Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: anfechtung, anwaltskosten, entlastungsbeschluss, strafanzeige, verwalter, eigentümer, verfahrenskosten, ermessen, rechtskraft, link

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Gericht:
KG Berlin 24.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 W 6/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 16 Abs 2 WoEigG, § 28 Abs 3
WoEigG, § 28 Abs 5 WoEigG, § 47
WoEigG, § 45 WoEigG
Wohnungseigentum: Anfechtung eines Beschlusses über
Einzelabrechnungen; Rechtsanwaltskosten im
Wohnungseigentumsverfahren
Leitsatz
Die in einem WEG-Verfahren der Gemeinschaft entstandenen Anwaltskosten dürfen vor einer
gerichtlichen Entscheidung gemäß § 47 WEG in den Einzelabrechnungen quotenmäßig nur
unter den Wohnungseigentümern umgelegt werden, die in diesem Verfahren als Beteiligte auf
einer Seite stehen.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert:
Auf die Erstbeschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts
Schöneberg vom 13. Januar 2003 - 76 II 214/02 WEG - teilweise geändert:
Die Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26. April 2002 zu TOP 3 wird hinsichtlich
der Position „Recht/Beratungskost.“ über 4.543,14 DM in den
Einzelwohngeldabrechnungen 2001 für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller als unzulässig
verworfen.
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. und III. wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten der ersten beiden Instanzen haben die Antragsteller als
Gesamtschuldner 36 % und die Beteiligte zu III. 64 % zu tragen. Von den Gerichtskosten
dritter Instanz haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 16 % und die Beteiligte zu
III. 84 % zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
Der Geschäftswert wird für alle Instanzen, für die erste und zweite Instanz in Änderung
der Beschlüsse vom 13. Januar 2003 und 10. November 2004, auf 3.222,87 Euro
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Beteiligten zu II. bilden die aus dem Rubrum ersichtliche
Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu III. ist die Verwalterin, der
Antragsteller zu I.2. ist der ehemalige Verwalter.
Am 26.4.2002 beschloss die Eigentümerversammlung die Jahresabrechnung nebst
Einzelabrechnungen für das Jahr 2001 mit der Position „Recht/Beratungskost.“ über
4.543,14 DM, der anteilig auf die Antragsteller und die Beteiligten zu II. umgelegt wurde.
Diesen Betrag hatte die Beteiligte zu III. am 6.12.2001 aus Gemeinschaftsmitteln
bezahlt. Er setzt sich zusammen aus Honoraren, die der Verfahrensbevollmächtigte der
Beteiligten zu II. und III. mit seinen Rechnungen vom 1.11.2001 gegenüber der
Beteiligten zu III. geltend machte. Zum Einen rechnete er 4.335,50 DM ab für die
Vertretung der Beteiligten zu II. und zu III. in einem u.a. auf Abberufung der Beteiligten
zu III. gerichteten Anfechtungsverfahren der Antragsteller vor dem Amtsgericht
Schönberg - 76 II 155/99 WEG -, das auch wegen eines Gegenantrages auf
Wohngeldzahlung und eines weiteren Antrags von keinem Beteiligten weiter betrieben
wird. Zum Anderen begehrte er 207,64 DM, weil er im März 1999 im Auftrag der
Beteiligten zu II. 1. und anderer ehemaliger Eigentümer Strafanzeige gegen den
Antragsteller zu I.2. gestellt hatte.
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Das Amtsgericht Schöneberg hat durch Beschluss vom 13.1.2003 - 76 II 214/02 WEG -
den Anfechtungsantrag hinsichtlich des von der Wohnungseigentümerversammlung vom
26.4.2002 zu TOP 3 gefassten Beschlusses zurückgewiesen und den zu TOP 5 gefassten
Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.4.2002 für „unwirksam“
erklärt. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die sofortigen
Beschwerden der Antragsteller und der Beteiligten zu II. und III. zurückgewiesen.
Die Antragsteller sind der Ansicht:
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts sei zu TOP 3 wegen Verstoßes gegen §§
16 Abs. 2, 5 und 28 Abs. 5 WEG fehlerhaft, weil der Eigentümerversammlung die
Regelungskompetenz fehle, andere als gemeinschaftliche Rechtsverfolgungskosten aller
Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss auf Nichtbetroffene abzuwälzen. Der
Verwalterin sei wegen des Gesamtbetrages von 2.322,87 Euro zu TOP 5 die Entlastung
zu versagen, da die Entnahme der Rechtsanwaltskosten ordnungsmäßiger Verwaltung
widersprochen habe und der Gemeinschaft Bereicherungsansprüche zustünden.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
unter teilweise Abänderung des landgerichtlichen und des amtsgerichtlichen
Beschlusses TOP 3 des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 26.4.2002
bezüglich der Einzelwohngeldabrechnungen für 2001 und TOP 5 auch bezüglich der
Anwaltskostenrechnung über 2.216,71 Euro für ungültig zu erklären und die sofortige
weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. und III. zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu II. und III. beantragen sinngemäß,
die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen und unter
Abänderung des landgerichtlichen und des amtsgerichtlichen Beschlusses den
Anfechtungsantrag zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 26.4.2002
zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu II. und III. sind der Ansicht:
Bei Entnahme von Verfahrenskosten aus dem Verwaltungsvermögen seien diese in die
Jahresabrechnung einzustellen. Ohne Vorliegen einer gerichtlichen Kostenentscheidung
habe die Beteiligte zu III. zu Recht die Kosten nach dem Kostenverteilungsschlüssel
umgelegt. Die Antragsteller seien davon nicht auszunehmen, da nicht die besondere
Verantwortung anderer Wohnungseigentümer feststehe. Wenn die Jahresabrechnung
ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, müsse das auch für die Entlastung gelten.
Der Entlastungsbeschluss betreffe nicht Schadensersatzansprüche.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gemäß §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG hat
weitgehend Erfolg, die der Beteiligten zu II. und III. bleibt erfolglos. Der angefochtene
Beschluss des Landgerichts ist nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei.
1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu TOP 3 ist so zu auszulegen, dass sie in der
dritten Instanz nur noch die Einzelabrechnungen 2001 wegen der streitgegenständlichen
Position: „Recht/Beratungskost.“ über 4.543,14 DM, und nicht mehr die
Gesamtabrechnung 2001 angreifen.
Hinsichtlich der angefochtenen anteiligen Beträge waren sämtliche Einzelabrechnungen
für ungültig zu erklären; nach der nunmehr geänderten Rechtsauffassung des Senats ist
im Verfahren wegen der Anfechtung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung
über eine Jahresabrechnung auf die entsprechende konkrete Rüge des anfechtenden
Eigentümers vom Gericht zu prüfen, ob in den die Einzelabrechnungen aufgeteilte
Kosten materiellrechtlich einem Wohnungseigentümer oder mehreren einzelnen
Wohnungseigentümern aufzubürden sind (Beschluss vom 26.9.2005 - 24 W 123/04 -, in
Abgrenzung zu KG - 24 W 189/02 - ZMR 2003, 874).
Die im Anfechtungsverfahren der Antragsteller vor dem Amtsgericht Schöneberg - 76 II
155/99 WEG - entstandenen Anwaltskosten von 4.335,50 DM (= 2.216,71 Euro) hätten
nicht den Antragstellern auferlegt werden dürfen. Auch wenn vor Verteilung der Kosten
nach § 47 WEG durch eine bestandskräftige Entscheidung eine quotenmäßige Umlage
gerechtfertigt ist (vgl. KG NJW-RR 1992, 845), so verbietet sich eine Umlegung der
Verfahrenskosten ohne Rücksicht auf die Beteiligtenstellung der einzelnen
Wohnungseigentümer in dem Verfahren (vgl. BayObLG NJW-RR 1992, 1431; vgl. auch
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Wohnungseigentümer in dem Verfahren (vgl. BayObLG NJW-RR 1992, 1431; vgl. auch
BayObLG WuM 1993, 486). Die Antragsteller standen in dem Anfechtungsverfahren vor
dem Amtsgericht Schönberg - 76 II 155/89 WEG - auf der Antragstellerseite und die
Beteiligten zu II. und III. mussten sich ihrer Angriffe mit Hilfe ihres
Verfahrensbevollmächtigten erwehren und haben ihrerseits einen Gegenantrag gestellt.
Dann hätten im Hinblick auf diese Beteiligtenstellung die Kosten vorläufig nur unter den
auf der anderen Seite stehenden Beteiligten zu II. und nicht auch auf die Antragsteller
umgelegt werden dürfen.
Die Kosten der Strafanzeige gegen den Antragsteller zu I.2. in Höhe von 207,64 DM (=
106,16 Euro), die die Beteiligte zu II.1. und andere frühere Eigentümer erstattet haben,
waren ebenso wenig den Antragstellern aufzubürden. Wie das Landgericht bei seinen
Gründen zu TOP 5 verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, beruhte diese Auftragserteilung
nicht auf einem von der Gemeinschaft gebildeten Willen, was schon eine Kostenlast der
Antragsteller ausschließt. Zudem steht der Antragsteller zu I.2. in dem
Ermittlungsverfahren gleichfalls auf der Gegenseite der Beteiligten zu II. und kann
deshalb nicht in Anspruch genommen werden.
2. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu TOP 5 war als unzulässig zu verwerfen,
denn es liegt keine Beschwer vor. Das Amtsgericht hat bereits mit seinem Beschluss
vom 13.1.2003 - 76 II 214/02 WEG - den zu TOP 5 gefassten Beschluss für unwirksam
erklärt und das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss die dagegen
gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu II. und III. zurückgewiesen. Die
Antragsteller können nicht verlangen, dass die Begründung dafür, dass der
Entlastungsbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, auch bezogen auf die
Gebührenrechnung über 4.335,50 DM (= 2.216,71 Euro) erweitert wird, denn in
Rechtskraft erwächst nur der Beschlusstenor.
3. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu II. und III. ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei
hat das Landgericht angenommen, dass der Entlastungsbeschluss zu TOP 5 nicht den
Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ein Eigentümerbeschluss, mit
dem einem Verwalter Entlastung erteilt wird, steht dann im Widerspruch zu einer
ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in
Betracht kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, auf die hiernach
möglichen Ansprüche zu verzichten (BGH NJW 2003, 3124 - 2. Ls.). Das gilt auch für
Schadensersatzansprüche. Solche kommen nach den zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts hier in Betracht, weil die Beteiligte zu III. die Anwaltskosten für die
Strafanzeige nicht aus Gemeinschaftsmitteln hätte bezahlen dürfen. Hinzu tritt nach den
Ausführungen zu II.1., dass sie die Anwaltskosten für das Anfechtungsverfahren vor dem
Amtsgericht Schönberg - 76 II 155/89 WEG - nicht hätte auf die Antragsteller umlegen
dürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.
Es entsprach billigem Ermessen, den Antragstellern als Gesamtschuldnern die
Gerichtskosten der Instanzen anteilig aufzuerlegen, soweit sie in den ersten beiden
Instanzen wegen der Anfechtung der gesamten Jahresabrechnung und in der dritten
Instanz wegen des Antrages zu TOP 5 unterlegen sind. Im Übrigen waren der Beteiligten
zu III. die Kosten aufzuerlegen, weil sie durch ihr unrichtiges Verhalten bei der Entnahme
von Geldern und bei der Aufstellung der Einzelabrechnungen das Verfahren verursacht
hat.
Angesichts der das Verfahren prägenden schwierigen Rechtslage zur Anfechtung von
Einzelabrechnungen bestand keine Veranlassung, ausnahmsweise die Erstattung
außergerichtlicher Kosten anzuordnen.
Der Geschäftswert war gemäß § 48 Abs. 3 WEG festzusetzen. Dabei war zu
berücksichtigen, dass hinsichtlich TOP 3 die gesamte Position von 4.543,14 DM (=
2.322,87 Euro) auch bei den in dritter Instanz nur noch angegriffenen
Einzelabrechnungen im Streit stand. Auf die Anfechtung der Verwalterentlastung
entfallen, wie von den Vorinstanzen angenommen, 1.000,00 Euro.
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