Urteil des KG Berlin vom 18.09.2008

KG Berlin: mietzins, ausübung der option, fortsetzung des mietverhältnisses, mietvertrag, vermieter, auflage, mietsache, mietobjekt, mittelwert, staffelmiete

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 2/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 315 BGB, § 316 BGB, § 535
BGB, § 402 ZPO, § 412 ZPO
Bestimmung des Mietzinses bei Vertragsverlängerungsoption
ohne Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses; Bindung des
Gerichts an ein gerichtliches Sachverständigengutachten
Leitsatz
Enthält der Mietvertrag die Regelung, dass der Mietzins bei Ausübung der Option neu zu
verhandeln ist und erzielen die Parteien keine Einigung über dessen Höhe, ist die Miete nach
den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB zu bestimmen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04. Dezember 2006 verkündete Urteil der
Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin hinsichtlich des Urteilstenors zu Ziff. 2
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Widerklage der Beklagten wird der monatliche Mietzins für die im Ärztehaus
… gelegenen und mit Mietvertrag vom 12. April 1995 an die Beklagte vermieteten
Gewerberäume auf 11,00 EUR/qm (netto kalt) für die Zeit ab dem 01. Juli 2005 bis zum
30. Juni 2010 festgesetzt.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufungen der Parteien richten sich gegen das am 04. Dezember 2006 verkündete
Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und
Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Die Parteien greifen mit ihrer Berufung
das Urteil nur hinsichtlich der Widerklage an; die durch das Urteil ausgesprochene
Klagabweisung wird durch die Klägerin nicht angegriffen.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:
Das Landgericht sei zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Ursprungsmiete
bei Abschluss des Mietvertrages am 12. April 1995 auf der Grundlage des
Refinanzierungsbedarfs der Klägerin, aber auch unter dem Einfluss von deren damaliger
eigener Mieterstellung innerhalb der Praxisgemeinschaft bestimmt worden sei und, dass
mindestens eine jährliche Steigerung von 3 % als Inflationsausgleich gewollt gewesen
sei. Dies ergebe sich auch aus den Einlassungen des Gesellschafters M. im Termin der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 09. Januar 2006, wonach bei
Abschluss des Mietvertrages im Jahre 1995 der ortsübliche Mietzins bei 32,00 DM/qm
gelegen habe und die Mietvertragsparteien einen geringfügig darüber liegenden Mietzins
von 35,00 DM/qm (= 17,90 EUR/qm) vereinbart hätten. Die in § 4 des Mietvertrages
vereinbarte Staffelmiete sei durch die Nachfolgevereinbarung vom 14. September 2000
auf das Mietniveau vom 30.Dezember 1998 für die Vertragslaufzeit – ohne den
Optionszeitraum – ausdrücklich festgeschrieben worden, so dass Ausgangsbasis der 30.
Dezember 1998 sei. Der Mietzins ab dem 01. Juli 2005 sei der gleiche wie der Mietzins
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Dezember 1998 sei. Der Mietzins ab dem 01. Juli 2005 sei der gleiche wie der Mietzins
per 30. Dezember 1998 und dann jeweils zum 01.Juli des Folgejahres jährlich um 3 % auf
der Basis des vorangegangenen Jahres zu steigern. Dies ergebe sich aus der Auslegung
des Vertrages, so dass es der Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht bedurft hätte.
Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass zunächst der ortsübliche
Mietzins zum 01. Juli 2005 zu ermitteln sei und hiervon ausgehend Steigerungsraten von
3 % p.a. festzulegen seien. Das Landgericht habe sich weitgehend an dem gerichtlich
eingeholten Gutachten des Sachverständigen F. vom 31. Mai 2006 orientiert. Dies sei
aber nicht nachvollziehbar, weil der Sachverständige es nicht vermocht habe, die
streitige Mietsache einem Sondermietmarkt zuzuordnen und es sich bei dem Mietobjekt
um ein solches mit besonderer Repräsentativität handele. Der Sachverständige habe die
Neumietverträge im streitigen Mietobjekt und auch vergleichbare neu abgeschlossene
Mietverträge in der unmittelbaren Nachbarschaft des Mietobjekts außer acht gelassen.
Demgegenüber habe der von der Klägerin beauftragte Sachverständige J. den Mietpreis
überzeugend mit 14,00 EUR/qm ermittelt. Wenn man der Herangehensweise des
Landgerichts folge, sei mindestens ein Mietzins von 14,00 EUR/qm festzustellen.
Die Klägerin beantragt,
das am 04. Dezember 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin in dem mit
der Berufung angegriffenen Umfang insoweit abzuändern, als die Klägerin verurteilt
worden ist, für die im Ärztehaus … gelegenen und an die Beklagte durch Vertrag vom
12. April 1995 vermieteten Mieträume einem Nettokaltmietzins
in Höhe von monatlich weniger als 19,55 EUR/qm für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis
zum 30. Juni 2006,
in Höhe von monatlich weniger als 20,13 EUR/qm für die Zeit vom 01. Juli 2006 bis
zum 30. Juni 2007,
in Höhe von monatlich weniger als 20,73 EUR/qm für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis
zum 30. Juni 2008,
in Höhe von monatlich weniger als 21,35 EUR/qm für die Zeit vom 01. Juli 2008 bis
zum 30. Juni 2009 und
in Höhe von monatlich weniger als 21,99 EUR/qm für die Zeit vom 01. Juli 2009 bis
zum 30. Juni 2010 zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert:
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das Landgericht nicht davon ausgegangen, dass
die Ursprungsmiete bei Abschluss des Mietvertrages auf der Grundlage des
Refinanzierungsbedarfs der Klägerin ermittelt worden sei. Vielmehr habe das Landgericht
festgestellt, dass die Klägerin die Finanzierungsaufwendungen für den streitigen
Optionszeitraum nicht dargelegt habe, die in der Fortschreibung der
Ursprungskalkulation eine Erhöhung des Mietzinses rechtfertigen könnten. Maßgeblich
für die seinerzeitigen Mietpreisgestaltung sei der ortsübliche Mietzins gewesen. Der
ortsübliche Mietzins sei aber bei Abschluss des Ursprungsmietvertrages höher gewesen
als es der heutige aufgrund der negativen Entwicklung auf dem Gewerbemietmarkt sei.
Alleiniger Streitpunkt zwischen den Parteien sei daher gewesen, wie hoch die ortsübliche
Vergleichsmiete zum 01. Juli 2005 gewesen sei. Die Vereinbarung einer 3 %-igen
Mietstaffel könne dagegen nicht mit einbezogen werden, da diese durch
Nachtragsvereinbarungen der Parteien aufgehoben worden sei und zudem auch nach
der ursprünglichen Vereinbarung noch vor Ablauf des ursprünglichen Mietzeitraumes
ausgelaufen wäre. Da die Parteien sich für den Optionszeitraum nicht auf einen Mietzins
hätten einigen können, müsse die Miete nach billigem Ermessen gemäß den §§ 315, 316
BGB festgesetzt werden. Insoweit sei das vom erstinstanzlichen Gericht eingeholte
Gutachten maßgeblich. Die Ausführungen des von der Klägerin beauftragten
Sachverständigen J. könnten nicht zur Grundlage einer Entscheidung genommen
werden. Das Landgericht hätte von dem gerichtlichen Gutachten nicht abweichen dürfen.
Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:
Der ursprünglichen Mietkalkulation habe die ortsübliche Vergleichsmiete zugrunde
gelegen. Die Klägerin habe die ortsübliche Vergleichsmiete mit verschiedenen Beträgen
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gelegen. Die Klägerin habe die ortsübliche Vergleichsmiete mit verschiedenen Beträgen
von 14,00 EUR/qm bis 18,99 EUR/qm behauptet, verschiedene Gutachten bzw. einen
Kurzbericht J. und angebliche Mietverträge für nicht vergleichbare Mieträume vorgelegt.
Trotz des widersprüchlichen Vortrags der Klägerin habe das Landgericht das von der
Klägerin eingeholte Parteigutachten des Sachverständigen J. bei seiner Entscheidung
berücksichtigt, welches im Ergebnis dem gerichtlich eingeholten
Sachverständigengutachten nicht unwesentlich widerspreche. Es sei auch nicht
ersichtlich, aus welchen Gründen das Landgericht von den Feststellungen des
Sachverständigen F. abweiche und insofern ohne jede Gegenprüfung Erkenntnisse aus
dem Parteigutachten der Klägerin heranziehe. Der Sachverständige J. habe in dem
Gutachten vom 07. Juli 2006 eine ortsübliche Vergleichsmiete von 13,91 EUR/qm
ausgegeben, hingegen im Kurzbericht vom 28. April 2005 noch Werte von 15,00 EUR/qm
bis 17,00 EUR/qm angegeben. Auch habe das Gericht im Rahmen der Vernehmung des
Sachverständigen F. außer Acht gelassen, den Sachverständigen zu der Frage der
Streuweite zu vernehmen. Das Gericht habe sich erstmals in der Urteilsbegründung mit
dem Sachverständigengutachten F. insoweit auseinander gesetzt, dass es das
Gutachten offenbar für unvollständig halte. Das Landgericht hätte den Sachverständigen
hiernach befragen oder ein Ergänzungsgutachten einholen müssen. Das Landgericht
habe sich gänzlich unreflektiert auf das von der Beklagten bestrittenen Gutachten J.
gestützt. Die dem Parteigutachter zugrunde gelegten Tatsachen seien bestritten und
durch nichts bewiesen. Das Landgericht hätte der Beklagten Gelegenheit geben
müssen, hierzu im Einzelnen Stellung zu nehmen. Das Landgericht habe sich über das
Beweisergebnis, nämlich die Feststellungen des Sachverständigen F., wonach die
ortsübliche Vergleichsmiete 11,00 EUR/qm betrage, hinweg gesetzt. Durch das
gerichtliche Gutachten habe sie, die Beklagte, den Beweis geführt.
Es sei unverständlich, wie das Landgericht zu der Annahme komme, dass auch für den
Optionszeitraum eine jährliche 3 %-ige Erhöhung des Mietzinses gewollt gewesen sei. Für
die hypothetische Vertragsauslegung sei kein Raum, weil die Parteien durch die
Nachtragsvereinbarung vom 14. September 2000 die Staffelmietvereinbarung
ausgesetzt hätten. Hintergrund dieser Vereinbarung sei die negative
Mietpreisentwicklung auf den Gewerberaummietmarkt gewesen. Bereits nach dem
ursprünglichen Mietvertrag hätte aber die Staffelvereinbarung bereits vor Beendigung
der ursprünglich vereinbarten Mietdauer geendet. Im Übrigen lasse das Landgericht
außer acht, dass die Parteien im Zuge der Optionsverhandlungen im Rahmen der
gegenseitigen Angebote ebenfalls auf die Vereinbarung einer Mietstaffel verzichtet
hätten.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 04. Dezember 2006 verkündeten Urteils des Landgerichts
Berlin – 12 O 383/05 - die Klägerin zu verurteilen, die Miete für die im Ärztehaus …
gelegene und mit Mietvertrag vom 12. April 1995 an die Beklagte vermietete Praxis auf
11,00 EUR/qm (netto–kalt) festzusetzen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin erwidert:
Es könne nicht angenommen werden, dass die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages
davon ausgegangen seien, dass nach Ende der Festmietzeit der Mietzins reduziert und
festgeschrieben werden solle. Aus der Nachtragsvereinbarung vom 14. September 2000
ergebe sich nicht, dass die Staffelmietvereinbarung für den Optionszeitraum nicht habe
gelten sollen, vielmehr hätten die Parteien das Mietniveau „auf dem Niveau vom 30.
Dezember 1998 (ohne) Optionszeitraum fest„ geschrieben.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 11. Oktober 2007 durch
Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Frage des ortsüblichen
Mietzins am 01. Juli 2005. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den
Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. vom 15. März 2008 und des
Ergänzungsgutachtens vom 31. Juli 2008 sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom
01. September 2008 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Berufung der Beklagten ist
begründet.
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Der monatliche Mietzins für die Gewerberäume im Hause … für den zwischen den
Parteien am 12. April 1995 abgeschlossenen Mietvertrag ist ab dem 01. Juli 2005 bis
zum 30. Juni 2010 auf 11,00 EUR/qm (netto kalt) festzusetzen (§ 315 Abs. 3 Satz 2
BGB). Zwar hat die Beklagte den Widerklageantrag dem Wortlaut nach so formuliert,
dass die Klägerin verurteilt wird, den Mietzins festzusetzen. Der Antrag war aber – wie
erkannt – auszulegen (§ 133 BGB). Denn es ist davon auszugehen, dass die Partei das
anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht
verstandenen Interessenlage der Partei entspricht (vgl. BGH NJW 1975, 2014; BGH NJW-
RR 1995, 1183; 2000, 1446; Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, vor § 128 ZPO, Rdnr. 25; §
253 ZPO, Rdnr. 13). Da aber die Festsetzung durch das Gericht gemäß §§ 315, 316 BGB
erfolgt, was noch auszuführen sein wird, war der Urteilstenor entsprechend zu fassen.
1. Die Sachlegitimation der Klägerin ist nicht durch die unstreitig am 23. Mai 2006
erfolgte Grundbucheintragung der Erwerberin entfallen. Die Rechtshängigkeit der
Widerklage war bereits vor Eigentumsumschreibung am 31. August 2005 eingetreten (§§
253 Abs. 1, 261 Abs. 1, 270 Satz 2, 189 ZPO), so dass der Prozess gemäß den §§ 265
Abs. 2, 261 ZPO durch die Klägerin fortgesetzt werden kann. Gemäß § 265 Abs. 2 ZPO
hat die Veräußerung nach Rechtshängigkeit keinen Einfluss auf den Prozess, d.h. die
Rechtsnachfolge ändert nichts an der Stellung der bisherigen Parteien (Zöller/Greger,
a.a.O., § 265 ZPO, Rdnr. 5, 6).
2. a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass trotz Scheiterns der
Verhandlungen über einen neuen Mietzins nach Ausübung der vertraglich vereinbarten
Option durch die Beklagte das Mietverhältnis für weitere 5 Jahre fortbesteht. Die
Beklagte hat durch ihre unstreitig form– und fristgerecht ausgeübte Optionserklärung
gemäß Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. Dezember 2004 unabhängig
von einer Einigung über die Höhe des Mietzinses die Verlängerung des
streitgegenständlichen Vertrages um 5 Jahre, das heißt bis zum 30. Juni 2010 bewirkt.
Sind in einer Optionsklausel - wie hier - die künftigen Vertragsbedingungen,
insbesondere zur Mietzinshöhe in der Optionszeit nicht im Einzelnen festgelegt, wie dies
häufig der Fall ist, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob dem Mieter hiermit gleichwohl
ein einseitig auszuübendes Gestaltungsrecht, den bestehenden Mietvertrag um die in
der Optionsklausel vereinbarte Frist zu verlängern (vgl. BGH NJW 1985, 2581; NJW 1982,
2770), zugebilligt sein soll oder insoweit lediglich ein Recht des Mieters vereinbart worden
ist, den Vermieter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ablauf des Mietverhältnisses
um ein Angebot zur Fortsetzung des Mietverhältnisses zu geänderten Bedingungen
bitten zu dürfen (Bub/Treier/Reinstorf, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3.
Auflage, II, Rdnr. 219; vgl. OLG Saarbrücken NJWE-MietR 1997, 104 = WIB 1997, 163).
Diese Auslegung ergibt hier, dass der Beklagten in § 3 des Mietvertrages ein
Gestaltungsrecht auf Verlängerung zu bestimmten (Mietsache, Mietzeit) bzw.
bestimmbaren (Mietzins) Bedingungen eingeräumt wurde. Hierfür spricht der Wortlaut
der Klausel, der zwischen der vorbehaltlosen Einräumung des Optionsrechts
(„zweimaliger Optionsanspruch für jeweils fünf Jahre“) einerseits und seiner inhaltlichen
Ausgestaltung andererseits unterscheidet („.. Bei Ausübung einer Option ist der
Mietvertrag neu auszuhandeln.“) (vgl. zu einer vergleichbaren Klausel OLG Saarbrücken
a.a.O.; vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2000 – 8 U 6640/98, unveröffentlicht). Die Parteien
gehen nunmehr in der Berufungsinstanz offenbar auch übereinstimmend davon aus,
dass das Mietverhältnis bis zu dem ersten Optionszeitraum fortbesteht.
b) Aus der Regelung in § 3 des Mietvertrages ergibt sich, dass bei Ausübung der Option
der Mietzins neu auszuhandeln ist. Damit sollte dem Vermieter nicht sogleich ein
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zustehen, sondern beide Parteien waren
verpflichtet, über den Mietzins zu verhandeln und eine Vereinbarung herbeizuführen. Da
die Parteien keine Einigung über die Höhe des Mietzinses erzielt haben, ist der Mietzins
nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB zu bestimmen (vgl. im Einzelnen hierzu:
Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, III, Rdnr. 464). Wenn sich die Parteien bindend zwar über
eine entgeltliche Überlassung des Gebrauchs der Mietsache einigen, ohne eine
Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses zu treffen, gilt eine angemessene oder
ortsübliche Miete als vereinbart, sei es im Wege ergänzenden Vertragsauslegung (so
OLG Hamm NJW 1976, 1212; vgl. BGH NJW 1974, 364), sei es entsprechend §§ 612 Abs.
2, 632 Abs. 2 BGB (so Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Auflage, vor § 535 BGB, Rdnr.
93), vgl. auch BGH NJW-RR 1992, 517. Die Höhe ist durch den Vermieter gemäß den §§
315, 316 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen. Im Streitfall hat das Gericht die
Höhe des Mietzinses gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu bestimmen (BGH NJW- RR
1991,517; BGH NJW 1997, 2671; vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 2000 – 8 U 6640/98,
unveröffentlicht und vom 30. Juni 2003 – 8 U 317/01, KG Report 2004, 401; OLG
Saarbrücken, a.a.O.; OLG Düsseldorf OLGR 1995, 234; Sternel, a.a.O., III, Rdnr. 464). Bei
der Ausübung der Bestimmung gilt für das Gericht der Billigkeitsmaßstab, der auch für
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der Ausübung der Bestimmung gilt für das Gericht der Billigkeitsmaßstab, der auch für
den Bestimmungsberechtigten gilt (Soergel/ Wolf, BGB, 12. Auflage, § 315 BGB, Rdnr.
51ff.). Was billigem Ermessen entspricht, ist unter Berücksichtigung der Interessen
beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen Üblichen im Zeitpunkt der Ausübung
des Bestimmungsrechts festzustellen (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 315 BGB,
Rdnr. 11; BGHZ 41, 271; BAG NZA 2005, 359). Grundsätzlich ist davon auszugehen,
dass die Parteien bei Abschluss eines Mietvertrages den für die Räume angemessenen,
d.h. orts- und marktüblichen Mietzins vereinbaren. Dies ist derjenige, der für
vergleichbare Objekte bei Neuabschluss üblicherweise gefordert und gezahlt wird. Dann
aber entspricht es den Wertvorstellungen der Parteien, dass auch im Fall der
Neufestsetzung des Mietzinses der nunmehr angemessene, d.h. der orts- und
marktübliche Betrag maßgebend ist (BGH NJW 1975, 1557 = MDR 1975, 838; BGH NJW-
RR 1992, 517; vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 2000 – 8 U 6640/98 und 30. Juni 2003- 8 U
317/01, a.a.O.; vgl. auch Sternel, a.a.O., III, Rdnr. 471 ff. ). Dies entspricht auch dem
unstreitigen Vortrag beider Parteien, wonach bei Mietvertragsschluss im Jahre 1995 der
ortsübliche Mietzins zugrunde gelegt worden ist. So hat der Gesellschafter M. der
Beklagten im Termin vor dem Landgericht am 09. Januar 2006 angegeben, dass der
ortsübliche Mietzins von ungefähr 32,00 DM/qm zugrunde gelegt worden sei und die
Parteien geringfügig darüber hinaus gegangen seien, weil die Klägerin die Finanzierung
des Objektes habe sicherstellen wollen. Diesen Vortrag hat die Klägerin bestätigt. Soweit
die Klägerin daraus weiter herleitet, dass nunmehr auch ein über dem ortsüblichen
Mietzins liegender Betrag interessengerecht sei, ist dem nicht zu folgen. Denn bei einer
Neufestsetzung des Mietzinses sind besondere Wert- und Äquivalenzvorstellungen der
Parteien bei Vertragsschluss wie etwa Einmalleistungen, die der Mieter bei
Vertragsbeginn erbracht hat oder Wertverbesserungsmaßnahmen, die er im
Einverständnis mit dem Vermieter vorgenommen hat, unbeachtlich (BGH NJW 1975,
1557= MDR 1975, 838). Dies ist hier übertragbar. Bei Abschluss des Mietvertrages war
die (vermietende) Klägerin noch Gesellschafterin der (mietenden) Beklagten. Daher war
die Interessenlage auf Mieterseite auch von der Klägerin mitgeprägt, die bei der
Festlegung des Mietzinses ihre als Eigentümerin zu erbringenden
Finanzierungsleistungen mit berücksichtigt wissen wollte und diese auch durchsetzen
konnte. Die Klägerin ist am 01. Oktober 2000 aus der beklagten Gesellschaft
bürgerlichen Rechts ausgeschieden, so dass sich insoweit die Interessenlage verschoben
hat. Abgesehen davon hat die Klägerin auch – worauf bereits das Landgericht
hingewiesen hat – nichts zu den Finanzierungsaufwendungen für den Optionszeitraum
vorgetragen, die in Fortschreibung der Ursprungskalkulation eine Erhöhung des
Mietzinses und in welcher Größe rechtfertigen würden.
Ohne Erfolg macht die Klägerin mit der Berufung erstmals geltend, dass die Parteien mit
der Nachfolgevereinbarung vom 14. Dezember 2000 den Mietzins auch für den
Optionszeitraum ab dem 01. Juli 2005 als Ausgangsbasis festgeschrieben hätten.
Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut der Vereinbarung. In § 4 Ziff. 1 der
Vereinbarung heißt es hierzu:
„ Die im Mietvertrag vorgesehene Staffelmieterhöhung wird ausgesetzt.
Das Mietniveau bleibt auf dem Niveau vom 30.12.1998 für die Vertrags-
Laufzeit (ohne Optionszeitraum) fest. „
Aus der eindeutigen Formulierung ist zu entnehmen, dass die Parteien für den
Optionszeitraum gerade keine Regelung getroffen haben. Da dieser Zeitraum von der
Regelung ausgenommen worden ist, verbleibt es für den Optionszeitraum bei der im
ursprünglichen Mietvertrag getroffenen Vereinbarung, wonach der Mietzins neu zu
verhandeln ist und bei Nichteinigung der Parteien eine Festsetzung durch das Gericht zu
erfolgen hat.
c) Der Senat hat den ortsübliche Mietzins ab dem 01. Juli 2005 im Wege der
Beweisaufnahme durch Einholung eines erneuten Sachverständigengutachten ermittelt.
Zu Recht macht die Beklagte mit der Berufung geltend, dass das Landgericht das von
der Klägerin vorgelegte Privatgutachten J. nicht ohne weiteres hätte heranziehen dürfen
und insbesondere nicht den Mittelwert zwischen gerichtlich eingeholtem
Sachverständigengutachten und Privatgutachten hätte bilden dürfen. Hierzu gilt
Folgendes:
Das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten unterliegt der freien
Beweiswürdigung. Von einem als unvollständig oder unverständlich erscheinenden
Gutachten darf das Gericht wegen seiner eigenen Sachkunde aber nicht
beweiswürdigend abweichen, ohne von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, das
Gutachten vom Sachverständigen ergänzen oder erläutern zu lassen (BGH MDR 1982,
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Gutachten vom Sachverständigen ergänzen oder erläutern zu lassen (BGH MDR 1982,
45; NJW 2001, 2791) oder gemäß § 412 ZPO einen weiteren Sachverständigen zu
beauftragen (BGH MDR 1989, 902; 84, 660; vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 402 ZPO, Rdnr. 7
a). Gemäß § 412 Abs. 1 ZPO kann das Gericht eine neue Begutachtung anordnen, wenn
es das Gutachten für ungenügend erachtet. Wenn eine mündliche Erläuterung gemäß §
411 Abs. 3 ZPO erfolglos blieb oder nicht erfolgversprechend ist, kommt – unabhängig
von den Anträgen der Parteien – ein weiteres Gutachten oder ein sogenanntes
Obergutachten in Betracht, wenn das erste Gutachten mangelhaft (unvollständig,
widersprüchlich, nicht überzeugend) ist oder das erste Gutachten von falschen
Voraussetzungen ausgeht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Gericht gemäß
§ 286 ZPO unter Berücksichtigung substantiierter (evtl. auch durch Privatgutachten
erhärteter) Einwendungen der Parteien gegen das erste Gutachten selbständig zu
prüfen (BGH NJW 1986, 1928; BGH NJW-RR 2000, 44; Zöller/Greger, a.a.O., § 412 ZPO,
Rdnr. 2). Das Landgericht hält das Gutachten des Sachverständigen F. – so nach seinen
Ausführungen auf Seite 6 des Urteils – unter Berücksichtigung der Stellungnahme des
von der Klägerin beauftragten Sachverständigen J. nicht für überzeugend und hat den
ortsüblichen Mietzins nach dem Mittelwert beider Gutachten festgesetzt, ohne dies im
Einzelnen zu begründen. Dies ist aber aus den dargelegten Gründen nicht zulässig. Das
Landgericht hätte – wenn es das Gutachten F. nicht für überzeugend hält – auf
Ergänzung des Gutachtens hinwirken oder ein Obergutachten einholen müssen. Auch
der Senat konnte seine Entscheidung nicht auf dieses Gutachten stützen. Denn der
Sachverständige ist bei seinem Gutachten von falschen Voraussetzungen ausgegangen.
So hat der Sachverständige nach seinen Ausführungen auf Seite 11 des Gutachtens
Vergleichsobjekte mit überwiegend Bestandsmieten und nur zu einem geringen Teil
Neuabschlussmieten für die Wertermittlung zugrunde gelegt. Da aber bei der
Neufestsetzung – wie unter Abschnitt 2 b) ausgeführt – auf den orts- oder marktüblichen
Mietzins für vergleichbare Objekte bei Neuabschluss abzustellen ist, kann das Gutachten
schon deswegen nicht Grundlage der Entscheidung des Senats sein.
d) Nach dem Ergebnis der durch den Senat durchgeführten Beweisaufnahme liegt der
ortsübliche Mietzins ab dem 01. Juli 2005 bei monatlich 10,70 EUR/ qm (netto kalt). Dies
steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr.
S. vom 15. März 2008 sowie des Ergänzungsgutachtens vom 31. Juli 2008 fest. Der
Sachverständige hat in seinem Gutachten zunächst eine Lage- und
Nutzwertbestimmung des Objektes vorgenommen. Das Objekt weist hinsichtlich Lage
und Standort, die von Faktoren wie Verkehrsanbindung, Parkmöglichkeiten sowie
Standortimage als Büro- und Praxisstandort bestimmt werden, eine überwiegende
mittlere Wertigkeit auf. Die Beschaffenheits– und Ausstellungsmerkmale hat der
Sachverständige mit überwiegend gut bewertet. Insgesamt stellte der Sachverständige
fest, dass die Gewerbeflächen mit solche von mittlerem Nutzwert angesehen werden
können (Seite 9). Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Bewertung der
Parkmöglichkeiten für sich genommen mit schlecht nicht nachvollziehbar sei, hat der
Sachverständige unter Bezugnahme auf sein Gutachten und einer erneuten
Vorortbesichtigung in der mündlichen Verhandlung hierzu erläutert, dass zwei Stellplätze
vorhanden seien. Ein Stellplatz sei einem konkreten Nutzer zugeordnet und der andere
wegen dessen Lage für ältere PKW- Fahrer schwer nutzbar. Ferner hat er angegeben,
dass weitere Parkflächen dort nicht vorhanden seien, weil unmittelbar vor dem Objekt
Halteverbot ausgeschildert sei und in unmittelbarer Nähe Parkverbot gelte. Die vom
Sachverständigen vorgenommene Bewertung ist daher nicht zu beanstanden.
Der Ermittlung des ortsüblichen Mietzinses hat der Sachverständige 17
Vergleichsobjekte zugrunde gelegt, die als Büro- oder Praxisräume in vergleichbarer
Lage mit mittlerem und gutem Nutzwert ausgewiesen sind. Im Ausgangspunkt
zutreffend hat der Sachverständige Daten von Neuabschlüssen und den
Marktverhältnissen folgenden Mietänderungen einbezogen, die aus einem Zeitraum von
etwa einem bis zwei Jahre vor und nach dem Bewertungsstichtag stammen (vgl. Seite 10
des Gutachtens). Die Vergleichsobjekte (Büro- und Praxisräume) weisen ein
Mietzinsniveau von 5,12 EUR/qm (niedrigster Wert) bis 15,00 EUR/qm (höchster Wert), im
Mittel 9,71 EUR/qm auf. Unter Berücksichtigung einer Extremwertbereinigung ermittelte
der Sachverständige einen Mittelwert von 9,22 EUR/qm (siehe Seite 16 des Gutachtens).
Unter Berücksichtigung dieser Mittelwerte berechnet der Sachverständige danach den
„wahren Wert „ des arithmetischen Mittels mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % den
oberen Eckwert mit 10,15 EUR/ qm als marktübliche Miete. Unter Einbeziehung des von
der Klägerin eingereichten Mietvertrages zwischen der Klägerin und der
Gemeinschaftspraxis Z. u.a. in demselben Hause wie das streitgegenständliche
Mietobjekt, der einen Nettomietzins von 14,00 EUR/qm ausweist, kommt der
Sachverständigen zu einem oberen Eckwert von 10,70 EUR/qm (Spanne 8,71 bis 10,70).
Die vom Sachverständigen festgestellte Miete ist nachvollziehbar ermittelt, das
Gutachten ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und bildet damit eine überzeugende
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Gutachten ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und bildet damit eine überzeugende
Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die dagegen von der Klägerin erhobenen
Einwände greifen nicht durch.
Soweit die Klägerin – unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des von ihr beauftragten
Privatgutachters J. vom 21. April 2008 – geltend macht, dass nur die als Arztpraxen
vermieteten Räume als Vergleichsobjekte herangezogen werden könnten und auf dieser
Grundlage eine ortsübliche Miete von 13,78 EUR/qm ermittelt, kann dem nicht gefolgt
werden. Der Sachverständige Dr. S. hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 31. Juli
2008 dargestellt, dass die von ihm gesetzten Bewertungsprämissen, wonach als Objekte
vergleichbarer Art aus dem Vermietungsmarktsegment Praxis - und Büroflächen als
Vergleichsobjekte dienen (siehe auch Seite 10 Punkt 4 des Gutachtens vom 15. März
2008), den gängigen Marktreflexionen in Gewerbemietdarstellungen des Ring der Makler
(RDM) und der Industrie- und Handelskammer als auch dem maßgeblichen fachlichen
Schrifttum folgen. Dies deckt sich auch mit den aktuellen Veröffentlichungen der
Industrie– und Handelskammer über Gewerbemieten in Berlin 2008, wonach Büro- und
Praxisflächen als ein Segment ausgewiesen werden (vgl. GE 2008, 427 ff). Zusätzlich hat
der Sachverständige Befragungen in einschlägigen Fachkreisen (Leitung
Immobilienverband Deutschland IVD-Bund, Betreuer des RDM-Preisspiegels)
vorgenommen. Aufgrund seiner Recherchen kommt der Sachverständige zu der
Feststellung, dass Hinweise auf regelmäßige Miethöhenunterschiede bei einzelnen
Nutzungsarten von Büro- und Praxisflächen nicht nachvollziehbar belegt sind. Die vom
Sachverständigen herangezogenen Vergleichsobjekte liefern – so Seite 6 des
Ergänzungsgutachtens – keinen belastbaren Beweis dafür, dass einzelne Nutzungsarten
von Büro/Praxisflächen regelmäßig abweichende Mietpreishöhen aufweisen; die
Differenzen sind zufälliger Art, der Natur der Stichproben geschuldet. Im Rahmen der
Erläuterung seines Gutachtens vor dem Senat hat der Sachverständige nochmals
bekräftigt, dass keine allgemeine Feststellung dahin getroffen werden könne, dass für
Arztpraxen höhere Mieten als für Büroräume gezahlt werden.
Der Sachverständige hat in Bezug auf die von der Klägerin aufgeworfene Problematik,
dass Ärzte (in der Regel) nicht zur Mehrwertsteuer optieren und danach Vermieter hier
höhere Mieten verlangen, angegeben, dass die Durchsetzung höherer Mieten nur
möglich sei, wenn der Markt dies hergebe. Er hat weiter ausgeführt, dass eine
allgemeine Aussage von Marktteilnehmern dazu, ob dies bei Mietpreisvereinbarungen
berücksichtigt wird, nicht getroffen werden konnte.
Soweit die Klägerin in einer alternativen Mietpreisberechnung - unter Zugrundelegung
nur von Arztpraxen (aus den vom Sachverständigen benannten Vergleichsobjekten) und
der Einbeziehung von weniger als 10 Vergleichsobjekte - einen Mietzins von 13,78
EUR/qm ermittelt hat, konnte der Senat dem nicht folgen. Insoweit hat der
Sachverständige Dr. S. unter Bezugnahme auf mathematisch – statistische
Erkenntnisse plausibel erläutert, dass eine verlässliche Aussage bei weniger als 10
Vergleichsobjekten nicht getroffen werden kann und, dass die Verkürzung der
Vergleichswertauswahl für die Durchführung des sachgerechten
Vergleichswertverfahrens nicht geeignet ist, ein sichereres marktgerechtes
Ermittlungsergebnis zu erbringen.
Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend macht, dass ein geringes Angebot an
vergleichbaren Mietflächen in R. vorhanden sei und daher vornehmlich auf das
Mietniveau nur in diesem Lagebereich zurückzugreifen sei. Der Sachverständige ist
dieser Auffassung entgegen getreten, wobei der Senat dem folgt. Der Sachverständige
hat hierzu in der mündlichen Anhörung erklärt, dass diese Herangehensweise nicht
sachgerecht sei, sondern die von ihm in seinem schriftlichen Gutachten unter
Bezugnahme auf die einschlägige Fachliteratur erläuterte Vorgehensweise. Danach wird
die marktübliche Gewerbemiete für vergleichbare Gewerbeflächen von ihm aufgefasst,
„als durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den
rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften vor allem hinsichtlich
sachverständigen Berücksichtigung der mietpreisbestimmenden Nutzwertmerkmale der
Mietsache ... üblicherweise erzielt und gezahlt wird„ (vgl. Seite 10 des Gutachtens).
Ferner hat der Sachverständige dargestellt, dass in dem maßgeblichen Zeitraum die
Angebotssituation ausgeglichen oder sogar ein Angebotsüberhang vorhanden gewesen
ist, wobei diese Feststellung bezogen auf das gesamte Stadtgebiet bzw. den Westteil zu
treffen war. Ohne Erfolg macht die Klägerin – unter Bezugnahme auf die Einlassungen
des Privatgutachters J. – geltend, dass hier eine sogenannte Platzmiete anzunehmen
sei. Insoweit hat der Sachverständige Dr. S. in der mündlichen Verhandlung dargelegt,
dass die Einbeziehung nur von Vergleichsobjekten in dem konkreten Gewerbeobjekt bzw.
in unmittelbarer Nähe die Ermittlung des ortsüblichen Mietzinses nicht erlaubt. Denn
zum einen wäre das verwertbare Datenmaterial zu gering, zum anderen müssen
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zum einen wäre das verwertbare Datenmaterial zu gering, zum anderen müssen
Mietzinses in vergleichbaren Lagen und vergleichbaren Bereichen einfließen, um eine
Allgemeinaussage zum ortsüblichen Mietzins treffen zu können.
Aufgrund des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen steht danach fest, dass
der ortsübliche Mietzins zum 01. Juli 2005 bei 10,70 EUR/qm lag und damit noch unter
dem Betrag von 11,00 EUR/qm deren Festsetzung die Beklagte verlangt hat, der
aufgrund des Antrags der Beklagten auszusprechen war.
Der Senat hält es im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme auch für
sachgerecht, von einer Festsetzung einer Staffelmiete abzusehen. Zwar haben die
Parteien in dem ursprünglichen Mietvertrag eine solche vorgesehen. Nach § 6 Ziff. 2 des
Mietvertrages vereinbarten die Parteien, dass sich im Zeitraum vom 01. Juni 1996 bis
zum 31. Mai 2005 der Nettokaltmietzins jährlich zum 01. Juni um 3 % erhöht. Insoweit
weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass bereits vor Ablauf der ursprünglichen
Mietzeit (30. Juni 2005) die Staffelvereinbarung ausgelaufen war, was dafür spricht, dass
die Parteien eine solche nicht weiter haben vereinbaren wollen. Auch wenn die
Vereinbarung vom 14. September 2000 – wie dargelegt – zum Mietzins für den
Optionszeitraum keine Aussage trifft, so ist sie aber doch ein Hinweis auf die
Interessenlage der Parteien. Hierin haben die Parteien im Hinblick auf sinkende
Gewerbemieten vereinbart, dass die Staffelmieterhöhung ausgesetzt wird. Auch dies
spricht dafür, dass es den Interessen beider Parteien entspricht, keine
Staffelmietvereinbarung mehr vorzusehen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so
ist nach Ansicht des Senats auch hier auf die jeweilige Marktsituation abzustellen ist. Der
Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass in Zeiten des
sogenannten Vermietermarktes, also in denen eine Knappheit an Objekten vorherrscht,
Staffelmietvereinbarungen häufig anzutreffen sind. Denn dann liegt es im Interesse von
Mieter und Vermieter, eine verlässliche Mietsituation zu sichern. Demgegenüber sind in
Zeiten eines Überangebotes von zu vermietenden Flächen Staffelmietvereinbarungen
schwer durchsetzbar. Aus der vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung
vorgelegten Übersicht lässt sich entnehmen, dass seit 2000/2001 eine Entwicklung hin
zum sog. Mietermarkt erfolgte. Der Markt war seitdem gekennzeichnet von sinkenden
durchschnittlichen Nettokaltmieten, sich erhöhender Vermarktungsdauer,
Angebotsüberhang und schwacher Umsatz. Der Sachverständige hat hierzu erklärt,
dass es in diesen Zeiten schwieriger war, Staffelmieten zu vereinbaren. Der Senat geht
daher davon aus, dass die Festsetzung einer Staffelmiete für den Optionszeitraum nicht
interessengerecht ist und auch nicht den Marktgegebenheiten entspricht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache
weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§
543 Abs. 2 Nr. 1und 2 ZPO).
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