Urteil des KG Berlin vom 11.03.2005

KG Berlin: schlüssiges verhalten, geschäft, abtretung, verjährungsfrist, angemessenheit, zugehör, unterbrechung, erhaltung, vergütung, familie

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 100/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1357 Abs 1 BGB, § 1360 BGB,
§ 1360a BGB, § 133 BGB, § 157
BGB
Wirkungen der Ehe: Die Beauftragung eines Rechtsanwalts als
Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs
Leitsatz
Zum "Lebensbedarf" i. S. d. § 1357 I BGB gehört auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts
jedenfalls dann, wenn es um die Abwehr von Ansprüchen geht, die sich gegen die Erhaltung
des gemeinsamen Heimes richten.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. März 2005 verkündete Urteil der
Zivilkammer 36 des LG Berlin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 4/5
und die Beklagte zu 2) allein zu 1/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 11.03.2005 verkündete Urteil der
Zivilkammer 36 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und
Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagten tragen zur Begründung ihrer Berufung vor:
Ein Auftragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. sei nicht belegt.
Tatsachen, die eine Duldungsvollmacht der Beklagten zu 2. zugunsten des Beklagten zu
1. ergäben, habe das Landgericht nicht ordnungsgemäß festgestellt, insbesondere nicht
darauf hingewiesen, welche Tatsachen es als gerichtsbekannt ansehe. Es fehlten Vortrag
des Klägers und Feststellungen des Landgerichts zu einem Auftreten des Beklagten zu
1. in einer Vielzahl von Fällen, einer Duldung der Beklagten zu 2., Setzen eines
Rechtsscheins vor Auftragserteilung und Gutgläubigkeit des Klägers.
Der Schriftsatz des Rechtsanwalts T. S. vom 28.08.2001 im Vorprozess stelle einen
Standard-Meldeschriftsatz dar und enthalte keine Genehmigung eines
Auftragsverhältnisses zwischen der Beklagten zu 2. und dem Kläger.
Zu Unrecht gehe das Landgericht von einer fortdauernden Unterbrechung bzw.
Hemmung der Verjährung der Gebührenforderung durch das Festsetzungsverfahren
nach § 19 BRAGO aus. Denn es sei gemäß § 211 Abs. 2 BGB a. F. zum
Verfahrensstillstand gekommen. Im Zeitpunkt des Mahnbescheidsantrags vom
30.12.2003 sei das Verfahren länger als zwei Jahre nicht gefördert worden. Der Antrag
vom 30.12.2003 sei auch nicht geeignet gewesen, die Verjährung zu hemmen, da die
Forderungen im Mahnbescheidsantrag durch bloße Angabe eines Betrages und
Rechnungsdatums nicht ausreichend individualisiert gewesen seien.
Mit Schriftsatz vom 26.10.2005 haben die Beklagten den Fortbestand der
Aktivlegitimation des Klägers bestritten und dies damit begründet, dass ihnen erst Mitte
Oktober 2005 über ihren Prozessbevollmächtigten T. S. aus anderen Verfahren bekannt
geworden sei, dass der Kläger in seiner am 12.11.2004 abgegebenen eidesstattlichen
Versicherung eine Abtretung von Honorarforderungen gegen den Beklagten zu 1. an die
D. B. AG angegeben habe.
Die Beklagten beantragen,
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das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11.03.2005 abzuändern und
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger erwidert auf die Berufung:
Eine Abtretung von Gebührenansprüchen an die D. B. AG sei nicht erfolgt. Mit
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21.05.2004 seien lediglich Ansprüche des
Klägers gegen seine Prozessbevollmächtigte auf Auskehr eingegangener Zahlungen
seiner Schuldner zugunsten der D. B. AG gepfändet worden.
Ein Mandatsverhältnis zur Beklagten zu 2. sei nicht substantiiert bestritten. Es sei in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erörtert worden, dass die Vertretung aller
Familienmitglieder durch den Beklagten zu 1. in allen zahlreichen Prozessen
gerichtsbekannt sei. Indem die Beklagte zu 2. in ihrem Schriftsatz vom 12.10.2001 im
Vorprozess AG Wedding 12 a C 91/00 ihn, den Kläger, als „ehemaligen
Verfahrensbevollmächtigten“ bezeichnet habe, habe sie dessen Vollmacht und sein
Mandat bestätigt. Auch im Verfahren AG Wedding 12 b C 366/97 habe der Kläger beide
Beklagten vertreten, wobei er nur mit dem Beklagten zu 1. Kontakt gehabt habe, ebenso
im Verfahren 5 C 445/98.
Der Anspruch sei nicht verjährt. Der Kläger könne nichts dafür, dass sein
Festsetzungsantrag bis heute nicht beschieden sei. Für die Beklagten sei auch unschwer
erkennbar gewesen, worauf sich die Forderung gemäß Mahnbescheidsantrag bezog.
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
1) Der Kläger ist noch Inhaber der geltend gemachten Gebührenansprüche. Eine
Abtretung an die D. B. AG hat er im Vermögensverzeichnis seiner eidesstattlichen
Versicherung vom 12.11.2004 nicht angegeben. Vielmehr heißt es dort auf die Frage,
welche Ansprüche „gepfändet oder abgetreten“ sind, „sämtliche Forderungen zu 22)
durch die D. B. AG“. Bereits dies („durch“, nicht „an“) deutet auf eine Pfändung und
nicht Abtretung hin. Im Übrigen ist in Ziffer 22) nur von Forderungen aus Anwaltstätigkeit
gegen „G. S. ... und seine Firmen“ die Rede, und nicht von Forderungen gegen die
Beklagte zu 2. Eine Abtretung der Forderung nur gegen einen Gesamtschuldner ist
möglich, bedarf aber der Zustimmung des Schuldners, da zwischen Zedent und
Zessionar ein der Gesamtgläubigerschaft ähnliches Rechtsverhältnis entsteht und eine
Gesamtgläubigerschaft nur mit Einverständnis des Schuldners begründet werden kann
(Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 425 Rn 9).
Dass eine Pfändung der klagegegenständlichen Gebührenforderungen erfolgt sei,
behaupten die Beklagten nicht. Hierzu wäre insbesondere erforderlich, dass sie
vortragen, dass ihnen als Drittschuldnern ein Pfändungsbeschluss gemäß § 829 Abs. 3
ZPO zugestellt worden sei.
Der vom Kläger vorgelegte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21.05.2004 hat
keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit, da er lediglich einen Anspruch
des Klägers gegen seine Prozessbevollmächtigte gemäß §§ 675, 667 BGB auf
Auszahlung beigetriebener Forderungen betrifft.
2) Die der Höhe nach nicht streitige Gebührenforderung für die Tätigkeit des Klägers in
dem auf Mietnachzahlung und Räumung betreffend das Objekt S. gegen die Beklagten
gerichteten Vorprozess vor dem Amtsgericht Wedding (12a C 91/00) und Landgericht
Berlin (67 S 442/00) ist auch gegen die Beklagte zu 2. begründet.
a) Schuldner der Rechtsanwaltsvergütung (§§ 611, 675 BGB) ist, wer den Auftrag nach
den allgemeinen Grundsätzen der §§ 145 ff BGB erteilt. Bei Prozessvertretung ist
Erteilung einer (schriftlichen) Prozessvollmacht weder Voraussetzung noch zwingender
Beleg für ein Auftragsverhältnis; die Übergabe einer Prozessvollmacht kann allerdings
eine konkludente Beauftragung enthalten (vgl. Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung
des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn 33; Zugehör/Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn 10,
14). Der Auftraggeber muss nicht mit der Prozesspartei identisch sein, bei
Streitgenossenschaft ist somit nicht jeder Streitgenosse notwendig auch Auftraggeber
(vgl. OLG Köln AnwBl. 1978, 65 für den Fall des von der Haftpflichtversicherung erteilten
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(vgl. OLG Köln AnwBl. 1978, 65 für den Fall des von der Haftpflichtversicherung erteilten
Prozessauftrags im Prozess gegen sie und den Versicherten; ferner Riedel/Sußbauer,
RVG, 9. Aufl., § 1 Rn 17).
Die bloße Parteistellung der Beklagten zu 2. begründet den Zahlungsanspruch somit
nicht.
b) Eine eigene auf den Abschluss eines Anwaltsvertrags gerichtete Willenserklärung hat
die Beklagte zu 2. gegenüber dem Kläger nicht abgegeben. Zwar kann ein
Anwaltsvertrag auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen (vgl. BGH NJW
1991, 2084, 2085), etwa durch Entgegennahme der Anwaltsleistung oder Ausübung von
Frage- oder Informationsrechten gegenüber dem Anwalt (vgl. BGH VersR 1981, 460,
461; Zugehör/Sieg, a.a.O., Rn 13). Abgesehen davon, dass der Erklärungswert eines
derartigen Verhaltens für die Beurteilung der Frage, wer von zwei Streitgenossen (beide
oder nur einer) Auftraggeber ist, fraglich ist, hat die Beklagte zu 2. gegenüber dem
Kläger vor und während der Prozessführung nicht gehandelt. Der Kläger beruft sich nur
auf ein Handeln des Beklagten zu 1. und meint gerade, dass dies der typischen
Arbeitsteilung in der Ehe der Beklagten entsprochen habe.
c) Der Beklagte zu 1. hat die Beklagte zu 2. jedoch bei Auftragserteilung an den Kläger
vertreten.
aa) Der Beklagte zu 1. hat den Kläger - was die Beklagten in zweiter Instanz auch nicht
mehr in Abrede stellen - mit ihrer Vertretung im Vorprozess beauftragt. Erkennbar auf
Grund Unterrichtung durch den Beklagten zu 1. vom Prozess meldete sich der Kläger
unter dem 16.07.2000 vor dem Amtsgericht Wedding als Prozessbevollmächtigter der
Beklagten zu 2., nahm im Beisein des Beklagten zu 1. am 24.07.2000 den
Verhandlungstermin als Vertreter beider Beklagten wahr und trat als
Prozessbevollmächtigter beider Beklagten vor dem Berufungsgericht auf.
Das Handeln des Beklagten zu 1. erfolgte nach den Umständen (§ 164 Abs. 1 Satz 2
BGB) auch namens der Beklagten zu 2. Denn bei der Beauftragung mit der Vertretung
von Streitgenossen darf der Rechtsanwalt ohne Vorliegen besonderer Umstände und
Abreden gemäß §§ 133, 157 BGB grundsätzlich von einer Auftragserteilung durch alle
Genossen ausgehen. Dies entspricht für den Regelfall den Interessen aller Beteiligten;
der Rechtsanwalt erhält zwei Schuldner, der handelnde Streitgenosse verringert das
Risiko seiner (alleinigen) Inanspruchnahme, und der andere Streitgenosse hat eigene
Ansprüche und Rechte gegenüber dem Rechtsanwalt. Vorliegend ist nicht ersichtlich und
von den Beklagten nach dem Hinweis des Senats im Verhandlungstermin, dass nach
den Umständen ein Fremdhandeln vorliege, auch nicht vorgetragen worden, dass der
Beklagte zu 1. den Auftrag ausdrücklich nur im eigenen Namen erteilt habe.
bb) Der Beklagte zu 1. war von der Beklagten zu 2. bevollmächtigt, sie bei Beauftragung
des Klägers als Prozessbevollmächtigten mit zu verpflichten. Allerdings ist über den
Inhalt etwaiger mündlicher Absprachen zwischen den Beklagten nichts vorgetragen.
Auch kann dahinstehen, ob sich aus der von der Beklagten zu 2. unter dem 29.06.2000
zur Akte des Amtsgerichts Wedding gereichten, auf den Beklagten zu 1. lautenden
Prozessvollmacht bereits eine materielle Berechtigung zur Beauftragung eines
Rechtsanwalts ergibt oder ob dies über den Kreis von Hilfsgeschäften, die von § 81 ZPO
gedeckt sind, hinaus geht. Auch ist das Verhalten der Beklagten zu 2. in anderen
Prozessen, welches das Landgericht als Duldungsvollmacht behandelt hat, vorliegend
nicht erheblich.
Denn unter den vorliegenden Umständen lag eine schlüssig erteilte Vollmacht für die
Beauftragung des Klägers mit der Prozessvertretung vor. Die Beklagte zu 2. hat die
gemeinsam gewollte Rechtsverteidigung im Vorprozess dem Beklagten zu 1.
überlassen, wie auch daran erkennbar wird, dass sie ihm Prozessvollmacht erteilte.
Damit übertrug sie ihm eine Aufgabe, deren ordnungsgemäße Wahrnehmung eine
(materielle) Vollmacht zur Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderte, worin eine
schlüssige Bevollmächtigung liegt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 167 Rn 1).
Dies gilt unzweifelhaft für die Beauftragung in zweiter Instanz, in der Anwaltszwang
besteht, so dass der Beklagte zu 1. die ihm übertragene Aufgabe, für die
Rechtsverteidigung zu sorgen, nur durch Beauftragung eines Rechtsanwalts erfüllen
konnte. Jedoch umfasste die Vollmacht auch die erstinstanzliche Mandatierung. Für die
Bestimmung des Umfangs einer Vollmacht ist deren Zweck beachtlich (vgl. BGH NJW
1988, 3012, wo etwa angenommen wurde, dass die Vollmacht zur Veräußerung von
Eigentumswohnungen die Befugnis zur Beauftragung eines Makler umfasse). Die
Einschaltung eines Rechtsanwalts bereits in erster Instanz war angesichts der
erheblichen Bedeutung dieses Mietprozesses vernünftig und nahe liegend. Die Beklagte
zu 2. hat auch nicht geltend gemacht, dass sie aus Kostengründen allein mit einem
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zu 2. hat auch nicht geltend gemacht, dass sie aus Kostengründen allein mit einem
Auftreten des Beklagten zu 1. vor dem Amtsgericht einverstanden gewesen sei und die
Einschaltung des Klägers durch diesen abredewidrig erfolgt sei.
cc) Jedenfalls hätte die Beklagte zu 2. ein etwaiges vollmachtloses Handeln des
Beklagten zu 1. durch schlüssiges Verhalten genehmigt, indem sie auf den Antrag nach
§ 19 BRAGO, in dem auch von ihr Vergütung für zwei Instanzen gefordert wurde, unter
dem 12.10.2001 den Kläger als ihren „ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten“
bezeichnete und sich nur mit anderen Einwendungen als fehlender
Auftraggebereigenschaft verteidigte. Eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten
setzt regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder
zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu
sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen
(BGH NJW 2002, 2325, 2327; NJW 1988, 1199, 1200). Ein derartiges Verhalten mit
Erklärungswert und -bewusstsein läge hier vor, wenn der Beklagte zu 1. seine Vollmacht
denn überschritten hätte. Denn die Beklagte zu 2. wusste dann, dass sie nicht wirksam
vertreten war, und brachte den Willen zum Ausdruck, sich darauf nicht zu berufen und
damit das Geschäft zu genehmigen.
d) Darüber hinaus hat der Beklagte zu 1. jedenfalls gemäß § 1357 Abs. 1 BGB mit
Wirkung für die Beklagte zu 2. gehandelt. Bei der Beauftragung des Klägers handelte es
sich um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie.
Der Begriff des „Lebensbedarfs“ ist, nachdem das seit dem 01.07.1977 geltende Gesetz
nicht mehr an die Haushaltsführung anknüpft, nicht funktional auf die Haushaltsführung
und somit etwa auf Bedarfsgeschäfte des täglichen Lebens bezogen, sondern danach
auszulegen, was unterhaltsrechtlich gemäß den §§ 1360, 1360 a BGB zum Lebensbedarf
der Familie zu rechnen ist (BGHZ 94,1 ff = NJW 1985, 1394, 1395).
Da der Begriff des Lebensbedarfs umfassend zu verstehen ist (vgl.
Bamberger/Roth/Lohmann, BGB, § 1357 Rn 13), kann hierzu auch die Beauftragung
eines Rechtsanwalts zählen (vgl. auch Staudinger/Hübner/Voppel, BGB, 13. Aufl., § 1357
Rn 46).
Vorliegend lag die Beauftragung des Klägers im Rahmen des angemessenen Unterhalts
gemäß § 1360 a Abs. 1 BGB. Sie diente der Abwehr der Klage gegen die Eheleute,
welche eine Zahlungs- und Herausgabeforderung in Bezug auf ihr Familienheim betraf,
und damit der Sicherung der Ehewohnung und Abwehr einer erheblichen, wenn nicht
existenzgefährdenden Forderung.
Dass die Anmietung und Aufgabe einer Wohnung als „Grundlagengeschäft“ nach
überwiegender Meinung grundsätzlich nicht von § 1357 BGB umfasst sein soll
(Staudinger a.a.O., Rn 46; Palandt/Brudermüller, BGB, 64. A., § 1357 Rn 14), steht nicht
entgegen.
Denn vorliegend geht es nicht um grundlegende Veränderungen, sondern gerade um
die Erhaltung des geschaffenen Heims (vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1084
und NJWE-FER 2001, 197 für die Beseitigung von Brand- und Wasserschäden an der
Ehewohnung mit Kosten von je ca. 20.000 DM).
Dass der Umfang der Verbindlichkeit den Rahmen des nach §§ 1360, 1360 a BGB
Geschuldeten und damit zugleich denjenigen der Mitverpflichtung nach § 1357 BGB (vgl.
BGH a.a.O., S. 1395) sprengt, ist nicht ersichtlich. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts
war sachgerecht, das Kostenrisiko - das sich auch kaum verwirklicht hat -
verhältnismäßig. Selbst bei denkbarer Belastung mit den gesamten eigenen
Anwaltskosten sprengte das Geschäft nicht den Rahmen der familienindividuellen
Verhältnisse, die durch einen gehobenen Zuschnitt - die Ehewohnung befindet sich in
einem großzügigen Anwesen - gekennzeichnet waren. Der Lebenszuschnitt wird auch
dadurch beeinflusst, dass der Ehegatte mit dem Geschäft nach Absprache
einverstanden ist (BGH a.a.O., S. 1396).
Das Merkmal der „Angemessenheit“ ist ebenfalls erfüllt. Es dient dem Ausschluss von
Geschäften größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden können,
und soll den nicht beteiligten Ehegatten aus einer überraschenden Inanspruchnahme
aus solchen Geschäften schützen. Ob das im Falle eines Anwaltsauftrags für eine
gemeinsame Prozessführung grundsätzlich der Fall ist, kann dahinstehen (offenbar - da
nicht ein Geschäft des „täglichen Lebens“ - verneinend für den Fall eines
Steuerberatungsvertrags OLG Düsseldorf OLG-Rep. 1991, Heft 3, Seite 13). Die
Angemessenheit der Bedarfsdeckung durch Alleingeschäfte eines der Ehegatten kann
nach den individuellen Verhältnissen der Eheleute über das Übliche hinaus erweitert sein
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nach den individuellen Verhältnissen der Eheleute über das Übliche hinaus erweitert sein
(BGH a.a.O., S. 1396). Vorliegend hatte die Beklagte zu 2. dem Beklagten zu 1. eine
Prozessvollmacht erteilt und sich um die Prozessführung nicht selbst gekümmert. Dann
konnte sie jedoch nicht überrascht sein, wenn der Beklagte zu 1. den Kläger ohne
Rücksprache beauftragt haben sollte.
3) Die Honorarforderungen des Klägers zur Vertretung in erster und zweiter Instanz sind
nicht verjährt.
Mit Verkündung der Urteile erster und zweiter Instanz, die jeweils eine
Kostenentscheidung enthielten, wurde die Vergütung fällig (§ 16 S. 2 BRAGO). Gemäß §§
196 Abs. 1 Nr. 15, 198, 201 BGB a.F. begann die zweijährige Verjährung Ende 2000 bzw.
2001.
Nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB verbleibt es bei der nach dem bis zum 31.12.2001
geltenden Recht maßgeblichen kürzeren Verjährungsfrist von zwei Jahren.
Nach § 19 Abs. 6 BRAGO a.F. wurde die Verjährung durch den Festsetzungsantrag vom
13.09.2001 (reduziert unter dem 03.11.2001) wie durch Klageerhebung unterbrochen.
Diese Unterbrechung endete nicht erst mit Stillstand des Festsetzungsverfahrens nach
Zugang der Kostenanforderung vom 03.05.2002 beim Kläger (§§ 217, 211 Abs. 2 BGB
a.F.), sondern nach dem Überleitungsrecht des Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB bereits mit
Ablauf des 31.12.2001. Jedoch ordnet diese Vorschrift an, dass - insoweit noch in
Übereinstimmung mit § 217 BGB a.F. - sich eine „neue Verjährung“ anschließt, die
jedoch von Anfang an gehemmt ist; die Verjährung beginnt somit erst mit Ende dieser
Hemmung nach § 204 Abs. 2 BGB n.F. (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. A., Art 229
EGBGB § 6 Rn 8).
Somit wurde die Verjährung von nochmals zwei Jahren (Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB) nach
§ 19 Abs. 7 BRAGO in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB n.F. ab dem 01.01.2002 sogleich gehemmt. Die Hemmung endete nach § 204 Abs.
2 Satz 2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung vor Stillstand des
Verfahrens, also nach Zugang der Kostenanforderung vom 03.05.2002 (die am
04.05.2002 zugegangen sein dürfte), und damit mit Ablauf des 04.11.2002.
Da nach § 209 BGB n.F. die Verjährungsfrist um die Hemmungszeit zu verlängern ist und
die Hemmung von Beginn der Verjährungsfrist an bestand, lief die Verjährungsfrist
sodann bis zum 04.11.2004.
Mit Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags des Klägers im streitigen Verfahren vor
dem Landgericht am 04.05.2004 trat gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB erneut Hemmung
ein, die in der Prozesskostenhilfebewilligung und sodann Klagezustellung am 17.12.2004
mündete. Ob der Hemmungstatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB überhaupt die
Beifügung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des
Antragstellers erfordert (vgl. BT-DrS 14/6040, Seite 116), ist nicht erheblich, da die
Erklärung des Klägers vom 23.12.2003 aus dem vorangegangenen
Prozesskostenhilfeverfahren vor dem Mahngericht bereits vorlag. Es handelte sich auch
um den „erstmaligen“ Antrag im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB. Das Merkmal dient
nur der Verhinderung eines Missbrauchs der Hemmungsmöglichkeit durch eine
gestaffelte Antragstellung, vgl. BT-DrS 14/6040, Seite 116. Der Antrag vom 04.05.2004
war jedoch der erste Antrag im Streitverfahren. Auf den vorangegangenen Antrag im
Mahnverfahren ist nicht etwa abzustellen. Denn die Prozesskostenhilfeverfahren vor dem
Mahngericht und dem Prozessgericht stellen unterschiedliche Verfahren dar, wie bereits
daran erkennbar wird, dass eine Prozesskostenhilfegewährung im Mahnverfahren
mangels Schlüssigkeitsprüfung sich nicht auf das streitige Verfahren erstreckt (vgl.
Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 119 Rn 16).
Darauf, ob eine Hemmung der Verjährung bereits mit dem Prozesskostenhilfeantrag im
Mahnverfahren vom 30.12.2003 eingetreten war oder dies an einer zu unbestimmten
Angabe des verfolgten Anspruchs im Mahnantrag scheiterte, kommt es somit nicht an.
4) Die prozessualen Entscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 3, 708 Nr.
10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache
weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§
543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO).
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