Urteil des KG Berlin vom 22.04.2005
KG Berlin: quelle, sammlung, link, bedürftigkeit, vertretung, offenkundig, zustand
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Gericht:
KG Berlin Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 UF 46/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 114 ZPO, § 118 Abs 1 S 1 ZPO
Prozesskostenhilfe: Bewilligung und Beiordnung eines
Rechtsanwalts für das Prozesskostenhilfeverfahren
Leitsatz
Für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren kann ausnahmsweise Prozesskostenhilfe
gewährt werden, wenn die Partei durch das Gericht zur Stellungnahme durch einen
Rechtsanwalt aufgefordert wird.
Tenor
Den Beklagten wird für das durch den Antrag des Klägers vom 22. April 2005 eingeleitete
Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C.
W. bewilligt.
Sie haben keine Raten zu leisten.
Gründe
Den Beklagten ist Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, das
durch den zurückgewiesenen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für die beabsichtigte Berufung eingeleitet worden ist, zu gewähren.
Zwar entspricht es allgemeiner und vom Senat geteilter Auffassung, dass
Prozesskostenhilfe für ein Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich nicht bewilligt
werden kann, da das Gesetz dies nicht vorsieht. Nach § 114 ZPO kann
Prozesskostenhilfe für die "Prozessführung" gewährt werden. Hierunter ist das
eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das
Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, in welchem lediglich über die Gewährung
staatlicher Hilfe für den Antragsteller zu befinden ist (BGH NJW 1984, 2106). Dieser
Grundsatz wird aber dann durchbrochen, wenn das konkrete gerichtliche Verfahren
sachgerecht ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe – und dann regelmäßig Beiordnung
eines Rechtsanwalts – nicht betrieben werden kann, so z.B. beim Abschluss eines
Vergleichs im Prozesskostenhilfeverfahren (vgl. OLG Hamm MDR 1973, 856; OLG
Schleswig SchlHA 1978, 75) sowie wenn das Gericht den Hauptsacheprozess in das
Prozesskostenhilfeverfahren verlagert (vgl. OLG Düsseldorf OLGReport 1996, 59). Eine
solche Konstellation liegt hier vor.
Den Beklagten ist zusammen mit der Bitte um Stellungnahme zu dem
Prozesskostenhilfeantrag – durch ein Versehen der Geschäftsstelle – der Hinweis erteilt
worden, dass sie sich durch einen bei einem Oberlandesgericht zugelassenen
Rechtsanwalt vertreten lassen müssten. Dies war für sie, die anwaltlich in erster Instanz
nicht vertreten waren, sachgerecht nur so verstehen, dass sie eine Stellungnahme nur
durch einen Anwalt abgeben könnten. Sie wollten das Recht zur Stellungnahme, das
ihnen gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zustand, auch wahrnehmen, wie sich aus ihrer
ausführlichen Äußerung ergibt. Es würde dem mit der Prozesskostenhilfe verfolgten,
verfassungsrechtlich gebotenen (vgl. z.B. BVerfGE 81, 347) Zweck, auch einer
bedürftigen Partei die Geltendmachung ihrer Rechte vor Gericht zu ermöglichen,
zuwiderlaufen, wenn sie zur Vertretung auf einen Rechtsanwalt verwiesen, dessen
Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe aber trotz offenkundig bestehender
Bedürftigkeit unterbleiben würde.
Die Beklagten haben angesichts ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine
Raten zu leisten, § 115 ZPO.
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