Urteil des KG Berlin vom 03.02.2004

KG Berlin: fahrzeug, verschmutzung, beweiswürdigung, unfall, beweisantrag, tatsachenfeststellung, kausalität, geschäftsführer, ausnahme, reparaturkosten

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 59/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 287 ZPO
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss
zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines vermeintlichen
Unfalls am 3. Februar 2004 im Kreuzungsbereich Württembergische Straße/Zähringer
Straße in Berlin.
Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Leasingnehmerin eines Pkw BMW 735 i A. Sie
macht einen Zusammenstoß dieses von ihrem Geschäftsführer auf der bevorrechtigten
Württembergischen Straße geführten Fahrzeugs mit dem von dem ursprünglichen
Beklagten zu 1) auf der untergeordneten Zähringer Straße geführten und bei der
Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Daimler Benz geltend. Der ursprüngliche
Beklagte zu 1), gegen den die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, habe dem
Geschäftsführer der Klägerin die Vorfahrt genommen.
Das Landgericht hat gemäß Beschluss vom 6. Juni 2007 Beweis erhoben über die
Behauptung der Beklagten, es handle sich bei dem Vorfall vom 3. Februar 2004 um
einen vorsätzlichen Schadensfall, was sich aus den Fahrzeugschäden ergeben würde;
insbesondere folge aus den Schäden an der hinteren Felge des Klägerfahrzeugs, dass
dieses während der Kollision stillgestanden haben müsse, durch Einholung eines
schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Das Landgericht hat die Klage mit Versäumnisurteil vom 17. Januar 2007 abgewiesen.
Mit Urteil vom 18. Februar 2009 hat das Landgericht das Versäumnisurteil
aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die
darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht bewiesen habe, dass der von ihr geltend
gemachte Schaden tatsächlich unfallursächlich sei. Aufgrund des Gutachtens des
gerichtlichen Sachverständigen sei erwiesen, dass nicht alle Schäden für welche die
Klägerin Schadensersatz geltend gemacht habe, vom streitgegenständlichen Unfall
herrührten. Grundsätzlich hafte der Schädiger bei Nachweis des Vorhandenseins von
Vorschäden auch für diejenigen Unfallschäden nicht, die – theoretisch – von dem
streitgegenständlichen Unfall herrühren könnten, wenn der Geschädigte zu dem
Vorschaden keine Angaben mache und es – theoretisch – möglich sei, dass auch die
kompatiblen Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht worden seien. Der
gerichtliche Sachverständige habe sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine
neuen wirtschaftlichen Schäden verursacht worden seien. Jedenfalls verbliebe es dabei,
dass verschiedene Schäden nicht aus einer Berührung mit dem Beklagtenfahrzeug
stammen könnten.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Sie macht geltend, das Landgericht habe dem Urteil Tatsachen zugrunde gelegt, die
keine Partei behauptet habe. Der Vorwurf der Beklagten, es läge eine vorsätzliche
Schadensverursachung vor, beziehe sich nicht auf die Art der Schäden. Die Beklagte
habe sich die Argumentation des Sachverständigen auch nicht zu Eigen gemacht. Das
Sachverständigengutachten habe daher nicht vollständig verwertet werden dürfen.
Darüber hinaus hätte das Landgericht die Ausführungen des Sachverständigen nicht
unüberprüft übernehmen dürfen. Dem Sachverständigen hätten keine Kenntnisse vom
konkreten Aufbau des Beklagtenfahrzeugs vorgelegen. Der Sachverständige führe zu
den einzelnen Schäden teils zu unkonkret aus, teils folgere er aus dem Vorhandensein
einer Schmutzschicht, dass die Schäden nicht unfallbedingt seien. Das Landgericht
hätte erkennen müssen, dass ohne ausreichende Kenntnisse über die konkrete Bauart
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hätte erkennen müssen, dass ohne ausreichende Kenntnisse über die konkrete Bauart
keine verlässlichen Erkenntnisse über die Bauteile am Beklagtenfahrzeug gewonnen
werden konnten.
Das Gericht, das die Frage der Unfallbedingtheit der Schäden als erheblich angesehen
hatte, hätte jedenfalls das beantragte Unfallrekonstruktionsgutachten einholen müssen.
Das Übergehen dieses erheblichen Beweisantrags stelle eine Rechtsverletzung dar.
Das Landgericht habe die Fragen, ob sich das Klägerfahrzeug in Bewegung befunden
habe und ob aufgrund einer Schmutzschicht auf dem Fahrzeug die Schilderung der
Klägerin nicht zutreffen könne, als unstreitig im Sinne der Klägerin angenommen. Es
habe dennoch die Wertungen des Sachverständigen auch zu diesen Fragen seinem
Urteil zugrunde gelegt.
Das Gericht hätte auch dem Beweisantrag hinsichtlich des Zeugen A folgen müssen,
weil dieser Kenntnisse von den entscheidenden Anknüpfungstatsachen gehabt habe und
daher eine fundierte Aussage zur Unfallursächlichkeit hätte treffen können. Der Zeuge
hätte auch Angaben zur Frage der Verschmutzung machen können.
Der Zeuge Al Z hätte zu der Behauptung gehört werden müssen, dass das
Beklagtenfahrzeug gegen das fahrende Klägerfahrzeug gefahren sei, weil der
gerichtliche Sachverständige in seiner Einschätzung diese Tatsache zur Grundlage
mache.
Die Anhörung des Geschäftsführers im Termin habe im Urteil keine Berücksichtigung
gefunden.
Die Schäden Nr. 3 und Nr. 6 könnten nicht als unfallkausal angesehen werden, wenn das
Landgericht die Frage der Verursachung der Verschmutzung und der Bewegung des
Klägerfahrzeugs als nicht entscheidungserheblich ansehe und im Sinne der Klägerin
unstreitig stelle.
Der Schaden zu 1 sei nicht unfallbedingt aber auch nicht Regulierungsgrundlage.
Die Ausführungen zum Schaden zu 2 seien vollkommen unkonkret. Letztlich erfolge die
Ablehnung des Schadens als unfallbedingt aufgrund der Schmutzspur, die das Gericht
nicht zur Grundlage seiner Entscheidung mache.
Das Gericht habe die Bewertung des Sachverständigen, dass der Schaden Nr. 6 keinen
neuen wirtschaftlichen Schaden gegenüber den Schäden 1 bis 5 verursacht habe,
übernommen. Dies sei aber unrichtig, weil das Gericht die Bewegung des
Klägerfahrzeugs und die Entstehung der Schmutzschicht als unstreitig angenommen
habe.
Selbst wenn das Gericht die Schäden 3 und 5 als unfallunabhängig bewertet hätte, hätte
es jedenfalls anerkennen müssen, das wegen der weiteren unfallbedingten Schäden eine
Schadenserweiterung eingetreten sei und somit das Herausrechnen der
Reparaturkosten möglich gewesen wäre.
Die Berufung rügt eine unvollständige Tatsachenfeststellung, weil das Landgericht die
Beweisangebote hinsichtlich des sachverständigen Zeugen A, des Zeugen Al Z und zur
Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachten übergangen habe.
II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche
Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 S. 1
ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass
die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder
nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen. Beides ist hier indes nicht der Fall.
Die Berufung, die sich erkennbar nur gegen die Beklagte zu 2 richtet, ist unbegründet.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht bewiesen
habe, dass der von ihr geltend gemachte Schaden unfallursächlich gewesen sei.
1. Zutreffend ist das Landgericht von dem Grundsatz ausgegangen, dass es dem
Geschädigten obliege, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug
und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen (Senat,
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und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen (Senat,
NZV 2007, 521, 522; NZV 2003, 87 jeweils m. w. Nachw.). Es kann dahin stehen, ob mit
dem Landgericht aufgrund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen davon
ausgegangen werden kann, dass an dem Klägerfahrzeug kein neuer wirtschaftlicher
Schaden verursacht worden sei oder jedenfalls, dass verschiedene Schäden aufgrund
der unterschiedlichen Höhenlage nicht aus einer Berührung mit dem Beklagtenfahrzeug
stammen könnten. Darauf kommt es nämlich nicht an.
2. Denn auch unabhängig von den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen
kann die Klägerin hier einen Schaden nicht ersetzt verlangen, weshalb die Angriffe der
Klägerin gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung hinsichtlich des
Sachverständigengutachtens der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.
Ein Schadensersatzanspruch entfällt schon dann, wenn wegen der im Unfallzeitpunkt
nicht reparierten Vorschäden ein zusätzlicher Schaden nicht festgestellt werden kann
(Senat, NZV 2007, 521, 522). Ein Geschädigter kann selbst kompatible Schäden nicht
ersetzt verlangen, weil eine Schadensschätzung nicht möglich ist, wenn nicht mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im
Rahmen eines Vorschadens entstanden sind (Senat, Urteil vom 29. Juni 2009 – 12 U
146/08 = BeckRS 2009 86796; NZV 2008, 356, 357).
Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend
gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden
gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei
unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter
Reparatur vortragen muss (Senat, vom 29. Juni 2009 – 12 U 146/08 = BeckRS 2009
86796; NZV 2008, 297).
Von diesem Grundsatz ist auch das Landgericht bei seiner Beurteilung ausgegangen. Es
kommt jedoch nicht auf die Feststellungen des Sachverständigen an, weil ein
Vorschaden unstreitig ist. Da zudem die Unfallbedingtheit der Schäden streitig ist,
besteht zu Lasten des Klägers eine erhöhte Darlegungslast hinsichtlich der Vorschäden.
Dieser ist er nicht nachgekommen.
a) Ein Vorschaden am Fahrzeug der Klägerin ist unstreitig.
Die Klägerin räumt nämlich ein, dass ihr Fahrzeug zumindest einen Vorschaden in
demselben Bereich aufgewiesen habe, der durch den hier in Rede stehenden Unfall
weiter geschädigt worden sein soll. Dabei soll es sich um die im Gutachten des
Gerichtssachverständigen vom 21. Mai 2008 als “Schaden 1” bezeichnete vertikale
Eindrückung der Fondtür handeln. Das ergibt sich aus folgendem Vortrag der Klägerin:
Während sich die Klägerin nach Vorlage des gerichtlichen Sachverständigengutachtens
in der ersten Instanz noch undeutlich dahin einließ, “mit Ausnahme der Delle an der
Fondtür (…) ist der Schaden aus einem dynamischen Ereignis vom 03.02.2004
entstanden” (S. 2 ihres Schriftsatzes vom 19. September 2008), trägt sie mit der
Berufung jetzt eindeutig vor, dass der Schaden Nr. 1 nicht unfallbedingt sei (S. 9 der
Berufungsbegründung).
Da die Klägerin zu späteren schädigenden Ereignissen nichts vorträgt, kann es sich bei
dem sog. Schaden 1 nur um einen Vorschaden handeln.
b) Die unfallbedingte Kausalität des Schadens ist entgegen der Annahme der Klägerin
streitig.
Die Beklagte hat schon in der ersten Instanz die Kausalität des Unfalls für die
behaupteten Schäden bestritten. Wollte man dieses Bestreiten noch nicht in dem
umfassenden Bestreiten des geschilderten Verkehrsunfalls “an besagtem Orte zu
besagter Zeit” (S. 2 der Klageerwiderung) erkennen, so müsste es doch spätestens im
Schriftsatz der Beklagten vom 6. Oktober 2008 gesehen werden. Denn dort trägt die
Beklagte vor, dass die Aussagen des Sachverständigen zum Hergang des Unfalls und
den dabei maximal verursachten Schäden eindeutig seien. Hiermit macht sich die
Beklagte, anders als die Klägerin auf Seite 4 der Berufungsbegründung meint, die
tatsächlichen Feststellungen und Wertungen des gerichtlichen Sachverständigen zu
Eigen und damit auch seine Bewertung, dass die Schäden 1 bis 5 nicht am Schadenstag
verursacht (S. 10 des Gutachtens vom 21. Mai 2008), mithin nicht unfallursächlich seien.
Sie gelten damit zumindest als Parteivortrag und können der Entscheidung insoweit
auch zugrunde gelegt werden.
Schließlich ist in der Rechtsprechung des BGH auch der Grundsatz anerkannt, dass sich
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Schließlich ist in der Rechtsprechung des BGH auch der Grundsatz anerkannt, dass sich
eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden Umstände jedenfalls
hilfsweise zu Eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind (BGH,
NJW 2001, 2177, 2178).
c) Die Klägerin hat nicht durch substanziierten Vortrag dargelegt, dass Schäden gleicher
Art und gleichen Umfangs nicht schon zuvor vorhanden gewesen seien.
(1) Von der Erforderlichkeit dieses Vortrags wird die Klägerin nicht deshalb enthoben, weil
sie nicht ausdrücklich den im gerichtlichen Sachverständigengutachten vom 21. Mai
2008 als Schaden 1 bezeichneten Vorschaden als Unfallschaden angegeben hat.
aa) Der Berufung kann schon nicht in ihrer Einschätzung beigetreten werden, der sog.
Schaden Nr. 1 sei nicht Regulierungsgrundlage.
Die Klägerin hat in der Klageschrift vorgetragen, die durch den Sachverständigen
Alabucak festgestellten Beschädigungen stammten vollumfänglich aus dem
streitgegenständlichen Unfallereignis (S. 9 der Klageschrift). Das als Anlage K 4
vorgelegte Gutachten vom 6. Februar 2004 des Privatgutachters A hält auf Blatt 3 fest,
dass Vorschäden bei der in Anwesenheit des Anspruchstellers durchgeführten
Besichtigung nicht erkennbar gewesen seien. Die sich anschließende
Reparaturkalkulation weist u. a. die Position “TUER H(inten) R(echts) ERSETZEN” auf.
Dies erhellt, dass der Privatgutachter A alle erkannten Schäden an der hinteren Tür
rechts zur Grundlage seiner Reparaturkalkulation gemacht hat. Die Klägerin hat durch
Bezugnahme auf dieses Gutachten (S. 4 der Klageschrift) die Kalkulation des
Privatgutachters zum Gegenstand ihres Vortrags und damit auch den Vorschaden zur
Regulierungsgrundlage gemacht.
bb) Entscheidend ist jedoch letztlich der Gesichtspunkt, dass aufgrund des
feststehenden Vorschadens nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch etwaige
unfallkompatible Schäden durch das frühere Ereignis verursacht worden sind und/oder
dass dort bereits erhebliche Vorschäden vorhanden waren (OLG Köln, NZV 1999, 378).
(2) Da die Klägerin darüber hinaus mit keinem Wort zu Art und Umfang des Vorschadens
sowie zu etwaigen Reparaturmaßnahmen vorgetragen hat, lässt sich keine
Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO vornehmen. Damit ist auch kein von der Klägerin
gefordertes Herausrechnen der infolge der Schadenserweiterung entstandenen
Reparaturkosten möglich.
d) Auch eine weitere Tatsachenfeststellung ist weder geboten noch erforderlich.
Den von der Klägerin auch in der zweiten Instanz aufrechterhaltenen Beweisanträgen zur
Einvernahme des sachverständigen Zeugen A und des Zeugen Al Z und zur Einholung
eines Unfallrekonstruktionsgutachtens ist nicht zu folgen. Diese Beweiserhebung ist in
der Berufungsinstanz nicht nachzuholen.
(1) Die Klägerin will mit dem Angebot des Zeugen Al Z ihre Behauptung unter Beweis
stellen, dass das Unfallereignis stattgefunden habe und das Beklagtenfahrzeug gegen
das fahrende Klägerfahrzeug gefahren sei.
Darauf kommt es aber nicht an, weil sich damit nicht das Ausmaß des etwaig
unfallursächlichen Schadens beweisen lässt, solange nicht der Umfang der Vorschäden
bekannt ist.
(2) Die Klägerin bietet weiter den sachverständigen Zeugen A zum Beweis für die
Behauptung an, dass mit Ausnahme des Schadens 1 die in dem gerichtlichen
Sachverständigengutachten festgestellten Beschädigungen unfallbedingt seien und aus
einem dynamischen Ereignis vom 3. Februar 2004 stammten und nicht vorsätzlich oder
an einem anderen Tag verursacht worden seien.
Dem Beweisantrag ist nicht zu folgen, weil die Klägerin nicht ihrer davor liegenden
Darlegungslast zum Umfang des unstreitigen Vorschadens nachgekommen ist.
(3) Die Klägerin will schließlich an ihrem Beweisantrag festhalten, über die Behauptung,
die durch den Sachverständigen A festgestellten unfallbedingten Beschädigungen
stammten vollumfänglich aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis, sei ein
Unfallrekonstruktionsgutachten einzuholen.
Auch der Einholung eines solchen Gutachtens bedarf es nicht. Die Klägerin hat der
Richtigkeit ihrer Behauptung hinsichtlich des sog. Schadens 1 bereits selbst
widersprochen. Im Übrigen gilt auch hier, dass die Klägerin zunächst ihrer Darlegungslast
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widersprochen. Im Übrigen gilt auch hier, dass die Klägerin zunächst ihrer Darlegungslast
hätte nachkommen müssen. Es ist nicht Aufgabe eines gerichtlichen Gutachtens, die
Anknüpfungstatsachen erst zu ermitteln, die von der beweisbelasteten Partei
vorzutragen sind. Die Vorschäden gehören zu diesen Anknüpfungstatsachen.
3. Abschließend weist der Senat noch darauf hin – ohne dass es hierauf noch
entscheidungserheblich ankäme – dass er auch keinen Anlass hat, von dem Ergebnis
der Beweiswürdigung des Landgerichts abzuweichen.
Denn das Gericht des ersten Rechtszuges hat sich bei der Tatsachenfeststellung, dass
nämlich verschiedene Schäden nicht aus einer Berührung mit dem Beklagtenfahrzeug
stammen können, an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO
gehalten. § 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner Überzeugung zu entscheiden.
Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze
und ausnahmsweise Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess
gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. Die
leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung
hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf
jedes einzelne Vorbringen und alle Beweismittel ausführlich einzugehen, es genügt,
wenn nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung
stattgefunden hat (Senat, NJW 2008, 1006, 1007).
Dem wird die Würdigung des Landgerichts in vollem Umfang gerecht. Es nicht zu
beanstanden und überzeugt auch in der Sache, wenn das Landgericht hinsichtlich der im
Sachverständigengutachten vom 21. Mai 2008 beschriebenen Schäden 1, 4 und 5 im
Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen annimmt, sie rührten nicht aus
dem Anstoß mit dem Beklagtenfahrzeug her, weil es an dem von dem Beklagten zu 1)
gefahrenen Mercedes keine Bauteile gäbe, durch die die Schäden hätten verursacht
werden können.
Dieser Würdigung kann durch die Berufung nicht mit Erfolg entgegengehalten werden,
sie sei offensichtlich fehlerhaft, weil der Sachverständige keinerlei Kenntnisse vom
konkreten Aufbau des Beklagtenfahrzeugs gehabt habe (Seite 5 der
Berufungsbegründung). Denn es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass etwaige
Sonderaufbauten an dem Beklagtenfahrzeug das Schadensbild hätten verursachen
können. Auch die Berufung zeigt insoweit nichts auf. Es ist daher zutreffend, wenn der
Sachverständige und auch das Landgericht bei ihrer Würdigung von einem normalen
Aufbau des Fahrzeugs ausgehen. Die bloß theoretische Möglichkeit, dass das Fahrzeug
des Beklagten zu 1) anders aufgebaut gewesen sein könnte, steht der
Überzeugungsbildung des Landgerichts aus Rechtsgründen nicht entgegen.
Das Landgericht konnte auch zugunsten der Klägerin unterstellen, dass sein Fahrzeug
nicht stand, als sich der Unfall ereignete und die Verschmutzungen nach dem
Unfallereignis erfolgt sind. Der Sachverständige hat seine Wertung, die Schäden seien
teilweise nicht unfallursächlich, nämlich nicht nur auf diese Umstände gestützt, sondern
auch auf den Aufbau des Beklagtenfahrzeugs. Die angebotenen Beweise zur Frage der
Bewegung des Klägerfahrzeugs und zur Verschmutzung mussten daher nicht erhoben
werden.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich für den Senat insbesondere aus den Bildern
Nr. 9, 10 und Nr. 11 des Gutachtens vom 21. Mai 2008 deutlich ergibt, dass es infolge
des Anstoßes zu Schmutzabrieb gekommen ist. Es kann daher ausgeschlossen werden,
dass es nach dem Unfallereignis zu einer ansonsten gleichmäßigen Verschmutzung des
Fahrzeugs gekommen ist.
Das Landgericht hätte auch nicht dem Antrag auf Einholung eines
Unfallrekonstruktionsgutachtens und der Vernehmung des sachverständigen Zeugen A
stattgeben müssen, weil allein der Umstand, dass die Klägerin weiterhin eine andere
Auffassung zur Unfallursächlichkeit vertritt, keine neue Begutachtung veranlasst (Senat,
Beschluss vom 29. Januar 2007 – 12 U 37/06 = BeckRS 2007 12643).
Zur Frage der Verschmutzung des Fahrzeugs ist der Zeuge A von der Klägerin nicht
benannt worden. Es wird auch nicht erkennbar, was der Zeuge über die Äußerung in
seiner Stellungnahme vom 18. September 2008 (Anlage K 21) hinaus hierzu hätte
bekunden sollen. Wenn er dort mitteilt, es sei nicht festzustellen gewesen, dass einige
Spuren mit Schmutzschicht und einige ohne Schmutzschicht gewesen seien, stehen
dieser Einschätzung schon die Lichtbilder entgegen, die er seinem eigenen Gutachten
zugrunde gelegt hat und auf die sich auch der gerichtliche Sachverständige gestützt hat.
Hier ist ein Schmutzabrieb deutlich zu erkennen.
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Die landgerichtliche Beweiswürdigung leidet nicht deshalb an einem Mangel, weil sie sich
nicht ausdrücklich mit dem Ergebnis der Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin
auseinander setzt. Zu dem entscheidungsrelevanten Punkt, welche Vorschäden das von
ihm geführte Fahrzeug aufwies, äußerte er sich nämlich nicht.
Dass das gerichtliche Gutachten über die Behauptung der Beklagten, es handle sich um
einen vorsätzlichen Schadensfall, was sich aus den Fahrzeugschäden ergebe, eingeholt
worden ist, steht seiner Verwertung im Zusammenhang mit der Frage, ob die Schäden
unfallkompatibel sind, anders als die Berufung meint (S. 6 der Berufungsbegründung),
nicht entgegen. Denn der Sachverständige hat die Frage nach einem vorsätzlichen
Schadensfall dem Beweisbeschluss entsprechend über die Begutachtung der Schäden
und ihrer Unfallursächlichkeit beantwortet. Hätte die Beweisfrage direkt auf die
Unfallursächlichkeit gezielt, wäre der Gutachter zu keinem anderen Ergebnis gelangt.
III. Es wird angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
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