Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: grundsatz der spezialität, berufliche tätigkeit, versicherungsnehmer, haushalt, versicherungsschutz, rechtsschutzversicherung, enkelkind, stahl, minderjährigkeit, zusammenleben

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Gericht:
KG Berlin 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 175/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 26 Abs 2 ARB 2003, § 125 VVG
Rechtsschutzversicherung: Einbeziehung von im Haushalt des
Versicherungsnehmers lebenden Enkelkindern in den
versicherten Personenkreis
Leitsatz
§ 26 Abs. 2 a) und b) der Bedingungen einer Rechtsschutzversicherung mit der Bezeichnung
„Personen-, Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz mit Vertrags-Rechtsschutz“, wonach
minderjährige Kinder und volljährige Kinder unter den in lit. b) genannten Voraussetzungen
mitversichert sind, können nicht dahin ausgelegt werden, dass auch Enkelkinder mitversichert
sind, wenn sie Kinder einer mitversicherten Person sind, mit dem Versicherungsnehmer in
einem Haushalt als Familie zusammenleben, vom Versicherungsnehmer unterhalten werden
und auch die sonstigen Voraussetzungen wie Minderjährigkeit oder fehlendes erstes
Einkommen der lit. a) und b) gegeben sind.
Tenor
In dem Rechtsstreit … ./. … Versicherungs-AG wird der Kläger darauf hingewiesen, dass
der Senat beabsichtigt, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522
Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts nicht erfordert.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger als Enkelkind ihrer Versicherungsnehmerin
C. W. Rechtsschutz zu gewähren. Denn gemäß § 26 Abs. 2 a) und b) der dem
Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen „… ARB 2003“ - im Folgenden:
ARB - sind lediglich minderjährige Kinder und volljährige Kinder unter den in lit. b)
genannten Voraussetzungen mitversichert. Dazu gehört der Kläger nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt die Auslegung der Bedingungen nicht, dass
auch Enkelkinder mitversichert seien, wenn sie nur die von seinem
Prozessbevollmächtigten in der Klageschrift S. 5 unter den Ziffern 1) und 4) selbst
aufgestellten, nach seiner Behauptung sämtlichst auf ihn zutreffenden Voraussetzungen
erfüllen würden, nämlich
- 1) wiederum Kinder einer mitversicherten Person seien,
- 2) mit dem Versicherungsnehmer in einem Haushalt als Familie zusammenleben,
- 3) vom Versicherungsnehmer unterhalten werden und
- 4) auch die sonstigen Merkmale wie Minderjährigkeit oder fehlendes erstes Einkommen
vorlägen.
Für die Geltung derart von dem Kläger selbst aufgestellter Versicherungsbedingungen in
dem von seiner Großmutter abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag gibt es
keinerlei Anhaltspunkte. Denn auch wenn man den Begriff des Kindes in den
Versicherungsbedingungen nicht auf das Kind im Rechtssinne beschränkt und auf den
allgemeinen Sprachgebrauch abstellt, wird unter einem Kind der unmittelbare
Nachkomme ersten Grades verstanden und nicht der Abkömmling zweiten oder dritten
Grades. Da die Bedingungen keine Einschränkung auf leibliche Kinder enthalten, mögen
auch Adoptivkinder und Pflegekinder als mitversichert angesehen werden, sofern sich
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auch Adoptivkinder und Pflegekinder als mitversichert angesehen werden, sofern sich
Letztere regelmäßig außerhalb des Elternhauses ganz oder für einen nicht
unerheblichen Teil des Tages in Familienpflege im Haushalt des Versicherungsnehmers
auf dessen Kosten befinden (vgl. Harbauer-Stahl, Rechtsschutzversicherung, 7. Auflage,
§ 25 ARB 75 Rz. 7).
Ein Enkelkind jedoch ist nach allgemeinem Sprachgebrauch kein Kind. Die kürzere
Bezeichnung für ein Enkelkind ist nicht etwa „Kind“, sondern „Enkel“ (im
Althochdeutschen „Enikel“ als Verkleinerung zu „ano“ – Ahn, Großvater -, da der Enkel
als der wiedergeborene Großvater galt, vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1975). Als
Oberbegriff für Kinder und Enkel bzw. Enkelkinder kommt ebenfalls nicht der Begriff
Kinder in Betracht, sondern nur Kindeskinder, Nachfahren, Abkömmlinge etc.
Auch die Systematik der Absätze 1 und 2 des § 26 ARB zeigt, dass nur bestimmte
Angehörige unter den dort im Einzelnen definierten persönlichen und sachlichen
Voraussetzungen mitversichert sind. Gemäß Absatz 1) besteht unter den dort
genannten weiteren sachlichen Einschränkungen Versicherungsschutz für den privaten
und beruflichen Bereich des Versicherungsnehmers und seines ehelichen bzw.
eingetragenen oder im Versicherungsschein genannten nichtehelichen bzw. nicht
eingetragenen Lebenspartners. Gemäß Absatz 2 a) sind die minderjährigen und 2 b) die
unverheirateten bzw. nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden,
volljährigen Kinder mitversichert, jedoch längstens bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie
erstmalig eine auf Dauer angelegte berufliche Tätigkeit ausüben und hierfür ein
leistungsbezogenes Entgelt erhalten.
Angesichts dieser Umgrenzung des mitversicherten Personenkreises der Angehörigen
kommt eine Erstreckung auf Enkelkinder oder sonstige Angehörige auch angesichts der
Bezeichnung der Versicherung als „Personen-, Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz mit
Vertrags-Rechtsschutz“ im Versicherungsschein nicht in Betracht, denn dieser wird
ausweislich des Scheins „gemäß § 26 ARB“ gewährt.
Die Rechtsschutzversicherung gewährt nur Rechtsschutz in dem jeweils vereinbarten
Umfang. Es gilt der Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos, d. h. der
Versicherungsnehmer hat Anspruch auf Versicherungsschutz nur, wenn er nach Eintritt
eines Versicherungsfalls im versicherten Zeitraum im räumlichen Geltungsbereich der
ARB rechtliche Interessen in einer bestimmten (speziellen) versicherten Eigenschaft, in
einer bestimmten (speziellen) Form wahrzunehmen und hierbei Kosten der in den ARB
aufgezählten bestimmten (speziellen) Art aufzuwenden hat, ohne dass ein
Ausschlusstatbestand gegeben ist. Dabei beschreiben und begrenzen die besonderen
Bestimmungen des zweiten Teils der ARB in je einer eigenen Vertragsart in wechselnder
Zusammensetzung den jeweils versicherten Personenkreis, die jeweils versicherten
Eigenschaften und die jeweiligen Rechtsgebiete, für die Versicherungsschutz besteht.
Der Versicherungsnehmer hat die Möglichkeit, das für ihn passende, typisierte Paket
auszuwählen (vgl. Harbauer-Stahl, a.a.O., Vorbem. Vor § 21 Rn. 1). Dies zeigt, dass kein
Versicherungsschutz für sonstige Angehörige des Versicherungsnehmers, auch wenn sie
dauernd in seinem Haushalt leben (vgl. Harbauer-Stahl, a.a.O., § 25 Rz. 13) und die
weiteren vom Kläger selbst aufgestellten Kriterien erfüllen mögen, besteht.
binnen zweier
Wochen
zurückzunehmen.
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