Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: anschlussberufung, beteiligungsgesellschaft, mietvertrag, geschäftsraum, miete, vollstreckung, kennzeichnung, abtretung, nebenkosten, wehr

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 236/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 690 Abs 1 Nr 3 ZPO, § 204 Abs
1 Nr 3 BGB
Anforderungen an die Individualisierung eines
Mietzinsanspruchs im Mahnbescheid
Leitsatz
Ein geltend gemachter Mietzinsanspruch ist in einem Mahnbescheid nicht hinreichend
individualisiert, wenn - bei Inbetrachtkommen mehrerer Verträge - ein falsches
Vertragsdatum angegeben wird, außerdem nicht ersichtlich ist, dass aus abgetretenem Recht
geklagt wird und zudem - auch über etwaige Vorkorrespondenz - nicht ersichtlich ist, für
welchen Zeitraum Mietzinsansprüche geltend gemacht werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 27.
September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin werden
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 70 % und die Beklagte zu 30
% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10
% abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten richten sich gegen
das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts
Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:
Die für das Jahr 1998 geltend gemachten Mietzinsansprüche seien nicht verjährt.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts genügten die Angaben im Mahnbescheid den
Individualisierungsanforderungen des § 690 ZPO. Im Jahr 1996 sei zwischen den Parteien
nur ein einziger, nämlich der hier streitgegenständliche Mietvertrag geschlossen worden.
Die Beklagte habe auch gewusst, dass noch Ansprüche im Raum stehen.
Die Beklagte handele treuewidrig, soweit sie den Verjährungseinwand erhebe (Bd. II Bl.
11). Sie nutze ihre formale Rechtsstellung missbräuchlich aus und verstoße somit gegen
§ 252 BGB.
Die Klägerin beantragt,
das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des
Landgerichts Berlin abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere
27.452,72 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 1998 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt ferner im Wege der Anschlussberufung,
das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des
Landgerichts Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt insoweit,
die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist, für
zutreffend und trägt ergänzend vor:
Die Angabe der von der Klägerin mit dem Mahnbescheidsantrag verfolgten
Hauptforderung allein mit der Bezeichnung
genüge den Anforderungen an eine
hinreichende Individualisierung der geltend gemachten Forderungen nicht (Bd. II Bl. 22).
Die Klägerin, die aus abgetretenem Recht klage, habe weder den Vertrag selbst noch die
Vertragsparteien genau benannt und zudem ein falsches Vertragsdatum angegeben.
Zudem sei die Angabe Miete verwirrend, da Gegenstand des
Mietvertrages vom 20. November 1996 ca. 10.503,66 qm Wohnfläche sowie 52
ebenerdige Stellplätze und nur ca. 595,97 qm Gewerbefläche seien (Bd. II Bl. 22).
Nicht zutreffend sei der Hinweis, Forderungen aus dem anderen Generalmietvertrag
(des Jahres 1995) seien zum Zeitpunkt des hier streitigen Mahnbescheidsantrages
bereits anhängig oder streitbefangen gewesen.
Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei auch nicht treuewidrig (Bd. II Bl. 24).
Zur Begründung der Anschlussberufung trägt die Beklagte ferner vor:
Das landgerichtliche Urteil sei unrichtig, soweit der Klage anteilig stattgegeben worden
sei (Bd. II Bl. 24). Da die Inhaberschaft der Gewährleistungsrechte und der
Mietzahlungsansprüche auseinander fielen, sei die Klägerin gehindert, sich auf § 242
BGB zu berufen.
II.
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 398 BGB
Anspruch auf Zahlung restlichen Mietzinses in Höhe von insgesamt 11.604,13 €, nämlich
in Höhe von 6.393,34 € für das Jahr 1999, in Höhe von 2.344,73 € für das Jahr 2000 und
in Höhe von 2.866,06 € für das Jahr 2001.
Der für das Jahr 1998 geltend gemachte Mietzinsanspruch der Klägerin in Höhe von
27.452,72 € ist hingegen gemäß §§ 197, 201 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1, 204 Abs. 1
BGB n.F., Artikel 229 § 6 EGBGB verjährt.
I. Berufung
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die
für das Jahr 1998 geltend gemachten Mietzinsansprüche verjährt sind, weil die
Zustellung des Mahnbescheides am 24. April 2003 mangels ausreichender
Individualisierung der im Mahnbescheid geltend gemachten Mietzinsansprüche keine
verjährungshemmende Wirkung hatte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterbricht ein
Mahnbescheid die Verjährung nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch nach §
690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend individualisiert worden ist. Er muss durch seine
Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden,
dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein
und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn
geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich
zur Wehr setzen soll (BGH, NJW 2001, 305 mit weiteren Nachweisen; Kammergericht,
Urteil vom 7. August 2003, 8 U 266/02; KG, KGR Berlin 2003, 161).
Die Hauptforderung ist in dem Mahnbescheid wie folgt bezeichnet:
„Miete für Geschäftsraum (einschl. Nebenkosten) gem. Vertrag vom 1.
November 1996 = 36.985,35 Eur“
Die Beklagte konnte aufgrund dieser Bezeichnung nicht erkennen, welche Ansprüche
gegen sie geltend gemacht werden und konnte folglich auch nicht beurteilen, ob und in
welchem Umfang sie sich zur Wehr setzen will.
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Die Klägerin macht tatsächlich, wie letztlich der Klageschrift entnommen werden kann,
abgetretene Mietzinsansprüche für Zeit von 1998 bis 2001 aus einem zwischen der ...
Immobilien Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG - ... - und der
Beklagten am 1. Oktober 1996 und 20. November 1996 unterzeichneten
Generalmietvertrag geltend. Da die Beklagte mit der ... Immobilien
Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG - ... - zumindest noch einen
weiteren Generalmietvertrag, nämlich vom 13. April 1995, geschlossen hat, wäre für eine
ausreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruches zumindest die
korrekte Angabe des Vertragsdatums erforderlich gewesen. Die Angabe des falschen
Datums könnte allenfalls dann für die Individualisierung des geltend gemachten
Anspruch unerheblich sein, wenn zwischen der ... Immobilien Beteiligungsgesellschaft
mbH & Co. Objektverwaltungs KG - ... - und der Beklagten keine weiteren Verträge
geschlossen worden wären (BGH, NJW 2002, 520).
Darüber hinaus ist der Kennzeichnung der geltend gemachten Ansprüche im
Mahnbescheid auch nicht zu entnehmen, dass es sich um abgetretene Ansprüche aus
einem mit der ... Immobilien Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG -
... - geschlossenen Mietvertrag handelt.
Für die Beklagte war aus dem Mahnbescheid auch nicht ersichtlich, für welchen Zeitraum
Mietzinsansprüche geltend gemacht werden. Eine Individualisierung war, wie das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auch nicht über den angegebenen Gesamtbetrag
möglich, zumal die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, dass sie diesen Betrag
vorprozessual angemahnt hätte, so dass der Beklagten eine Individualisierung über
eventuelle Vorkorrespondenz möglich gewesen wäre.
Anhaltspunkte dafür, dass die Erhebung der Verjährungseinrede treuewidrig sein könnte,
sind nicht ersichtlich.
II. Anschlussberufung
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls zutreffend ausgeführt,
dass der gegen die Mietzinsansprüche betreffend die Jahre 1999 bis 2001 erhobene
Minderungseinwand der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 242 BGB treuewidrig ist.
Unerheblich ist, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht lediglich Inhaberin der
Ansprüche aus dem Mietvertrag vom 20. November 1996 und nicht aus dem
Generalübernehmervertrag vom 28. April 1995 ist. Gemäß § 404 BGB kann der
Schuldner dem neuen Gläubiger nur die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der
Abtretung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Dem Minderungseinwand
der Beklagten stand aber bereits zum Zeitpunkt der Abtretung der Ansprüche aus dem
Mietvertrag der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat,
noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO
n. F.).
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