Urteil des KG Berlin vom 19.03.2002

KG Berlin: ddr, entschädigung, versicherungsschutz, allgemeine geschäftsbedingungen, abweichende meinung, zgb, avb, agb, versicherer, polizei

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Gericht:
KG Berlin 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 76/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 248 Abs 1 ZGB DDR, § 263
Abs 1 ZGB DDR
Erweiterte Haushaltsversicherung der DDR: Auslegung der
Versicherungsbedingungen nach
Gesetzesauslegungsgrundsätzen und Versicherungsschutz für
außer Gebrauch befindliche Schmuckstücke
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Übrigen
das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 19. März 2002 teilweise
geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.787,48 Euro nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 9. März 2001 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 80 % und die Beklagte 20 %
zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 54 % und die Beklagte 46 %
zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % hiervon abwenden, wenn nicht die andere Partei
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Im März 1988 schlossen der Kläger und die Staatliche Versicherung der DDR einen
Vertrag über eine Erweiterte Haushaltversicherung. In dem Versicherungsschein sind als
Grundlage des Vertrags neben dem Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) genannt die
Allgemeinen Bedingungen für die Erweiterte Haushaltversicherung (ABEH). In § 4 Buchst.
c) ABEH heißt es:
"Versicherungsschutz besteht nicht für:
...
c) die außer Gebrauch befindlichen Schmuckgegenstände und Edelmetalle, deren
Gesamtwert 5.000 M oder deren Einzelwert 3.000 M übersteigt, sowie Wertpapiere,
Sparbücher, Schecks, Briefmarken- und Münzsammlungen gegen Schäden durch
Einbruchdiebstahl, wenn sich diese Sachen nicht in verschlossenen und gegen die
Wegnahme gesicherten Behältnissen befinden oder in einem zusätzlich verschlossenen
Raum innerhalb der Wohnung aufbewahrt werden."
Nach einem Einbruch in das Einfamilienhaus des Klägers regulierte die Beklagte als
Rechtsnachfolgerin der D V-A, die in die bei der Staatlichen Versicherung der DDR
bestehenden Verträge eingetreten war (vgl. dazu OLG Jena, DtZ 1995, 141, 142) den
Schaden bis auf Schmuck im Werte von 14.832 DM und – teilweise – eine
Münzsammlung im Werte von noch 3.294 DM.
Der Kläger hat eine Entschädigung in Höhe von 18.126 DM nebst Zinsen auch für diese
Sachen gefordert.
Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit gemäß § 4 Buchst. c) AVB ihrer
Rechtsvorgängerin, der D V-A, berufen; diese Versicherungsbedingungen, die dem
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Rechtsvorgängerin, der D V-A, berufen; diese Versicherungsbedingungen, die dem
Kläger weder zugesandt noch überhaupt zur Kenntnis gebracht worden waren, sind bis
auf die Ersetzung der jeweiligen M(ark der DDR)-Beträge durch DM-Beträge sowie
Zusätze entsprechend der Anordnung über die Aufhebung von Rechtsvorschriften auf
dem Gebiet der freiwilligen Sach- und Haftpflichtversicherungen der Bürger vom 22.
August 1990 (im folgenden: Anordnung) gleichlautend mit den ABEH.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von
3.876,62 Euro (7.582 DM) nebst Zinsen verurteilt, die übrige Klage abgewiesen und zur
Begründung ausgeführt, die unbestritten im Gesetzblatt der DDR veröffentlichten, den
AVB der Rechtsvorgängerin der Beklagten inhaltsgleichen Versicherungsbedingungen
seien gemäß dem Versicherungsschein Vertragsbestandteil geworden. Gemäß § 4
Buchst. c) AVB, gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken aus §§ 3 und 5 AGBG a. F.
bestünden, sei die Entschädigung für den im unverschlossenen Eckschrank befindlich
gewesenen Schmuck und die Münzsammlung auf 5.000 DM beschränkt und nicht etwa
wegen Überschreitung dieser Entschädigungsgrenze ausgeschlossen. Auf diesen dem
Kläger zustehenden Höchstbetrag sei die für die Münzsammlung bereits erhaltene
Entschädigung von 1.303 DM anzurechnen, sodass 3.697 DM verblieben. Hinzu trete die
Entschädigung von 3.885 DM für den auf einem Kästchen auf dem Nachttisch
befindlichen, also in Gebrauch gewesenen Schmuck.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Mit ihr macht sie
geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei § 4 Buchst. c) AVB eindeutig
dahin zu verstehen, dass bei Übersteigen der Wertgrenze von 5.000 DM eine
Entschädigung nur bei der dort geforderten besonderen Verwahrung geleistet werde.
Auch bezüglich des in dem Kästchen befindlichen Schmucks sei keine Entschädigung zu
leisten, weil nur täglich benutzte Schmuckstücke als "in Gebrauch befindlich" zu
bezeichnen seien. Das Schmuckstück Nr. 17 sei wieder in den Besitz des Klägers
zurückgelangt.
Die Beklagte beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Beklagten weiter entgegen und hält das erstinstanzliche
Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Akten 9 U Js 2870/01 der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin lagen zur
Information vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
A. Maßgebend für den Anspruch des Klägers ist das ZGB.
1. Der Kläger stützt seine Forderung auf den von ihm 1988 abgeschlossenen
Versicherungsvertrag. Dieser Anspruch richtet sich nach dem Recht der ehemaligen
DDR und damit nach dem ZGB. Denn gemäß Art. 232 § 1 EGBGB ist für ein
Schuldverhältnis, das vor Wirksamwerden des Beitritts entstanden ist, das bisherige für
das in Art. 3 Einigungsvertrag genannte Gebiet geltende Recht maßgebend. Das gilt
auch für Versicherungsverträge (vgl. BGH, DtZ 1996, 276, 277).
2. Da es sich bei der in Rede stehenden Versicherung um eine Sachversicherung
handelt, ergibt sich der Anspruch des Klägers somit aus §§ 248 Abs. 1, 263 Abs. 1 ZGB.
Insoweit ist zwischen den Parteien außer Streit, dass dem Kläger wegen des Einbruchs in
sein Einfamilienhaus am 9. Februar 2001 dem Grunde nach ein
versicherungsvertraglicher Entschädigungsanspruch zusteht.
3. In der Berufung streiten die Parteien lediglich noch darüber, ob der Kläger eine
Entschädigung auch hinsichtlich des Schmucks in Höhe des ihm vom Landgericht
zugesprochenen Betrages von 7.582 DM (= 3.885 DM + 3.697 DM) verlangen kann, was
die Beklagte nach wie vor in Abrede stellt. Insoweit hat folgendes zu gelten:
Das Landgericht hat die in Rede stehenden Versicherungsbedingungen als Allgemeine
Geschäftsbedingungen (AGB) angesehen. Dem kann nicht gefolgt werden. Ausweislich
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Geschäftsbedingungen (AGB) angesehen. Dem kann nicht gefolgt werden. Ausweislich
des Versicherungsscheines sind Grundlage des Versicherungsvertrags neben dem ZGB
die ABEH. Diese sind als Rechtsvorschriften erlassen worden (vgl. Kommentar zum ZGB,
herausgegeben vom Ministerium der Justiz (Autorenkollektiv), 1985, § 247 Anm. 1) und
als Anlage zu der Anordnung Nr. 5 über die Allgemeinen Bedingungen für freiwillige
Sach- und Haftpflichtversicherungen der Bürger vom 1. September 1986 im Gesetzblatt
der DDR (GBl. 1986 I S. 396 ff.) veröffentlicht worden. In dem vorliegend streitigen
Umfang gelten die ABEH auch fort. Zwar ist mit der Anordnung vom 22. August 1990
(GBl. 1990 I S. 1270) nach deren § 1 Nr. 4 die Anordnung Nr. 5 vom 1. September 1986
aufgehoben worden. Nach § 2 Abs. 1 der Anordnung vom 22. August 1990 werden die
bestehenden Verträge zu freiwilligen Sach- und Haftpflichtversicherungen der Bürger
aber auf der Grundlage der bisherigen Versicherungsbedingungen weitergeführt. Diese
Bestimmung ist nach Anlage II Kap. IV Abschn. III Nr. 8 des Einigungsvertrags in Kraft
geblieben. Gelten aber die als Rechtsvorschriften erlassenen ABEH fort, so ist auch
deren Charakter als Rechtsvorschriften erhalten geblieben. Als AGB können sie nicht
gewertet werden. Denn das würde voraussetzen, dass sie aufgrund einer vertraglichen
Einigung in den Vertrag einbezogen worden sind. Das ist nicht der Fall. Soweit der Senat
in seinem Urteil vom 18. Juni 1996 – 6 U 1678/96 – eine hiervon abweichende Meinung
vertreten hat, lag dem die Besonderheit zugrunde, dass es dort am 18. August 1994 zu
einem das Versicherungsverhältnis ändernden Nachtrag gekommen war, bei dem der
(geänderte) Versicherungsvertrag den freiwillig vereinbarten AGB des Versicherers
unterstellt wurde.
Handelt es sich somit bei den ABEH um als Gesetzesrecht in Kraft gesetzte und
fortbestehende Versicherungsbedingungen, ist es von vornherein unerheblich, ob diese
dem Kläger zugesandt oder sonst zur Kenntnis gebracht worden sind.
B. Was die Auslegung des § 4 Buchst. c) ABEH anbelangt, können nach dem vorstehend
Gesagten hierzu nicht die nach dem AGBG a. F. entwickelten Grundsätze herangezogen
werden, wonach AVB eines Versicherers grundsätzlich so auszulegen sind, wie sie ein
durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer
Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen
muss, wobei nach der Auslegung nicht zu beseitigende Zweifel im Hinblick auf die
Unklarheitenregel des § 5 AGBG a. F. zu Lasten des Verwenders der AVB gehen.
Der Frage, wie die Auslegung danach im Einzelnen zu erfolgen hat, müsste zwar nicht
weiter nachgegangen werden, wenn für die Auslegung der ABEH auf eine entsprechende
Rechtspraxis in der DDR zurückgegriffen werden könnte (vgl. dazu BGH, NJW 1993, 2531
unter II. 1.). Dem Senat ist eine solche Rechtspraxis jedoch nicht bekannt. Auch die
Parteien haben insoweit nicht auf diesbezügliche Entscheidungen verwiesen.
Es ist daher für die Auslegung der ABEH auf die Grundsätze abzustellen, die für die
Auslegung von Gesetzen gelten (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Einl. Rdnr.
34 ff., 38). Dies hindert es, was den Sinn und den Zweck der fraglichen gesetzlichen
Regelung betrifft, allerdings nicht, trotz der unterschiedlichen Einordnung der ABEH als
Rechtsvorschriften und der AVB der Versicherer als AGB wegen der gleichartigen
Interessenlage auf bundesdeutsche Rechtsprechung zurückzugreifen, die zu
vergleichbaren Versicherungsbedingungen als AGB ergangen ist. Das erscheint
sachgerecht, soweit den ABEH nicht erkennbar ein abweichender Sinn beizumessen ist,
wofür hier nichts ersichtlich ist.
Danach ist wie folgt zu unterscheiden:
1.3.885 DM (Schmuck in dem Kästchen auf dem Nachttisch)
a) Insoweit folgt der Senat der Auslegung durch das Landgericht. Die fraglichen
Schmuckstücke waren nicht, wie es § 4 Buchst. c) ABEH voraussetzt, "außer Gebrauch".
Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen
werden.
Demgegenüber macht die Beklagte vergeblich geltend, es befänden sich nur solche
Schmuckstücke nicht außer Gebrauch, die z. B. zum Zwecke von Verrichtungen wie
Händewaschen oder Küchenarbeiten abgenommen würden oder abends vor dem
Schlafengehen, um am nächsten Morgen wieder angelegt zu werden. Was nämlich den
Sinn und den Zweck der in Rede stehenden gesetzlichen Regelung betrifft, erscheint es
interessegerecht, die Literatur und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem
vergleichbaren § 2 Abs. 4 Buchst. b) VHB 66 heranzuziehen. Hierzu ist die Ansicht
vertreten worden, "was ein sorgsamer Mensch nicht offen liegen zu lassen pflege, sei
außer Gebrauch", so z. B. Schmucksachen, die zwei aufeinanderfolgende Tage – bei
hohem Wert auch nur einen einzigen Tag – nicht getragen würden (vgl. Prölss/Martin,
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hohem Wert auch nur einen einzigen Tag – nicht getragen würden (vgl. Prölss/Martin,
VVG, 20. Aufl., § 2 VHB Anm. 4 B S. 537). Diese Auslegung hat der Bundesgerichtshof
gebilligt (vgl. VersR 1973, 1010, 1012 und VersR 1983, 573, 574). Danach ist entgegen
der Auffassung der Beklagten eine gewisse zeitliche und räumliche Entfernung des
Trägers der Sachen noch als in den Gebrauch eingeschlossen anzusehen. Das Merkmal
"außer Gebrauch" kann danach nicht etwa deshalb bejaht werden, weil der Kläger und
seine Ehefrau die Schmuckstücke in das Kästchen gelegt haben, also am Diebstahlstage
nicht getragen haben. Damit haben sie nicht zum Ausdruck gebracht, dass diese
Schmuckstücke nicht mehr aktuell in Gebrauch waren. Zu Recht hat das Landgericht aus
der Tatsache, dass der Kläger genaue Kenntnis vom Inhalt des Kästchens hatte, den
Schluss gezogen, dass nicht schon aufgrund des Umstands, dass die Sachen am
Diebstahlstage nicht getragen wurden, von einem nur mehr gelegentlichen Tragen der
Schmuckstücke ausgegangen werden muss. Es kann auch nicht im Hinblick auf die
Anzahl, die Art und den Wert der Schmuckstücke (eine Perlenkette im Wert von 998 DM,
eine (Herren-)Halskette im Wert von 386 DM, ein Ring mit Koralle im Wert von 389 DM,
ein Damenring mit zwei Türkisen im Wert von 288 DM, ein Ring mit Perle im Wert von 499
DM, Ohrringe/Stecker im Wert von 300 DM, eine Krawattenadel im Wert von 130 DM,
Manschettenknöpfe im Wert von 145 DM, eine Herrenarmbanduhr im Wert von 400 DM
sowie ein Ehering im Wert von 350 DM) davon gesprochen werden, die Verkehrssitte
oder die Anschauung des Lebens sprächen für eine lediglich gelegentliche Verwendung.
Wie die Erfahrung zeigt, besteht ein breites, ganz unterschiedliches Spektrum, was das
Tragen von Schmuckstücken anbelangt. Da der Wert der Perlenkette mit 998 DM noch
unter 1.000 DM liegt, kann ferner nicht in Bezug auf dieses Schmuckstück davon
ausgegangen werden, jedenfalls dieses hätte wegen seines Wertes weggeschlossen
werden müssen.
b) Nicht begründet ist der Anspruch des Klägers hinsichtlich des Schmuckstücks Nr. 17
(Ring mit Koralle im Wert von 389 DM). Denn hierzu hat die Beklagte unwidersprochen
vorgetragen, sie habe den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 29.
April 2002 mitgeteilt, dass ihrerseits keine Bedenken gegen die Herausgabe der von der
Polizei aufgefundenen Schmuckstücke bestünden. Soweit der Kläger demgegenüber
vorgetragen hat, die Erklärung vom 29. April 2002 wäre nicht nur ihm gegenüber,
sondern zugleich auch gegenüber der Polizei abzugeben, die nach wie vor ihm
gegenüber die Herausgabe des wiedergefundenen Schmuckes aufgrund der
vorangegangenen Anweisung der Beklagten vom 31. Juli 2001 verweigere, fehlt es an
jeglichem näheren Vorbringen des Klägers dazu, dass und wann er unter Vorlage des
besagten Schreibens der Beklagten vergeblich versucht hat, die Herausgabe des
wiedergefundenen Schmucks von der Polizei zu erlangen.
c) Es verbleibt somit ein offener Anspruch des Klägers in Höhe von lediglich 1.787,48
Euro (= 3.496 DM = 3.885 DM – 389 DM)
2.3.697 DM
a) Die dem Kläger neben den 3.885 DM zugesprochenen 3.697 DM ergeben sich aus
dem vom Landgericht als Entschädigungsgrenze angenommenen Betrag von 5.000 DM
(diese Entschädigungsgrenze betrifft allein Schmuckgegenstände und nicht auch
Münzsammlungen, siehe dazu im Folgenden unter c), wobei das Landgericht auf diesen
Betrag die von der Beklagten auf die Münzen gezahlten 1.303 DM angerechnet hat.
Gegen diese Anrechnung hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben. Vom Senat zu
prüfen ist deshalb lediglich die Frage, ob dem Kläger hinsichtlich des nicht in Gebrauch
befindlichen Schmucks ein Anspruch in dieser Höhe zusteht und ob bei einem
Nichtbestehen von Versicherungsschutz die Regelung in § 4 Buchst. c) ABEH, wie das
Landgericht angenommen hat, so zu verstehen ist, dass durch sie die zu zahlende
Entschädigung (nur) der Höhe nach beschränkt wird. Letzteres ist zu verneinen.
b) Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht in Anlehnung an die bereits zitierte
Entscheidung des Senats davon ausgegangen, dass die Schmuckstücke nicht
bedingungsgemäß unter Verschluss gehalten wurden, und zwar unabhängig davon, ob
insoweit ein Risikoausschluss oder eine verhüllte Obliegenheit anzunehmen ist, Begriffe,
die dem Versicherungsvertragsrecht der DDR insbesondere wegen der daran
anknüpfenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast erkennbar fremd waren, da
das materielle Recht der DDR keine Regelung der Darlegungs- und Beweislast enthielt
(vgl. dazu Kommentar zum Zivilprozessrecht der DDR, herausgegeben vom Ministerium
der Justiz (Autorenkollektiv), 1987, § 2 Anm. 2.5 und § 52 Anm. 1.2; Zivilprozessrecht,
Lehrbuch von einem Autorenkollektiv, 1980, S. 297 unter 11.2.3). Insoweit hat der Kläger
Einwendungen gegen das Urteil des Landgerichts auch nicht erhoben.
c) Die Entscheidung hängt somit allein von der Auslegung des § 4 Buchst. c) ABEH ab.
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c) Die Entscheidung hängt somit allein von der Auslegung des § 4 Buchst. c) ABEH ab.
Insoweit kann dem Landgericht nicht gefolgt werden, wenn es angenommen hat, dass
der Versicherer in Bezug auf ungesicherte Schmuckstücke, die nicht in Gebrauch waren,
eine Entschädigung bis zu einem Betrag von 5.000 DM zu leisten hat. Denn in § 4
Buchst. c) ABEH ist der Ausschluss des Versicherungsschutzes erkennbar in zwei
unterschiedlichen Weisen geregelt.
Die dort erwähnten Wertpapiere, Sparbücher, Schecks, Briefmarken- und
Münzsammlungen können zwar ebenso wie die ebenfalls genannten
Schmuckgegenstände und Edelmetalle stückmäßig teils gesichert im Sinne dieser
Vorschrift, teils ungesichert aufbewahrt werden. Es ist ohne weiteres eine Aufteilung
dahin möglich, dass nur die nicht gesicherten Stücke aus dem Versicherungsschutz
herausfallen, wogegen für die gesicherten Stücke Entschädigung zu leisten ist.
Demgegenüber fällt die Regelung bezüglich der Schmuckgegenstände und Edelmetalle
dadurch auf, dass für diese Sachen Höchstbeträge für den Versicherungsschutz
angegeben sind. Bei einem Einzelstück im Wert von über 3.000 DM, das vom
Versicherungsschutz ausgeschlossen ist, stellt sich die Frage nach einer teilweisen
gesicherten Unterbringung nicht. Mehrere Schmuck- oder Edelmetallsachen im
Gesamtwert von über 5.000 DM können zwar ebenso wie Wertpapiere usw. teilweise
gesichert, teilweise ungesichert untergebracht werden. Jedoch lässt die ausschließlich für
solche Sachen ausdrücklich bestimmte Wertgrenze erkennen, dass hier eine andere
Regelung des Versicherungsschutzes gewollt ist. Ersichtlich ist dabei – anders als bei
Wertpapieren, Sammlungen usw. – auf eine Zusammenfassung der Gegenstände zu
einer Werteinheit abgestellt, die dem hierzu parallel geregelten Fall des einzelnen
Schmuckstücks im Wert von über 3.000 DM gleichgestellt sein soll. Ein solches
Einzelstück fällt von vornherein aus dem Versicherungsschutz heraus. Dann aber kann in
Bezug auf die über einem Wert von 5.000 DM liegende Werteinheit von
Schmuckgegenständen nichts anderes gelten. Sie sind ebenfalls völlig aus dem
Versicherungsschutz herausgenommen, sodass für alle diese Gegenstände keine
Entschädigung zu leisten ist, wenn sie nicht gesichert aufbewahrt werden. Wegen der
Werteinheit können die Stücke nicht unterschiedlich behandelt werden. Es wäre durch
nichts gerechtfertigt anzunehmen, dass der Versicherungsschutz für ein Einzelstück im
Wert von über 3.000 DM gänzlich entfällt und ausgeschlossen ist, dass aber der
Versicherungsschutz für mehrere Schmuckgegenstände im Gesamtwert von über 5.000
DM lediglich auf diesen Wert als bloße Entschädigungsgrenze beschränkt ist. Denn
ersichtlich liegt den beiden parallelen Regelungen der Gedanke zugrunde, dass der
Versicherer in beiden Fällen in gleicher Weise erwartet, dass wegen des hohen Werts –
zum einen des Einzelstücks bei über 3.000 DM, zum anderen der
Gesamtheit/Werteinheit der mehreren Stücke bei über 5.000 DM – die in § 4 Buchst. c)
ABEH festgelegten Sicherheitsanforderungen eingehalten werden. Hieraus folgt, dass
der Versicherer für ungesichert untergebrachte Schmuckstücke keine Entschädigung bis
zu einem Höchstbetrag von 5.000 DM zu leisten hat.
C. Der Zinsanspruch ist begründet gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB
a. F. Zwar ist auch für den Inhalt der schuldrechtlichen Verpflichtung, d. h. Ort und Zeit
der Leistung, weiter das bisherige Recht maßgebend (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., Art.
232 § 1 EGBGB Rdnr. 7, vgl. dort aber für Zinsschäden der Banken auch Rdnr. 9 a. E.).
Bundesdeutsches Recht ist aber in den Fällen anzuwenden, in denen neue, von außen
auf das Schuldverhältnis einwirkende, sich auch nicht aus seiner inneren Entwicklung
ergebende Umstände an das Schuldverhältnis herantreten (vgl. BGHZ 123, 59, 623;
BGH, ZIP 1995, 1200, 1202). Das ist hier der Fall. Denn bei der Neuregelung des § 288
Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. handelt es sich um einen derartigen Umstand. Nach Art. 229 § 1
Abs. 1 Satz 3 EGBGB soll diese Neuregelung für alle Forderungen gelten, die – wie hier –
seit dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 543
Abs. 2 Nr. 1 ZPO war die Revision zuzulassen, weil die Frage der Auslegung des § 4
Buchst. c) ABEH von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht
entschieden ist. Zwar handelt es sich insoweit um auslaufendes Recht. Eine
höchstrichterliche Entscheidung ist aber gleichwohl angezeigt, weil – wie dem Senat in
anderem Zusammenhang aus einer Mitteilung der Beklagten bekannt geworden ist –
noch ein ganz erheblicher Bestand (von über 2 Mio.) Erweiterten
Haushaltversicherungen existiert.
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