Urteil des KG Berlin vom 25.07.2003
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Gericht:
KG Berlin 1. Senat für
Wirtschaftsprüfer-,
Steuerberater- und
Steuerbevollmächtigtensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 WiO 7/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 54 Abs 1 WiPrO
Berufspflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers: Dreimonatige
Versicherungslücke; Ahndung mit Verweis
Tenor
Auf die Berufung des Berufsangehörigen wird das. Urteil des Landgerichts Berlin
– Kammer für Wirtschaftsprüfersachen – vom 25. Juli 2003 – WiL 22/02 – dahin
abgeändert, dass gegen den Berufsangehörigen ein Verweis verhängt wird.
Der Berufsangehörige hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat durch Urteil vom 25. Juli 2003 festgestellt, dass der
Wirtschaftsprüfer gegen seine Berufspflichten verstoßen hat und gegen ihn einen
Verweis sowie eine Geldbuße in Höhe von 1.000.– Euro verhängt. Gegen dieses Urteil hat
der Wirtschaftprüfer Berufung eingelegt und diese mit Zustimmung der
Generalstaatsanwaltschaft Berlin in der Berufungshauptverhandlung auf den
Maßnahmeausspruch beschränkt. Damit sind die tatsächlichen Feststellungen und die
rechtliche Würdigung des angefochtenen Urteils rechtskräftig und für den Senat bindend.
Insoweit wird auf die Gründe dieses Urteils (Seite 2 – 7) verwiesen.
Die Berufung führt lediglich zum Wegfall der Geldbuße.
Die erneute Hauptverhandlung hat zum Maßnahmeausspruch folgendes ergeben:
I.
Der jetzt 60 Jahre alte Berufsangehörige ist geschieden und hat keine Kinder. Er ist am
31. August 1982 zum Wirtschaftsprüfer bestellt worden und hat – nicht zuletzt auf Grund
der ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung vor allem mittelständischer Unternehmen –
nur noch wenige Mandate. Nach seinen Angaben erzielt er derzeit mit einer
Halbtagskraft einen Jahresumsatz von ca. 50.000 Euro.
Er ist einmal berufsrechtlich in Erscheinung getreten.
Durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. Januar 2001 – WiL 12/00 – wurde er wegen
Verstoßes gegen seine Berufspflichten mit einem Verweis und einer Geldbuße von
20.000.– DM belegt, weil er in zwei Schreiben an die Ministerpräsidentin des Landes
Schleswig-Holstein die an einem Zivilverfahren beteiligten Richter grundlos der
Rechtsbeugung bezichtigt hatte.
II.
Bei der vorliegend rechtskräftig festgestellten schuldhaften Berufspflichtverletzung – der
Berufsangehörige war vom 8. Oktober bis 31. Dezember 1999 nicht haftpflichtversichert
– war eine empfindliche berufsgerichtliche Maßnahme in Form eines Verweises geboten.
Die Pflicht für den gesetzlichen vorgegebenen Haftpflicht-Versicherungsschutz – und
zwar lückenlos – zu sorgen, gehört zu den Kernpflichten eines Wirtschaftsprüfers. Nur die
peinlich genaue Einhaltung dieser Pflicht gewährleistet, dass in einem Schadensfall, wie
er auch von einem ansonsten erfahrenen und umsichtigen Berufsangehörigen niemals
mit letzter Sicherheit vermieden werden kann, für einen angemessenen finanziellen
Ausgleich der Geschädigten Sorge getragen ist. Hier darf der Wirtschaftsprüfer kein
Risiko eingehen. Notfalls muss er eigene Interessen zurückstellen statt sich in eine
unsichere rechtliche Auseinandersetzung mit der Versicherung einzulassen, wie dies hier
der Wirtschaftsprüfer unternommen hatte. Der Verhängung einer Geldbuße bedurfte es
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der Wirtschaftsprüfer unternommen hatte. Der Verhängung einer Geldbuße bedurfte es
indessen nicht.
Zwar ist der Berufsangehörige bereit einmal berufsrechtlich in Erscheinung getreten und
wurde neben einem Verweis mit einer hohen Geldbuße bedacht, jedoch wiegt diese
Vorbelastung nicht so schwer, dass sie vorliegend zu einer schärferen Sanktion zwänge.
Insoweit hat sich zu Gunsten des Berufsangehörigen ausgewirkt, dass er seine
Verpflichtung, ausreichend versichert sein zu müssen, kannte und ihr auch entsprechen
wollte. Er hatte das Angebot des Gerling Konzerns aufgegriffen, einen entsprechenden
Versicherungsantrag Mitte Juli 1999 unterzeichnet und sich um den Abschluss eines
Folgevertrages bemüht, nachdem er das Versicherungsverhältnis fristlos gekündigt
hatte. Positiv anzurechnen ist ihm auch, dass er sein hartnäckiges Beharren auf einem
unzutreffenden Verständnis der ihm nach der Vertragsänderung übersandten Nachträge
zum Versicherungsschein in der Berufungshauptverhandlung aufgegeben und den ihm
gemachten berufsrechtlichen Verstoß eingesehen hat. Dieses Abrücken von einer mit
viel Engagement vertretenen Position lässt nach Einschätzung des Senates erwarten,
dass sich der Berufsangehörige zukünftig frühzeitig mit den Konsequenzen
auseinandersetzen wird, die eine allzu einseitige Sichtweise in berufsrechtlicher Hinsicht
aber auch für seine Mandanten zeitigen kann. Dann nämlich hätte der Wirtschaftsprüfer
erkannt, dass er für von ihm zu vertretende Vermögensschäden seiner Mandanten in
einem Zeitraum von ca. drei Monaten nicht ausreichend abgesichert gewesen ist, sich
diese jedoch auf die Einhaltung dieser in § 54 Abs. 1 WPO geregelten
Versicherungspflicht verlassen, wenn sie ihn beauftragen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 124 Abs. 1 und 2 WPO. Gemäß § 124 Abs.
2 WPO in entsprechender Anwendung waren die Kosten insgesamt dem
Wirtschaftsprüfer aufzuerlegen, weil er sein Rechtsmittel erst unmittelbar vor der
Hauptverhandlung beschränkt hat und die wesentlichen Kosten des Berufungsverfahrens
also bereits entstanden waren.
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