Urteil des KG Berlin vom 15.03.2017

KG Berlin: gesellschaft mit beschränkter haftung, geschäftsführer, gebühr, urkunde, beurkundung, auflage, gesellschaftsvertrag, gesellschafterversammlung, kaufmann, handbuch

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Gericht:
KG Berlin 9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 W 12/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 36 KostO, § 47 KostO, § 156
Abs 2 KostO, § 6 Abs 3 GmbHG,
§ 46 Nr 5 GmbHG
Notargebühr: Entstehung bei Beurkundung der
Geschäftsführerbestellung
Leitsatz
Die Gebühr nach § 47 KostO fällt für die erste Geschäftsführerbestellung auch dann an, wenn
der entsprechende Gesellschafterbeschluss mit dem Gründungsvertrag der GmbH in einer
Urkunde verbunden wird und die Bestellung der Geschäftsführer nicht ausdrücklich als
Beschluss gekennzeichnet ist (Ergänzung zu JurBüro 1983, 1551)
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts
Berlin vom 10. Dezember 2004 - 82 T 1018/03 - geändert und die Kostenberechnung
des Notars zu seiner UR-Nr. G 36/2000 als zutreffend bestätigt.
Der Wert der weiteren Beschwerde wird auf 371,20 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller (Notar) beurkundete am 7. August 2000 zu seiner UR-Nr. G 36/2000
einen Vertrag, mit dem die W. C. AG und die C. C. V. -GmbH die E. U.-E.-C.-M. GmbH
gründeten. In der Urkunde heißt es u. a.:
„Dies vorausgeschickt erklärten die Erschienenen mit der Bitte um Beurkundung
was folgt:
I.
Wir errichten hiermit unter der Firma
E. U. -E.-C.-M. GmbH
eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, für die der dieser Verhandlung als
Anlage beigefügte Gesellschaftsvertrag gilt, den wir hiermit feststellen.
II.
Von dem Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 25.000,00 Euro
übernehmen wir die folgenden Stammeinlagen ...
III.
Zu Geschäftsführern werden
bestellt.
Jeder von ihnen vertritt die Gesellschaft allein, auch wenn mehrere
Geschäftsführer bestellt sind, und ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.“
In dem als Anlage zur notariellen Verhandlung vom 7. August 2000 beigefügten
Gesellschaftsvertrag heißt es unter § 5:
„§ 5
Geschäftsführung, Vertretung, zustimmungspflichtige Geschäfte
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1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein
Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein.
Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft von zwei
Geschäftsführern gemeinschaftlich oder von einem Geschäftsführer gemeinschaftlich
mit einem Prokuristen vertreten.
Jeder Geschäftsführer, der mit mindestens 50 % der Geschäftsanteile beteiligt
ist, ist berechtigt, je einen Geschäftsführer direkt zu bestellen und abzuberufen, ohne
dass es eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf.
2. Die Gesellschaft kann, auch wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, allen
oder einzelnen Geschäftsführern die Befugnis zur Einzelvertretung erteilen.
3. Die Geschäftsführer können von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit
werden.“
Der Notar sah die Geschäftsführerbestellung als Beschluss der Gesellschafter an und
berechnete in seiner Kostenberechnung neben der 20/10-Gebühr gemäß § 36 Abs. 2
KostO für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages auch eine 20/10-Gebühr gemäß §
47 KostO nebst Umsatzsteuer für die Beurkundung eines Gesellschafterbeschlusses.
Der Präsident des Landgerichts beanstandete die gemäß § 47 KostO erhobene Gebühr
mit der Begründung, die Bestellung der Geschäftsführer sei durch rechtsgeschäftliche
Erklärung erfolgt. Er wies den Notar an, insoweit eine Entscheidung des Landgerichts
herbeizuführen.
Das Landgericht hat die Kostenberechnung um die beanstandete Gebühr nebst
anteiliger Mehrwertsteuer herabgesetzt, weil die Gesellschafterbestellung nicht durch
Beschluss der Gesellschafterversammlung, sondern durch rechtsgeschäftliche
Erklärungen der Gesellschafter erfolgt sei. Dagegen richtet sich die zugelassene weitere
Beschwerde des Notars.
II.
Die nach § 156 Abs. 2 KostO zulässige weitere Beschwerde ist auch begründet.
Der Notar hat zu Recht eine Gebühr gemäß § 47 KostO für die Beurkundung eines
Beschlusses über die Geschäftsführerbestellung neben der Gebühr nach § 36 KostO für
die Feststellung des Gesellschaftsvertrages in Ansatz gebracht.
Ob für die gleichzeitige Beurkundung der Bestellung von Geschäftsführern die 20/10-
Gebühr nach § 47 KostO anfällt, hängt davon ab, ob diese Bestandteil des
Gesellschaftsvertrages ist oder durch besonderen Beschluss der
Gesellschafterversammlung erfolgte. Hier ist Letzteres der Fall.
Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG erfolgt die Bestellung der Geschäftsführer entweder im
Gesellschaftsvertrag oder durch einen nach §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG zu fassenden
Gesellschafterbeschluss. Die Wahl zwischen den beiden Möglichkeiten obliegt den
Gesellschaftern. Hier haben diese von einer Bestellung in dem der Gründungsurkunde
als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrag abgesehen. Das spricht für eine
Geschäftsführerbestellung durch Beschluss in der Urkunde Nr. G 36/2000. Denn
außerhalb des Gesellschaftsvertrages war eine Bestellung nicht durch Willenserklärung,
sondern nur durch Beschluss möglich (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 16.
Auflage, § 41 c Rdnr. 14; Heinrich, in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts,
Band III, 2003, § 6 Rdnr. 21).
Die unter Ziffer III. der notariellen Urkunde getroffene Bestimmung über die
Alleinvertretungsbefugnis, die nach § 5 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages durch die
„Gesellschaft“, d. h. durch die Gesellschafterversammlung, vorgenommen werden
sollte, spricht ebenfalls für eine Bestellung der Geschäftsführer durch Beschluss (vgl.
dazu auch Kammergericht, JurBüro 1983, 1551/1552). Dieser Wille der Gesellschafter ist
zu beachten und kann nicht in eine Geschäftsführerbestellung durch
Gesellschaftsvertrag umgedeutet werden (vgl. BayObLG, DB 1989, 2529/2530 m. w. N.).
Die Bestellung der Geschäftsführer durch Beschluss dürfte im Übrigen auch dem
Regelfall entsprechen (vgl. OLG Oldenburg, JurBüro 1989, 825/826; Heinrich, in
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band III, 2003, § 6 Rdnr. 21;
Göttlich/Mümmler, KostO, 14. Auflage, „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ Anm.
2.1.; Hachenburg, GmbHG, 8. Auflage, § 6 Rdnr. 19; Mümmler, JurBüro 1988, 290/294).
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An dieser Beurteilung ändert es weder etwas, dass die Beschlussfassung über die
Geschäftsführerbestellung mit der Feststellung des Gesellschaftsvertrages in der
Urkunde verbunden ist (vgl. Kammergericht, JurBüro 1983, 1551/1552; OLG Stuttgart,
JurBüro 1990, 1633 ff. mit Anmerkung Mümmler), noch dass die Bestellung der
Geschäftsführer in der notariellen Urkunde nicht ausdrücklich als „Beschluss“
gekennzeichnet ist (auch wenn dies zur Klarstellung wünschenswert gewesen wäre).
Für die Qualifizierung als Beschluss ist es unerheblich, ob der Beschluss als solcher
förmlich bezeichnet ist. Das Vorliegen eines Beschlusses hängt nicht von der Überschrift
ab, sondern davon, dass sich ein Gremium in dieser Form entscheidet (vgl.
Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, § 27 Rdnr. 108 sowie 16. Auflage, § 41 c Rdnr. 14).
Ebenso entsteht die Gebühr nach § 47 KostO unabhängig davon, ob der Gesamtwille
einwandfrei oder fehlerhaft zustande kam und die Beschlüsse daher etwa anfechtbar
oder nichtig sind (vgl. Korintenberg/Reimann, KostO, 16. Auflage, § 47 Rdnr. 7 f.).
Soweit es eingangs der Urkunde heißt, dass die Erschienenen Folgendes „erklärten“,
rechtfertigt das ebenfalls nicht zwingend den Beschluss auf einen rechtsgeschäftlichen
Willen zur Bestellung der Geschäftsführer. Denn auch Beschlüsse beruhen auf gleich
lautenden Willenserklärungen.
Der Notar hat deshalb die 20/10-Gebühr nach § 47 KostO zu Recht in Ansatz gebracht.
Gebühren und Auslagen werden in dem Verfahren von dem Notar nicht erhoben (§ 156
Abs. 6 Satz 3 KostO); eine Kostenerstattungsanordnung entspräche nicht der Billigkeit (§
13 a Abs. 1 Satz 1 FGG).
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