Urteil des KG Berlin vom 05.03.2004

KG Berlin: wider besseres wissen, treu und glauben, geschäftsführung ohne auftrag, berechtigung, bevollmächtigung, einverständnis, anscheinsvollmacht, pastor, ausführung, vertreter

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Gericht:
KG Berlin 21.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 U 75/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 167 BGB, § 184 BGB
Vollmacht des Architekten zur Aushandlung des Bauvertrages:
Anscheinsvollmacht zur Erteilung von Nachtragsaufträgen;
konkludente Genehmigung von Nachtragsaufträgen
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. März 2004 verkündete Urteil der
Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin - 8 O 195/03 - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des
jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht mit der Klage restlichen Werklohn geltend.
Der Beklagte führte Sanierungs- und den Dach-Ausbauarbeiten im Haus ... in ... Berlin
durch. Nachdem das ursprünglich daran arbeitende Unternehmen Insolvenz angemeldet
hatte, suchte der Beklagte Ersatzunternehmen.
Der Architekt des Beklagten, der Zeuge ..., der nach dem Architektenvertrag mit dem
Beklagten außer bei Gefahr in Verzug ausdrücklich nicht bevollmächtigt war, finanzielle
Verpflichtungen für den Beklagten einzugehen, führte die Verhandlungen mit der
Klägerin über die nötigen Arbeiten allein, kürzte deren Angebot vom 18. Januar 2002 und
unterzeichnete den Bauauftrag vom 14. Februar 2002 für den Auftraggeber im Namen
des Beklagten. Die Geltung der VOB/B wurde vereinbart.
Im Bauverlauf reichte die Klägerin 8 Nachtragsangebote ein, das erste bereits vor
Erteilung des schriftlichen Hauptauftrags. Unstreitig wurden einige Nachträge beauftragt,
im übrigen bestreitet der Beklagte Auftrag und Vollmacht des Architekten. Die Klägerin
legte diverse Abschlagsrechnungen vor, der Beklagte bezahlte diese auf der Grundlage
der Prüfung durch den Zeugen ..., dabei waren auch jeweils im einzelnen aufgeführte
Leistungen aus Nachtragsaufträgen betroffen.
Der Architekt ... prüfte die Schlußrechnung vom 8. Oktober 2002 und übersandte sie der
Klägerin, darin akzeptierte er eine sich aus den Kürzungen ergebende Forderung von
158.636,45 EUR netto. Eine weitere in der Schlußrechnung vom Zeugen ... angeführte
Rechnung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Die Klägerin macht sich die Höhe der geprüften Schlußrechnung zu eigen. Nach Abzug
von Nebenpunkten und behaupteter Abschlagszahlungen von 128.967,98 EUR verlangt
sie Zahlung von 36.978,70 EUR uneingeschränkt und im Hinblick auf den vereinbarten
Sicherheitseinbehalt die Zahlung von 8.734,04 EUR gegen Gestellung einer Bürgschaft.
Der Beklagte bestreitet die Beauftragung, Vollmacht und Durchführung der
Nachtragsarbeiten und die Berechtigung der Forderung der Höhe nach. Er wendet
weitere Abzugsposten sowie Mängel ein.
Das Landgericht hat den Zeugen ... zur Frage der Erteilung von Nachtragsaufträgen und
Durchführung der Arbeiten befragt und der Klage sodann insgesamt stattgegeben.
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Dagegen wendet sich der Beklagte mit der rechtzeitig eingelegten Berufung, mit der er
die vollständige Klageabweisung erstrebt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug
genommen.
Der Beklagte beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die
gewechselten Schriftsätze nebst dazu eingereichten Anlagen.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache hat sie keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten
Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach zu.
Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. 12.
2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).
Der Hauptauftrag ist unstreitig wirksam erteilt worden. Gleiches gilt für die Nachträge 5
und 7.
Die umstrittenen Nachträge 1 bis 4 und 6 sowie 8 sind vom Architekten ... entweder
beauftragt oder jedenfalls genehmigt worden, indem er konkludent sein Einverständnis
erklärt hat. Er ist dabei nach den Grundsätzen über die Rechtsscheinsvollmacht als vom
Beklagten bevollmächtigt zu behandeln.
1. Die Erteilung der Aufträge für die Nachträge 1 bis 4 und 6 hat der Zeuge ... bei seiner
Vernehmung bestätigt. Inwieweit das nach Rücksprache mit dem Beklagten geschah, ist,
da der Anscheinstatbestand einer Vollmacht mit der Erteilung des Hauptauftrags
bestand (dazu unter 2.), zunächst ohne Bedeutung. Im übrigen wird auf die
Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
Soweit ein Auftrag über den Architekten nicht ausdrücklich erteilt worden war, ist
zumindest von einer konkludenten Auftragserteilung bzw. Genehmigung auszugehen.
Der Aussage des Zeugen ... läßt sich entnehmen, daß sämtliche schriftlich angebotenen
Zusatzaufträge mit seinem Willen nach Rücksprache mit ihm ausgeführt worden sind
(BGH NJW 1963, 1248 zum konkludent zustande gekommenen Vertragsinhalt durch
widerspruchsloses Entgegennehmen der angebotenen Leistung).
Spätestens mit Überreichung der die abgerechneten Leistungen Position für Position
bestätigenden bzw. korrigierenden geprüften Schlußrechnung vom 8. Oktober 2002 hat
der Zeuge ... der Klägerin gegenüber nach deren objektiven Empfängerhorizont
hinreichend zum Ausdruck gebracht, daß die Leistungen mit seinem Willen ausgeführt
wurden. Daß dies der Fall war, hat er in seiner Zeugenvernehmung noch einmal
bestätigt. Für die Frage der Auftragserteilung bzw. Genehmigung kommt es dabei nicht
darauf an, ob die Nachtragsangebote gestellt worden sind, nachdem die Arbeiten
ausgeführt wurden. In jedem Fall wurden sie mit Willen des bevollmächtigten Architekten
als Zusatzleistungen über das ursprüngliche Vertragssoll hinaus ausgeführt.
Das gilt auch für die Höhe der Preise. Der Zeuge hat mit der Bestätigung der Preise im
Rahmen der Prüfung der Klägerin gegenüber verdeutlicht, daß er die mit seinem
Einverständnis ausgeführten Leistungen zu diesem Preis akzeptierte. Nicht anders
konnte die Klägerin das verstehen. Der Zeuge hat auch das in seiner Aussage noch
einmal bestätigt.
Diese Überlegung steht nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung, wonach der
Prüfvermerk des Architekten auf der Schlußrechnung in der Regel nicht als
rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer angesehen werden kann,
sondern lediglich als Erklärung gegenüber dem Bauherrn (BGH BauR 2002, 613). Hier
besteht nämlich die Besonderheit, daß der Architekt während der gesamten Abwicklung
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besteht nämlich die Besonderheit, daß der Architekt während der gesamten Abwicklung
des Projekts der Klägerin selbständig gegenübergetreten ist und sein Verhalten
deswegen - dazu sogleich - nicht anders zu würdigen ist, als wenn der Bauherr, also der
Beklagte selbst aufgetreten wäre. Auch dieser würde mit der Übersendung einer
korrigierten Schlußrechnung jedenfalls zum Ausdruck bringen, daß die von ihm im
Rahmen der Prüfung bestätigten Leistungen - jedenfalls vor dem Hintergrund der
gesamten Handhabung des Bauprojekts - als vom Vertragssoll umfaßt anzusehen seien.
Auch die Stundenlohnarbeiten sind, soweit sie über den Ursprungsauftrag hinausgehen,
durch Übersendung der geprüften Schlußrechnung in diesem Sinne vom Zeugen ...
zumindest nachträglich dem Grunde nach gebilligt worden. Daß er mit den Leistungen
einverstanden war, hat der Zeuge vor dem Landgericht bestätigt. Im übrigen wird auf die
Ausführungen des Landgerichts (UA Seite 15) Bezug genommen (vgl. im übrigen OLG
Düsseldorf IBR 2005, 669). Zur Höhe wird auf die Ausführungen unter 3. verwiesen.
2. Die Vollmacht des Architekten ... zur Nachtragsvergabe ergibt sich aus den
Grundsätzen über die Rechtsscheinsvollmacht.
a. Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt ist nach verbreiteter Meinung in der
Rechtsprechung in der Regel mit einer originären Mindestvollmacht ausgestattet (OLG
Stuttgart BauR 1994, 789; OLG Düsseldorf BauR 1997, 647, 648; v. Craushaar, BauR
1982, 421, 423). Sie ist jedoch eng auszulegen. Finanzielle Verpflichtungen einzugehen,
ist der Architekt regelmäßig nicht ohne ausdrückliche Vollmachtserteilung
bevollmächtigt (aaO). So ist es zwischen dem Beklagten und dem Zeugen ... vertraglich
ausdrücklich bestimmt.
Niemandem kann - außerhalb der gesetzlichen Vertretungsregeln - eine
rechtsgeschäftliche Erklärung eines Dritten als eigene zugerechnet werden, wenn er sie
nicht veranlaßt hat. Das kann entweder im Wege der - ausdrücklichen oder konkludenten
- Erteilung einer Vollmacht geschehen. Oder die Zurechnung erfolgt nach
Rechtsscheinsgrundsätzen, weil der Vertretene den vertrauenbegründenden
Rechtsschein bevollmächtigten Handelns wider besseres Wissen (Duldungsvollmacht)
oder fahrlässigerweise (Anscheinsvollmacht) nicht verhindert hat. Der Vertretene, der
ein Auftreten eines anderen als sein rechtsgeschäftlicher Vertreter zuläßt, obwohl er es
kennt (Duldungsvollmacht) oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte kennen
müssen (Anscheinsvollmacht), muß sich also behandeln lassen, als wenn der Handelnde
bevollmächtigt gewesen wäre, wenn der Andere nach Treu und Glauben auf die
Vollmacht vertrauen durfte (BGH NJW-RR 1996, 371; NJW 1981, 1727, 1728).
Ein derartiger Tatbestand einer Anscheinsvollmacht wird für den Architekten im Hinblick
auf Nachtragsaufträge bejaht, wenn der Architekt selbständig die
Vertragsverhandlungen führt, den Hauptvertrag allein als Vertreter abschließt und das
Bauvorhaben leitet (BGH BauR 1983, 165, 166; OLG Hamburg BauR 1996, 256; OLG
Stuttgart BauR 1994, 789, 790 unter Darlegung der Umstände des konkreten Falles, die
anderes ergeben können; Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl.
2004, 5. Teil Rn. 28; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, Rn. 1086; v. Craushaar BauR 1982,
426 f.). Das ist gerechtfertigt, weil man von demjenigen, der mit Willen des Bauherrn den
Hauptauftrag nicht nur erteilen, sondern außerdem selbständig aushandeln darf und
auch im übrigen auf der Baustelle leitend auftritt, ohne konkrete anderslautende
Hinweise erwarten darf, daß er auch ergänzende Leistungen in Auftrag geben dürfe,
wenn es sich im Rahmen der notwendigen Arbeiten hält, also nicht zu einem ganz
anderem Projekt führt.
b. So liegt der der Fall hier. Der Zeuge ... hat die Vertragsverhandlungen selbständig
geführt, den vertraglichen Leistungsumfang ausgehandelt, den Vertragspreis gegenüber
dem Angebot erheblich reduziert und der Klägerin den Auftrag im Namen des Beklagten
erteilt, er hat auch im folgenden das Bauvorhaben selbständig geleitet. Das beruhte auf
der Beauftragung durch den Beklagten. Der Beklagte hat zwar behauptet, er sei oft auf
der Baustelle zur Kontrolle anwesend gewesen, er hat aber weder überhaupt
Einzelheiten zu diesem strittigen Punkt vorgetragen, noch behauptet, er habe die
Vertragsverhandlungen selbst geführt. Umstände, die gegen eine Bevollmächtigung
sprechen mußten, waren für die Klägerin nicht ersichtlich. Weder hat der Beklagte
behauptet, konkrete Hinweise zur eingeschränkten Bevollmächtigung gegeben zu
haben, noch ließ sich von Seiten der Klägerin etwa dem Hauptauftrag vom 14. Februar
2002 oder anderen Schriftstücken ein Hinweis entnehmen, daß der Architekt zu weiteren
Aufträgen nicht bevollmächtigt sein sollte (wie etwa im Fall des OLG Stuttgart aaO).
Nach diesen Umständen durfte die Klägerin bei der Erteilung von Nachtragsaufträgen
von der Vollmacht des Zeugen ausgehen, unabhängig davon, ob dieser sich im
einzelnen mit dem Beklagten besprochen und eine Einzelvollmacht eingeholt hat (vgl.
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einzelnen mit dem Beklagten besprochen und eine Einzelvollmacht eingeholt hat (vgl.
insb. BGH BauR 1983 aaO).
Hinzu kommt, daß der Beklagte das Vertrauen der Klägerin dadurch unterfüttert hat,
daß er Abschlagsrechnungen u.a. vom 2. April, vom 5. Juni und vom 17. Juli 2002, die
jeweils ausdrücklich auf die Nachtragsangebote unter Benennung der einzelnen
Leistungen Bezug nahmen und die vom Zeugen ... geprüft und korrigiert waren, beglich.
Abgesehen davon, daß damit diese Nachtragsaufträge mindestens schlüssig durch den
Beklagten genehmigt worden sind (Kniffka aaO Rn. 80), konnte die Klägerin aus dem
Zahlungsverhalten nur den Schluß ziehen, daß die Annahme, der Architekt ... sei
umfassend bevollmächtigt, begründet sei (OLG Brandenburg BauR 2002, 473;
Werner/Pastor aaO Rn. 1084).
In dem Schreiben der Klägerin vom 8. Mai 2002 (nicht 8. Juli, wie das Landgericht in den
tatsächlichen Feststellungen aufgenommen hat) kommt nicht zum Ausdruck, daß sie
Anlaß hatte, an der Bevollmächtigung des Zeugen ... zu zweifeln oder die
Bevollmächtigung aus anderen Gründen klarzustellen. Das Anliegen des Schreibens
hatte mit der Bevollmächtigung nichts zu tun, es ging der Klägerin um den schriftlichen
Nachweis des Auftrags als solchen. Der Beklagte bestärkte vielmehr seinerseits, wie
dargelegt, das Vertrauen der Klägerin durch die Abschlagszahlungen, obwohl er
angesichts der darin in Bezug genommenen und mit ihm, wie er behauptet, nicht
abgesprochene Nachträge hätte erkennen müssen, daß der Architekt seine Vollmacht
überschritten hatte. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Gedanken sich der
Beklagte gemacht hat, sondern wie die Wirkung aus Sicht der Klägerin nach ihrem sog.
objektiven Empfängerhorizont zu würdigen war. Die Abschlagszahlung beinhaltet zwar
regelmäßig kein Anerkenntnis der Berechtigung (OLG Hamm BauR 2002, 1105;
Werner/Pastor aaO Rn. 1224), hier kam aber in der Zahlung zum Ausdruck, daß an der
Berechtigung zur Erweiterung des Leistungssolls durch den Architekten kein Anlaß zu
Zweifeln dem Grunde nach bestand (vgl. BGH BauR 1983, 165, 166; s.a. OLG Düsseldorf
IBR 2005, 669).
Gegen diese Würdigung spricht nicht, daß die Verhandlungsführung eine übliche
Architektenleistung im Rahmen der HOAI ist (etwa als Grundleistung der
Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung), wie der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung eingewendet hat. Auch das bevollmächtigte Handeln eines Architekten ist
Teil der Leistung nach HOAI. Die Frage des zu vergütenden Leistungsspektrums nach
HOAI ist demzufolge von der Frage der Vollmacht kraft Rechtsscheins unabhängig.
Der vom Beklagten betonte Schutzgedanke zugunsten des Bauherrn ist Grundlage der
Auffassung des Senats. Er gilt für jedermann, dem die Willenserklärung eines Dritten
zugerechnet werden soll. Das ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Der
Senat wendet aber die allgemeinen Grundsätze über die Rechtsscheinsvollmacht an, die
Teil dieses Schutzkonstrukts sind und die zugleich dem Schutz des Vertragspartners im
Rechtsverkehr dient (zur Interessenlage Hefermehl in Erman, BGB, Kommentar, 10.
Aufl., vor § 164 Rn. 2 ff.).
c. Für die Erteilung des 1. Nachtragsauftrags kann eine Anscheins- oder
Duldungsvollmacht bei der Beauftragung auf Grund der Umstände bei der Erteilung des
Hauptvertrags allein nicht begründet werden. Denn der erste Nachtrag war bereits erteilt
worden, bevor der Hauptauftrag schriftlich erteilt war. Der Senat ist jedoch der
Auffassung, daß bei der notwendigen Gesamtwürdigung des Verhaltens des Zeugen
Felgendrehers und der Umstände gleichwohl anzunehmen ist, daß durch den
bevollmächtigten Vertreter des Beklagten die Leistung zumindest genehmigt worden ist.
Der Ablauf des Bauvorhabens ist geprägt davon, daß der Zeuge ... von Anfang an
selbständig mit der Klägerin das Bauvorhaben und alle Änderungen durchgesprochen
hat. Er hat den Hauptvertrag in Vertretung für den Beklagten ausgehandelt und
beauftragt. In der Folge hat er die Leistungen des bereits vorher vereinbarten 1.
Nachtrags als berechtigt behandelt zu einer Zeit, als die Klägerin nach den obigen
Ausführungen davon ausgehen durfte, daß der Zeuge bevollmächtigt war. Das ergibt
sich aus dem unstreitigen Vortrag und der Aussage des Zeugen. Er hat damit sein
Einverständnis mindestens konkludent erklärt (s.a. BGH NJW 1963 aaO). Dieses
Einverständnis ist noch einmal in der Übersendung der korrigierten Schlußrechnung
durch den bevollmächtigten Architekten an die Klägerin zum Ausdruck gekommen (vgl.
OLG Düsseldorf IBR 2005, 669 zu einer besonderen Situation bei der Unterzeichnung
und Bezahlung von Stundenlohnzetteln). Weiter hat der Beklagte Abschlagszahlungen
mit ausdrücklichem Bezug auf den 1. Nachtrag beglichen. Die Abschlagszahlung
bedeutet zwar kein Anerkenntnis der Berechtigung der Forderung (OLG Hamm BauR
2002, 1105; Werner/Pastor aaO Rn. 1224), hier kam aber in der Zahlung zum Ausdruck,
daß an der Berechtigung zur Erweiterung des Leistungssolls durch den Architekten kein
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daß an der Berechtigung zur Erweiterung des Leistungssolls durch den Architekten kein
Anlaß zu Zweifeln dem Grunde nach bestand (vgl. BGH BauR 1983, 165, 166; s.a. OLG
Düsseldorf IBR 2005, 669).
Nach allem durfte die Klägerin davon ausgehen, daß der Architekt bevollmächtigt war
(vgl. BGH BauR 1983, 165, 166).
Ob der Anspruch ohnehin nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag
gegeben wäre, weil er nach den Angaben des Zeugen aus statischen Gründen
notwendig war und dieser auch die Höhe als angemessen bestätigt hat, kann
offenbleiben.
3. Der Höhe nach ist die Forderung insgesamt zutreffend bejaht.
a. Zunächst wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
Der Architekt ... hat nach Ausführung die Leistungen der Klägerin sämtlich geprüft und
für zutreffend befunden. Der Beklagte ist zwar nicht gehindert, die Ausführung der
Leistung zu bestreiten (BGH NZBau 2004, 31 = BauR 2003, 1892). Jedoch hat der
Zeuge ... die Ausführung der von ihm geprüften und zugestandenen Leistung bei seiner
Vernehmung im einzelnen und noch einmal abschließend (Seite 5/6 des Protokolls der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 23. Januar 2004, Bd. I Bl. 118, 119)
bestätigt bzw. verdeutlicht, an welcher Stelle er Leistungen mangels Nachweis nicht
akzeptiert habe (s. etwa zum Nachtrag 5, Pos. 17, 18, s. S. 5 des Protokolls). Die
Klägerin fordert nur das, was der Architekt bestätigt hat.
Der Einwand des Beklagten, es sei ihm mangels eigener Unterlagen nicht möglich, die
Nachtragsleistungen abzugrenzen von den Hauptauftragsleistungen, weil die Differenz
im Wert von Angebot und - geringerer - Auftragserteilung ihm nicht nachvollziehbar sei,
ist schon deswegen unbeachtlich.
Die Abgrenzung von Hauptleistung und Nachtrag ergibt sich außerdem aus der
Schlußrechnung. Selbst wenn einzelne der Nachtragsleistungen im Hauptangebot
vorgelegen hätten und vom Architekten ursprünglich nicht beauftragt worden wären, so
läßt sich die Zuordnung anhand der Schlußrechnung vornehmen. Abgesehen davon
kann der Beklagte zu dieser Frage auch anhand der von Seiten der Klägerin vorgelegten
Unterlagen Stellung nehmen. Er hat aber nicht aufgewiesen, daß von den in den
Zusatzaufträgen aufgeführten Leistungen solche Positionen abgehandelt waren, die
bereits im Angebot zum Hauptauftrag enthalten waren. Nur dann könnte sich die von
ihm behauptete Unklarheit in der Abgrenzung ergeben.
b. Bei den Stundenlohnarbeiten ergibt sich der Mehraufwand schon aus dem Vergleich
der angebotenen und der abgerechneten Stunden. Selbst wenn die unterzeichneten
Stundenlohnzettel nur 1.500 oder 1.493 Stunden, wie der Beklagte rechnet, umfassen,
die Klägerin aber insgesamt 1.552 Stunden abgerechnet hätte, so ist das nach
Auffassung des Senats hier nicht zu beanstanden, nachdem der die Bauleitung
innehabende Architekt die Stundenzahl geprüft und für in Ordnung befunden hat. Dazu
ist noch einmal zu verweisen auf die Zeugenaussage Felgendreher, daß alle von ihm
bestätigten Leistungen auch erbracht worden seien.
c. Die Ausführungen des Landgerichts zur Frage des Baustroms und zur Unwirksamkeit
der Skontoklausel sind nicht zu beanstanden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß
nicht anzunehmen ist, daß der Vertrag an der Unwirksamkeit der Skontoabrede
gescheitert wäre (§ 139 BGB).
d. Die Einwände zu den Mängeln sind unerheblich. Nach Abnahmefiktion (§ 12 VOB/B) ist
der Beklagte darlegungsbelastet. Er hat die bestrittenen Mängel immer noch nicht näher
dargelegt.
e. Es sind Abschlagszahlungen von 128.967,98 EUR zugrundezulegen. Der darlegungs-
und beweisbelastete Beklagte hat die von ihm behauptete höhere Zahlungen von
129.060,49 EUR nicht belegt (Differenz 92,51 EUR).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 710 Nr. 10, 711 ZPO.
Es besteht kein Grund, die Revision zuzulassen, § 543 ZPO. Der Senat stützt sich auf die
allgemeinen Grundsätze der Rechtsscheinsvollmacht und über den Erklärungswert von
Willenserklärungen sowie auf die Rechtsprechung zur Architektenvollmacht.
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