Urteil des KG Berlin vom 29.03.2017
KG Berlin: entschädigung, grobes verschulden, billigkeit, waffengleichheit, gerichtsbarkeit, quelle, sammlung, link, rechtfertigung, gegenpartei
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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 562/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 91 Abs 1 S 2 ZPO, § 13a Abs 3
FGG, § 2 ZuSEG, § 156 KostO
Kostenerstattung im Notarkostenbeschwerdeverfahren:
Entschädigung für die Zeitversäumnis eines Rechtsanwalts
wegen Teilnahme an einem Beweistermin in eigener Sache
Leitsatz
1. Die Teilnahme eines Beteiligten an einem Beweistermin ist als notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1
Satz 2 ZPO mit der Folge der Erstattungsfähigkeit der dadurch verursachten Zeitversäumnis
anzusehen, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen des Verfahrensgegners angeordnet
hat.
2. Die Entschädigung für die Zeitversäumnis eines Anwalts wegen Teilnahme an einem
Termin in eigener Sache bestimmt sich regelmäßig nach dem Höchstsatz der für Zeugen
vorgesehenen Entschädigung.
Tenor
In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem vollstreckbaren
Beschluss des Landgerichts Berlin vom 14. Januar 2000 vom Beschwerdeführer an den
Beschwerdegegner weiter zu erstattenden Kosten auf 25,56 EUR nebst 4 % Zinsen seit
dem 7. August 2001 festgesetzt.
Im übrigen wird die sofortige Beschwerde nach einem Wert von bis zu 600,– DM
zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdegegners ist zulässig.
Insbesondere hat er sie am 5. Oktober 2001 fristgerecht eingelegt, nachdem ihm der
angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss am 28. September 2001 zugestellt worden
ist (§ 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit §§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO, 13 a Abs. 3 FGG,
104 Abs. 3, 577 Abs. 2 ZPO a. F.).
Die Beschwerde ist dem Grunde sowie der Höhe nach nur teilweise begründet. Dem
Beschwerdegegner steht entgegen der Auffassung des Landgerichts für die
Zeitversäumnis durch seine Teilnahme am Beweistermin am 6. Januar 1999 eine
Entschädigung zu, allerdings nur in Höhe von 50,00 DM nebst anteiligen Zinsen. Die
weiter verlangte Entschädigung für die Teilnahme am Termin am 31. März 1999 ist durch
die Kostengrundentscheidung im Beschluss des Landgerichts vom 14. Januar 2000 – 82
T 410/97 – nicht gedeckt.
1) Verfahrensbedingte Zeitversäumnis eines Beteiligten ist im Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit nur erstattungsfähig, soweit sie auf notwendigen Reisen oder der
notwendigen Terminswahrnehmung beruht (§ 13 a Abs. 3 FGG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 2
ZPO). Notwendig im Sinne dieser Vorschriften ist die Wahrnehmung eines Termins
jedenfalls dann, wenn sie durch das Gericht angeordnet worden ist. Darüber hinaus sind
auch einem Beteiligten Zeitversäumniskosten zu erstatten, der durch einen
Verfahrensbevollmächtigten vertreten ist, wenn seine Teilnahme am Termin aus
Verfahrensgründen oder aus inhaltlichen Gründen geboten erscheint (z. B. aus Gründen
der Waffengleichheit, wenn das persönliche Erscheinen der Gegenpartei angeordnet ist,
vgl. für die Erstattungsfähigkeit von Terminsreisekosten Senat, NJW 1968, 847; MDR
1985, 851; Beschluss vom 28. April 1992 – 1 W 1703/92 –; vgl. auch
Zöller/Herget/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 91 ZPO, Rn. 13, Stichwort
Zeitversäumnis). Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich gemäß §§ 13 a Abs. 3, 91
Abs. 1 Satz 2 ZPO nach den Grundsätzen für die Entschädigung des Verdienstausfalls
von Zeugen: Nach § 2 Abs. 2 ZSEG a. F. erhält ein Zeuge je nach seinem regelmäßigen
Bruttoverdienst eine Entschädigung in Höhe zwischen 4 und 25 DM pro Stunde (vgl.
insoweit Senat, JurBüro 1986, 278).
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2) In Anwendung dieser Grundsätze steht dem Beschwerdegegner hier nur eine
Entschädigung in Höhe von 50,– DM = 25,56 EUR nebst anteiligen Zinsen für seine
Terminsteilnahme am 6. Januar 1999 zu.
a) Seine Teilnahme an diesem Termin war nach den dargestellten Grundsätzen im
Hinblick auf die Besonderheiten des Verfahrens notwendig i. S. d. § 91 Abs. 1 Satz 2, Hs.
1 ZPO. Das Landgericht hat durch Verfügung vom 23. November 1998 das persönliche
Erscheinen des Beschwerdeführers zum Termin am 6. Januar angeordnet. Der Termin
diente als Beweistermin der Tatsachenfeststellung. Die Anordnung des persönlichen
Erscheinens des Beschwerdeführers legte die Annahme nahe, das Gericht beabsichtige,
dessen Ausführungen nach § 286 ZPO hierbei zu berücksichtigen. Damit war es für den
Beschwerdegegner aus Gründen der Waffengleichheit geboten, gleichfalls persönlich zu
erscheinen, um dem Gericht bei Bedarf seine Sicht der Dinge zu schildern.
b) Die Höhe der Entschädigung beträgt jedoch lediglich 50,– DM nebst anteiligen Zinsen.
Der Beschwerdegegner ist Rechtsanwalt und Notar. Der Senat hat deswegen keine
Bedenken, als regelmäßigen Bruttoverdienst den nach dem hier anzuwendenden § 2
Abs. 2 ZSEG a. F. für Zeugen geltenden Entschädigungshöchstsatz von 25 DM je Stunde
anzusetzen, für die geltend gemachten zwei Stunden also 50,– DM. Weitergehende
Entschädigung kann der Beschwerdegegner nicht verlangen. § 3 des ZSEG, auf den er
sich zur Rechtfertigung des von ihm beanspruchten Stundensatzes in Höhe von 150,–
DM beruft, betrifft die Entschädigung von Sachverständigen und ist hier nicht
anwendbar, weil § 91 Abs. 1 Satz 2, Hs. 2 ZPO nicht auf ihn verweist.
3) Entschädigung für seine Teilnahme am Termin vom 31. März 1999 kann der
Beschwerdegegner nicht beanspruchen, denn es fehlt eine entsprechende
Kostengrundentscheidung. Die Vernehmung der Zeugin F in diesem Termin betraf
lediglich die Kostenberechnungen vom 27. Mai 1997 bezüglich des
Grundstücksvertrages F (Verfahren 82 T 409/97); insoweit ist der Beschwerdegegner vor
dem Landgericht unterlegen mit der Folge, dass er im Gegenteil dem Beschwerdeführer
dessen Kosten zu ersetzen hat.
4) Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
a) Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten in
einem Kostenfestsetzungsbeschwerdeverfahren, das aus einem Verfahren der
Freiwilligen Gerichtsbarkeit hervorgeht, richtet sich nach § 13 a Abs. 1 FGG. Danach
hängt die gerichtliche Anordnung einer Erstattungspflicht von der Billigkeit ab; hat ein
Beteiligter Kosten durch ein gänzlich unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes
Verschulden verursacht, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
b) Die Voraussetzungen, die die Kostentragung durch einen Beteiligten zwingend
vorschreiben, liegen nicht vor. Damit hat jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten
selbst zu tragen, da dies nach Auffassung des Senats der Billigkeit entspricht.
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