgehend sanktionslose) unrichtige Gesamtbetragsangabe sehen, würde die
Forderung des Bundesgerichtshofs nach Angabe eines fiktiven Gesamtbetrages auch bei
unechten Abschnittsfinanzierungen praktisch leer laufen.
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Der Senat übersieht dabei nicht, dass seine bisher zu dieser Frage ergangenen
gegenteiligen Entscheidungen durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden
rechtskräftig geworden sind. Da der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang aber
keine Ausführungen zu der Frage des Fehlens der oder der nur falschen
Gesamtbetragsangabe gemacht hat, hält der Senat an seiner geänderten Auffassung
fest.
3. Grundsätzlich ist aber auch bei Nichtigkeit des Darlehensvertrages das Erlangte in
Gestalt der Darlehensvaluta nebst einer marktüblichen Verzinsung als Nutzungsentgelt
zurückzuzahlen (§§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 1 BGB). Es kann dahinstehen, ob die Klage
in den Hauptanträgen schon deshalb unbegründet ist, weil die Kläger nicht dargelegt
haben, dass und in welcher Höhe ihnen im Hinblick darauf Ansprüche gegen die Beklagte
zustehen. Der Kreditvertrag ist jedenfalls trotz eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 4 Nr.
1 b) S. 2 VerbrKrG a. F. durch die Auszahlung der Darlehensvaluta auf das Konto der
Treuhänderin wirksam geworden (§ 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG a. F.).
a) Nach dieser Vorschrift wird der Kreditvertrag gültig, wenn der Verbraucher das
Darlehn empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt. „Empfangen“ im Sinne dieser
Vorschrift ist das Darlehn nach allgemeinen Grundsätzen auch dann, wenn es auf
Weisung des Darlehnsnehmers an einen Dritten ausgezahlt worden ist, es sei denn
dieser Dritte ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehnsgebers, sondern vielmehr
als „verlängerter Arm“ des Darlehnsgebers tätig geworden (BGH Urteil vom 12.
November 2002 - XI ZR 47/01 - sub III. 1. b) aa) m.w.N., NJW 2003, 422ff.).
Im Streitfall ist der Kreditbetrag gemäß der in Ziff. 17 des Darlehensvertrages
enthaltenen Anweisung der Kläger an die Treuhänderin zum Zweck der Bezahlung der
erworbenen Beteiligung überwiesen worden, die auf der Grundlage des abgeschlossenen
Treuhandvertrages jedenfalls im überwiegenden Interesse der Kläger tätig wurde. Die
Kläger haben somit das Darlehn empfangen (vgl. BGH, Urteil v. 21. September 1989 - III
ZR 241/88 -, sub 2., NJW-RR 1990, 246).
b) Daran ändert sich auch nichts, wenn es sich bei dem Darlehensvertrag und dem
finanzierten Beteiligungsgeschäft, dem Fondsbeitritt, um ein verbundenes Geschäft im
Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG handelt. Dies kann somit zugunsten der Kläger unterstellt
werden. Entgegen der von ihnen vertretenen Auffassung hätte dies nicht zur Folge, dass
sie von ihrer Rückzahlungsverpflichtung frei geworden wären.
Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden (Urteile v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02 -sub
I. 3. und - II ZR 407/02 - sub I.3.), dass auch im Falle der Nichtigkeit des
Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG bei verbundenen Geschäften der
Darlehensnehmer Rückzahlung gezahlter Darlehenszinsen verlangen kann und
seinerseits weder Rückzahlung der Darlehensvaluta noch Ersatz für die Nutzung des
Kredits schuldet. Der erkennende Senat hat jedoch Zweifel, ob die Entscheidungen des
II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004 tatsächlich in diesem Sinne zu verstehen sind.
Der Bundesgerichtshof hat zunächst ausgeführt, dass von dem Grundsatz, dass ein
Darlehn auch dann empfangen sei, wenn es auf Weisung des Darlehensnehmers an
einen in seinem überwiegenden Interesse tätigen Dritten ausgezahlt worden sei, bei
verbundenen Geschäften eine Ausnahme zu machen sei. Er hat dies jedoch nicht näher
begründet, sondern sich insoweit allein und ohne Eingehen auf die Urteilsgründe auf eine
Entscheidung des XI. Zivilsenats (Urteil v. 12. November 2002 - XI ZR 47/01 -, NJW 2003,
422 ff.) bezogen. Der hat in jener Entscheidung zwar ausgeführt, dass bei der Frage,
wann ein Darlehn empfangen sei, bei verbundenen Geschäften eine andere Beurteilung
geboten sei, dabei aber keineswegs die Frage einer Nichtigkeit nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG
im Auge gehabt. Er hat diese Ausführungen vielmehr im Rahmen von Fragen der
Rückabwicklung des Darlehns nach § 3 Abs. 1 HWiG nach wirksamem Widerruf nach
Maßgabe der Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes gemacht und dabei
verbundene Geschäfte im Auge gehabt „mit der Folge, dass der Widerruf des
Darlehensvertrages zugleich auch der Wirksamkeit des finanzierten Geschäfts
entgegenstünde“. Er hat sich in diesem Zusammenhang auf seine sog. Securenta-
Entscheidung vom 17. September 1996 (XI ZR 164/94 -, NJW 1996, 3414-3416) bezogen,
in der es gleichfalls um die Rückabwicklung eines verbundenen Geschäfts nach
wirksamem Widerruf nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes ging. Der
XI. Zivilsenat hat sich also lediglich mit der Frage befasst, was bei einer Rückabwicklung
verbundener Geschäfte nach wirksamem Widerruf des Darlehensvertrages mit der Folge
auch der Unwirksamkeit des finanzierten Geschäfts durch den Darlehnsnehmer zurück
zu gewähren ist. Er hat sich dabei ausschließlich von Schutzzweckerwägungen tragen
lassen mit dem Ziel der uneingeschränkten Gewährleistung des freien Widerrufsrechts.
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lassen mit dem Ziel der uneingeschränkten Gewährleistung des freien Widerrufsrechts.
Der Darlehensnehmer, dem die Darlehensvaluta nicht unmittelbar zugeflossen sei, dürfe
bei einem verbundenen Geschäft in diesem Recht nicht dadurch beschränkt werden,
dass er trotz Widerrufs die Darlehensvaluta zurückzahlen müsse und daneben das
Insolvenzrisiko seines Vertragspartners des finanzierten Geschäfts trage. Insoweit erfolgt
in diesen Fällen die Rückabwicklung im Wege des unmittelbaren Durchgriffs nach § 9 Abs.
2 S. 4 VerbrKrG a. F. Herauszugeben hat der Darlehnsnehmer danach nur die finanzierte
Beteiligung.
§ 6 VerbrKrG enthält hingegen keine Regelungen über verbundene Geschäfte. Eine
etwaige Nichtigkeit des Darlehensvertrags nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. erstreckt sich
deshalb auch nicht auf das damit verbundene finanzierte Geschäft.
Schutzzweckerwägungen zur Sicherung des freien Widerrufsrechts spielen in diesem
Zusammenhang gleichfalls keine Rolle. Anhaltspunkte dafür, der Gesetzgeber habe
auch das Fehlen von Mindestangaben nach § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 VerbrKrG a. F. mit dem
völligen Entfallen des Rückzahlungsanspruchs sanktionieren wollen, bestehen nicht. Auch
dass der XI. Zivilsenat die Rückabwicklung von aus anderen Gründen (hier Nichtigkeit
wegen Fehlens von Pflichtangaben) unwirksamen Verträgen denselben Rechtsfolgen
unterstellen wollte wie bei einem wirksamen Widerruf, ist nicht erkennbar. Dies würde
auch nicht berücksichtigen, dass der Umstand, dass bei wirksam widerrufenen
Verbundgeschäften eine Pflicht des Darlehnsnehmers zur Rückzahlung der
Darlehensvaluta verneint wird, gerade Ausfluss des mit einer ungehinderten
Widerrufsmöglichkeit bezweckten Verbraucherschutzes ist. Dieser Schutzzweck aber wird
bei der Frage einer Heilung nach § 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG a. F. gerade nicht berührt.
Dem mit § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 VerbrKrG a. F. bezweckten Schutz der Darlehnsnehmers
vor unklaren und verschleiernden Angaben aber trägt § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F.
hinreichend Rechnung.
Auch der allgemeine Grundsatz des Verbraucherschutzrechts dahin, dass der
Verbraucher als Folge einer zu seinem Schutz gedachten Vorschrift nicht schlechter
stehen darf als ohne sie, gebietet keine andere Betrachtungsweise der Frage, wann bei
verbundenen Geschäften ein nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. nichtiger Vertrag durch
Empfang des Darlehns oder Inanspruchnahme des Kredits wirksam wird. Denn es geht
nicht darum, dass sich der Verbraucher bei einer Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des
Vertrages auf Grund verbraucherschützender Bestimmungen nunmehr einem sofortigen
Rückzahlungsanspruch ausgesetzt sähe. Dieser gerade die Freiheit des Widerrufsrechts
berührende Gesichtspunkt spielt bei § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. keine Rolle. Durch § 6 Abs.
2 VerbrKrG a. F. ist gewährleistet, dass der Verbraucher bei Verstößen gegen die
Gesamtbetragsangabe nicht schlechter steht als ohne sie. Er kann weiter das Darlehn,
wie vertraglich vereinbart, tilgen und ist nur zu der - niedrigeren - gesetzlichen
Verzinsung verpflichtet.
So hat auch der II. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2003 (- II ZR 387/02-), in
der es gleichfalls nicht um die Frage des Widerrufs, sondern um einen
Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F. ging, den Rückzahlungsanspruch
der Bank grundsätzlich bejaht und nicht etwa an einem fehlenden Empfang des Darlehns
durch den Darlehnsnehmer scheitern lassen.
Dies gilt gleichermaßen für die Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs
vom 14. September 2004 (XI ZR 10/04) zu §§ 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 lit. b), 6 Abs. 2 S. 2
VerbrKrG a. F. . Der XI. Senat ist auch dort trotz Auszahlung der Valuta auf das Konto
eines Treuhänders (vgl. den Tatbestand jenes Urteils) von einem Empfang des Darlehns
ausgegangen (a.a.O. sub II. 2.). Zwar sind dem Urteil nähere Einzelheiten zu dem
Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht zu entnehmen, aber auch dort handelte es
sich um die Finanzierung des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds, bei
dem die Fremdfinanzierung der Einlage bereits im Fondsprospekt vorgesehen war. Da
der XI. Zivilsenat die Frage des Empfangs des Darlehns durch Auszahlung an den
Treuhänder in keiner Weise näher problematisiert hat, spricht auch dies dafür, dass -
jedenfalls im Rahmen von § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F. - die vertragsgemäße Auszahlung an
den Treuhänder grundsätzlich ausreicht.
Wollte man bei verbundenen Geschäften in der weisungsgemäßen Auszahlung der
Valuta generell keinen Empfang des Darlehensbetrages durch den Darlehensnehmer
sehen, hätte dies nämlich zur Folge, dass bei verbundenen Geschäften, bei denen die
Darlehensvaluta direkt an den Partner des finanzierten Geschäfts ausgezahlt wird, bei
Fehlen von Pflichtangaben eine Heilung nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG grundsätzlich nicht in
Betracht käme.
So lagen denn auch den genannten Entscheidungen des II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004
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So lagen denn auch den genannten Entscheidungen des II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004
Sachverhalte zugrunde, in denen der Fondsbeitritt schon wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz fehlerbehaftet war und der Anleger darüber hinaus
Schadensersatzansprüche auf Freistellung von den Beitrittsverpflichtungen geltend
machte. Der erkennende Senat hat deshalb die angesprochenen Entscheidungen
zunächst dahingehend verstanden, dass sie jedenfalls nicht in den Fällen gelten, in
denen, wie im Streitfall, das finanzierte Geschäft wirksam ist und der Darlehnsnehmer
durch die weisungsgemäße Auszahlung der Darlehensvaluta von einer wirksam
begründeten eigenen Verbindlichkeit (hier seiner Verpflichtung zur Zahlung der
Fondseinlage) frei geworden ist. Dass er jedenfalls in diesen Fällen das Darlehn
empfangen hat, kann nach Auffassung des Senats nicht in Abrede gestellt werden. Dass
der II. Zivilsenat auch in Fällen der fehlenden Gesamtbetragsangabe den
Darlehnsnehmer von allen Risiken der gewählten Kapitalanlage freistellen wollte, konnte
den genannten Entscheidungen nach Auffassung des erkennenden Senats nicht
entnommen werden.
Nunmehr hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshof in weiteren Entscheidungen vom 6.
Dezember 2004 (II ZR 401/02 und II ZR 379/02) diese Rechtsprechung für einen weiteren
Fall der Formnichtigkeit nach § 4 Abs. 1 VerbrKrG a. F. fortgesetzt. Soweit diese
Entscheidungen dahingehend zu verstehen sein sollte, dass der II. Zivilsenat in allen
Fällen der Formnichtigkeit eines verbundenen Darlehensvertrages eine Heilung des
Vertrages durch weisungsgemäße Auszahlung des Darlehensbetrages an einen Dritten
verneint, vermag sich der erkennende Senat dem nicht anzuschließen, da auch jene
Entscheidungen eine Begründung nicht enthalten, sondern nur auf die Entscheidungen
vom 14. Juni 2004 verweisen.
Nach Auffassung des Senats ist zu unterscheiden zwischen der Frage, was bei einer
Rückabwicklung des Darlehensvertrages - auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 S.
4 VerbrKrG a. F. - vom Darlehensnehmer zurückzugewähren ist, und den
Voraussetzungen, unter denen nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG die Heilung eines formnichtigen
Vertrages eintritt. Letzte Vorschrift enthält keine Sonderregeln für verbundene
Geschäfte, vielmehr abschließende Sanktionen für das Fehlen gesetzlich vorgesehener
Pflichtangaben und dient damit gerade auch dem Schutz des Darlehensnehmers vor
einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB (Begründung
des Regierungsentwurfs des Verbraucherkreditgesetzes, BT-Drucks. 11/5462 S.21; vgl.
auch BGH, Urteil v. 18. Januar 2005 - XI ZR 17/04 - sub II. 2. b)). Hinweise auf etwaige
Besonderheiten bei verbundenen Geschäften enthält die amtliche Begründung zu § 6
Abs. 2 VerbrKrG a. F. nicht.
Zudem setzt sich der II. Zivilsenat lediglich mit der Frage einer Heilung durch „Empfang“
der Darlehensvaluta durch den Darlehensnehmer auseinander und prüft, was bei einem
verbundenen Geschäft in diesem Sinne als „empfangen“ anzusehen ist. Der
Heilungstatbestand des § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F. knüpft neben dem Empfang des
Darlehens alternativ aber auch an die Inanspruchnahme des Kredits an, eine
Voraussetzung, die sich ersichtlich von dem Merkmal des Empfangs unterscheidet.
Inanspruchnahme ist die Disposition des Verbrauchers als Darlehensnehmer über den
Kredit, mindestens das an den Darlehensgeber gerichtete Verlangen, das Geld zur
Verfügung zustellen, dem der Darlehensgeber durch Auszahlung, Überweisung etc.
entspricht (Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl., Rn. 7 zu § 494 BGB). In diesem Sinne haben
die Kläger den Kredit durch die weisungsgemäße Auszahlung an die Treuhänderin nach
Auffassung des Senats jedenfalls in Anspruch genommen.
Hat der Darlehnsnehmer das Darlehn aber empfangen oder in Anspruch genommen,
wird der Darlehensvertrag ungeachtet eines etwaigen Fehlens von Pflichtangaben gültig
(§ 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG a. F.) mit der Folge, dass der Darlehnsnehmer grundsätzlich
zur Rückzahlung der Darlehensvaluta und der Zinsen (gegebenenfalls nur in Höhe des
gesetzlichen Zinssatzes, vgl. dazu die Ausführungen zum Hilfsantrag) verpflichtet ist.
III. Die Hilfsanträge sind begründet.
1. Der Hilfsantrag zu 1. ist aber nur teilweise zur Entscheidung reif.
Auf Grund der fehlenden Angabe des Gesamtbetrages steht den Klägern ein Anspruch
auf Neuberechnung des Darlehns zu (§ 6 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG a. F.). Ob und inwieweit
sie daneben Rückzahlung überzahlter Beträge verlangen können (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1.
Alt. BGB i.V.m §§ 6 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG a. F., 246 BGB a. F., vgl. BGH, Urteil v. 23.
Oktober 2001 - XI ZR 63/01 - sub II. 4., WM 2001, 2379-2382; Bülow,
Verbraucherkreditrecht, a.a.O., Rn. 62 zu § 494 BGB), oder ob ihnen unter
Berücksichtigung der erbrachten Leistungen/Überzahlungen und den bis zur Abrechnung
bei verringertem Zinssatz geschuldeten Beträge keine Rückzahlungsansprüche mehr
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bei verringertem Zinssatz geschuldeten Beträge keine Rückzahlungsansprüche mehr
zustehen, kann erst nach der begehrten Neuberechnung festgestellt werden. Jedenfalls
bei einem Annuitätendarlehen können die Kläger eine solche Neuberechnung auch nicht
selbst vornehmen. Insoweit stellt sich der Hilfsantrag zu 1. als Stufenklage dar (§ 254
ZPO), innerhalb derer erst die erste Stufe zur Entscheidung reif ist.
Der Anspruch auf Neuberechnung der geleisteten Teilzahlungen ist durch die Erhebung
der Einrede der Verjährung seitens der Beklagten nicht, auch nicht teilweise, entfallen.
Zwar verjährt der Anspruch auf Rückzahlung der Zinsen gemäß § 197 BGB a. F. in vier
Jahren, denn es handelt sich hier um „andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen“
im Sinne dieser Vorschrift. Darunter fallen auch Bereicherungsansprüche wegen
periodisch fällig gewordener rechtsgrundlos gezahlter Zinsen, weil im Zeitpunkt jeder
ungerechtfertigten Zinszahlung ein sofort fälliger Rückzahlungsanspruch des
Kreditnehmers entstanden ist (BGH, Urteil v. 14. September 2004 - XI ZR 10/04 - sub II.
2. b) bb) m.w.N.). Der Anspruch der Kläger auf Neuberechnung der vereinbarten
Teilzahlungen gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG a. F. besteht dennoch auch hinsichtlich
verjährter Zeiträume, da bei einem Annuitätendarlehen nur dann eine für den
Verbraucher verständliche und nachvollziehbare Neuberechnung möglich ist, wenn sie
das gesamte Darlehen umfasst. Die einzelnen auf die Zinsen bzw. die Tilgung
entfallenden Beträge ändern sich kontinuierlich über den Gesamtzeitraum der Laufzeit
des Darlehens. Aus diesem Grunde wäre eine Berechnung nicht nachvollziehbar, die nur
auf den Zeitraum der noch nicht verjährten Rückzahlungsansprüche beschränkt wäre.
Nur bei einer Neuberechnung aller Leistungsraten kann der Verbraucher letztlich
feststellen, in welcher Höhe Ansprüche auf Rückzahlung geleisteter Zinsen verjährt sind.
2. Auch der Hilfsantrag zu 2. ist begründet, denn die Kläger schulden wegen der
fehlenden Angabe des Gesamtbetrages lediglich den seinerzeit gültigen gesetzlichen
Zinssatz von 4% (§§ 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG a. F., 246 BGB a. F.).
Der Antrag ist auch zulässig. Ihm fehlt insbesondere auch nicht das erforderliche
Rechtsschutzbedürfnis, weil sich der Hilfsantrag zu 1. lediglich auf die Vergangenheit
bezieht und nach Verurteilung gemäß dem Hilfsantrag zu 2. davon auszugehen ist, dass
die Beklagte auch für die Zukunft eine entsprechende Neuberechnung vorlegen wird.
IV. Einer Entscheidung über die Hilfswiderklageanträge der Beklagten bedurfte es nicht,
da diese lediglich für den Fall gestellt waren, dass die Kläger mit ihrem Hauptantrag zu 1.
obsiegen sollten. Dies ist jedoch nicht der Fall.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Über die außergerichtlichen Kosten der Streithelferinnen war bereits abschließend zu
entscheiden. Sie haben sich an dem Rechtsstreit lediglich bezüglich der Hauptanträge
der Kläger und der nicht entscheidungserheblichen und damit auch nicht
streitwerterhöhenden Hilfswiderklageanträge der Beklagten beteiligt. Bezüglich ihrer
Hauptanträge unterliegen die Kläger jedoch in vollem Umfang. Soweit sie mit ihren
Hilfsanträgen gegenüber der Beklagten obsiegen, berührt dies allein das Verhältnis
dieser Parteien. Beteiligt sich der Streithelfer nur zum Teil an dem Rechtsstreit und
unterliegt der Gegner insoweit voll, hat er auch die Kosten des Nebenintervention
insoweit voll zu tragen (Zöller-Herget, ZPO, 24. Aufl., Rn. 2 zu § 101 ZPO; MK/Belz, ZPO,
2. Aufl., Rn.13 zu § 101 ZPO). Der gegenteiligen Ansicht des OLG Saarbrücken (MDR
1996, 967 f.) ist nicht zu folgen, denn es erscheint nicht gerechtfertigt, den Streithelfer
die Kosten der Streithilfe auch insoweit tragen zu lassen, als er sich nicht an dem
Rechtsstreit beteiligt hat.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit betreffend die Kläger folgt aus §§
708 Nr. 10, 711 ZPO, im Übrigen beruht er auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision zum Bundesgerichtshof war zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), weil die Fragen,
wann im Zusammenhang mit so genannten unechten Abschnittsfinanzierungen die
Angabe des Gesamtbetrages fehlt oder nur falsch ist, inwieweit bei einer Nichtigkeit von
Verbraucherkreditverträgen nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. (jetzt § 494 Abs. 1 BGB) die
Vorschriften über verbundene Geschäfte zur Anwendung kommen, und insbesondere die
Frage, inwieweit in diesem Zusammenhang eine Valutierung des Darlehns bei
Auszahlung an einen Dritten zu verneinen ist, grundsätzliche Bedeutung haben und
noch nicht zweifelsfrei und abschließend geklärt erscheinen.
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