Urteil des KG Berlin vom 11.06.2003

KG Berlin: fahrzeug, treu und glauben, culpa in contrahendo, aufklärungspflicht, zugesicherte eigenschaft, käufer, zusicherung, zeugnis, reparatur, täuschung

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Gericht:
KG Berlin 25.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
25 U 131/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 459 Abs 2 BGB, § 459 Abs 2aF
BGB, § 463 BGB, § 463aF BGB
Gebrauchtwagenkauf: Schadensersatzanspruch wegen Fehlens
zugesicherter Eigenschaften bzw. arglistigen Verschweigens
von Sachmängeln beim Verkauf eines Oldtimerfahrzeugs
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Juni 2003 verkündete Urteil der
Zivilkammer 3 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin betreibt eine ... Vertragswerkstatt.
Der Beklagte inserierte im Mai 2001 in einer Fachzeitschrift einen Daimler Benz 280 SE,
... Cabrio, Baujahr 1970. Er war seit 1976 Eigentümer des Fahrzeugs. Der Komplementär
der Klägerin besichtigte am 1. Juni 2001 das Fahrzeug in einer Garage in Berlin. Mit
Schreiben vom 2. Juni 2001 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten ein Kaufangebot.
Der Beklagte bestätigte das Angebot am 5. Juni 2001 schriftlich. Zwischen den Parteien
wurden ein Kaufpreis von 90.000,– DM und ein Gewährleistungsausschluss vereinbart.
Das Fahrzeug wurde am 8. Juni 2001 an die Klägerin ausgehändigt. Dabei übergab der
Beklagte ein Schreiben gleichen Datums, in dem es hieß:" (...) Zu den überlassenen
Unterlagen bleibt zu bemerken, dass das Fahrzeug von Herbst 1988 bis Herbst 2000
(mit deutscher Zulassung) in ... stationiert war. Insoweit existieren Rechnungsbelege
nicht. (...)".
Die Klägerin hat behauptet, sie habe nach der Übergabe in ihrer Werkstatt die an dem
PKW angeschraubten Teile entfernen lassen. Erst dabei habe sie Schäden an der
Karosserie bemerkt. Sie habe zur Beweissicherung den vereidigten Sachverständigen ...
herangezogen. Dieser habe festgestellt, dass der vordere Querträger unfachmännisch
erneuert worden sei. Der Radeinbau vorn rechts sei komplett ausgewechselt und nicht
fachgerecht eingeschweißt worden. Der Radeinbau vorn links sei komplett ausgewechselt
und nicht fachgerecht eingeschweißt worden. Die Radhausschalen hinten seien
unfachmännisch erneuert worden. An beiden Schwellern seien unfachmännisch
Schweißarbeiten vorgenommen worden. Es sei technisch ausgeschlossen, dass die
Reparaturarbeiten schon vor 1980 ausgeführt worden seien, weil selbst unter
schlimmsten Bedingungen das Fahrzeug die schweren Rostschäden zu der damaligen
Zeit noch nicht habe aufweisen können. Die Reparaturen seien jedenfalls nach 1988, aus
technischer Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor nicht mehr als
fünf Jahren seit der Übergabe des Fahrzeugs an sie, die Klägerin, also in der Zeit von
Sommer 1996 bis Sommer 2001 durchgeführt worden (Beweis: Zeugnis H S, H B,
Sachverständigengutachten). Am Verdeckkasten, der bezüglich der Heckwand
durchgerostet gewesen sei, sei Kunststoffmaterial eingebracht worden.
Die Klägerin hat desweiteren behauptet, ihr Komplementär habe den Beklagten nach der
Besichtigung am 2. Juni 2001 ausdrücklich befragt, welche Arbeiten an dem Fahrzeug
während der Zeit, in der er, der Beklagte, dessen Eigentümer gewesen sei, durchgeführt
worden seien. Der Beklagte habe erklärt, dass lediglich die üblichen Wartungsarbeiten an
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worden seien. Der Beklagte habe erklärt, dass lediglich die üblichen Wartungsarbeiten an
dem Fahrzeug durchgeführt worden seien; vor kurzem sei das Verdeck erneuert worden
und ansonsten seien nur kleine Arbeiten im Zuge der Wartungsarbeiten miterledigt
worden. Auf ausdrückliche Frage habe der Beklagte verneint, dass während seiner Zeit
am Bestand des Fahrzeugs Reparaturen und Schweißarbeiten ausgeführt worden seien
(Beweis: Vernehmung ihres Komplementärs als Partei).
Die meisten Arbeiten, die an dem Fahrzeug durchgeführt worden seien, seien mit einem
Eingriff in die Fahrzeugsubstanz verbunden. Sie hätten dem Beklagten nicht verborgen
bleiben können. Der Beklagte habe die Arbeiten durch nachfolgende Lackierungs- und
Unterschutzbodenarbeiten unkenntlich machen lassen.
Sie, die Klägerin, habe das Fahrzeug instandsetzen lassen, was nach einer Berechnung
des Gutachters S Kosten in Höhe 34.796,67 EUR verursacht habe.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte für diese Kosten hafte, da er
die vom Gutachter festgestellten Mängel arglistig verschwiegen und das
Nichtvorhandensein von schweren Schweißarbeiten zugesichert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Klageschrift
vom 12. November 2001 (Bd. I Bl. 1-5 d.A.) sowie die Schriftsätze ihres
Prozessbevollmächtigten vom 29. April 2002 (Bd. I Bl. 69 - 76 d.A.), 9. August 2002 (Bd. I
Bl. 104 - 107 d.A.), 1. Oktober 2002 (Bd. I Bl. 134 - 146 d.A.), 17. Dezember 2002 (Bd. I
Bl. 164 - 168 d.A.) und 19. Februar 2003 (Bd. I Bl. 193 - 194 d.A.) jeweils mit
entsprechenden Anlagen verwiesen.
Die Klägerin hatte zunächst die Verurteilung des Beklagten in Höhe von 34.796,67 EUR
beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2003 vor dem Landgericht
Berlin hat sie die Klage mit Zustimmung des Beklagten teilweise zurückgenommen.
Sie hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 32.615,62 EUR nebst 5% Zinsen über dem
Basiszinssatz auf 15.338,76 EUR seit dem 16. Oktober 2001 und bezüglich des
restlichen Betrages seit dem 15. August 2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, nicht erklärt zu haben, dass an dem Fahrzeug nur Wartungsarbeiten
durchgeführt worden seien. Er habe vielmehr erklärt, dass alle an dem Fahrzeug ihm als
notwendig bekannt gewordenen Arbeiten durchgeführt worden seien. Er habe
ausdrücklich auf den Einbau eines Austauschmotors hingewiesen. Er sei weder nach
eventuellen Unfallschäden noch nach der Durchführung sonstiger Reparaturen gefragt
worden.
Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass er umfangreiche Schweißarbeiten in
Auftrag gegeben bzw. davon Kenntnis gehabt habe. Er habe 1980 die Achsschenkel vorn
rechts und links erneuern und Schweißarbeiten durchführen lassen, der Hohlraum sei
versiegelt, der Unterbodenschutz erneuert und der Lack sei ausgebessert worden
(Beweis: Zeugnis Herr W). Dafür seien 1.608,00 DM in Rechnung gestellt worden. Das
Fahrzeug sei 1988 ohne Rostschäden nach Teneriffa gelangt (Beweis: Zeugnis Frau M).
Dort seien während des gesamten Aufenthalts keine Schweißarbeiten am Unterboden
des Fahrzeugs oder dessen Radkästen in Auftrag gegeben oder durchgeführt worden
(Beweis: Zeugnis Herr G-G).
Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Der Vernehmung des Komplementärs der Klägerin hat er widersprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf seine
Schriftsätze vom 15. März 2002 (Bd. I Bl. 40 - 55 d.A.), 13. Mai 2002 (Bd. I Bl. 86 - 97
d.A.), 28. August 2002 (Bd. I Bl. 117 - 126 d.A.), 15. November 2002 (Bd. I Bl. 147 - 161
d.A.) und 7. Januar 2003 (Bd. I Bl. 183 - 188 d.A.) jeweils mit entsprechenden Anlagen
verwiesen.
Das Landgericht Berlin hat durch am 11. Juni 2003 verkündetes Urteil die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe
gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Fehlens einer
zugesicherten Eigenschaft. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, welche
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zugesicherten Eigenschaft. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, welche
Eigenschaft ihr der Beklagte ausdrücklich zugesichert habe. Der Beklagte habe auch
keinen Mangel arglistig verschwiegen. Die Klägerin sei für ihre Behauptung beweisfällig
geblieben, dass der Beklagte trotz ausdrücklicher Nachfrage nicht über etwaige schwere
Reparaturen aufgeklärt habe. Der Beklagte habe selber eingewendet, dass er lediglich
erklärt habe, alle notwendigen Arbeiten seien erledigt worden. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bd. I Bl. 200 -
202/AH 4 - 6 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 1. August 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 29.
August 2003 bei dem Kammergericht eingegangenem Schriftsatz ihres
Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die sie mit am 24. September 2003
eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Auffassung, dass der
Tatbestand des landgerichtlichen Urteils unvollständig sei. Das Landgericht habe zudem
die von ihr, der Klägerin, im Einzelnen dargelegten Mängel nicht berücksichtigt. Der
Beklagte habe den tatsächlich vorhandenen Zustand des Fahrzeugs von sich aus
offenbaren müssen. Es trete eine Beweislastumkehr dahingehend ein, dass der Beklagte
im Einzelnen darlegen müsse, welche Arbeiten durchgeführt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf den
Berufungsbegründungsschriftsatz vom 24. September 2003 (Bd. I Bl. 230 - 233 d.A.)
verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen,
an sie 32.615,62 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz auf 15.338,76 EUR seit
dem 16. Oktober 2001 und bezüglich des restlichen Betrages seit dem 15. August 2002
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die landgerichtliche Entscheidung für zutreffend und vertieft sein
erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 30.
Oktober 2003 (Bd. I Bl. 242 - 295 d.A.) verwiesen.
II.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 520 ZPO, mithin
zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
A.
Soweit die Klägerin die Unvollständigkeit des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils
rügt (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), dringt sie damit nicht durch. Sie hat keinerlei
konkreten Vortrag erbracht, welches entscheidungserhebliche Parteivorbringen
unberücksichtigt geblieben ist.
B.
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz
abgelehnt.
1. Die Voraussetzungen für einen Anspruch gemäß §§ 459 Abs. 2, 463 Satz 1 bzw. Satz
2 BGB a.F. liegen nicht vor. Danach kann ein Käufer, wenn einer verkauften Sache zur
Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft fehlt, statt der Wandelung oder der
Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (Satz 1). Das gleiche gilt,
wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat (Satz 2).
a. Eine Eigenschaft ist jedes der Kaufsache auf gewisse Dauer anhaftende Merkmal, das
für deren Wert, ihren vertraglich vorausgesetzten Gebrauch oder aus sonstigen Gründen
für den Käufer erheblich ist (BGHZ 87, 302). Der Begriff umfasst daher alles, was durch
Vorhandensein oder Abwesenheit einen Fehler ausmacht, darüberhinaus auch jedes der
Sache anhaftende Merkmal, das ihren Wert oder ihre Gebrauchstauglichkeit nicht
beeinflusst, aber für den Käufer von Interesse sein kann.
Zugesichert wird eine Eigenschaft, wenn der Verkäufer durch eine ausdrückliche oder
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Zugesichert wird eine Eigenschaft, wenn der Verkäufer durch eine ausdrückliche oder
stillschweigende Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Käufer zu erkennen
gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens
einstehen will. Zur vertragsgemäßen Vereinbarung genügt eine Willensübereinstimmung
der Vertragsparteien ohne ausdrückliche Bestätigung vgl. BGH NJW 1996, 836 und
1337).
b. Ein arglistiges Verschweigen setzt eine Täuschung zum Zwecke der Erregung oder
Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus; die Täuschung erfordert weder eine
Bereicherungsabsicht des Täuschenden noch eine Schädigung des Vermögens des
Getäuschten. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar,
wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht besteht (RGZ
77, 314; BGH LM Nr. 529). Entscheidend ist, ob der andere Teil nach Treu und Glauben
unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten
durfte (BGH NJW 1989, 763; NJW-RR 1991, 439). Es besteht keine allgemeine Pflicht, alle
Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung
sein können (BGH NJW 1971, 1795/1799; LM Nr. 52, WM 1983, 1007). Ungünstige
Eigenschaften des Vertragsgegenstandes brauchen grundsätzlich nicht ungefragt
offengelegt zu werden (OLG München NJW 1967, 158). Eine Aufklärungspflicht setzt
voraus, dass zu Lasten einer Partei ein Informationsgefälle besteht (Brandenburg. OLG
NJW-RR 1996, 724). Sie, zumindest aber die Arglist, ist ausgeschlossen, wenn der
Aufklärungspflichtige angenommen hat, der andere Teil sei informiert (OLG Saarbrücken
NJW-RR 1996, 690, 692).
Eine Aufklärungspflicht besteht vollumfänglich, wenn Fragen gestellt werden. Sie müssen
vollständig und richtig beantwortet werden. Besteht für die abgefragte Tatsache ein
erheblicher Verdacht, ist auch dieser mitzuteilen (OLG Bremen DAR 1980, 373).
Umstände, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von
ausschlaggebender Bedeutung sind, müssen ungefragt offenbart werden (BGH NJW
1971, 1799; LM § 276 (Fb) Nr. 1). Das gilt vor allem für Umstände, die den
Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden könnten (BGH NJW 1979, 2243; 1980,
2460). Der Verkäufer darf wesentliche Mängel der Kaufsache nicht verschweigen (BGH
NJW 1990, 975). Bei besonders schwerwiegenden Mängeln muss ebenfalls bereits das
Bestehen eines Verdachts mitgeteilt werden (BGH LM § 463 Nr. 8).
Existenz und Umfang einer Offenbarungspflicht hängen von der Qualifikation der
Vertragsparteien ab. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach der Möglichkeit
und Fähigkeit des Käufers zur Prüfung des Kaufgegenstandes (BGH NJW 1971, 1978; s.
beim Verkauf eines Fahrzeuges durch einen Privaten an einen KfZ-Händler: BGH NJW
1965, 35; OLG Oldenburg MDR 1962, 901; OLG Hamm OLGR 1995, 77).
Bei einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug geht die Rechtsprechung dahin, dass
jedenfalls eine Aufklärungspflicht nach einem schweren Unfall hinsichtlich des Umfangs
des Schadens und der Art der Reparaturen besteht (OLG Karlsruhe DAR 1992, 151; OLG
Köln VersR 1994, 111). Bei einem ausdrücklichen Befragen muss ein Verkäufer auch
Bagatellunfälle vollständig und richtig angeben (BGHZ 74, 383; NJW 1977, 1914; WM
1987, 138; KG VRS 1987, 241). Als nicht offenbarungspflichtig können damit allenfalls
nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt werden, nicht aber andere
(Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten (KG, 7. Zivilsenat,
KGR 1993, 1).
Bei einem Oldtimer-Fahrzeug stellt die Bezeichnung als "restauriert" die Zusicherung
einer Eigenschaft dar. Der Begriff der Restaurierung kann nicht mehr als bloße
allgemeine Anpreisung des Kaufsache angesehen werden, hinter der sich letztlich kein
konkreter Inhalt verbirgt. Der Käufer darf davon ausgehen, dass eine grundlegende,
sorgfältige und fachmännisch ausgeführte Überholung des Fahrzeugs vorliegt, bei der
insbesondere eine vollständige Befreiung von Rost und ein Schutz vor baldigem
erneuten Rostbefall erfolgt ist (OLG Köln OLGR 1997, 331 f.; s. zur Problematik von
Zustandsnoten bei einem Oldtimer in einer Zeitungsanzeige: KG, 7. Zivilsenat, KGR
1993, 1; OLG Köln OLGR 1997, 108 f.; OLG Frankfurt NJW 1989, 1095; OLG Karlsruhe
OLGR 2002, 247).
Der Käufer trägt nach der obergerichtlichen Rechtsprechung die Beweislast für den
Mangel, einschließlich der Zusicherung der Eigenschaft, hinsichtlich der Arglist für den
gesamten Inhalt der Erklärung, aus der die Arglist zu entnehmen ist (BGHZ 117, 260).
c. Nach den vorstehenden Grundsätzen ist hier vorliegend keine Eigenschaft zugesichert
worden.
Der Beklagte hat nach dem unstreitigen Sachverhalt das Fahrzeug nicht mit der
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Der Beklagte hat nach dem unstreitigen Sachverhalt das Fahrzeug nicht mit der
Bezeichnung "restauriert" inseriert. Nach dem Vortrag der Klägerin hat der Beklagte
aber ausdrücklich die Abwesenheit von Arbeiten am "Bestand" des Fahrzeugs,
insbesondere die Abwesenheit von Schweißarbeiten erklärt. Eine entsprechende
Erklärung kann zwar grundsätzlich als Zusicherung dergestaltet gewertet werden, dass
das Fahrzeug in seinem Bestand unverändert geblieben ist. Es bestehen allerdings
Bedenken, ob man bei einem Privatverkäufer von einer solch umfassenden Zusicherung
im Sinne des Begründens einer Einstandspflicht ausgehen kann, wenn andererseits ein
Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist.
Diese Problematik kann dahinstehen, da die Klägerin den ihr obliegenden Beweis für die
Abgabe einer Zusicherung nicht hat erbringen können. Der Senat schließt sich zur
Begründung den entsprechenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, auf die
verwiesen wird (Bd. I Bl. 205 d.A. – letzter Absatz), an. Eine Beweisaufnahme ist aus den
dortigen Gründen insoweit auch zweitinstanzlich entbehrlich.
Ein arglistiges Verschweigen eines Fehlers liegt ebenfalls nicht vor.
Ein Verschweigen kommt zwar in Betracht, wenn der Beklagte auf eine ausdrückliche
Nachfrage des Komplementärs der Klägerin, ob Arbeiten am Bestand des Fahrzeugs,
insbesondere Schweißarbeiten, vorgenommen worden sind, eine (nach dem Vortrag der
Klägerin) wahrheitswidrige Antwort gegeben hat. Aus den bereits zuvor erläuterten
Gründen ist die Klägerin insoweit aber beweisfällig geblieben.
Ein Verschweigen ist aber auch anzunehmen, wenn der Beklagte verpflichtet war, die
Klägerin ungefragt über Arbeiten am Bestand des Fahrzeugs, jedenfalls aber über
Schweißarbeiten aufzuklären. Der Senat hat bereits Bedenken, eine so weitgehende
Aufklärungspflicht anzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass zu Lasten der Klägerin ein
Informationsgefälle bestand. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach der
Möglichkeit und Fähigkeit des Käufers zur Prüfung des Kaufgegenstandes. Das
Kaufangebot ist nach der Besichtigung des Fahrzeugs abgegeben worden. Die Klägerin
ist ...-Vertragshändlerin. Ihrerseits ist nicht substantiiert in Abrede gestellt worden, dass
die Möglichkeit bestand, das Fahrzeug an seinem Standplatz eingehend – auch unter
Verwendung einer Hebebühne – zu besichtigen. Zu diesem Zweck war der
Komplementär der Klägerin gerade nach Berlin gereist. Der Beklagte konnte davon
ausgehen, dass die Klägerin das Fahrzeug mit Sachkunde geprüft hatte.
Selbst wenn man eine Aufklärungsverpflichtung annimmt, ist nicht ersichtlich, dass der
Beklagte arglistig gehandelt hat. Hat ein Verkäufer zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses an das Vorhandensein eines offenbarungspflichtigen Mangels keine
Erinnerung, erfüllt sogar seine Versicherung in einem Vertrag, dass ihm erhebliche
Mängel nicht bekannt seien, auch unter dem Gesichtspunkt der "Erklärung ins Blaue
hinein" nicht den Vorwurf arglistigen Verhaltens (BGH NJW 2001, 2326). Der Beklagte hat
sich darauf berufen, sich an Karosseriearbeiten nicht erinnern zu können. Erst während
des Prozesses habe er unter Benennung der von der Klägerin behaupteten Mängel die
Reparatur 1980 "rekonstruieren" und zum dortigen Umfang Darlegungen erbringen
können.
Nach Ansicht des Senats sind die Darlegungen der Klägerin nicht ausreichend, um
davon auszugehen, dass dem Beklagten die von Klägerin behaupteten Mängel (– ihr
Vorhandensein unterstellt –) bekannt sein bzw. sich ihm jedenfalls aufdrängen mussten.
Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte von 1976 bis 2001 Eigentümer des
Fahrzeugs war, also fast 25 Jahre lang. Es erscheint jedenfalls nicht fernliegend, sich an
jede Reparatur nicht mehr erinnern zu können. Hinzukommt, dass sich angesichts der
TÜV-Abnahme Mängel nicht aufdrängten. Gleiches gilt angesichts des Umstandes, dass
sich auch in den vom Beklagten vorgelegten Rechnungen keine Anhaltspunkte für
entsprechende Mängel finden.
Auch aus Art und Umfang der von der Klägerin behaupteten Mängel (– ihr
Vorhandensein unterstellt-) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Klägerin hat dargetan,
dass die Reparaturen (mit Ausnahme von Arbeiten am Verdeck) jedenfalls nach 1988,
aus technischer Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Zeit von
Sommer 1996 bis Sommer 2001 durchgeführt worden seien. Es sei technisch
ausgeschlossen, dass die Arbeiten vor 1980 ausgeführt worden sein, weil selbst unter
schlimmsten Bedingungen das Fahrzeug solch schwere Rostschäden zu der damaligen
Zeit nicht habe aufweisen können. Es erschließt sich nicht, aufgrund welcher konkreten
technischen Umstände davon auszugehen ist, dass die Arbeiten nicht vor 1980
durchgeführt worden sein können. Es hätte jedenfalls erläutert werden müssen, wie sich
bei einer unfachmännischen Reparatur die Rostentwicklung verhält und welche
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bei einer unfachmännischen Reparatur die Rostentwicklung verhält und welche
Entwicklung üblicherweise bei derartigen Fahrzeugen zu beobachten war. Desweiteren ist
nicht ersichtlich, aus welchen konkreten technischen Gründen die behaupteten
Reparaturen in einem Zeitraum von dreizehn Jahren (nämlich von 1988 - 2001) bzw. aller
Wahrscheinlichkeit in den seit ... zurückliegenden fünf Jahren durchgeführt worden sein
müssen. Auch hier ist zu etwaigen Vergleichsfällen oder zur konkreten Rostentwicklung
kein Vortrag erbracht worden. Dem Beweisantritt der Klägerin durch Zeugenvernehmung
bzw. Einholung eines Sachverständigengutachtens war damit nicht nachzukommen. Es
handelte sich um einen Beweisermittlungsantrag, durch den die Erschließung von
Erkenntnisquellen erfolgen sollte, die es vielleicht erst ermöglichen sollten, bestimmte
Tatsachen zu behaupten und sodann unter Beweis zu stellen (vgl. Zöller-Greger, ZPO,
24. Aufl., vor § 284, Rdnr. 5 m.w.N.).
Selbst wenn man unterstellt, dass Arbeiten in dem von der Klägerin benannten Zeitraum
und in dem vorgetragenen Umfang vorgenommen wurden, ergibt sich nicht, dass der
Beklagte davon Kenntnis gehabt haben muss. Das Fahrzeug befand sich lange Zeit auf
... Der Beklagte hat zwar dargetan, dass von einem Bekannten für ihn, den Beklagten,
entsprechende Arbeiten nicht in Auftrag gegeben seien. Angesichts der weitgehenden
Ortsabwesenheit des Beklagten erweist es sich aber jedenfalls nicht als ausgeschlossen,
dass Arbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt worden sind, über die der Beklagte nicht
unterrichtet wurde. Die Klägerin hat keinen hinreichenden Vortrag erbracht, dass sich für
den Beklagten nach Rückkehr des Fahrzeugs die behaupteten Mängel "aufdrängen"
mussten. Dem steht im Übrigen schon entgegen, dass seitens der Klägerin selbst bei
der Besichtigung die behaupteten Mängel nicht entdeckt worden sind.
Die fehlenden Darlegungen gehen zu Lasten der Klägerin. Es verfängt nicht, wenn sich
die Klägerin auf eine Art Darlegungs- und Beweislastumkehr beruft. Sie kann sich zum
einen nicht darauf stützen, dass es dem Beklagten nach der Besichtigung des
Fahrzeugs möglich gewesen sei, zu den genauen Arbeiten im Laufe der Jahre
vorzutragen, wenn er im Prozess eine Rechnung aus dem Jahre 1980 habe beibringen
können. Nach Ansicht des Senats werden hier die Aufklärungspflicht während der
Vertragsverhandlungen und die prozessualen Verpflichtungen einer Partei nach § 138
Abs. 1 und 2 ZPO vermengt. Dass es dem Beklagten möglich war, auf Sachvortrag zu
erwidern, indem er weitere Nachforschungen anstellte, indiziert keine
Aufklärungspflichtverletzung, wenn sich der Beklagte bei den Verhandlungen nicht an
etwaige Reparaturarbeiten erinnerte.
Eine Modifizierung der Darlegungslast kommt hier ebenfalls nicht in Betracht. Eine sog.
sekundäre Behauptungslast ist zu prüfen, wenn es dem Prozessgegner ausnahmsweise
zuzumuten ist, dem Beweispflichtigen eine prozessordnungsgemäße Darlegung durch
nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu
ermöglichen, weil er im Gegensatz zu dem außerhalb des maßgeblichen
Geschehensablaufs stehenden Darlegungspflichtigen die wesentlichen Tatsachen kennt
(vgl. BGH NJW 1999, 579; NJW-RR 1999, 1152). Diese Abstufung der Darlegungslast
kommt hier nicht in Betracht, weil sich der Beklagte gerade auf eine Nichtkenntnis
beruft.
Unter diesen Umständen kommt es auf die einzelnen behaupteten Mängel nicht an.
Gleiches gilt hinsichtlich der Frage, in welchem Zustand sich der Wagen vor
Eigentumsübergang an den Beklagten befand. Auch ist unerheblich, wie 1980 die
Reparatur durchgeführt wurde. Schließlich kommt es auf den genauen Schadensumfang
nicht an.
Die Frage der Verjährung kann ebenfalls dahinstehen.
Angesichts der Spezialregelungen in den §§ 459 ff. BGB a.F. scheiden Ansprüche nach
den (vormaligen) Haftungsgrundsätzen für ein Verschulden beim Vertragsschluss (culpa
in contrahendo) oder sonstige Ansprüche aus.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 543 Abs. 2 ZPO.
Die Rechtssache hat angesichts der hier getroffenen Einzelfallentscheidung keine
grundsätzliche Bedeutung, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Desweiteren erfordert sie keine
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 543
Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
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