Urteil des KG Berlin vom 05.01.2004

KG Berlin: widerklage, gesellschafter, parteifähigkeit, beratung, gesellschaftsvermögen, link, sammlung, quelle, meinung, anwaltskosten

1
2
3
Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 486/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 6 Abs 1 S 2 BRAGebO
Rechtsanwaltsgebühren: Anfall des Mehrvertretungszuschlags in
Honorarklagen betreffenden Aktivprozessen
Leitsatz
In Aktivprozessen einer Anwaltssozietät, die Honorarklagen betreffen, fällt eine
Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für den vertretenden Anwalt nicht an (im
Anschluss an BGH v. 5.1.2004 - II ZB 22/02 - unter Aufgabe der fr. Rspr. des Senats).
Hinsichtlich einer Widerklage gelten die Regeln für den Passivprozess.
Tenor
In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem Beschluss des
Kammergerichts vom 9. April 2002 von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden
Kosten auf nur 2.697,45 EURO, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 18. April 2002 festgesetzt.
Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde nach einem Wert von 1.101,71 EURO
zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu 7 %, die
Beklagte zu 93 % zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 1.181,47 EURO festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kläger, die in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Wirtschaftsprüfer-,
Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät betreiben, haben die Beklagte auf Zahlung
von Gebühren für steuerberatende Tätigkeiten in Anspruch genommen. Das Landgericht
hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt und
zusätzlich mit einer Widerklage die Kläger sowie die aus den Klägern bestehende L. H.
und Kollegen GbR gesamtschuldnerisch auf Zahlung in Anspruch genommen. Nach
Rücknahme der Berufung und der Widerklage hat das Kammergericht die Kosten des
Berufungsrechtszuges der Beklagten auferlegt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom
10. Juli 2002 ist dem Antrag der Kläger auf Festsetzung u.a. einer Erhöhungsgebühr
gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BRAGO in Höhe von 2.310,75 DM stattgegeben worden.
Hiergegen richtet sich die per Fax am 29. Juli 2002 bei Gericht eingegangene sofortige
Beschwerde der Beklagten.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber nur zu
einem kleinen Teil Erfolg. Die auf die Berufung selbst (Streitwert: 8.661,72 DM)
entfallende Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist zwar nicht
erstattungsfähig, wohl aber die für die Widerklage (Streitwert: 26.008,46 DM) angefallene
Erhöhungsgebühr.
Nach dem Beschluss des BGH vom 5. Januar 2004 - II ZB 22/02 - fällt für Aktivprozesse
einer Anwaltssozietät, die Honorarklagen betreffen, eine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs.
1 Satz 2 BRAGO für den vertretenden Rechtsanwalt nicht an. Eine Anwaltssozietät könne
ohne weiteres dafür Vorsorge treffen, dass eine so häufig vorkommende Aufgabe wie die
Einziehung der Honorarforderung durch ein Sozietätsmitglied allein erledigt werde und
dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten möglichst
4
5
6
7
8
dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten möglichst
gering gehalten würden. Die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO scheide in
einem solchen Fall jedenfalls dann aus, wenn die Sozietät neben Wirtschaftsprüfern und
Steuerberatern auch aus Rechtsanwälten bestehe. Nicht entscheidend sei, ob eine
solche Sozietät Honoraransprüche für rechtsanwaltliche oder für steuerberatende
Tätigkeiten geltend mache. Auch in den letzten genannten Fällen bestehe für eine
Sozietät die Verpflichtung, den für den Mandanten kostengünstigsten Weg zu
beschreiten.
Dieser Auffassung schließt sich das Gericht im Interesse einer einheitlichen
Rechtsprechung an unter Aufgabe seiner in der Verfügung vom 31. Januar 2003
vertretenen Meinung, die auf der früheren Rechtsprechung des Senats (vgl. Rpfl. 1999,
2191 = MDR 1999, 1023) basierte.
Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs lassen sich jedoch nicht auf die erhobene
Widerklage übertragen. Diese Widerklage hat die Beklagte ausdrücklich gegen die Kläger
persönlich gerichtet, um auch von den einzelnen Gesellschaften der L. H. und Kollegen
Schadensersatz aufgrund fehlerhafter steuerlicher Beratung geltend zu machen. Die
Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft schließt nämlich nicht aus, dass im Passivprozess
die Gesellschafter persönlich verklagt werden können, was insbesondere dann geschieht,
wenn der Kläger nicht nur auf das Gesellschaftsvermögen, sondern auch auf das
persönliche Vermögen der einzelnen Gesellschafter zugreifen möchte. Im Hinblick auf
die hierdurch begründete erhöhte Haftung fällt der Mehrvertretungszuschlag nach § 6
Abs. 1 Satz 2 BRAGO an und kann auch im Erstattungswege durchgesetzt werden.
Dementsprechend berechnen sich die zu erstattenden Anwaltskosten wie folgt:
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum