Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: allgemeine geschäftsbedingungen, begründung des urteils, mahnung, verjährungsfrist, fälligkeit, zustellung, grundstück, eigentümer, bestimmungsrecht, form

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Gericht:
KG Berlin 22.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
22 U 286/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 197 BGB, § 197aF BGB, § 315
BGB
Keine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit bei
einseitiger Nennung eines Zahlungsziels
Leitsatz
1. In der einseitigen Nennung eines Zahlungszieles liegt keine wirksame kalendermäßige
Bestimmung der Leistungszeit; diese bedarf der Vereinbarung, wenn der Schuldner allein
durch Zeitablauf in Verzug geraten soll.
2. Die Bestimmung der Leistungszeit nach § 315 BGB durch den Gläubiger setzt voraus, dass
ihm ein solches Bestimmungsrecht vertraglich eingeräumt wurde.
Tenor
Die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten gegen das am 12. August
2003 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 9 O 25/03 – werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 18% zu tragen, der
Beklagte 82%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung
jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils jeweils
vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht jeweils die Gegenpartei vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die wegen des Zinsanspruchs eingelegte Berufung
der Klägerin zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin verlangt Zahlung von Entgelt für Straßenreinigungs-, Abfallentsorgungs-
und Biomüllentsorgungsleistungen, die sie, bezogen auf das Grundstück R ... 20/S ...
Straße 8-8A in Berlin P ... B ... in der Zeit von März 1998 bis Dezember 1998 erbracht
hat, nebst Verzugszinsen.
Der Beklagte war vom 04. März 1998 bis zum 22. Juni 1999 Eigentümer dieses
Grundstücks. Er hat dann das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 26. Mai 1998
veräußert und an den Erwerber aufgelassen, der jedoch erst am 22. Juni 1999 als
Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist.
In den für die hier erbrachten Leistungen maßgebenden Leistungsbedingungen der B ...
S ... vom 01. Januar 1994 heißt es u. a.:
1.5 Zahlung der Entgelte
1.5.1 Die B ... stellen über die zu zahlenden Entgelte Rechnungen aus. Die
Rechnungen gelten so lange, bis sie durch eine neue Rechnung berichtigt oder ersetzt
werden.
1.5.2. Das Entgelt ist in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15.
August und 15. November eines jeden Jahres fällig.
1.5.3. Die B ... behalten sich vor, … bei Überschreitung des Fälligkeitstages den
Verzugsschaden in Höhe von 3% über dem jeweils geltenden Diskontsatz der Deutschen
Bundesbank ohne Nachweis geltend zu machen, es sei denn, …"
Die Klägerin stellte dem Beklagten die für das Jahr 1998 erbrachten Leistungen erstmals
am 17.Juni 1999 mit insgesamt 13.157,82 EUR in Rechnung. In der Rechnung heißt es u.
a.:
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"Der Betrag in EUR ist wie folgt fällig:
Fällig am: 30.06.1999
Netto (EUR): 13.157,82"
Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat den Beklagten nach teilweiser Klagerücknahme durch die Klägerin
antragsgemäß zur Zahlung von 11.415,42 Euro verurteilt, jedoch die Klage wegen der
ferner geltend gemachten Verzugszinsen für die Zeit vom 01. Juli 1999 bis zum 14.
Dezember 2001 (Zustellung der Klageschrift) abgewiesen, weil ohne Mahnung kein
Verzug eingetreten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der
Begründung des Urteils des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug
genommen.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 25. September 2003 beim Kammergericht
eingegangen Berufung gegen die Klageabweisung wegen der Verzugszinsen, die sie
betragsmäßig bis zum Zeitpunkt des Landgerichts mit "etwa 2.500,00 EUR" beziffert. Sie
vertritt die Ansicht, sie habe in ihrer Rechnung vom 17. Juni 1999 wirksam den 30. Juni
1999 als Leistungszeit nach dem Kalender im Sinne von § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB in der
zur Zeit der Rechnungserteilung geltenden Fassung bestimmt. Mit der Nichteinhaltung
dieses Termins sei der Beklagte in Zahlungsverzug geraten.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 12. August 2003 verkündeten Urteils des Landgerichts
Berlin - 9 O 25/03 - den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere Zinsen aus
11.415,10 EUR für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 14. Dezember 2001 zu zahlen
und zwar bis zum 31. Mai 2000 in Höhe von drei und ab dem 01. Juni 2000 in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Mit seiner eigenen am 26. September 2003 beim Kammergericht eingegangenen
Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung insgesamt. Er macht vor
allem nach wie vor geltend, die Ansprüche der Klägerin seien wegen Ablaufs der hier
maßgebenden zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 BGB a. F.
verjährt.
Ferner macht er geltend, er sei vom Zeitpunkt der Weiterveräußerung des Grundstücks
bzw. der Auflassung an nicht zur Zahlung des Entgelts verpflichtet. Die Verzögerung bei
der Eigentumsumschreibung durch das Grundbuchamt sei ihm nicht zuzurechnen.
1. Berufung des Beklagten
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung des geltend gemachten, der
Höhe nach nicht im einzelnen bestrittenen Entgelts für Straßenreinigungs-,
Abfallentsorgungs- und Biomüllentsorgungsleistungen, verurteilt. Ein Anspruch der
Klägerin folgt für die Straßenreinigungsentgelte aus Ziff. 1.4.1 der Leistungsbedingungen
der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (nachfolgend: Leistungsbedingungen) in
Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 StrReinG, für die Müllentsorgungsentgelte aus Ziff.
2.9.1 der Leistungsbedingungen. Diese haben die Straßenreinigung und die Müllabfuhr
im Land Berlin bei insoweit bestehendem Anschluss- und Benutzungszwang
privatrechtlich ausgestaltet und stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar (vgl.
insoweit BGH GE 1984, 381ff).
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der mit der Klage geltend gemachte Anspruch
nicht gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 BGB in der insoweit noch maßgebenden
früheren Fassung (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) verjährt. Zwar hat die
Verjährungsfrist gemäß §§ 198, 201 BGB a. F. bereits mit dem Ende des Jahres 1998
begonnen, in dem die Klägerin ihre Leistungen erbracht hat. Jedoch gilt für die
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begonnen, in dem die Klägerin ihre Leistungen erbracht hat. Jedoch gilt für die
Entgeltforderung der Klägerin entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht die
vierjährige Verjährungsfrist nach § 197 BGB a. F. und nicht die zweijährige
Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 BGB a. F. Die Klägerin nimmt als
Anstalt öffentlichen Rechts kraft öffentlichen Auftrags die Straßenreinigung und
Müllentsorgung wahr. Die Klägerin ist nicht Kaufmann im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 1
BGB a. F. Sie wird in Bezug auf die Straßenreinigung und die hier in Frage stehende
Entsorgung von Hausmüll und Biogut auch nicht gewerblich, d.h., in
Gewinnerzielungsabsicht tätig im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB a. F., auch wenn sie
nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BerlBetrG einen angemessenen Gewinn erwirtschaften soll. Der
Senat schließt sich insoweit den ausführlichen Gründen der Entscheidung des 13.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. Dezember 1999 – 13 U 5564/99 (KGR Berlin
2000, 109 f) an, auf die Bezug genommen wird. Dabei sei besonders darauf
hingewiesen, dass eine Gewinnerzielung für die Straßenreinigungsentgelte schon
deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Kosten für die Straßenreinigung nach § 7
StrReinG nur zu 75% durch Entgelte zu decken sind, die restlichen 25% aber das Land
Berlin trägt. Sowohl die Aufgabe der Straßenreinigung als auch die reguläre
Müllentsorgung hat die Klägerin kraft ihres öffentlichen Auftrages im Interesse der
Allgemeinheit auch dann durchzuführen, wenn der Entgeltschuldner keine Zahlungen
leistet. Auch hieraus wird deutlich, dass insoweit keine gewerbliche Tätigkeit der Klägerin,
die wesentlich auch auf Gewinnerzielung gerichtet wäre, vorliegt. Die damit geltende
vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F. ist durch die Zustellung des
Mahnbescheides im Dezember 2001 gemäß § 209 Abs. 2 BGB a. F. unterbrochen
worden und gemäß Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB seit Inkrafttreten des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 gehemmt.
Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte das
Grundstück noch während des Jahres 1998 veräußert und aufgelassen hat. Nach § 5
Abs. 1 Satz 1 StrReinG und Ziff. 2.9.1 der Leistungsbedingungen kommt es für die
Leistungspflicht des Beklagten nur darauf an, dass er in dem hier maßgebenden
Zeitraum Eigentümer des betroffenen Grundstücks war. Der Umstand, dass er das
Grundstück bereits im Mai 1998 veräußert und auch aufgelassen hat, berührt daher
seine Leistungspflicht gegenüber der Klägerin für die Zeit vor der
Eigentumsumschreibung im Grundbuch nicht.
2. Berufung der Klägerin
Die Berufung der Klägerin ist als selbständige Berufung zulässig, insbesondere ist die
Klägerin auch in dem gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Umfang beschwert.
Zwar verfolgt die Klägerin mit der Berufung nur den in erster Instanz als Nebenforderung
geltend gemachten Zinsanspruch weiter und gemäß § 4 Abs. 1 ZPO bleiben Zinsen bei
der Wertberechnung unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht
werden. Jedoch werden Zinsen aus einem nicht mehr im Streit stehenden
Hauptanspruch Hauptforderung im Sinne von § 4 ZPO (vgl. BGH NJW 1994, 1869; OLG
Köln OLGR Köln 1992, 262) und zu dem für die Wertberechnung gemäß § 4 Abs. 1 ZPO
maßgebenden Zeitpunkt der Einlegung der Berufung der Klägerin war die Berufung des
Beklagten, mit dem die ursprüngliche Hauptforderung Gegenstand des
Berufungsverfahrens geworden ist, noch nicht anhängig. Zu diesem Zeitpunkt entsprach
die Zinsforderung der Klägerin, wegen der das Landgericht die Klage abgewiesen hat,
der Summe der bis dahin aufgelaufenen Zinsen, die mit insgesamt 2.500,00 EUR zu
bemessen sind. Der Umstand, dass der Beklagte dann seinerseits wegen der
Hauptforderung gegen das angefochtene Urteil Berufung eingelegt hat, ändert an der
Zulässigkeit der Berufung der Klägerin nichts. Denn nach Einlegung der Berufung einer
Partei eintretende Änderungen des Wertes haben keinen Einfluss mehr auf den Wert der
Beschwer (vgl. OLG Köln a. a. O. m. w. N.). Selbst wenn man für die hier vorliegende
Fallgestaltung zu einer anderen Beurteilung kommen wollte, wäre jedenfalls die
Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 20. Oktober 2003 als Anschlussberufung
aufzufassen und zumindest als solche gemäß § 524 ZPO zulässig.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht gegen den
Beklagten für die Zeit vor Zustellung des Mahnbescheides kein Anspruch auf Zahlung
von Verzugszinsen aus §§ 284, 288 BGB a. F. zu. Der Beklagte ist vor Zustellung des
Mahnbescheides mit der Zahlung des für das Jahr 1998 geforderten Straßenreinigungs-
und Müllentsorgungsentgelts nicht gemäß § 284 BGB a. F. in Verzug geraten.
Eine Mahnung seitens der Klägerin ist vor Zustellung des Mahnbescheides nicht erfolgt.
Soweit die Rechnung vom 17. Juni 1999 als Zeitpunkt der Fälligkeit den 30. Juni 1999
nennt, liegt darin keine Mahnung. Zwar kann in der einseitigen Angabe eines
Leistungszeitpunktes je nach den Umständen eine Mahnung liegen (vgl. etwa
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Leistungszeitpunktes je nach den Umständen eine Mahnung liegen (vgl. etwa
Staudinger/Löwisch, BGB, Neubearbeitung 2001, § 284 Rdn. 64) und eine Mahnung kann
auch mit der Erklärung (hier der Rechnung) verbunden werden, die die Fälligkeit erst
herbeiführt (vgl. Staudinger/Löwisch, a.a.O., § 284 Rdn. 40 und 56). Eine Mahnung setzt
aber voraus, dass sie mit Bestimmtheit erkennen lässt, dass der Gläubiger zur
geschuldeten Leistung dringend auffordert (BGH NJW 1998, 2132/2133). Der Schuldner
muss sich aufgrund der Mahnung sagen können, dass eine weitere
Leistungsverzögerung für ihn nachteilige Folgen hat (vgl. Staudinger/Löwisch, a.a.O., §
284 Rdn. 26). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, in dem
lediglich in der Rechnung, die nach Ziff. 1.5.1 und 1.5.2 Grundlage der Zahlungen sein
soll, ein Fälligkeitszeitpunkt genannt wird unter Hinweis darauf, dass der Schuldner auch
am Lastschriftverfahren teilnehmen könne. Dass die Rechnung hier die zusätzliche
Bedeutung einer Zahlungsaufforderung haben sollte, ist nicht ersichtlich und wird auch
so von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Eine Mahnung war hier auch entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht auch
nicht nach § 284 Abs. 2 BGB a. F. entbehrlich. Für die Leistung war keine Zeit nach dem
Kalender bestimmt. Zwar sehen die Leistungsbedingungen der Klägerin, die als
Allgemeine Geschäftsbedingungen den Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien
zugrunde liegen, in Ziff. 1.5.2 vor, dass das Entgelt in vier gleichen Teilbeträgen am 15.
Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines jeden Jahres fällig ist. Darin liegt
nach Auffassung des Senats die Vereinbarung einer kalendermäßig bestimmten
Leistungszeit, die auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig ist. Jedoch ist
diese kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit im vorliegenden Fall
gegenstandslos, weil es zu den vereinbarten Fälligkeitsterminen an einer von der
Klägerin ausgestellten Rechnung fehlte, die nach den Leistungsbedingungen der Klägerin
Voraussetzung für eine Fälligkeit zu den kalendermäßig bestimmten
Leistungszeitpunkten sein soll. Dass eine Rechnung nach den Leistungsbedingungen
Voraussetzung für die Fälligkeit sein soll, ergibt die Auslegung von Ziff. 1.5.1. und Ziff.
1.5.2 der Leistungsbedingungen unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien.
Nach Ziff. 1.5.1. gelten die von der Klägerin auszustellenden Rechnungen über die zu
zahlenden Entgelte so lange, bis sie durch eine neue Rechnung ersetzt oder berichtigt
werden. Ziff. 1.5.2 nimmt den Begriff des Entgelts wieder auf und bestimmt, es sei in vier
gleichen Teilbeträgen zu zahlen. Daraus folgt, dass die Zahlbeträge der Höhe nach
durch die Rechnungen bestimmt werden. Das folgt auch aus dem Sinn und Zweck der
Regelung. Denn offenbar soll die von der Klägerin auszustellende Rechnung dem
Schuldner Klarheit über die Höhe der nach den Tarifen nicht für jedermann ohne weiteres
überschaubaren und zu errechnenden Entgeltforderung verschaffen und zugleich die
Klägerin vor dem Verwaltungsaufwand bewahren, der damit verbunden wäre, wenn die
Schuldner aufgrund eigener ungenauer Berechnung nach den Tarifen unzutreffende
Beträge zahlen würden. Vor Ausstellung einer Rechnung durch die Klägerin sollten
demgemäß nach den Leistungsbedingungen keine Zahlungen geleistet werden. Da die
Klägerin die in den Leistungsbedingungen genannten Leistungszeitpunkte für das hier in
Frage stehende Jahr verstreichen ließ, ohne eine Rechnung auszustellen, sind die
Leistungszeitpunkte gegenstandslos geworden.
Die Bestimmung der Leistungszeitpunkte ist auch nicht durch eine neue kalendermäßige
Bestimmung einer Zeit für die Leistung ersetzt worden. In Betracht kommt insoweit im
vorliegenden Fall allenfalls die einseitige Nennung eines Fälligkeitstermins durch die
Klägerin in der Rechnung vom 17. Juni 1999. In der einseitigen Nennung eines
Zahlungsziels in einer Rechnung liegt jedoch nach Auffassung des Senats entgegen
teilweise vertretener Ansicht (vgl. KG Urteil vom 11. Februar 2004 – 24 U 123/03; LG
Ansbach NJW-RR 1997, 1479; Fahl JZ 1995, 341) keine wirksame kalendermäßige
Bestimmung einer Leistungszeit (so auch OLG Naumburg, Urt. vom 19. März 1999 – 6 U
61/98; LG Paderborn MDR 1983, 225; Staudinger/Löwisch, a.a.O., Rdn. 64;
Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 286 Rdn. 22). Vielmehr bedarf die kalendermäßige
Vereinbarung einer Leistungszeit von vornherein oder nachträglich einer Vereinbarung
zwischen den Parteien (vgl. Staudinger/Löwisch, a.a.O., Palandt/Heinrichs, a.a.O.; LG
Paderborn a.a.O.; vgl. zur Vereinbarung auch BGH NJW 2002, 1274). Eine solche
Bestimmung kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht einseitig getroffen werden
nach § 315 BGB, es sei denn, die Parteien hätten ein einseitiges Bestimmungsrecht für
die Leistung vereinbart, was hier nicht der Fall ist.
Zwar ist die Klägerin aufgrund der Leistungsbedingungen, die den Anschluss- und
Benutzungszwang privatrechtlich ausgestaltet haben, berechtigt, die Tarife für das
Straßenreinigungsentgelt einseitig festzusetzen (vgl. Ziff. 1.2.1 und Ziff. 2.7.1 der
Leistungsbedingungen), also insoweit eine Leistungsbestimmung im Sinne von § 315
BGB zu treffen. Jedoch betrifft dieses Leistungsbestimmungsrecht die Tarife für alle
Nutzer, die dem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegen und hat in einer
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Nutzer, die dem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegen und hat in einer
bestimmten Form, nämlich durch Veröffentlichung der Tarife im Amtsblatt von Berlin zu
erfolgen. Dass die Klägerin berechtigt sein soll, im jeweiligen Einzelfall einseitige
Leistungsbestimmungen über die Höhe von zu zahlenden Entgelten oder über
Leistungszeitpunkte zu treffen, folgt daraus nicht. Auch der Umstand, dass frühere
Leistungstermine hier mangels einer von der Klägerin zu erstellenden Rechnung
gegenstandslos geworden sind, rechtfertigt nicht die Annahme einer einseitigen
Festsetzung neuer Fälligkeitstermine durch die Klägerin. Der Eintritt von Verzug ohne
Mahnung gleich bei Fälligkeit aufgrund einer kalendermäßigen Bestimmung der
Leistungszeit wird vom Gesetz für gerechtfertigt erachtet, weil durch die kalendermäßige
Bestimmung einerseits zum Ausdruck kommt, dass die Zeit der Erfüllung für den
Gläubiger wesentlich ist und andererseits der Schuldner von vornherein oder aufgrund
einer im Laufe der Vertragsdurchführung getroffenen Vereinbarung genau weiß, wann er
zu leisten hat (vgl. Staudinger/Löwisch, a.a.O., § 284 Rdn. 63; BGH NJW 2002,
1274/1276). Diese Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt, wenn die Klägerin außerhalb
der zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarungen die nach den
Leistungsbedingungen vorgesehenen Fälligkeitstermine mangels Rechnungslegung
verstreichen lässt und, nachdem hohe Beträge aufgelaufen sind, einseitig ein
Zahlungsziel festsetzt, dessen Verstreichenlassen schon die Verzugsfolgen auslösen
sollen. Die in der Rechnung enthaltene Angabe eines Fälligkeitszeitpunktes stellt daher
keine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 284 Abs. 2 BGB
dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Soweit über die Berufung der Klägerin entschieden worden ist, ist die Revision
zugelassen worden. Dies konnte auch durch die erkennende Einzelrichterin geschehen,
weil ihr der Rechtsstreit vom Senat zur Entscheidung übertragen worden ist, nachdem
bereits beide Parteien Berufung eingelegt hatten und sich auch der Prozessstoff seit der
Übertragung auf die Einzelrichterin nicht wesentlich verändert hat(vgl. dazu BGH Urt. v.
16. Juli 2003 – VIII ZR 286/02).
Die Frage, ob eine Verzug auslösende kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit
ohne entsprechende Vereinbarung einseitig getroffen werden kann, ist auch nach der
Änderung des § 284 BGB a.F. durch § 286 BGB n.F. rechtlich noch von Bedeutung und
wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Sie erfordert deshalb zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts
(vgl. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), zumal sie, wie die allein beim Landgericht Berlin und beim
Kammergericht bereits entschiedenen und nach den glaubhaften Angaben des
Klägervertreters noch anhängigen Verfahren zeigen, auch praktische Bedeutung für eine
Mehrzahl noch anhängiger und noch zu erwartender Verfahren hat.
Die Zulassung der Revision konnte auch auf die Entscheidung über den Zinsanspruch
beschränkt werden, der Gegenstand der Berufung der Klägerin ist. Nachdem die
Berufung des Beklagten zurückgewiesen worden ist, handelt es sich bei der Frage, ob
der Klägerin der mit ihrer Berufung weiter verfolgten Zinsanspruch zusteht, um einen
rechtlich und tatsächlich selbständig, abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffes, auf
dessen Klärung die Zulassung der Revision beschränkt werden kann (vgl. zur
Beschränkung BGHR 2004, 261).
Wegen der Fragen, die für die Entscheidung über die Berufung des Beklagten zu klären
waren, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor. Zwar ist
die insoweit im Wesentlichen zu klärende Rechtsfrage, welche Verjährungsfrist für den
Entgeltanspruch der Klägerin gilt, ebenfalls kontrovers diskutiert worden. Jedoch erfordert
sie keine Entscheidung des Bundesgerichtshof zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts, weil die Systematik der insoweit
maßgebenden Verjährungsvorschriften durch das Gesetz zur Modernisierung des
Schuldrechts mit Wirkung ab 01. Januar 2002 grundlegend verändert worden ist und
nicht ersichtlich ist, dass die Beantwortung der hier maßgebenden Rechtsfrage, welche
Verjährungsfrist nach der früheren Gesetzeslage galt, überhaupt noch über den
vorliegenden Einzelfall hinaus Bedeutung haben kann.
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