Urteil des KG Berlin vom 29.03.2017

KG Berlin: internet, verwertung, tonträger, erwerb, urheberrecht, werbung, sammlung, werk, surrogat, link

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Gericht:
KG Berlin 5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 254/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 31 Abs 4 UrhG, § 31 Abs 5
UrhG, § 97 UrhG
Urheberrechtsschutz: Hörproben im Internet als erlaubtes Mittel
der Absatzwerbung; Klaus Kinski-Rezitationen
Tenor
1. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.
2. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 1.200,– EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung war über die Kosten des Verfahrens nach
billigem Ermessen zu entscheiden, § 91 a Abs. 1 ZPO. Hiernach waren die Kosten den
Klägern aufzuerlegen, weil die Berufung der Beklagten im Zeitpunkt des Eintritts des
erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war. Den Klägern steht der geltend
gemachte Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs gegen
die Beklagte aufgrund der nach Auffassung der Klägerin rechtswidrigen Verwertung der
streitgegenständlichen Rezitationen von K Ki nach dem Sach- und Streitstand im
Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses nicht zu.
Eine Verletzung der Rechte der Kläger ist nicht feststellbar. Die Beklagte war Inhaberin
der Verwertungsrechte an den streitgegenständlichen CDs und durfte in diesem Rahmen
ohne Verletzung von Rechten der Kläger Hörproben in das Internet einstellen, weil diese
Hörproben rechtlich nicht als separate Verwertungsform zu werten sind, sondern als
Marketinginstrument im Rahmen zulässiger Werbung für den Vertrieb der CDs.
1.
Die D GmbH hat bei Abschluss der streitgegenständlichen Verträge am 19. Dezember
1960 über das "Recht, Schallaufnahmen mit Darbietungen des Künstlers" herzustellen
und auszuwerten, auch das im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse noch unbekannte
Recht der Auswertung der Schallaufnahmen auf CD erworben. Das ergibt sich bei
Anwendung des Zweckübertragungsgedankens des § 31 Abs. 5 UrhG, der auf
Altverträge wie hier anwendbar ist (KG GRUR 1991, 596, 598 – Schopenhauer-Ausgabe;
Schricker/Schricker, Urheberrecht, 2. Auflage, §§ 31/31 Rn. 31). Diese Regel, nach der
sich der Umfang des Nutzungsrechts im Zweifel nach dem mit seiner Einräumung
verfolgten Zweck richtet, wird als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens
verstanden und daher einhellig auch auf die Einwilligung der Inhaber von
Leistungsschutzrechten angewandt (BGH GRUR 2003, 234, 236 – EROC III). Vorliegend ist
die in § 1 Abs. 1 des Vertrages erteilte Rechtseinräumung umfassend ("... und auch in
Bezug auf künftige Nutzungsarten nicht beschränkte Recht, Aufnahmen der
Vertragswerke ... in jeder beliebigen Weise zu verwerten ..."). Dieser Zweck beschränkt
sich nicht auf ein bestimmtes Trägermedium, sondern umfasst auch die zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses noch nicht bekannte Nutzung der Schallaufnahmen auf CD, die
inzwischen die herkömmliche Langspielplatte fast völlig verdrängt hat. Es handelt hierbei
nicht um eine zusätzliche Nutzung, die neben die von den damals vertragsschließenden
Parteien ins Auge gefasste Form der Verwertung tritt und eine wirtschaftlich
eigenständige Verwertung erlaubt (BGH GRUR 1995, 212, 214 – Videozweitauswertung
III; GRUR 2002, 248, 251 – SPIEGEL-CD-ROM). Vielmehr geht es um eine technisch neue
Nutzungsvariante, die, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, es nunmehr der
Beklagten ermöglicht, die vertraglich vereinbarte Nutzung auch zu einer Zeit
fortzusetzen, in der sich die Nachfrage der Verbraucher nicht mehr auf Langspielplatten,
sondern auf CD-Tonträger richtet, und die daher von dem ursprünglichen Vertragszweck
gedeckt ist (BGH aaO – EROC III).
2.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist keine Entscheidung der Frage geboten, ob
die D GmbH als Vertragspartnerin von K Ki Nutzungsrechte über die Auswertung der
streitgegenständlichen Rezitationen im Internet aufgrund der damals geschlossenen
Verträge, erworben hat. Aus dem bisherigen übereinstimmenden Vorbringen der
Parteien ergibt sich, dass eine Verwertung der Aufnahmen im Internet, für deren
Rechtmäßigkeit die Inhaberschaft der Internet-Rechte erforderlich wäre, nicht stattfindet.
Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Rezitationen unstreitig nie in voller Länge in
das Internet eingestellt. Im Internet werden, nämlich etwa bei Amazon oder der
Homepage der Beklagten selbst, lediglich die CDs zum käuflichen Erwerb angeboten. Im
Rahmen dieses Angebots im Internet werden die streitgegenständlichen Hörproben der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die einzelnen Darbietungen des Künstlers sind in
diesem Rahmen aber als Hörproben lediglich ausschnittsweise wahrnehmbar und
können unstreitig nicht downgeloadet werden. Das Werk wird also – jedenfalls haben die
Kläger insoweit nichts anderes vorgetragen – nicht in seinen wesentlichen Zügen
verwertet (vgl. dazu Schricker/Kroitzsch, Urheberrecht, 2. Aufl., UrhG § 15 Rn. 10).
Insbesondere stellen die Hörproben nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kein
Surrogat für den Erwerb der streitgegenständlichen Tonträger dar. Das Internet wird
vorliegend allein als Instrument der Absatzwerbung für die CDs eingesetzt. Da die
Beklagte Inhaberin des Rechts zur Auswertung des Rezitationen auf dem Trägermedium
CD ist, darf sie diese auch unter Berücksichtigung von Zumutbarkeitsgesichtspunkten
sachgerecht bewerben (vgl. BGH GRUR 1970, 40, 42 – Musikverleger), und zwar auch
durch Hörproben, die lediglich als Kaufanreiz kurze Ausschnitte der einzelnen Werke
wiedergeben, im Internet. Das Recht zur Werbung für diese Tonträger korrespondiert
insoweit mit der Auswertungspflicht des Tonträgerherstellers (Pfaff/Osterrieth,
Lizenzverträge, B. I Rn. 124, 126). Es ist nicht erkennbar, welche Interessen der Kläger
durch die von der Beklagten gewählte Verfahrensweise beeinträchtigt sein könnten.
Auf die Frage, ob die Klägerin zu 1) in ihrem Schreiben vom 25. April 1992 (Anl. BF 1) ein
Einverständnis mit der Verwertung der Rezitationen auf CD erteilt hat, kommt es nach
alledem nicht mehr an.
II.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.
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