Urteil des KG Berlin vom 06.07.2006
KG Berlin: domain name, werbung, adäquate kausalität, kennzeichen, abmahnung, inhaber, verantwortlichkeit, unternehmen, versteigerung, marke
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Gericht:
KG Berlin 5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 190/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 2 MarkenG, § 14 Abs 4
MarkenG, § 15 Abs 2 MarkenG, §
15 Abs 4 MarkenG
Markenrechtsverletzung durch Internet-Werbung:
Verantwortlichkeit des Werbenden bei einem Keyword
Advertising - Auftrag über einen Suchmaschinendienst
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Zivilkammer 16
des Landgerichts Berlin vom 06. Juli 2006 - 16 O 620/06 - aufgehoben und die Sache zur
weiteren Sachverhaltsaufklärung und erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des
Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 50.000,- Euro - an das Landgericht
zurückverwiesen.
Gründe
A.
Die Antragstellerin zählt nach ihrem Vortrag zu den national führenden Unternehmen im
Bereich der Dokumenten-Management-Software (DMS). Sie vertreibt ihre Produkte
unter dem Kennzeichen „S... “, welches zugleich ihr Unternehmenskennzeichen ist. Die
Antragsgegnerin vertreibt nach dem Vortrag der Antragstellerin konkurrierende
Produkte.
Die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin eine Werbung zu untersagen, die im
Rahmen eines sog. „Schlüsselwort-Werbeauftrages“ („Keyword-Advertising“) über einen
Internet-Suchmaschinendienst auf die von einem Dritten gehaltene eu-Domain mit dem
Kennzeichen der Antragstellerin als Domain-Namen gelangt ist.
B.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO).
Sie ist auch insoweit begründet, als das Landgericht zu Unrecht den Vortrag der
Antragstellerin insgesamt als unschlüssig angesehen hat.
I.
Die streitgegenständliche Werbung ist jedenfalls kennzeichenrechtlich unzulässig, § 14
Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 5, § 15 Abs. 2, 4 MarkenG.
1.
Der prägende Bestandteil „S... “ der Kennzeichen der Antragstellerin wird in der
streitgegenständlichen Werbung kennzeichenrechtlich verwendet.
a)
Dabei kommt es entgegen der Annahme des Landgerichts nicht darauf an, auf welchem
(technischen oder vertragsrechtlichen) Weg die Beziehung zwischen dem Kennzeichen
und der Werbung hergestellt wird. Maßgeblich ist allein das dem Verkehr
entgegentretende tatsächliche Ergebnis, hier also die wahrnehmbare Werbung der
Antragsgegnerin unter der Domain „s... .eu“. Besonderheiten technischer oder
vertragsrechtlicher Art können nur insoweit von Bedeutung sein, als sie dem Verkehr
erkennbar sind und dadurch das Verständnis beeinflussen können.
Vorliegend ist für den Internet-Besucher der Internetseiten unter „s... .eu“ nicht
erkennbar, auf welchem technischen Weg und auf welcher rechtlichen Grundlage die
Werbung der Antragsgegnerin auf der genannten Domain platziert worden ist. Die
Werbung ist insbesondere auch nicht als bloße sogenannte „Banner-Werbung“
erkennbar, sondern sie erscheint als inhaltliche Gestaltung des Internetauftritts.
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b)
Bestehen Domain-Namen erkennbar aus Firmenbezeichnungen, Markenwörtern oder
entsprechenden Abkürzungen prägender Bestandteile, so stellt ihre Wiedergabe auf
Bildschirmen einen kennzeichenmäßigen Gebrauch im herkömmlichen Sinne dar, da sie
der Verkehr ohne weiteres als Bezeichnung des über die Internetadresse erreichbaren
Unternehmens verstehen wird (Senat, MMR 2004, 40; NJW 1997, 3321, 3322; OLG
München, ZUM 2000, 71, 72, rechtskräftig durch Beschluss des BGH zur Nichtannahme
der Revision vom 24. Mai 2000 - I ZR 269/99; OLG Stuttgart, MMR 1998, 543; OLG
Hamm, NJW-RR 1998, 909; OLG Hamburg, MD 2001, 315, 320; vgl. auch BGH, GRUR
1986, 495, 496 - Fernschreibkennung).
Vorliegend hat der Domain-Name „s... .eu“ keinerlei gattungsbeschreibenden Bezug. Er
erscheint als individuell gewählte Namens-, Unternehmens- und/oder
Produktbezeichnung.
c)
Die Nutzung der Domain erfolgt hier im geschäftlichen Verkehr.
aa)
Eine solche Nutzung liegt schon dann vor, wenn ein bekannter Markenname als Domain
registriert wird und der Domain-Inhaber selbst zwar keine eigenen Waren oder
Dienstleistungen anbietet, aber anderen Unternehmen Platz für deren Werbung zur
Verfügung stellt. Damit nutzt der Domain-Inhaber den Markennamen als Plattform zur
Vermietung von Werbung und handelt im geschäftlichen Verkehr (Meyer, GRUR 2001,
204, 208).
bb)
Ob schon dann regelmäßig eine kennzeichenmäßige Benutzung im geschäftlichen
Verkehr vorliegt, wenn der Domain-Name zu einer aktiven Homepage führt (so etwa
OLG Hamburg, GRUR 2001, 838, 839; OLG München, MMR 2000, 277; Ingerl/Rohnke,
MarkenG, 2. Aufl., Nach § 15 Rdn. 80 m.w.N.), kann hier dahingestellt bleiben. Dies gilt
ebenso für die Frage, ob schon eine Bannerwerbung auf einer im Übrigen „privaten“
Homepage zur Annahme eines geschäftlichen Verkehrs zwingt (so Ingerl/Rohnke, a.a.O.,
Rdn. 91 m.w.N.).
cc)
Vorliegend wird - wie erörtert - der Domain-Name als Hinweis auf eine Marke bzw. Firma
verstanden. Die streitgegenständliche Werbung für das Unternehmen der
Antragsgegnerin erscheint sogar als Inhalt des Internetauftritts. Die Werbung hat
erkennbar einen geschäftlichen Bezug, der durch das Aufsuchen des beworbenen
Internetauftritts der Antragsgegnerin - etwa über den Link - noch deutlicher wird.
2.
Der Werbeauftritt der Antragsgegnerin unter der genannten Domain stellt eine
Kennzeichenverletzung dar.
a)
Wird die Marke durch einen identischen Domain-Namen benutzt und wird sie auch für die
gleichen Waren oder Dienstleistungen eingesetzt, liegt unabhängig von der
Verwechslungsgefahr eine Markenverletzung vor, § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
(Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdn. 93 m.w.N.).
Hier stimmen Domain-Name und die Marke der Antragstellerin im kennzeichnenden Teil
vollständig überein. Der Groß-/Kleinschreibung kommt im Internetgebrauch keine
relevante Bedeutung zu. Beide Parteien vertreiben nach dem Vortrag der Antragstellerin
gleichwertige Produkte aus dem Bereich der Dokumenten-Management-Software.
b)
Jedenfalls liegt aber eine mittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne vor, § 14
Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG.
Denn auch wenn der Verkehr zwischen dem Domain-Namen und dem beworbenen
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Denn auch wenn der Verkehr zwischen dem Domain-Namen und dem beworbenen
Unternehmen der Antragsgegnerin unterscheiden kann, wird er nach den vorliegenden
Umständen doch zumindest davon ausgehen, das die Domain betreibende
Unternehmen (aus der Sicht des Verkehrs: „s...“) sei gesellschafts-, vertriebsrechtlich
oder sonst wirtschaftlich mit der Antragsgegnerin verbunden.
aa)
Die Kennzeichen der Antragstellerin haben zumindest normale Kennzeichnungskraft. Sie
werden - wie erörtert - als Unternehmenshinweis verstanden.
bb)
Interessenten, die die Antragstellerin kennen und die streitgegenständliche Domain
zwanglos der Antragstellerin zuordnen, werden nicht erwarten, dass auf dieser Domain
für Konkurrenzprodukte geworben wird, ohne dass nähere wirtschaftliche
Zusammenhänge bestehen. Dies gilt vorliegend auch deshalb, weil - wie erörtert - der
streitgegenständliche Werbehinweis der Antragsgegnerin als inhaltliche Ausgestaltung
der Domain erscheint.
cc)
Auch Interessenten, die die Antragstellerin nicht näher kennen, sondern etwa durch die
Eingabe von Gattungsbegriffen für den hier relevanten Softwarebereich zur
streitgegenständlichen Domain gelangen, werden ebenfalls in einem größeren Umfang
von einem diese Domain betreibenden Inhaber „S... “ ausgehen, der in den genannten
Bereich geschäftlich tätig und mit der Antragsgegnerin wirtschaftlich verbunden ist (und
sei es auch nur über die Vermietung von Werbeplätzen für diesen Geschäftsbereich),
zumal alle anderen Werbeauftritte auf der Domain erkennbar ebenso dem genannten
Softwarebereich zugeordnet werden können.
II.
Die Antragsgegnerin ist jedenfalls insoweit für die Kennzeichenverletzung verantwortlich,
als sie durch die vorprozessuale Abmahnung der Antragstellerin über den
Verletzungstatbestand informiert worden ist, ohne nunmehr für eine Abhilfe gesorgt zu
haben.
1.
Der Vortrag der Antragstellerin kann (auch) dahin verstanden werden, dass die
vorprozessuale Abmahnung nicht nur deshalb erfolglos geblieben ist, weil keine
Unterlassungserklärung abgegeben wurde, sondern auch, weil die
Kennzeichenverletzung fortdauere.
2.
Die Antragsgegnerin ist nach dem Vortrag der Antragstellerin als Auftraggeberin der
„Schlüsselwort-Werbung“ im weiteren Sinn (Banner-Werbung - vgl. hierzu
Fezer/Mankowski, UWG, § 4 - S 12 Rdn. 89 ff. - und insbesondere auch Platzierung der
Werbung über „Partner-Angebote“) rechtlich ohne weiteres in der Lage, ihren
Werbeauftritt auf der streitgegenständlichen Domain zu beenden. Mit der Vergabe ihres
„Schlüsselwort-Werbeauftrages“ unter Verwendung allgemein gehaltener
Schlüsselworte, über die in einem automatischen Verfahren ohne weitere Prüfung die
Werbung in einem unbekannten Umfeld platziert wird, hat die Antragsgegnerin nicht
unerhebliche Gefahren für die Verletzung von Rechten Dritter geschaffen. Sie trifft daher
jedenfalls die Verpflichtung, ihr bekannt gewordene offenbare Rechtsverletzungen
abzustellen. Kommt sie dem nicht nach, haftet sie - in Kenntnis aller relevanten
Tatumstände - als Täter für ein begangenes Unterlassungsdelikt (vgl. auch Köhler in:
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.16 a. E.).
C.
Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung auf der Grundlage des bisherigen
Verfahrensstandes ohne mündliche Verhandlung nicht möglich.
Denn es ist denkbar, dass die Antragstellerin die Erfolglosigkeit ihrer Abmahnung nur auf
die ausstehende Unterlassungserklärung bezogen hat. Sie hat weder ihre Abmahnung
vorgelegt noch die - nur inhaltlich teilweise angesprochene - Antwort der
Antragsgegnerin. Auch fehlen insoweit - wenn es nach einer Beteiligung der
Antragsgegnerin am Verfahren noch darauf ankommen sollte - insoweit
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Antragsgegnerin am Verfahren noch darauf ankommen sollte - insoweit
Glaubhaftmachungsmittel. Unklar ist insbesondere auch, welche „Schlüsselworte“ die
Antragsgegnerin in ihrem Werbeauftrag vorgegeben hat.
D.
Der Senat überträgt die weiteren Feststellungen - naheliegend auf Grund einer
mündlichen Verhandlung - und die Entscheidung (auch hinsichtlich der Kosten des
Beschwerdeverfahrens) gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht.
Eine solche Zurückverweisung der Sache ist im Beschwerdeverfahren gemäß § 572 Abs.
3 ZPO nach Auffassung des Senats nicht nur bei Vorliegen erstinstanzlicher
Verfahrensmängel zulässig, sondern in jedem Falle, in dem noch eine Sachaufklärung
erforderlich ist. Sie ist auch sachdienlich, weil sich das Landgericht bisher mit der Frage
einer nunmehr entstandenen Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin nicht befasst hat,
eine weitere Sachverhaltsaufklärung geboten ist und der Rechtszug nicht verkürzt
werden soll. Eines Antrags bedarf es dazu nicht (vgl. zu Vorstehendem Zöller/Gummer,
ZPO, 25. Aufl., § 572 Rdn. 23 und zur Bindungswirkung Rdn. 33 ff.; Ahrens/Scharen, Der
Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kapitel 51, Rdn. 65 m.w.N.). Eine etwaige Verzögerung der
Entscheidung hat die Antragstellerin durch ihren nicht eindeutigen Vortrag und den nicht
beigefügten Abmahnvorgang wesentlich mit zu verantwortlichen.
E.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Verantwortlichkeit der
Antragsgegnerin schon vor einer - aufklärenden - Abmahnung zu verneinen sein dürfte.
I.
Dies folgt - entgegen der Annahme des Landgerichts - aber für eine Verantwortlichkeit
als Täter nicht schon daraus, dass die Antragsgegnerin nicht vorsätzlich an dem Setzen
der Anzeige gerade auf die streitgegenständliche Domain beteiligt war.
1.
Ein Verschulden ist für den hier allein zu beurteilenden Unterlassungsanspruch nicht
erforderlich. Der Unterlassungsanspruch besteht insbesondere unabhängig davon, ob
dem Verletzer das verletzte Kennzeichen bekannt war oder auch nur hätte bekannt sein
können (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14 - 19 Rdn. 52). Auch wettbewerbsrechtlich ist
eine vorsätzliche Zuwiderhandlung des Täters nicht erforderlich (Köhler, a.a.O., § 8 UWG
Rdn. 2.6, 2.16; missverständlich etwa BGH, GRUR 2003, 807, 809 - Buchpreisbindung,
die darauf abstellt, dass die Haftung des Anstifters ein Hinwirken auf eine vorsätzliche
Haupttat voraussetzt; ohne ein solches Erfordernis zu erwähnen die vom BGH, a.a.O., in
Bezug genommene Entscheidung BGH, GRUR 2003, 624, 626 - Kleidersack, die ohnehin
in der rechtlichen Prüfung Unterlassungs- und verschuldensabhängige
Schadensersatzansprüche zusammenfasst).
2.
Verletzer einer Unterlassungsverpflichtung (Täter) ist derjenige, der durch eine eigene
Handlung (unmittelbar) als Normadressat den objektiven Tatbestand der
Verbotshandlung adäquat-kausal verwirklicht (vgl. Köhler, a.a.O., § 8 UWG Rdn. 2.5; vgl.
auch BGH, GRUR 2004, 860, 863 - Internet-Versteigerung; GRUR 2004, 693, 694 -
Schöner Wetten; GRUR 2003, 969, 970 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen;
WRP 2003, 1341, 1344 - Paperboy; GRUR 2003, 807, 808 - Buchpreisbindung; GRUR
1997, 313, 314 - Architektenwettbewerb).
a)
Vorliegend war die Antragsgegnerin Normadressat der kennzeichenrechtlichen
Verbotsnorm. Sie hat die Kennzeichen der Antragstellerin auch objektiv für eine eigene
Werbung genutzt. Veranlasst worden ist diese Nutzung nach dem Vortrag der
Antragstellerin durch den „Schlüsselwort-Werbeauftrag“ der Antragsgegnerin und die
dabei von der Antragsgegnerin gewählten Schlüsselworte. Da mit Abschluss des
Werbeauftrages keine weitergehenden eigenverantwortlichen Überprüfungen der
Werbeplätze durch Dritte mehr erfolgt und ein automatisiertes Verfahren - störungsfrei -
abgelaufen ist, müsste sich die Antragsgegnerin an sich die weitere
Auftragsdurchführung als eigene Handlung zurechnen lassen (vgl. BGH, a.a.O., Internet-
Versteigerung).
b)
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b)
Die Unmittelbarkeit des Handlungsablaufs und eine adäquate Kausalität sind aber
zweifelhaft, wenn erst ein hinzutretendes, vorsätzliches und eigenverantwortliches
Verhalten Dritter die Verletzungshandlung bewirkt hat.
aa)
Adäquate Kausalität ist grundsätzlich gegeben, wenn das Ereignis im Allgemeinen und
nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen
Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der
eingetretenen Art herbeizuführen (BGH, NJW 2005, 1420; Palandt/Heinrichs, BGB, 65.
Aufl., Vorb v § 249 Rdn. 59). Ein vorsätzliches Verhalten Dritter ist dem Schädiger
zuzurechnen, wenn die schadensstiftende Handlung durch das Verhalten des Schädigers
herausgefordert worden ist (etwa ein Diebstahl nach einem Verkehrsunfall) oder wenn
die schadensstiftende Handlung durch den Schutzzweck der verletzten Norm mit erfasst
ist (etwa ein vorsätzliches Ausnutzen eines Beurkundungsversehens; vgl. BGH, NJW-RR
1990, 204; NJW 1998, 2127; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorb v § 249 Rdn. 76 m.w.N.).
Wettbewerbsrechtlich kann eine eigene Verantwortlichkeit des (durch eine Werbung
begünstigten) Unternehmens fehlen, wenn die (wettbewerbswidrige) Werbung auf einer
bewussten, eigenverantwortlichen Entscheidung eines Dritten (etwa eines Presseorgans)
in dessen ausschließlichem Verantwortungsbereich beruht (vgl. BGH, GRUR 1993, 561,
562 - Produktinformation I, juris Rdn. 18 m.w.N., GRUR 1994, 819, 821 -
Produktinformation II, juris Rdn. 27). Nur ausnahmsweise kommen bei einem solchen
eigenverantwortlichem Handeln eines Dritten Prüfungspflichten des objektiv
begünstigten Unternehmens in Betracht, wenn dieses nach den konkreten Umständen
des Einzelfalles mit einer Fehlhandlung des Dritten rechnen musste (BGH, a.a.O.,
Produkthaftung I und II).
bb)
Vorliegend ist auch nach dem Vortrag der Antragstellerin davon auszugehen, dass der
Inhaber der streitgegenständlichen Domain (ein gesondert von der Antragstellerin
verfolgter Dritter mit Wohnsitz in D...) die eigenen „Schlüsselworte“ für den Werbeplatz
auf seiner Domain (die dann mit den Schlüsselworten der Werbeauftraggeber
korrespondieren) gewählt hat. Hat die Antragsgegnerin ihrerseits nur
gattungsbeschreibende Schlüsselworte (und „weitgehend passende“) in Auftrag
gegeben, so werden sich diese insbesondere auf den Produktbereich der Antragstellerin
(Unternehmenssoftware usw.) bezogen haben. Es liegt dann nahe, dass der Domain-
Inhaber eigene Schlüsselworte hinterlegt hat, die einen unmittelbaren Bezug zum
Produktbereich der Antragstellerin (Unternehmenssoftware usw.) haben. Dafür spricht
auch, dass eine Domain ohne eigenen Inhalt des Domain-Inhabers als Werbeplatz für
Dritte in erster Linie dann interessant sein wird, wenn allein schon der - bekannte -
Domain-Name Interessenten anzulocken vermag. Die Hinterlegung dieser
Schlüsselworte gewährleistet zudem, dass die streitgegenständliche Domain bei Eingabe
gattungsbeschreibender Begriffe für den hier interessierenden Produktbereich von
Internet-Suchmaschinen gelistet wird.
Unter diesen Voraussetzungen hat der Domain-Betreiber hier die Kennzeichen der
Antragstellerin bewusst in seinem Domain-Namen benutzt, um Nutzer mit einem
vergleichbaren Produktangebot auf seinen Werbeplatz zu leiten (und an dadurch
entsprechend häufigen „Besuchen“ seiner Domain zu verdienen). Damit erscheint der
Domain-Betreiber als der maßgebliche - mittelbare - Täter, der gutgläubige Werbende -
wie die Antragsgegnerin - und das im Grundsatz nicht zu beanstandende
Geschäftsmodell einer „Schlüsselwort-Werbung“ (vgl. Fezer/Mankowski, a.a.O., § 4 - S 12
Rdn. 94) missbraucht.
cc)
Das Verhalten der Antragsgegnerin (die Auftragsvergabe) war für sich genommen noch
nicht verbotswürdig. Die Verletzung einer drittschützenden Norm kann ihr insoweit daher
nicht vorgehalten werden. Die Antragsgegnerin hat zwar die Gefahrenlage für einen
Missbrauch durch Dritte nicht unerheblich erhöht. Dies rechtfertigt aber nur die
Zurechnung von gewöhnlichen, erfahrungsgemäß mit dem gewählten Geschäftsmodell
verbundenen Fehlhandlungen Dritter oder Fehlleistungen des automatisierten
Verfahrens (vgl. BGH, NJW 1965, 1177; NJW 1987, 2925; vgl. auch zu Fehlern aus der
bloßen „Unschärfe“ eines Werbeauftrags mit „weitgehend passenden“ Schlüsselworten:
OLG Köln, K&K 2006, 240, juris Rdn. 12). Der Zurechnungszusammenhang entfällt aber
bei ungewöhnlich grobem Fehlverhalten (BGH, NJW 1989, 768; NJW 2000, 947; NJW 2003,
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bei ungewöhnlich grobem Fehlverhalten (BGH, NJW 1989, 768; NJW 2000, 947; NJW 2003,
2314; Palandt/Heinrichs a.a.O., Vorb v § 249 Rdn. 73 f.), mithin auch vorliegend wegen
des vorsätzlichen Handelns des Domain-Betreibers (insoweit unterschiedet sich auch
der vorliegende Fall von dem des OLG Köln, .a.a.O.). Für die Antragsgegnerin bestanden
auch - bis zur Abmahnung - keine konkreten Anhaltspunkte für diesen Missbrauch.
II.
Kann die Antragstellerin nicht als Täterin auf Unterlassung in Anspruch genommen
werden (wie erörtert: vor einer aufklärenden Abmahnung), dann führen auch die
Grundsätze zur Störerhaftung nicht weiter.
Diese sind zwar ohne Weiteres bei Kennzeichenverletzungen anwendbar (BGH, GRUR
2004, 860, 864 - Internet-Versteigerung), und sie begründen eine
Unterlassungsverantwortlichkeit auch außerhalb von Täterschaft und Teilnahme.
Voraussetzung ist aber auch hier, dass der Störer in irgendeiner Weise willentlich und
adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Gutes beigetragen hat (BGH, a.a.O.,
m.w.N.).
1.
Insoweit kommt es zwar vorliegend nicht entscheidend darauf an, ob zudem
Prüfpflichten durch den Störer verletzt sein müssen. Denn dieses zusätzliche Erfordernis
soll an sich nicht nur dann die weite Störerhaftung begrenzen, wenn Verstöße gegen
Verbotsnormen in Rede stehen, denen der Störer nicht selbst unterworfen ist (BGH,
GRUR 2002, 902, 904 - Vanity-Nr.; weitergehend wohl BGH, GRUR 2004, 860, 864 -
Internet-Versteigerung). Jedenfalls fehlt es hier auch insoweit - wie erörtert - an einer
adäquaten Kausalität des Handlungsbeitrages der Antragsgegnerin.
2.
Der Verletzte wird dadurch nicht rechtlos gestellt. Er kann den Werbenden auf
Unterbindung der konkreten Kennzeichenverletzung in Anspruch nehmen, wenn auch
ohne eine Erstattung der eigenen Kosten und ohne eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung verlangen zu können.
3.
Der Senat sieht auch insoweit von einer eigenen abschließenden Entscheidung ab, weil
der Sachverhalt noch einige offene Fragen enthält, insbesondere zu den von der
Antragsgegnerin verwendeten „Schlüsselworten“ und deren Nähe zu den verletzten
Kennzeichen der Antragstellerin.
III.
Dahingestellt bleiben kann ebenso, ob der Internet-Suchdienst (als Auftragnehmer des
Werbeauftrags der Antragsgegnerin) Beauftragter im Sinne der §§ 14 Abs. 7, 15 Abs. 6
MarkenG ist. Denn das automatisierte Verfahren des Internet-Suchdienstes zur
Platzierung der Werbung ist der Antragsgegnerin ohnehin als adäquat-kausal
zuzurechnen. Das den Kausalzusammenhang unterbrechende Verhalten des Domain-
Betreibers schließt aber ebenfalls erst an die Tätigkeit des Suchdienstes an.
F.
Die Entscheidung über die Wertfestsetzung erfolgt gemäß § 3 ZPO.
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