Urteil des KG Berlin vom 29.03.2017
KG Berlin: wiedereinsetzung in den vorigen stand, verschulden, quelle, link, sammlung, sorgfalt, anmerkung, fristversäumnis, versicherung
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Gericht:
KG Berlin 1.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 VAs 6/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 GVGEG, §§ 23ff GVGEG, §
26 Abs 3 S 2 GVGEG
Wiedereinsetzung: Organisationsverschulden eines
Rechtsanwalts
Leitsatz
Im Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG ist dem Antragsteller das Verschulden des
beauftragten Rechtsanwalts zuzurechnen. Ein Kanzleiversehen ist von dem durch einen
Rechtsanwalt Vertretenen zwar grundsätzlich unverschuldet, wenn die Fristversäumung allein
hierauf beruht. Der Antragsteller muss jedoch gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 EGGVG einen
Sachverhalt vortragen, der ein (Organisations-) Verschulden des Rechtsanwalts ausschließt.
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde vom
Gericht nicht mitgeteilt.]
Gründe
Der Antrag des Verurteilten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die
Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen
den Bescheid des Bundesministeriums der Justiz vom 12. Dezember 2007 wird als
unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat entgegen § 26 Abs. 3 Satz 2 EGGVG keinen geeigneten
Sachverhalt vorgetragen und glaubhaft gemacht, wonach er ohne Verschulden (§ 26
Abs. 2 EGGVG) gehindert war, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung innerhalb der
Frist des § 26 Abs. 1 EGGVG zu stellen. Unverschuldet ist die Fristversäumnis, wenn der
Antragsteller die gebotene und ihm nach den gesamten Umständen zumutbare Sorgfalt
beachtet hat, wobei im Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG dem Antragsteller das
Verschulden des beauftragten Rechtsanwalts zuzurechnen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO,
50. Aufl., § 26 EGGVG Rdn. 7). Soweit der Rechtsanwalt unter anwaltlicher Versicherung
vorträgt, der von ihm unterschriebene Antrag sei deshalb verspätet beim
Kammergericht eingegangen, weil die langjährige Chefsekretärin als „Sachbearbeiterin“
den Schriftsatz gefertigt und die falsche Faxnummer herausgesucht habe, ist damit
nicht dargelegt, dass sein Verschulden ausgeschlossen ist. Ein Kanzleiversehen, wie es
von dem Antragsteller geltend gemacht wird, ist von dem durch einen Rechtsanwalt
Vertretenen zwar grundsätzlich unverschuldet, wenn die Fristversäumung allein hierauf
beruht (vgl. BGH NStZ 2000, 545; Meyer-Goßner, a.a.O. § 44 StPO Rdn. 20). Ein
Rechtsanwalt ist jedoch verpflichtet, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine
Überprüfung der durch Telefax übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf die
Verwendung der zutreffenden Empfängernummer hin gewährleistet. Dabei muss zu der
erforderlichen Ausgangskontrolle in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und
entsprechend überprüft werden (vgl. BGH FamRZ 2004, 1275 mit weit. Nachw.). An der
Darlegung eines entsprechenden Sachverhalts, der diesen Voraussetzungen genügt,
fehlt es vorliegend. Denn der Antragsteller hat nicht mitgeteilt, wie die erforderliche
Überwachung (vgl. BGH FamRZ a.a.O.) der Mitarbeiter in der Kanzlei organisiert ist, so
dass der Senat nicht überprüfen kann, ob den beauftragten Rechtsanwalt ein
Organisationsverschulden trifft.
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