Urteil des KG Berlin vom 29.03.2017

KG Berlin: entlassung aus der haft, spielkonsole, besitz, sicherheit, gefährdung, gefahr, aushändigung, leiter, daten, kontrolle

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Gericht:
KG Berlin 5.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 Ws 178/05 Vollz
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 70 Abs 2 Nr 2 StVollzG
Strafvollzug: Nicht genehmigungsfähiger Besitz der
Spielkonsole "Sony Playstation 2" in der Justizvollzugsanstalt
Tegel
Leitsatz
1. Der Spielkonsole "Sony Playstation 2" wohnt eine solch generell-abstrakte Gefahr für die
Sicherheit und Ordnung von Vollzugsanstalten inne, die eine Aushändigung in der
Justizvollzugsanstalt Tegel (einer Anstalt der höchsten Sicherheitsstufe) an die Gefangenen
ausschließt. Die Gefährdung liegt darin, daß das Gerät dem Gefangenen die Möglichkeit
eröffnet, unkontrollierbar Daten unerlaubten oder vollzugswidrigen Inhalts zu speichern oder
sie aus der Anstalt heraus in die Außenwelt gelangen zu lassen.
2. Die neueren technischen Entwicklungen bringen es mit sich, daß sich die Gefahren der in
den Geräten vorhandenen Versteckmöglichkeiten von räumlichen Nischen auf virtuelle, also
unsichtbare und schwerer erkennbare Tarnorte verlagern. Verbunden mit der explosionsartig
wachsenden Speicherkapazität ist dies eine höhere Ebene der Gefährdung, die weder durch
Vermehrung des Kontrollaufwandes noch durch Schulung der Beamten so in den Griff zu
bekommen ist, daß die Sicherheit der Justizvollzugsanstalt noch zu gewährleisten wäre.
Tenor
1. Dem Strafgefangenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwältin U... G..., ... Berlin,
... -Straße 19, bewilligt.
2. Auf die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Tegel wird der
Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 15. März 2005 -
mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts - aufgehoben.
3. Der Antrag des Strafgefangenen, ihm die Einbringung und Aushändigung einer „Sony
Playstation 2“ oder einer vergleichbaren Spielkonsole nebst Zubehör zu genehmigen,
wird zurückgewiesen.
4. Der Strafgefangene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Strafgefangene verbüßt in der Justizvollzugsanstalt Tegel bis voraussichtlich 2016
mehrere Freiheitsstrafen.
Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel hat den Antrag des Gefangenen, ihm die
Einbringung und Aushändigung einer „Sony Playstation 2“ oder einer vergleichbaren
Spielkonsole nebst Zubehör zu genehmigen, abgelehnt. Auf den gleichlautenden
Verpflichtungsantrag des Gefangenen hat die Strafvollstreckungskammer mit dem
angefochtenen Beschluss vom 15. März 2005 den Leiter der Anstalt verpflichtet, dem
Gefangenen den Erwerb und Besitz sowie die Benutzung einer Spielkonsole „Sony
Playstation 2“, bestehend aus der Konsole „Playstation 2“, der Bedieneinheit, dem
Netzanschluß und Netzkabel, dem Audio-Video-Kabel und dem Euro-Scart-Adapter, im
Haftraum mit der Maßgabe zu gestatten, dass die nicht für den normalen Spielbetrieb
erforderlichen Schnittstellen der Sony Playstation 2 (Netzwerkadapteranschluss, USB-
Schnittstelle, „i-link“-Schnittstelle, externer Speicher, Erweiterungsschacht) sowie die
Hohlräume des Gerätes mit Ausnahme des CD-/DVD-Schachts vor Aushändigung an
den Gefangenen auf dessen Kosten versiegelt bzw. verplombt werden und dass die
Anzahl von vier elektrischen Geräten im Haftraum des Gefangenen nicht überschritten
wird. In den Beschlussgründen hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, zur
Versagung der Genehmigung genüge es zwar, dass der Besitz und die missbräuchliche
Nutzung der beantragten Spielkonsole abstrakt-generell geeignet sei, die Sicherheit und
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Nutzung der beantragten Spielkonsole abstrakt-generell geeignet sei, die Sicherheit und
Ordnung der Anstalt zu gefährden, ohne dass die Missbrauchsgefahr in der Person des
Antragstellers liegen müsse. Dieser Gefahr könne aber mit den im Rahmen einer
ordnungsgemäßen Aufsicht anzuwendenden Kontrollmitteln der Vollzugsbehörde effektiv
begegnet werden.
II. Mit seiner gegen diesen Beschluss erhobenen Rechtsbeschwerde rügt der Leiter der
Justizvollzugsanstalt Tegel die Verletzung sachlichen Rechts; zugleich erhebt er die
Aufklärungsrüge und beanstandet das Verfahren als unfair. Der Gefangene hat
beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten
zu bewilligen und die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung
zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1
StVollzG). Es ist auch begründet. Der Senat kann die Verfahrensrüge im wesentlichen
unerörtert lassen; denn die Überprüfung der Entscheidung aufgrund der Sachrüge
ergibt, dass die Strafvollstreckungskammer in entscheidungserheblicher Weise die
Vorschrift des § 70 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. StVollzG und die dazu ergangene Rechtsprechung
- auch des Senats - teils übersehen, teils rechtsfehlerhaft angewandt hat. Zur
Verfahrensrüge ist lediglich anzumerken, dass der Anstaltsleiter den Vorwurf zu Unrecht
erhebt, die Strafvollstreckungskammer habe ihm keine Gelegenheit gegeben, zu den
tatsächlichen Behauptungen des Antragstellers in dessen Schreiben vom 9. März 2004
Stellung zu nehmen. Denn die Vorsitzende hatte ihm eine Kopie davon mit Verfügung
vom 16. März 2004 „zur Kenntnis- und Stellungnahme binnen 2 Wochen“ zugeleitet.
Davon hat der Anstaltsleiter keinen Gebrauch gemacht. Einer nochmaligen Aufforderung
bedurfte es ebenso wenig wie eines gezielten Hinweises, zu welchen Tatsachen das
Gericht eine Replik erwartete.
2. Obergerichtlich ist geklärt, dass das Recht des Strafgefangenen, in angemessenem
Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitgestaltung zu
besitzen (§ 70 Abs. 1 StVollzG), gesetzlichen Einschränkungen unterliegt. Nach § 70 Abs.
2 Nr. 2 StVollzG besteht dieses Recht unter anderem dann nicht, wenn der Besitz, die
Überlassung oder die Benutzung des Gegenstandes die Sicherheit und Ordnung der
Anstalt gefährden würde. Eine solche Gefährdung kann ohne Verfassungsverstoß allein
wegen der grundsätzlich gegebenen Eignung eines Gegenstandes für eine sicherheits-
oder ordnungsgefährdende Verwendung angenommen werden, sofern konkrete
Verwendungen nur mit einem von der Anstalt nicht erwartbaren zusätzlichen zeitlichen
Kontrollaufwand ausgeschlossen werden können (vgl. BVerfG NStZ 2003, 621; 1994,
604, 605; 1994, 453; BerlVerfGH NStZ-RR 1997, 382). Daher kann bereits die einem
Gegenstand allgemein innewohnende Gefährlichkeit ein Recht auf dessen Besitz im
Strafvollzug ausschließen, ohne dass in der Person des Gefangenen liegende
Anhaltspunkte für eine Gefährdung von Sicherheit und Ordnung vorliegen müssen (vgl.
BVerfG aaO sowie NStZ-RR 1996, 252; Senat, Beschlüsse vom 17. September 2004 - 5
Ws 424/04 Vollz -, 29. April 2002 - 5 Ws 216/02 Vollz - und vom 6. März 1998 - 5 Ws
98/98 Vollz -; std. Rspr.).
3. a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist inzwischen ganz überwiegend
anerkannt, dass der Spielkonsole „Sony Playstation 2“ eine solche generell-abstrakte
Gefahr für die Sicherheit und Ordnung von Vollzugsanstalten innewohnt, die eine
Aushändigung an die Gefangenen ausschließt (vgl. Saarländisches OLG ZfStrVo 2005,
122; OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 2004, 248; OLG Hamm ZfStrVo 2005, 119;
Brandenburgisches OLG ZfStrVo 2004, 115; OLG Rostock ZfStrVo 2003, 56; OLG Jena
NStZ-RR 2003, 221; Senat ZfStrVo 2004, 310 [im Falle von Sicherungsverwahrung] und
NStZ-RR 2004, 157 = ZfStrVo 2004, 241 [betreffend Untersuchungshaft]; a.A. OLG
Karlsruhe ZfStrVo 2003, 244). Die Gefährdung liegt darin, dass das Gerät dem
Gefangenen die Möglichkeit eröffnet, auf der funktional mit der Festplatte eines
Personalcomputers vergleichbaren - jedoch leichter auswechselbaren - Memory-Card
(Speicherkarte) unkontrollierbar Daten unerlaubten oder vollzugswidrigen Inhalts zu
speichern und mit anderen Insassen auszutauschen oder sie aus der Anstalt heraus in
die Außenwelt gelangen zu lassen. Darüber hinaus kann mit der Spielkonsole unter
Zuhilfenahme eines Mobiltelefons oder eines Modems - jeweils leicht einschmuggelbare
Gegenstände - Zugang zum Internet verschafft werden, wodurch beispielsweise
sicherheitsrelevante Informationen an Außenstehende weitergegeben werden könnten.
Überdies kann die „Playstation 2“ mit im Handel erhältlichen und ohne weiteres illegal in
die Anstalt einbringbaren Zusatzinstallationen, etwa einem so genannten Linux-Kit,
dergestalt modifiziert werden, dass sie in ihrer Funktionalität einem - anerkanntermaßen
ebenfalls die Anstaltssicherheit gefährdenden (vgl. OLG Frankfurt am Main bei Matzke
NStZ 2000, 466; OLG Düsseldorf NStZ 1999, 271; OLG Bamberg bei Bungert NStZ
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NStZ 2000, 466; OLG Düsseldorf NStZ 1999, 271; OLG Bamberg bei Bungert NStZ
1995, 434; Senat, Beschlüsse vom 8. Juni 2005 - 5 Ws 171/05 Vollz -, 17. September
2004 - 5 Ws 424/04 Vollz -, 9. Mai 2003 - 5 Ws 228/03 Vollz - und vom 6. März 1998 - 5
Ws 98/98 Vollz -) Personalcomputer nahe kommt.
b) Ob die hiernach bestehende - auch von der Strafvollstreckungskammer
angenommene - generell-abstrakte Gefahr im Einzelfall eine Versagung der Einbringung
der Spielkonsole in den Hafttraum gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG trägt, ist
maßgeblich von den tatsächlichen Verhältnissen abhängig und daher überwiegend
tatsächlicher Natur (vgl. BGH NStZ 2000, 222; Senat aaO.). Es ist anerkannt, dass sich
die Gefahren für die Sicherheit und Ordnung einer Anstalt nicht einheitlich für alle
Justizvollzugsanstalten beurteilen lassen. Das Ergebnis der Einzelfallabwägung wird
insbesondere von der Zumutbarkeit des Kontrollaufwandes bestimmt, die ihrerseits
maßgeblich unter anderem von der Größe der Anstalt, ihrem Sicherheitsgrad, der
Zusammensetzung der Gefangenen und der Personallage beeinflusst wird. Diese
tatsächlichen Umstände stellen sich in allen Oberlandesgerichtsbezirken sowie auch von
Anstalt zu Anstalt und selbst in verschiedenen Teilen einer Anstalt unterschiedlich dar.
Deshalb sind in Bezug auf den Besitz und den Betrieb von Telespielgeräten
rechtsfehlerfrei ergangene Einzelfallentscheidungen mit unterschiedlichen Ergebnissen
möglich geworden (vgl. OLG Karlsruhe StV 2003, 407), ohne dass dies einen
Verfassungsverstoß darstellte (vgl. BVerfG NStZ-RR 2002, 128; Senat, Beschluss vom
29. August 2003 - 5 Ws 430/03 Vollz -). In tatsächliche Feststellungen gekleidete
Spekulationen, ob sich bestimmte Anstalten etwa doch gleichen, sind indes nicht
tragfähig. Zu beurteilen sind nicht die Vollzugsverhältnisse fremder Anstalten.
4. Die nach allem gebotene auf die Vollzugssituation in der konkreten (Teil-)Anstalt
bezogene Einzelfallabwägung hat die Strafvollstreckungskammer fehlerhaft
vorgenommen. Denn sie hat bestehende Missbrauchs- und Umgehungsmöglichkeiten,
denen auch durch die von ihr angeordneten Einschränkungen und
Sicherungsmaßnahmen nicht wirksam begegnet werden kann, sowie den
Kontrollaufwand bei der im Falle der Bejahung der Genehmigungsfähigkeit zu
erwartenden vielfachen Einbringung solcher Geräte nicht hinreichend in Betracht
gezogen.
Entgegen ihrer Auffassung ist es daher nicht zu beanstanden, dass der Anstaltsleiter
den Besitz der „Playstation 2“ untersagt hat.
a) Die Versiegelung oder Verplombung garantiert nicht die wirksame und nachhaltige
Unterbindung der bestehenden Missbrauchsmöglichkeiten. Denn derartige
Sicherungsvorkehrungen können - zumal von handwerklich-technisch oft überaus
versierten Gefangenen wie dem Rechtsbeschwerdegegner, der ausgebildeter
Elektroinstallateur ist - mit verschiedensten Materialien manipuliert werden, und die
Manipulationen können entsprechend verschleiert werden. Verplombungen der
Steuerelemente des Gerätes sind zudem technisch schwierig zu bewerkstelligen und
bergen die Gefahr der unbeabsichtigten Beschädigung der Verplombung durch
ständiges Berühren beim Spielen. Dies erschwert die Kontrolle zusätzlich, da die
kontrollierenden Bediensteten nach einiger Zeit oftmals nicht mehr verlässlich
einschätzen könnten, ob gebrauchsbedingte oder gezielt manipulative Veränderungen
der Plombierung vorliegen. Die dadurch notwendig werdende Überprüfung des Gerätes,
die dessen Öffnung, Kontrolle und Neuverplombung umfasste, könnte nur durch
Fachpersonal vorgenommen werden. Der entstehende Mehraufwand der Kontrolltätigkeit
in den Hafträumen und der Organisation und Überwachung des Ergebnisses externer
Kontrollarbeiten ist durch die Anstalt nicht leistbar (vgl. allgemein zu
Manipulationsmöglichkeiten von Sicherungsvorkehrungen und zum erforderlichen
Überprüfungsaufwand im Falle der „Playstation 2“ Rösch, ZfStrVo 2003, 246
[Anmerkung zu OLG Karlsruhe ZfStrVo 2003, 244]).
b) Mit der von der Strafvollstreckungskammer als ausreichend erachteten Verplombung
oder Versiegelung der nicht für den normalen Spielbetrieb erforderlichen Schnittstellen
kann einer missbräuchlichen Nutzung des Gerätes nicht wirksam begegnet werden.
Denn dadurch kann nicht verhindert werden, dass durch Manipulation an der Hardware
der Spielkonsole oder die Veränderung geeigneter Software andere Schnittstellen des
Gerätes für verbotene Zwecke umfunktioniert werden. So wäre es beispielsweise
möglich, die Monitorschnittstelle, die für den regulären Spielbetrieb unerlässlich ist und
daher nicht versiegelt oder verplombt werden kann, als Zugang zur Speicherkarte der
Spielkonsole zu verwenden und auf dieser Dateien zu verstecken, ohne dass diese bei
Kontrollen entdeckt werden könnten (vgl. zu technischen Einzelheiten des Verbergens
verbotener Daten zwischen unverfänglichen Dateien OLG Hamm StV 1997, 199). Die
vergleichsweise leicht ausbaufähigen und auswechselbaren Speicherkarten
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vergleichsweise leicht ausbaufähigen und auswechselbaren Speicherkarten
vereinfachten zudem den illegalen Datenaustausch unter den Gefangenen, aber auch
aus der Anstalt heraus in die Außenwelt.
c) Es kommt hinzu, dass es für die Beantwortung der Frage, ob Gefahren, die sich aus
der grundsätzlichen Eignung der Spielkonsole für sicherheitsgefährdende Verwendungen
ergeben, durch Kontrollmaßnahmen begegnet werden kann und muss, nicht allein auf
den bezüglich des jeweiligen Antragstellers erforderlichen Aufwand ankommt. Zur
Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Gefangenen, die sich in vergleichbarer Lage
befinden, kann vielmehr ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darauf
abgestellt werden, ob eine ausreichende Kontrollierbarkeit auch bei gleicher
Handhabung vergleichbarer anderer Fälle gegeben wäre (vgl. BVerfG NStZ 2003, 621,
622). Das ist jedenfalls im Falle der Justizvollzugsanstalt Tegel zu verneinen. Bei dieser
handelt es sich, wie gerichtskundig ist, um eine Anstalt des (geschlossenen)
Regelvollzuges mit höchstem Sicherheitsgrad und einer derzeitigen Belegung von etwa
1.700 Insassen (bei 1.569 regulären Haftplätzen), deren Personalausstattung allenfalls
als ausreichend zu erachten ist. Sie wäre unkontrollierbar, hätte regelhaft jeder
Gefangene, bei dem keine individuellen Versagungsgründe vorliegen, einen Anspruch
auf den Besitz und den Betrieb einer Spielkonsole der beantragten oder einer
vergleichbaren Art und würde er diesen realisieren, was angesichts der Popularität
derartiger Geräte jedenfalls für eine große Zahl Gefangener als sicher anzunehmen ist.
Der Aufwand, der mit der notwendigen regelmäßigen Kontrolle zumindest mehrerer
hundert solcher Geräte verbunden wäre, ginge zu Lasten vorrangiger Aufgaben der
Bediensteten, die den Gefangenen im Rahmen des Behandlungsvollzuges zugute
kommen müssen, weil dies dem gesetzlichen Auftrag der Anstalt entspricht. Mit einem
ordnungsgemäßen Strafvollzug wäre ein solcher Zustand unvereinbar.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, es gehöre zu den Pflichten der
Anstaltsleitung, den erforderlichen Kontrollaufwand personell und sachlich zu
organisieren. Dieser Gedanke lässt außer acht, dass sich Personal bzw. (im Falle der
Auftragsvergabe an anstaltsfremde Unternehmer) Auftragnehmer nicht beliebig
vermehren lassen. Die neueren technischen Entwicklungen bringen es mit sich, dass
sich die Gefahren der in den Geräten vorhandenen Versteckmöglichkeiten von
räumlichen Nischen auf virtuelle, also unsichtbare und deshalb schwerer erkennbare
Tarnorte verlagern. Verbunden mit der explosionsartig wachsenden Speicherkapazität ist
dies eine höhere Ebene der Gefährdung, die weder durch Vermehrung des
Kontrollaufwandes noch durch Schulung der Beamten so in den Griff zu bekommen ist,
dass die Sicherheit in der JVA Tegel noch zu gewährleisten wäre.
5. Besondere Umstände in der Person des Gefangenen, Leitprinzipien des Strafvollzuges
oder die Vollzugsziele gebieten es nicht, den Besitz einer „Sony Playstation 2“ trotz des
dargelegten Sicherheitsinteresses der Anstalt zu genehmigen. Denn letzteres überwiegt,
zumal da es sich bei der Spielkonsole lediglich um einen Gegenstand der
Unterhaltungselektronik handelt, in der Anstalt aber umfangreiche andere Möglichkeiten
zur Freizeitgestaltung bestehen. Ohnehin gehören Telespiele der beantragten Art
ebenso wie vergleichbare Geräte nicht zu den Gegenständen, die die Fähigkeit eines
Gefangenen, nach seiner Entlassung aus der Haft ein gesetzmäßiges Leben zu führen,
zu fördern geeignet sind (vgl. Senat, Beschluss vom 29. August 2003 - 5 Ws 430/03 Vollz
- den Rechtsbeschwerdegegner betreffend). Dieser Umstand allein kann die Versagung
zwar nicht rechtfertigen. Er mindert aber den Maßstab, an dem das rechtliche Interesse
des Antragstellers zu messen ist. Die Freizeitgestaltung mit einem solchen Telespiel
kann insbesondere kein grundrechtlich besonders geschütztes Informationsbedürfnis
(Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz GG) oder ein als für die Vollzugsziele wertvoll
einzustufendes Bildungsinteresse für sich in Anspruch nehmen.
Der gesetzliche Auftrag der sozialen Integration (§ 1 Satz 1 StVollzG) und
Wiedereingliederung (§ 3 Abs. 3 StVollzG) erleidet durch die Nichtzulassung solcher
Geräte ersichtlich keine Einbuße. Ebenso wenig ist der Besitz der „Playstation 2“ durch
den Angleichungsgrundsatz (§ 3 Abs. 1 StVollzG) geboten. Die allgemeinen
Lebensverhältnisse außerhalb des Strafvollzuges sind trotz der Verbreitung dieser und
ähnlicher Spielkonsolen bisher keineswegs durch die Nutzung derartiger Geräte von
einer Mehrheit erwachsener Menschen in der Bevölkerung gekennzeichnet.
III. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war stattzugeben, weil der
Beschwerdegegner bedürftig ist und es auf die Erfolgsaussicht seiner Rechtsverteidigung
im Beschwerderechtszug nicht ankommt (§ 120 Abs. 2 StVollzG, § 119 Abs. 1 Satz 2
ZPO). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts war erforderlich; denn der Gefangene
benötigt rechtskundigen Beistand, nachdem die Vollzugsbehörde Rechtsbeschwerde
gegen den für ihn günstigen Beschluss der Strafvollstreckungskammer eingelegt hat.
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Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Sache selbst zu
entscheiden; denn sie ist spruchreif (§ 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG), da keine weiteren
Erhebungen erforderlich waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG, § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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