Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: fahrzeug, kaufvertrag, unfall, gutachter, aktivlegitimation, beweislast, gestatten, link, sammlung, quelle

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 115/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 287 ZPO, § 296 ZPO
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen
Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche
Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz
1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die
angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die
nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Die Berufung rügt allerdings zu Recht, dass das Landgericht die Klage allein wegen
fehlender Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen hat, nachdem die Klägerin mit
Schriftsatz vom 6. April 2009 einen Kaufvertrag über das Fahrzeug vom 26. Mai 2006
vorgelegt hatte. Die Beklagten haben erstinstanzlich weder bestritten, dass die Klägerin
diesen Kaufvertrag unterschrieben hat, noch, dass der in dem Kaufvertrag genannte
Verkäufer S der Klägerin das Fahrzeug entgegen den Angaben in dem Kaufvertrag
übergeben hatte.
Da die Beklagten allein in der Klageerwiderung mit einem Satz ausgeführt hatten, dass
es typisch für manipulierte Verkehrsunfälle sei, dass Nachweise zur Aktivlegitimation
nicht erbracht werden, konnte auch nicht unterstellt werden, dass die Beklagten die
Echtheit des Kaufvertrages bestreiten wollten.
Für die Ausführungen des Landgerichts, es sei nicht zweifelsfrei zu erkennen, ob die
Unterschrift unter dem Vertrag überhaupt eine solche der Klägerin sei, da sie nicht
lesbar sei, fehlte mithin jeglicher Anlass.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen des Landgerichts zur Verspätung
nach § 296 Abs. 2 ZPO. Dabei kann dahinstehen, ob ein Anwaltswechsel vor dem Termin
vorliegend eine Verzögerung begründen konnte oder das Landgericht nicht vielmehr –
gegebenenfalls nach Klärung, warum der Anwaltswechsel erforderlich wurde – dem
Antrag der Klägerin auf Verlegung des Termins hätte stattgeben können.
Die Vorlage des Kaufvertrages allein durfte das Landgericht bereits deshalb nicht als
verspätet ansehen, weil dieser – wie bereits ausgeführt – von der Beklagtenseite nicht
bestritten worden ist. Deshalb hätte das Landgericht den Beklagten auf ihren Antrag hin
jedenfalls zunächst eine beantragte Erklärungsfrist nach § 283 ZPO setzen müssen.
Soweit das Landgericht in dem angegriffenen Urteil hierzu ausführt, eine den Beklagten
zu gewährende Erklärungsfrist hätte den Rechtsstreit verzögert, ist dies unzutreffend.
Weder die Notwendigkeit des Ansetzens eines Verkündungstermins, noch die
Gewährung einer Schriftsatzfrist können eine durch verspätetes Vorbringen verursachte
Verzögerung begründen, denn erst die dem Gegner der säumigen Partei nachgelassene
Erwiderung erlaubt die Prüfung, ob das verspätete Vorbringen zurückzuweisen ist (vgl.
Zöller-Greger, 28. Aufl., § 296 ZPO, Rn. 15, 16). Bleibt es unbestritten, ist dies nämlich
gerade nicht der Fall.
Soweit die Beklagten mit der Berufungserwiderung nunmehr bestritten haben, dass es
sich bei der Unterschrift unter dem Kaufvertrag um die Unterschrift der Klägerin handelt,
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sich bei der Unterschrift unter dem Kaufvertrag um die Unterschrift der Klägerin handelt,
hat die Klägerin hierzu allerdings nichts weiter vorgetragen und insbesondere auch
keinen Beweis dafür angeboten, dass es sich um ihre Unterschrift handelt.
2. Im Ergebnis verhelfen die von der Berufung gerügten Mängel des erstinstanzlichen
Urteils ihr jedoch nicht zum Erfolg, weil das Urteil des Landgerichts in der Sache richtig
ist.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz der sich aus dem
Gutachten vom 9. Mai 2007 ergebenden kalkulierten Reparaturkosten, der
Gutachterkosten selbst, sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das in den
streitgegenständlichen Unfall verwickelte, von der Klägerin gehaltene Fahrzeug hatte
unstreitig im hier betroffenen Bereich einen Vorschaden.
Bereits aus dem von der Klägerin eingereichten Kaufvertrag ergibt sich, dass das
Fahrzeug an der linken Seite vorgeschädigt war. Dies entspricht auch dem Vorbringen
der Beklagten.
Bestreiten die Beklagten, wie vorliegend, die Anspruchshöhe, so hat der Kläger nach
allgemeinen Grundsätzen darzulegen und zu beweisen, dass der Pkw Schäden an Teilen
erlitten hat, die nicht schon aus anderen Gründen hätten ausgetauscht oder fachgerecht
repariert werden müssen (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1977 – VI ZR 206/75 – BGHZ
71, 339 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154). Eine Schadensschätzung nach § 287
ZPO ist nicht möglich, der Geschädigte muss die Beseitigung des Vorschadens konkret
darlegen und gegebenenfalls beweisen (vgl. auch Senat, Urteile vom 23. Januar 1992 –
12 U 1254/91 – und vom 12. Oktober 1992 12 U 7435/90 –)
In diesem Fall genügt es nicht, die nach dem streitigen Unfall vorhandenen Schäden
mittels eines Privatgutachtens darzutun. Wird nämlich – wie hier – die Kausalität
zwischen dem “Unfall” und den danach vorliegenden Schäden von den Beklagten im
Einzelnen bestritten, so obliegt es der Klägerin, die Ursächlichkeit nachzuweisen. Hierfür
muss sie ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs schon früher
vorhanden waren (vgl. BGHZ 71, 339, 345 = NJW 1974, 2154, 2156 = VersR 1978, 862,
864; Senat, Urteile vom 15. Mai 2000 – 12 U 9704/98; vom 2. August 1999 – 12 U
4408/98 – und vom 14. Februar 2000 – 12 U 6185/98). Hieran fehlt es vorliegend. Die
Klägerin hat zu dem Vorschaden und dessen Beseitigung nichts vorgetragen, außer der
unsubstantiierten Behauptung, dass dieser nicht im hier vorliegenden Schadensbereich
gelegen habe. Dies ist im Hinblick darauf, dass nach dem von ihr eingereichten
Schadensgutachten bei dem streitgegenständlichen Unfall der Stoßfänger vorn, der
Kotflügel vorne links, die Tür und die Seitenwand hinten links sowie die Lauf- und
Scheibenräder links beschädigt worden sein sollen, ohne weitere Erläuterungen nicht
nachvollziehbar, da der Vorschaden ebenfalls die linke Seite betroffen hat.
Da der Vorschaden dem Gutachter der Klägerin auch nicht angezeigt wurde, denn er
geht in seinem Gutachten davon aus, dass das Fahrzeug neuwertig sei und erkennbare
Vorschäden nicht aufweise, ist nicht ersichtlich, ob die Kalkulation des Gutachters nicht
Arbeiten berücksichtigt, die auch bereits auf Grund nicht sach- und fachgerechter
Reparatur – wie bspw. die von dem Gutachter festgestellten Achswerte außerhalb der
Toleranz – des Vorschadens hätten ausgeführt werden müssen. Dies umso mehr, als ein
Großteil der von dem Gutachter kalkulierten Arbeiten solche an den Achsen,
Achsschenkeln, Querlenkern, Federlenkern und Radträgern darstellen, bei denen bereits
fraglich ist, ob sie durch den seitlich streifenden Zusammenstoß ohne von außen
erkennbar größere Einwirkungen überhaupt veranlasst sein können.
Eine Schadensschätzung (§ 287 ZPO) kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn der
Kläger, der über keine Reparaturrechnung verfügt, nicht hinreichend darlegt und unter
Beweis stellt, welchen klar eingrenzbaren Vorschaden das Fahrzeug hatte und welche
Arbeiten im Rahmen einer fachgerechten Reparatur durchgeführt worden sein sollen
(KG, Urteil vom 28. September 2006 – 22 U 197/05 –). Kann der Kläger hierzu nichts
vortragen, weil er das Fahrzeug mit Vorschaden aber ohne Nachweise über eine
Reparatur erworben hat – was die Klägerin vorliegend übrigens nicht einmal vorgetragen
hat – so geht dies zu seinen Lasten und entbindet den Kläger nicht von seiner insoweit
bestehenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. auch KG, Urteil vom 25. Februar 2010 –
22 U 163/09 –).
3. Ob ausreichend Beweisanzeichen vorliegen, die die Feststellung gestatten würden, es
habe sich bei dem streitgegenständlichen Vorfall – wie die Beklagten behaupten – nicht
um ein unbeabsichtigtes Ereignis und damit nicht um einen zum Schadensersatz
verpflichtenden Unfall gehandelt, kann deshalb letztlich dahinstehen.
18 4. Der Klägerin wird anheim gestellt, die weitere Durchführung der Berufung zu
überdenken.
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