Urteil des KG Berlin vom 29.03.2017
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Gericht:
KG Berlin 3.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(3) 1 Ss 349/09
(191/09)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 258 Abs 2 StPO, § 258 Abs 3
StPO
Leitsatz
Die Entgegennahme einer mündlichen Erklärung des Verteidigers zu einem von diesem im
Rahmen seines Schlussvortrages angebrachten Hilfsbeweisantrag löst nicht die Pflicht zur
Gewährung des letzten Wortes nach § 258 Abs.2 und 3 StPO aus. Auch stellt die Ablehnung
eines Hilfsbeweisantrages durch Beschluss unmittelbar vor Verkündung des Urteils keinen
Verstoß gegen diese Vorschrift dar.
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. Juni
2009 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Dass Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten durch Urteil vom 3.
Dezember 2008 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von zehn
Tagessätzen zu je 100.- Euro verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht Berlin am
18. Juni 2009 verworfen. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Revision beanstandet
der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Sein
Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Rüge des Angeklagten, es stelle einen Verfahrensfehler dar, dass ihm entgegen §
258 Abs. 2, 3 StPO im Anschluss an die nach seinem letzten Wort abgegebene Erklärung
seines Verteidigers und nach Ablehnung des von diesem in seinem Schussvortrag
gestellten Hilfsbeweisantrag unmittelbar vor der mündlichen Urteilsverkündung nicht
erneut Gelegenheit zu einem letzten Wort gegeben worden sei, dringt nicht durch.
Ausweislich des Sitzungsprotokolls hatte der Verteidiger nach Schluss der
Beweisaufnahme im Anschluss an sein Schlussplädoyer einen Hilfsbeweisantrag gestellt.
Die Strafkammer war daraufhin noch vor den abschließenden Ausführungen der
Staatsanwaltschaft wieder in die Beweisaufnahme eingetreten. Nachdem der Angeklagte
Angaben zu seinem Lebenslauf und zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht
hatte und die Beweisaufnahme erneut geschlossen worden war, hatten der Verteidiger
und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zu weiteren Ausführungen und
der Angeklagte das letzte Wort. Danach gab der Verteidiger „
“ und die Strafkammer zog sich zur Beratung zurück. In Anschluss
daran verkündete der Vorsitzende zunächst den Beschluss über die Ablehnung des
Hilfsbeweisantrages und unmittelbar darauf das die Berufung des Angeklagten
verwerfende Urteil. Diese Vorgehensweise ist entgegen der Ansicht der Revision rechtlich
nicht zu beanstanden. Sinn der Regelung des § 258 Abs. 2, 3 StPO ist die Wahrung des
rechtlichen Gehörs. Der Angeklagte soll die Möglichkeit haben, zu dem Ergebnis der
Hauptverhandlung und allen in der Verhandlung angesprochenen Umständen, soweit sie
für die Entscheidung von Bedeutung sind, abschließend Stellung zu nehmen und seine
Einlassung gegebenenfalls noch zu ergänzen [vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl., § 258
Rdn. 1; Gollwitzer in LR, StPO 25. Aufl., § 258 Rdn. 5]. Folgerichtig ist einem Angeklagten
erneut Gelegenheit zu einem letzten Wort zu geben, wenn nach dem Schluss der
Beweisaufnahme nochmals in die Verhandlung eingetreten worden ist [vgl. BGH NStZ
2004, 505]. In aller Regel liegt ein derartiger Wiedereintritt vor, wenn das Gericht
ausdrücklich oder konkludent zu erkennen gibt, dass es die Verhandlung in der Sache
wieder aufnehmen will, um beispielsweise Anträge oder entscheidungserhebliche
Umstände mit den Verfahrensbeteiligten zu erörtern. Die bloße Entgegennahme eines
Hilfsbeweisantrages, bei dem der Antragsteller auf die Bescheidung vor
Urteilsverkündung verzichtet hat, ist hingegen kein Wiedereintritt in die Verhandlung und
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Urteilsverkündung verzichtet hat, ist hingegen kein Wiedereintritt in die Verhandlung und
löst daher auch nicht die Pflicht zur Gewährung des letzten Wortes aus [vgl. BGH NStZ
2004, 505, 506 m.w.N.]. Für die Entgegennahme einer mündlichen Erklärung des
Verteidigers zu einem von diesem im Rahmen seines Schlussvortrages angebrachten
Hilfsbeweisantrag kann nichts anderes gelten. Sie bezieht sich auf einen Antrag, zu dem
der Angeklagte bereits Gelegenheit zur Äußerung hatte, und dient lediglich der
Unterstützung dieses Beweisbegehrens.
Schließlich stellt auch die Ablehnung dieses Hilfsbeweisantrages durch Beschluss
unmittelbar vor Verkündung des Urteils kein Verstoß gegen § 258 Abs. 2, 3 StPO dar. Mit
der Stellung eines derartigen Antrages hat der Angeklagte grundsätzlich auf eine
Entscheidung in der Hauptverhandlung verzichtet, so dass über ihn entweder in den
Urteilsgründen [vgl. Meyer-Goßner a.a.O., § 244 Rdn. 22a] oder durch einen dem Urteil
unmittelbar vorausgehenden Beschluss entschieden werden kann [vgl. RG 29, 438; OLG
Karlsruhe MDR 1966, 948]. Im letzt genannten Fall müssen die Verfahrensbeteiligten
nach Verkündung des Beschlusses nicht noch einmal gehört werden [vgl. RG 55, 109]
und es stellt keinen Verstoß gegen § 258 StPO dar, wenn der Angeklagte nach
Verkündung des Beschlusses keine weitere Gelegenheit zu einem letzten Wort erhält
[vgl. BGH NJW 2001, 2109].
2. Auch die sachlich-rechtliche Angriffe des Angeklagten veranlassen nicht die
Aufhebung des Urteils. Sie sind aus den Gründen der Stellungnahme der
Generalstaatsanwaltschaft nach § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1
StPO.
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