Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: wirtschaftliche einheit, darlehensvertrag, rückabwicklung, rückzahlung, vertragsschluss, auszahlung, anleger, widerklage, kreditvertrag, kommanditgesellschaft

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Gericht:
KG Berlin 4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 77/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 255 BGB, § 312 Abs 1 Nr 1
BGB, § 358 BGB, § 492 Abs 1 S
5 Nr 2 BGB, § 494 Abs 1 BGB
Rückabwicklung eines als Haustürgeschäft geschlossenen
finanzierten Beitritts zu einer Kapitalanlagegesellschaft: Keine
Mitursächlichkeit der Haustürsituation bei Zeitablauf;
Gesamtbetragsangabepflicht bei einem Darlehensvertrag mit
Tilgung aus der Ablaufleistung einer Kapitallebensversicherung;
finanzierte Beteiligung an einer Kapitalanlagegesellschaft als
verbundenes Geschäft; "Empfang" der Darlehensvaluta bei
Auszahlung an die Gesellschaft; Ansprüche des bei der
Anlageentscheidung getäuschten Darlehensnehmers gegen die
finanzierende Bank trotz Verjährung gegenüber den
Fondsinitiatoren
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13. März 2003 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin - 5 O 310/01 - teilweise geändert:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.775,20 EUR
Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte und Ansprüche aus der für den Beklagten
zu 2. bei der H. - ... Versicherungs AG unter Nr. 23669216-44 abgeschlossenen
beitragsfreien Lebensversicherung zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, die Rechte und Ansprüche aus der für
den Beklagten zu 2. bei der H. Versicherungs AG unter Nr. 23669216-44
abgeschlossenen beitragsfreien Lebensversicherung auf den Beklagten zu 2. Zug um
Zug gegen Zahlung von 12.775,20 EUR zu übertragen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 4/5 und die Beklagten zu 1/5 zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beigetriebenen Betrages
zuzüglich 10% abzuwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Rückzahlung von Darlehensvaluta zuzüglich
rückständiger Zinsen in Anspruch, nachdem sie das Darlehen gekündigt hat. Hinsichtlich
des Vorbringens der Parteien bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf Tatbestand
und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das
Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage zum großen Teil stattgegeben,
da die Beklagten den Darlehensvertrag wirksam nach den Vorschriften des
Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen hätten. Dagegen richtet sich die Berufung der
Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch weiter verfolgt.
Auf den Vortrag in der Berufungsbegründung wird insoweit Bezug genommen.
Die Klägerin hat zwischenzeitlich vorsorglich das Darlehen auf der Grundlage eines
Zinssatzes von 4 % neu berechnet und hat auf dieser Basis für den Zeitraum, in dem
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Zinssatzes von 4 % neu berechnet und hat auf dieser Basis für den Zeitraum, in dem
die Beklagten die vereinbarten Raten gezahlt haben, eine Überzahlung von 4.719,26 DM
festgestellt. Bis zum Zeitpunkt der Kündigung hat sie unter Zugrundelegung des
gesetzliches Zinssatzes von 4 % einen Rückstand von 4.850,50 DM ermittelt, so dass
sich zum Zeitpunkt der Kündigung ein Rückstand von 131,24 DM ergeben hat (S. 4 f. des
Schriftsatzes vom 29. April 2004 = Bl. II/66 f. d. A.).
Gegenüber etwaigen Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegenüber der W. L. KG
und gegenüber dem Berater R. J. erhebt sie die Einrede der Verjährung, da nach ihrer
Auffassung diese Ansprüche spätestens am 31. Dezember 2003 bzw. 31. Dezember
2004 verjährt seien, weil die Beklagten nicht diesen gegenüber die Verjährung durch
Klageerhebung oder auf andere Art und Weise unterbrochen haben. Folge der
Verjährung dieser Ansprüche sei, dass den Beklagten auch insoweit kein
Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG mehr möglich sei (S. 5 f. des
Schriftsatzes vom 11. Januar 2005 = Bl. II/129 f. d. A.).
Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die
Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds und des Vermittlers
Janke könnten ihr nicht gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegengehalten werden, da es an
einem verbundenen Geschäft nach § 9 Abs. 1 VerbrKrG fehle. Darüber hinaus bestreite
sie die vom Landgericht München I im Strafurteil gegen den Fondsinitiator L. vom 28.
September 2001 - 5 KLs 315 Js 30172/00 - getroffenen Feststellungen. Da die
Verurteilung sich erst auf Vermittlungen ab Dezember 1997 bezogen habe, während hier
die Vermittlung im September 1997 erfolgt sei, seien die Beklagten nicht Betrugsopfer
im Sinne dieses Strafurteils.
Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei zu
berücksichtigen, dass die Beklagten Steuervorteile aus der Beteiligung erlangt hätten,
die schadensmindernd zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des am 13. März 2003 verkündeten Urteils des Landgerichts
Berlin - 5 O 310/01 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 45.829,67
EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2001 zu zahlen,
2. die Widerklage abzuweisen,
3. hilfsweise unter Abänderung des am 13. März 2003 verkündeten Urteils die
Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 43.519,38 EUR zuzüglich 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2001 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin - auch bezüglich des Hilfsantrages - zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer
Berufungserwiderung.
Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2005 tragen sie vor, dass sich aus dem Strafurteil des
Landgerichts München Täuschungshandlungen ergäben, die strafrechtlich zwar nicht
rechtskräftig als Betrug erkannt worden, jedoch zivilrechtlich als schadensersatzpflichtige
Handlungen nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss zu
berücksichtigen seien. So habe das Landgericht München verfahrens- und
rechtsfehlerfrei auf der Grundlage der geständigen Angaben des angeklagten
Fondsinitiators L. folgende Feststellungen getroffen:
Die KG erwirtschaftete von 1994 bis 1997 betriebliche Verluste von jährlich zwischen 26,5
Mio und 35,9 Mio DM.
Der Fondsinitiator entnahm in den Jahren 1996 und 1997 insgesamt 11,6 Mio DM,
wodurch sich die Liquiditätslage der KG weiter verschlechterte.
Es kam in den Jahren 1996 und 1997 zu 27 Pfändungsaufträgen des zuständigen
Gerichtsvollziehers.
Die Kommanditgesellschaft war auf ständige Mittelzuflüsse durch erhebliche
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Die Kommanditgesellschaft war auf ständige Mittelzuflüsse durch erhebliche
Substanzverkäufe angewiesen. Im Jahre 1996 und 1997 wurden allein 39 % des
Anlagevermögens veräußert. Die in 1996 veräußerten Objekte wurden dennoch im
vorbezeichneten Emissionsprospekt als nach wie vor zum Vermögen der KG gehörig
ausgewiesen. Die in den Veräußerungen erzielten Erlöse lagen darüber hinaus deutlich,
nämlich um 18.173.000,00 DM im Jahre 1996 unter den ausgewiesenen Verkehrswerten
im Emissionsprospekt.
Auf die Auflage des Senats haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 2. Mai 2005 ihre
Einkommenssteuerbescheide eingereicht und ihre Steuerersparnisse mit 17.486,97 EUR
errechnet.
Die Höhe dieser Steuervorteile ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist jedoch,
ob diese Steuervorteile unter dem Gesichtspunkt etwaiger Nachzahlungsansprüche des
Finanzamtes nachhaltig sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in
diesem Rechtszug eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug
genommen.
B.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet.
I. Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts scheitert die Klage auf Rückzahlung der
Darlehensvaluta nebst geltend gemachter Zinsen gemäß §§ 607, 609 BGB a. F., § 12
Abs. 1 VerbrKrG a. F. allerdings nicht daran, dass die Beklagten den Darlehensvertrag
wirksam nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen haben. Den
Beklagten stand im Hinblick auf den Darlehensvertrag vom 17./20. Oktober 1997 kein
Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsrecht zu. Der mit Schreiben vom 27.
September 2001 erklärte Widerruf der Beklagten ihrer auf den Abschluss des
Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen ist nicht wirksam erfolgt.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a. F. kann der Kunde seine auf den Abschluss eines
Vertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen, zu der er durch mündliche
Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung bestimmt worden ist. Ein derartiges
Recht zum Widerruf besteht allerdings nicht, wenn die Verhandlungen auf vorherige
Bestellung des Kunden geführt worden sind (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 HWiG a. F.).
Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Ausschlusstatbestand der
vorherigen Bestellung anhand des unstreitigen Sachverhaltes verneint, da die Bestellung
des Vermittlers J. zu anderen Zwecken als dem Abschluss der tatsächlich
abgeschlossenen Geschäfte erbeten wurde. So erfolgte die Bestellung zu dem Zweck,
einen weiteren Bausparvertrag für den Sohn R. abzuschließen, nicht jedoch zu dem
Zweck, über eine Beteiligung an der L. KG beraten zu werden. Die Voraussetzungen des
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG a. F. liegen demnach nicht vor, so dass hierdurch ein
Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht ausgeschlossen ist (vgl. OLG
Köln, WM 1989, 1601, 1604).
Die Beklagten können jedoch ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete
Willenserklärungen schon deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG a. F.
widerrufen, weil diese Erklärungen nicht auf den besonderen situativen Umständen jener
Vorschrift beruhen.
Aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes steht fest, dass die Erstansprache durch den
Zeugen J. im August 1997 unter den besonderen situativen Voraussetzungen des
Haustürwiderrufsgesetzes a. F. erfolgt ist. Der Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes
steht nicht entgegen, dass diese Haustürsituation nur bei der Vertragsanbahnung, nicht
hingegen bei Vertragsabschluss in den Räumen der Rechtsvorgängerin der Klägerin am
20. Oktober 1997 selbst vorlag.
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a. F. setzt nicht den Abschluss des Vertrages in einer
Haustürsituation voraus, sondern es genügt, dass der Kunde durch mündliche
Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung zu einer
späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist, wobei Mitursächlichkeit ausreicht
(BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02 -, sub II. 2. b), NJW 2004, 2744-2745; BGH,
Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02 -, sub II. 1. a), WM 2004, 521-525).
Unterzeichnet ein Anleger einen Kreditvertrag zur Finanzierung einer Kapitalanlage (hier
zur Erfüllung seiner Einlageverpflichtung nach Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft als
atypischer stiller Gesellschafter) und fanden die Verhandlungen über die Kapitalanlage
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atypischer stiller Gesellschafter) und fanden die Verhandlungen über die Kapitalanlage
und deren Finanzierung in einer Haustürsituation im Sinne von § 1 Abs. 1 HWiG a. F.
statt, besteht zunächst eine Indizwirkung dafür, dass die ursprüngliche Haustürsituation
ursächlich für die spätere Abgabe der Willenserklärung geworden ist. Ein enger zeitlicher
Zusammenhang zwischen der Verhandlung und der Vertragserklärung wird dabei vom
Gesetz ebenso wenig verlangt, wie die alleinige Ursächlichkeit der Verhandlungssituation
für die letztlich abgegebene Vertragserklärung. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand
wird allerdings die Indizwirkung entfallen. Dem Darlehensnehmer bleibt der Nachweis der
gleichwohl bestehenden Kausalität stets unbenommen. Für die Annahme der
Ursächlichkeit genügt es, dass die besonderen Umstände der Kontaktaufnahme einen
unter mehreren Beweggründen darstellen, sofern nur ohne sie der später
abgeschlossene Vertrag nicht oder nicht so wie geschehen zustande gekommen wäre
(BGH, Urteil vom 16. Januar 1996 - XI ZR 116/95 -, sub IV. 2. d), NJW 1996, 926-929).
Maßgebend ist letztlich, ob sich der Darlehensnehmer bei Unterzeichnung des
Darlehensvertrages in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit
beeinträchtigt ist, den Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGH, Urteil
vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93 -, sub IV. 3., NJW 1994, 262-265). Dies ist eine Frage
der Würdigung des Einzelfalls (vgl. zu allem: BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02,
a.a.O.; BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/04 -, a.a.O.; BGH, Urteil vom 22.
Oktober 2003 - IV ZR 398/02 -, sub II. 4., NJW 2004, 59-62; BGH, Urteil vom 20. Mai 2003
- XI ZR 248/02 -, sub B. II. 1. b), NJW 2003, 2529-2531; BGH, Urteil vom 21. Januar 2003,
XI ZR 125/02 -, NJW 2003, 1390-1392).
Gemessen an diesen Grundsätzen vermag der erkennende Senat nicht festzustellen,
dass die Beklagten letztlich durch etwaige ihre Entschließungsfreiheit beeinträchtigende
Umstände bei der Anbahnung des Darlehensvertrages im August 1997 zu seinem
Abschluss Monate später am 17./20. Oktober 1997 (mit-)bestimmt worden sind. So hat
der Bundesgerichtshof in einem Fall der Erstansprache am 6. Dezember mit
nachfolgendem Vertragsabschluss am 27. Dezember die Kausalität einer
Haustürsituation bei der Erstansprache ebenso verneint (BGH, Urteil vom 22. Oktober
2003 - IV ZR 398/02 -, a.a.O.) wie im Fall einer Erstansprache „im Oktober“ und
Vertragsschluss am 19. November (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 -,
a.a.O.). Der vorliegende Fall weist aber über den bloßen Zeitablauf hinaus besondere
Umstände auf, die der Annahme eines Fortwirkens der Haustürsituation bei
Vertragsschluss entgegenstehen.
Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei der Schutzzweck des Widerrufsrechts bei
Vertragsabschlüssen in einer Haustürsituation. Der Kunde/Verbraucher, der sich in einer
der in § 1 Abs. 1 HWiG a. F. genannten Situationen Vertragsverhandlungen ausgesetzt
sieht, ist nicht in der Lage, wie z. B. bei Verhandlungen in einem Ladengeschäft, sich
dem Einfluss des häufig psychologisch noch besonders geschulten Verkaufspersonals
durch einfaches Verlassen der Räumlichkeiten zu entziehen. Durch Einräumung einer
Widerrufsfrist soll er deshalb die Möglichkeit erhalten, unbeeinflusst durch den Verkäufer
die Vor- und Nachteile des geschlossenen Geschäfts abzuwägen und gegebenenfalls
Vergleichsangebote einzuholen. Dem Schutzzweck des Haustürwiderrufsgesetzes
unterfällt damit aber nicht jeder Vertragsschluss, zu dem der Anstoß in einer
Haustürsituation gegeben worden ist, sonst käme dem Merkmal des „bestimmt-worden-
Seins“ keine Bedeutung mehr zu. Wie der Bundesgerichtshof erst jüngst wieder betont
hat (BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - XI ZR 167/02 -, a.a.O.), bedarf es zumindest der
Mitursächlichkeit dergestalt, dass ausreichend (damit nach Auffassung des erkennenden
Senats aber auch erforderlich) sei, dass der Darlehensnehmer unter Verstoß gegen § 1
Abs. 1 HWiG a. F. in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt gewesen sei. Eines
Widerrufsrechts bedarf es nach der Schutzrichtung des Haustürwiderrufsgesetzes
demnach dann nicht, wenn der Kunde zwischen Vertragsanbahnung und Abschluss des
Geschäfts durch Zeitablauf und/oder Hinzutreten weiterer Umstände in der Lage war,
unbeeinflusst zu entscheiden, ob er an dem angebahnten Geschäft festhalten will oder
nicht. In diesem Fall wirken die besonderen Umstände der Vertragsanbahnung bei
Vertragsschluss nicht mehr fort. So liegt der Fall hier.
Anlässlich des Gesprächs im August 1997 wurden den Beklagten durch den Zeugen J.
der Erwerb einer atypisch stillen Beteiligung an der L. KG, die durch die Aufnahme eines
Kredits zum großen Teil finanziert werden könne, empfohlen. In der Folgezeit führte der
Vermittler J. für die Beklagten bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Kreditanfrage
durch, und übersandte deren Sachbearbeiter S. mit Schreiben vom 13. September 1997
Unterlagen für die Darlehensanfrage (Anlagenkonvolut K 19). Die Kreditunterlagen der
Rechtsvorgängerin der Klägerin enthalten u. a. eine „Checkliste für Finanzierungsantrag
Kunde“ nebst Selbstauskunft der Beklagten und Erläuterungen der Selbstauskunft auf
Vordrucken der L. KG, sowie ein Beteiligungsangebot der L. KG für den Beklagten zu 2.
nebst Liquiditätsprognosen. Am 26. September 1997 unterschrieben die Beklagten den
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nebst Liquiditätsprognosen. Am 26. September 1997 unterschrieben die Beklagten den
„Zeichnungsschein des atypisch stillen Gesellschafters“ für das Immobilienprogramm
1997/1998 Segment IV der L. KG mit einem Einlagebetrag von insgesamt 94.500,00 DM
(incl. 5 % Agio), wobei die Zahlung „nach Darlehenszusage“ erfolgen sollte.
Mit dem von den Beklagten am 26. September 1997 unterzeichneten
Beteiligungsangebot ist ihnen eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1
HWiG a. F. erteilt worden (Anlage K 1). Diese ist von den Beklagten gesondert
unterzeichnet und enthält keine nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HWiG a. F. unzulässigen Zusätze.
Die Beklagten wussten somit, dass sie ihr Beteiligungsangebot innerhalb von einer
Woche durch schriftliche Erklärung gegenüber der L. KG ohne Angabe von Gründen
widerrufen konnten. Sie hatten somit die ihnen gesetzlich eingeräumte Überlegungsfrist,
die Folgen und Risiken ihrer beabsichtigten Beteiligung einschließlich der zu ihrer
Finanzierung geplanten Kreditaufnahme zu überdenken. Sie hatten die Möglichkeit, ohne
Angabe von Gründen von dem geplanten Geschäft Abstand zu nehmen, wodurch auch
eine Darlehensaufnahme bei der Klägerin gegenstandslos geworden wäre. Sie hatten
dadurch aber auch die Möglichkeit zu überprüfen, ob sie an dem Geschäft lediglich in
dieser Form, nämlich unter Finanzierung durch die Klägerin, nicht mehr festhalten
wollten.
Die Beklagten haben ihr Beteiligungsangebot hingegen nicht widerrufen, sondern sich
vielmehr auch nach einwöchiger Überlegung für die Durchführung des Geschäftes und
damit auch für die beabsichtigte Finanzierung durch die Klägerin entschieden. Aus dieser
Prüfung kann die Frage der Kreditaufnahme auch nicht gleichsam abgespalten werden
mit der Folge, dass diesbezüglich die situativen Umstände der Erstansprache weiterhin
fortwirken. Die neueren Tendenzen in der Rechtsprechung gehen ausnahmslos dahin, im
fremdfinanzierten Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds ein verbundenes
Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG a. F. und damit ein wirtschaftlich einheitliches
Geschäft zu sehen. Im Vordergrund steht nicht die Kreditaufnahme als solche, sondern
ausschließlich das finanzierte Geschäft als geplante Kapitalanlage. Der Widerruf der
Darlehensverträge erfolgt in der Regel auch nicht aus Gründen dieser Verträge, sondern
weil an dem finanzierten Geschäft, dem Fondsbeitritt nicht mehr festgehalten werden
soll. Daraus folgt, dass die Überprüfung des Beitrittsgeschäfts zwangsläufig als dessen
notwendiger Bestandteil auch seine geplante Finanzierung mit einbezieht und
rechtfertigt es, in solchen Fällen ein Fortwirken der Haustürsituation bei dem späteren
Abschluss des Darlehensvertrages zu verneinen.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, eine derartige Betrachtungsweise stelle
eine Umgehung des Belehrungserfordernisses des § 2 Abs. 1 HWiG a. F. dar, weil auf
diese Weise die erforderliche Belehrung aus einem Geschäft in unzulässiger Weise auf
das damit verbundene Geschäft erstreckt werde. Darum geht es nicht. Ein
Widerrufsrecht entfällt nicht nur dann, wenn dem Kunden eine ordnungsgemäße
Widerrufsbelehrung zuteil geworden und die Widerrufsfrist abgelaufen ist, sondern es
entsteht erst gar nicht, wenn die Vertragserklärung nicht ursächlich auf eine der
Situationen des § 1 Abs. 1 HWiG a. F. zurückzuführen ist. Diese Frage aber ist von der
Erteilung einer Belehrung unabhängig und beruht auf den tatsächlichen Umständen des
konkreten Einzelfalls, wie z. B. auch dem Zeitablauf zwischen Erstansprache und
Vertragsschluss. Hierbei sind alle Umstände zu würdigen, insbesondere auch die
Möglichkeit, sich von dem finanzierten Geschäft zu lösen, und dem beabsichtigten
Kreditvertrag so die Grundlage zu entziehen.
So wird in der Rechtsprechung auch vertreten, dass die der Erstansprache nachfolgende,
dem endgültigen Abschluss des Darlehensvertrages aber vorausgehende notarielle
Beurkundung des finanzierten Geschäfts die Kausalität einer Haustürsituation bei der
Vertragsanbahnung für den späteren Abschluss des damit verbundenen
Darlehensvertrages unterbricht (Thüringer OLG, Urteil vom 13. Januar 2004 - 5 U 250/03
-, rechtskräftig durch Nichtannahmebeschluss des BGH vom 23. November 2004 - XI ZR
27/04; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - a.a.O.). Ob dem in dieser
Allgemeinheit zu folgen wäre, kann dahinstehen. Dagegen könnte sprechen, dass sich
die Belehrungspflicht des Notars (§ 17 BeurkG), die nach dem Gesetzeszweck das
Erfordernis einer Widerrufsbelehrung entfallen lässt, nur auf das beurkundete finanzierte
Geschäft erstreckt, nicht aber auf den damit verbundenen Kreditvertrag. Aus diesem
Grunde vermag der Senat auch in keinem Falle der notariellen Beurkundung des
finanzierten Geschäfts eine höhere Warnkraft beizumessen als der Erteilung einer
ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, da sich im Gegensatz zur notariellen Belehrung
die einwöchige Überlegungsfrist für das finanzierte Geschäft zwangsläufig auch auf das
damit verbundene Kreditgeschäft erstreckt und damit mindestens eine gleich hohe
Warnfunktion hat. Jedenfalls aber bestätigt diese Rechtsprechung die Auffassung des
erkennenden Senats, dass eine von dem finanzierten Geschäft ausgehende
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erkennenden Senats, dass eine von dem finanzierten Geschäft ausgehende
Warnwirkung grundsätzlich geeignet sein kann, eine etwaige Überrumpelungssituation
bei der Anbahnung des damit verbundenen Darlehensvertrages bis zu seinem
endgültigen Abschluss wieder entfallen zu lassen.
Ebenso wenig können sich die Beklagte darauf berufen, dass sie sich durch ihr
Beteiligungsangebot gleichsam zum Abschluss des Kreditvertrages gezwungen gesehen
hätten, also in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht unbeeinträchtigt gewesen seien, da eine
andere Möglichkeit der Finanzierung nicht in Betracht gekommen sei. Eine derartige
Beschränkung der Entscheidungsfreiheit beruht gerade nicht mehr auf den situativen
Umständen bei der Anbahnung des Kreditvertrages, sondern auf dem Abschluss des zu
finanzierenden Geschäfts, das die Beklagten in Kenntnis der geplanten Finanzierung
durch die Klägerin nach entsprechender Belehrung und einwöchiger Überlegung gerade
nicht widerrufen haben. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass der Kunde
trotz ordnungsgemäßer Belehrung seine in einer Haustürsituation abgegebene
Willenserklärung nicht widerruft, durchaus selbst auf der Haustürsituation nach § 1 Abs. 1
HWiG a. F. beruhen kann. Der Gesetzgeber geht jedoch davon aus, dass die dem
Kunden eingeräumte Überlegungsfrist ausreicht, den Kausalzusammenhang zwischen
den situativen Umständen der Vertragsanbahnung und der endgültigen Entscheidung,
an dem Geschäft auch nach Prüfung festzuhalten, zu unterbrechen. Der Kunde kann
sich also nicht darauf berufen, noch bei der Entscheidung über die Ausübung des
Widerrufsrechtes durch die situativen Umstände der Vertragsanbahnung in seiner
Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt gewesen zu sein. Dann aber erschiene es als
Wertungswiderspruch, wollte man dieselbe Haustürsituation noch bei Abschluss des
Darlehensvertrages als fortwirkend erachten. Darüber hinaus waren die Beklagten
insbesondere nach Abgabe ihres Beteiligungsangebotes und Stellen der Kreditanfrage
nicht gehindert, die geplante Beteiligung anderweitig und nicht durch die Klägerin
finanzieren zu lassen.
Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Beklagten bei
Abschluss des Darlehensvertrages am 20. Oktober 1997 noch durch eine etwaige
Haustürsituation im August 1997 und der Zeichnung der Beteiligung am 26. September
1997, der eine ordnungsgemäße Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz beigefügt
war, in ihrer Entschließungsfreiheit hinsichtlich des Darlehensvertrages beeinträchtigt
waren, nachdem sie die Gelegenheit, nach Prüfung des Geschäfts von diesem wieder
Abstand zu nehmen, nicht ergriffen hatten.
II. Die Klage scheitert auch nicht daran, dass der Darlehensvertrag nach den §§ 4, 6
VerbrKrG a. F. nichtig und damit die Valuta nicht zurückzuzahlen ist.
1. Ein Kreditvertrag ist gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. grundsätzlich nichtig, wenn
entgegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Satz 2 VerbrKrG a. F. der Darlehensvertrag keine
Angabe des Gesamtbetrages aller von dem Darlehensnehmer zu entrichtenden
Teilzahlungen enthält. Eine entsprechende Angabe enthält der streitgegenständliche
Darlehensvertrag nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine solche Angabe bei Finanzierungen der
vorliegenden Art auch nicht entbehrlich.
Die Parteien haben ein Darlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren mit einer
Zinsbindungsfrist von zunächst fünf Jahren vereinbart, bei dem die Klägerin gemäß
Darlehensvertrag berechtigt war, nach Ablauf der Zinsbindungsfrist den Zinssatz den
wechselnden Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt und den sich hieraus ergebenden
Refinanzierungsmöglichkeiten durch Erhöhung oder Senkung in angemessener Form
anzupassen, sofern nicht eine anderweitige Absprache mit den Darlehensnehmern
erfolgt. Auch für derartige sogenannte unechte Abschnittsfinanzierungen verlangt § 4
Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Satz 2 VerbrKrG a. F. grundsätzlich die Angabe des
Gesamtbetrages. Dies hat der Bundesgerichtshof nunmehr in Übereinstimmung mit der
schon bisher herrschenden Meinung ausdrücklich entschieden (Urteil vom 8. Juni 2004 -
XI ZR 150/03 - unter II. 1.). Dem folgt der erkennende Senat.
Der Pflicht zur Angabe des Gesamtbetrages steht auch nicht der Umstand entgegen,
dass es sich im Streitfall um einen endfälligen Kredit mit Tilgungsaussetzung handelt, die
Valuta also erst nach Ablauf der Vertragsdauer im Ganzen zurückzuzahlen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2001
- XI ZR 156/01 - unter II. 2. a) bb) (3), NJW 2002, 957, 959) können grundsätzlich auch
endfällige Festkredite, bei denen eine enge Verbindung zwischen dem Kreditvertrag und
einem damit in Zusammenhang stehenden Ansparvertrag (Lebensversicherung,
Bausparvertrag o. ä.) besteht, der Angabepflicht des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG
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Bausparvertrag o. ä.) besteht, der Angabepflicht des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG
a. F. unterfallen. Dem könne nicht entgegengehalten werden, Festkredite mit
Tilgungsaussetzung sähen die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG a. F.
erforderliche Rückzahlung in Teilbeträgen nicht vor. Werde der Festkredit mit einem
Ansparvertrag dergestalt verbunden, dass die Tilgung des Kredits für die Laufzeit
ausgesetzt werde und dafür parallel Zahlungen auf den Ansparvertrag geleistet würden,
bestehe die Angabepflicht. Aus der maßgeblichen Sicht des Kreditnehmers, dessen
Information § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG a. F. diene, sei es nur von nachrangiger
Bedeutung, ob er Tilgungsraten direkt an den Kreditgeber oder zunächst Zahlungen an
eine Versicherung oder Bausparkasse erbringe, wenn nur von vornherein feststehe, dass
diese Zahlungen zur Rückzahlung des Kredits verwendet würden.
Welches Maß der Verbundenheit zwischen Darlehensvertrag und einer
Kapitallebensversicherung dabei für die Bejahung einer solchen wirtschaftlichen Einheit
erforderlich ist, war in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang umstritten. Während
das OLG Karlsruhe eine wirtschaftliche Einheit auch dann bejahte, wenn die
Lebensversicherung nicht zwingend zur Tilgung des Darlehens bei Endfälligkeit zum
Einsatz kam, schon länger vor Abschluss des Kreditvertrages abgeschlossen war und der
Bank lediglich zur Sicherheit auf den Todesfall abgetreten wurde (OLG Karlsruhe, OLG
Report Karlsruhe 2004, 60, 61), sah das OLG Stuttgart in der Abtretung von Ansprüchen
aus einer Lebensversicherung nur für den Todesfall lediglich eine Sicherheit für die Bank,
keinen Tilgungsersatz (OLG Stuttgart, WM 2003, 2234, 2236).
Der Bundesgerichtshof hat nun zu der Frage der notwendigen engen Verbindung
zwischen Darlehensvertrag und Kapitallebensversicherung in der Entscheidung vom 8.
Juni 2004 ausgeführt, dass es allein darauf ankomme, ob aus der maßgeblichen Sicht
des Verbrauchers die Zahlungen an den Lebensversicherer wirtschaftlich regelmäßigen
Tilgungsleistungen an den Kreditgeber gleichstünden. Unerheblich sei, ob die
Versicherungssumme niedriger als der Kredit sei, ob die Laufzeiten etwas differierten
und ob sich der Darlehensgeber die Lebensversicherung für den Todesfall habe abtreten
lassen. Entscheidend sei, ob nach den getroffenen Vereinbarungen der Parteien der
Festkredit mit dem Ansparvertrag derart verbunden sei, dass die Tilgung des Kredits für
die Laufzeit ganz oder teilweise ausgesetzt werde und dafür parallel Zahlungen auf den
Ansparvertrag geleistet würden, die nach der übereinstimmenden Vorstellung der Partei
mindestens teilweise zur Rückzahlung des Kredits verwendet werden sollen (BGH a.a.O.
unter II. 2.).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar bestanden zum Zeitpunkt des
Darlehensvertragsschlusses schon beide Lebensversicherungen. Auch ist nicht
entscheidend, dass beide Lebensversicherungen als Sicherheit für den Kredit an die
Klägerin abgetreten worden sind. Entscheidend ist, dass nach der ausdrücklichen
Vereinbarung im Kreditvertrag (S. 2 des Kreditvertrages = Anlage K 2) vereinbart wurde,
dass die Rückzahlung des Darlehens bis zum 30. September 2012 aus dem zu diesem
Termin spätestens zur Auszahlung fälligen Kapitalablaufleistungen abgeschlossenen
Lebensversicherungen erfolgt. Hierdurch haben die Vertragsparteien nicht nur eine
wirtschaftliche, sondern auch eine rechtliche Verbindung zwischen Darlehensvertrag und
Lebensversicherungsvertrag hergestellt, so dass aus der maßgeblichen Sicht des
Verbrauchers die Zahlungen an den Lebensversicherer wirtschaftlich regelmäßigen
Tilgungsleistungen an den Kreditgeber gleichstehen.
2. Trotz des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b) Satz 2 VerbrKrG a. F. hat der
Darlehensvertrag jedoch Wirksamkeit erlangt, denn die Beklagten haben das Darlehen
empfangen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG a. F.), als die Klägerin es gemäß der erteilten
Weisung an die L. KG auszahlte.
a) Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG a. F. wird der Kreditvertrag gültig, wenn der
Verbraucher das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt. „Empfangen“
im Sinne dieser Vorschrift ist das Darlehen nach allgemeinen Grundsätzen auch dann,
wenn es auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt worden ist
(BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01 - sub III. 1. b) aa) m.w.N., NJW 2003,
422 ff.).
b) An dem Empfang des Darlehens durch die Beklagten ändert sich auch nichts, wenn es
sich bei dem Darlehensvertrag und dem finanzierten Beteiligungsgeschäft, dem
Fondsbeitritt, um ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG a. F.
handelt. Dies kann somit zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden. Dies hat jedoch
nicht zur Folge, dass sie von ihrer Rückzahlungsverpflichtung frei geworden wären.
Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden (Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02 -
sub I. 3. und - II ZR 407/02 - sub I. 3.), dass auch im Falle der Nichtigkeit des
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sub I. 3. und - II ZR 407/02 - sub I. 3.), dass auch im Falle der Nichtigkeit des
Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG bei verbundenen Geschäften der
Darlehensnehmer Rückzahlung gezahlter Darlehenszinsen verlangen kann und
seinerseits weder Rückzahlung der Darlehensvaluta noch Ersatz für die Nutzung des
Kredits schuldet. Der erkennende Senat hat jedoch Zweifel, ob die Entscheidungen des
II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004 tatsächlich in diesem Sinne zu verstehen sind.
Der Bundesgerichtshof hat zunächst ausgeführt, dass von dem Grundsatz, dass ein
Darlehen auch dann empfangen sei, wenn es auf Weisung des Darlehensnehmers an
einen in seinem überwiegenden Interesse tätigen Dritten ausgezahlt worden sei, bei
verbundenen Geschäften eine Ausnahme zu machen sei. Er hat dies jedoch nicht näher
begründet, sondern sich insoweit allein und ohne Eingehen auf die Urteilsgründe auf eine
Entscheidung des XI. Zivilsenats (Urteils vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01 -, NJW
2003, 422 ff.) bezogen. Der hat in jener Entscheidung zwar ausgeführt, dass bei der
Frage, wann ein Darlehen empfangen sei, bei verbundenen Geschäften eine andere
Beurteilung geboten sei, dabei aber keineswegs die Frage einer Nichtigkeit nach § 6 Abs.
1 VerbrKrG a. F. im Auge gehabt. Er hat diese Ausführungen vielmehr im Rahmen von
Fragen der Rückabwicklung des Darlehens nach § 3 Abs. 1 HWiG a. F. nach wirksamem
Widerruf nach Maßgabe der Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes gemacht und
dabei verbundene Geschäfte im Auge gehabt „mit der Folge, dass der Widerruf des
Darlehensvertrages zugleich auch der Wirksamkeit des finanzierten Geschäfts
entgegenstünde“. Er hat sich in diesem Zusammenhang auf seine sog. Securenta-
Entscheidung vom 17. September 1996 (XI ZR 164/94 -, NJW 1996, 3414-3416) bezogen,
in der es gleichfalls um die Rückabwicklung eines verbundenen Geschäfts nach
wirksamem Widerruf nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes ging. Der
XI. Zivilsenat hat sich also lediglich mit der Frage befasst, was bei einer Rückabwicklung
verbundener Geschäfte nach wirksamem Widerruf des Darlehensvertrages mit der Folge
auch der Unwirksamkeit des finanzierten Geschäfts durch den Darlehensnehmer zurück
zu gewähren ist. Er hat sich dabei ausschließlich von Schutzzweckerwägungen tragen
lassen mit dem Ziel der uneingeschränkten Gewährleistung des freien Widerrufsrechts.
Der Darlehensnehmer, dem die Darlehensvaluta nicht unmittelbar zugeflossen sei, dürfe
bei einem verbundenen Geschäft in diesem Recht nicht dadurch beschränkt werden,
dass er trotz Widerrufs die Darlehensvaluta zurückzahlen müsse und daneben das
Insolvenzrisiko seines Vertragspartners des finanzierten Geschäfts trage. Insoweit erfolgt
in diesen Fällen die Rückabwicklung im Wege des unmittelbaren Durchgriffs nach § 9 Abs.
2 Satz 4 VerbrKrG a. F.. Herauszugeben hat der Darlehensnehmer danach nur die
finanzierte Beteiligung.
§ 6 VerbrKrG a. F. enthält hingegen keine Regelungen über verbundene Geschäfte. Eine
etwaige Nichtigkeit des Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. erstreckt sich
deshalb auch nicht auf das damit verbundene finanzierte Geschäft.
Schutzzweckerwägungen zur Sicherung des freien Widerrufsrechts spielen in diesem
Zusammenhang gleichfalls keine Rolle. Anhaltspunkte dafür, der Gesetzgeber habe
auch das Fehlen von Mindestangaben nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG a. F. mit
dem völligen Entfallen des Rückzahlungsanspruchs sanktionieren wollen, bestehen nicht.
Auch dass der XI. Zivilsenat die Rückabwicklung von aus anderen Gründen (hier
Nichtigkeit wegen Fehlens von Pflichtangaben) unwirksamen Verträgen denselben
Rechtsfolgen unterstellen wollte wie bei einem wirksamen Widerruf, ist nicht erkennbar.
Dies würde auch nicht berücksichtigen, dass der Umstand, dass bei wirksam
widerrufenen Verbundgeschäften eine Pflicht des Darlehensnehmers zur Rückzahlung
der Darlehensvaluta verneint wird, gerade Ausfluss des mit einer ungehinderten
Widerrufsmöglichkeit bezweckten Verbraucherschutzes ist. Dieser Schutzzweck aber wird
bei der Frage einer Heilung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG a. F. gerade nicht berührt.
Dem mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG a. F. bezweckten Schutz der Darlehensnehmer
vor unklaren und verschleiernden Angaben aber trägt § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F.
hinreichend Rechnung.
Auch der allgemeine Grundsatz des Verbraucherschutzrechts dahin, dass der
Verbraucher als Folge einer zu seinem Schutz gedachten Vorschrift nicht schlechter
stehen darf als ohne sie, gebietet keine andere Betrachtungsweise der Frage, wann bei
verbundenen Geschäften ein nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. nichtiger Vertrag durch
Empfang des Darlehens oder Inanspruchnahme des Kredits wirksam wird. Denn es geht
nicht darum, dass sich der Verbraucher bei einer Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des
Vertrages aufgrund verbraucherschützender Bestimmungen nunmehr einem sofortigen
Rückzahlungsanspruch ausgesetzt sähe. Dieser gerade die Freiheit des Widerrufsrechts
berührende Gesichtspunkt spielt bei § 6 Abs. 1 VerbrKrG a. F. keine Rolle. Durch § 6 Abs.
2 VerbrKrG a. F. ist gewährleistet, dass der Verbraucher bei Verstößen gegen die
Gesamtbetragsangabe nicht schlechter steht als ohne sie. Er kann weiter das Darlehen,
wie vertraglich vereinbart, tilgen und ist nur zu der - niedrigeren - gesetzlichen
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wie vertraglich vereinbart, tilgen und ist nur zu der - niedrigeren - gesetzlichen
Verzinsung verpflichtet.
So hat auch der II. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2003 (- II ZR 387/02 -),
in der es gleichfalls nicht um die Frage des Widerrufs, sondern um einen
Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F. ging, den Rückzahlungsanspruch
der Bank grundsätzlich bejaht und nicht etwa an einem fehlenden Empfang des
Darlehens durch den Darlehensnehmer scheitern lassen.
Dies gilt gleichermaßen für die Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs
vom 14. September 2004 (XI ZR 10/04) zu §§ 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. b), 6 Abs. 2 Satz 2
VerbrKrG a. F.. Der XI. Senat ist auch dort trotz Auszahlung der Valuta auf das Konto
eines Treuhänders (vgl. den Tatbestand jenes Urteils) von einem Empfang des
Darlehens ausgegangen (a.a.O. sub II. 2.). Zwar sind dem Urteil nähere Einzelheiten zu
dem Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht zu entnehmen, aber auch dort
handelte es sich um die Finanzierung des Beitritts zu einem geschlossenen
Immobilienfonds, bei dem die Fremdfinanzierung der Einlage bereits im Fondsprospekt
vorgesehen war. Da der XI. Zivilsenat die Frage des Empfangs des Darlehens durch
Auszahlung an den Treuhänder in keiner Weise näher problematisiert hat, spricht auch
dies dafür, dass - jedenfalls im Rahmen von § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F. - die
vertragsgemäße Auszahlung an den Treuhänder grundsätzlich ausreicht.
Wollte man bei verbundenen Geschäften in der weisungsgemäßen Auszahlung der
Valuta generell keinen Empfang des Darlehensbetrages durch den Darlehensnehmer
sehen, hätte dies nämlich zur Folge, dass bei verbundenen Geschäften, bei denen die
Darlehensvaluta direkt an den Partner des finanzierten Geschäfts ausgezahlt wird, bei
Fehlen von Pflichtangaben eine Heilung nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG grundsätzlich nicht in
Betracht käme.
So lagen denn auch den genannten Entscheidungen des II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004
Sachverhalte zugrunde, in denen der Fondsbeitritt schon wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz fehlerbehaftet war und der Anleger darüber hinaus
Schadensersatzansprüche auf Freistellung von den Beitrittsverpflichtungen geltend
machte. Der erkennende Senat hat deshalb die angesprochenen Entscheidungen
zunächst dahingehend verstanden, dass sie jedenfalls nicht in den Fällen gelten, in
denen, wie im Streitfall, das finanzierte Geschäft wirksam ist und der Darlehensnehmer
durch die weisungsgemäße Auszahlung der Darlehensvaluta von einer wirksam
begründeten eigenen Verbindlichkeit (hier seiner Verpflichtung zur Zahlung der
Fondseinlage) frei geworden ist. Dass er jedenfalls in diesen Fällen das Darlehen
empfangen hat, kann nach Auffassung des Senats nicht in Abrede gestellt werden. Dass
der II. Zivilsenat auch in Fällen der fehlenden Gesamtbetragsangabe den
Darlehensnehmer von allen Risiken der gewählten Kapitalanlage freistellen wollte, konnte
den genannten Entscheidungen nach Auffassung des erkennenden Senats nicht
entnommen werden.
Nunmehr hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in weiteren Entscheidungen vom
6. Dezember 2004 (II ZR 401/02 und II ZR 379/02) diese Rechtsprechung für einen
weiteren Fall der Formnichtigkeit nach § 4 Abs. 1 VerbrKrG a. F. fortgesetzt. Soweit diese
Entscheidungen dahingehend zu verstehen sein sollten, dass der II. Zivilsenat in allen
Fällen der Formnichtigkeit eines verbundenen Darlehensvertrages eine Heilung des
Vertrages durch weisungsgemäße Auszahlung des Darlehensbetrages an einen Dritten
verneint, vermag sich der erkennende Senat dem nicht anzuschließen, da auch jene
Entscheidungen eine Begründung nicht enthalten, sondern nur auf die Entscheidungen
vom 14. Juni 2004 verweisen.
Nach Auffassung des Senats ist zu unterscheiden zwischen der Frage, was bei einer
Rückabwicklung des Darlehensvertrages - auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2
Satz 4 VerbrKrG a. F. - vom Darlehensnehmer zurückzugewähren ist, und den
Voraussetzungen, unter denen nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG die Heilung eines formnichtigen
Vertrages eintritt. Letzte Vorschrift enthält keine Sonderregeln für verbundene
Geschäfte, vielmehr abschließende Sanktionen für das Fehlen gesetzlich vorgesehener
Pflichtangaben und dient damit gerade auch dem Schutz des Darlehensnehmers vor
einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB
(Begründung des Regierungsentwurfs des Verbraucherkreditgesetzes, BT-Drucks.
11/5462 S. 21; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 - XI ZR 17/04 - sub II. 2. b)).
Hinweise auf etwaige Besonderheiten bei verbundenen Geschäften enthält die amtliche
Begründung zu § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F. nicht.
Zudem setzt sich der II. Zivilsenat lediglich mit der Frage einer Heilung durch „Empfang“
der Darlehensvaluta durch den Darlehensnehmer auseinander und prüft, was bei einem
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der Darlehensvaluta durch den Darlehensnehmer auseinander und prüft, was bei einem
verbundenen Geschäft in diesem Sinne als „empfangen“ anzusehen ist. Der
Heilungstatbestand des § 6 Abs. 2 VerbrKrG a. F. knüpft neben dem Empfang des
Darlehens alternativ aber auch an die Inanspruchnahme des Kredits an, eine
Voraussetzung, die sich ersichtlich von dem Merkmal des Empfangs unterscheidet.
Inanspruchnahme ist die Disposition des Verbrauchers als Darlehensnehmer über den
Kredit, mindestens das an den Darlehensgeber gerichtete Verlangen, das Geld zur
Verfügung zu stellen, dem der Darlehensgeber durch Auszahlung, Überweisung etc.
entspricht (Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl., Rdnr. 7 zu § 494 BGB). In diesem Sinne hat die
Klägerin den Kredit durch die weisungsgemäße Auszahlung an die L. KG nach Auffassung
des Senats jedenfalls in Anspruch genommen.
Hat der Darlehensnehmer das Darlehen aber empfangen oder in Anspruch genommen,
wird der Darlehensvertrag ungeachtet eines etwaigen Fehlens von Pflichtangaben gültig
(§ 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG a. F.) mit der Folge, dass der Darlehensnehmer
grundsätzlich zur Rückzahlung der Darlehensvaluta und der Zinsen, wenn auch nur in
Höhe des gesetzlichen Zinssatzes, verpflichtet ist.
Bereits aus diesen Gründen steht der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der vertraglich
vereinbarten Zinsen zu. Ansprüche stehen ihr daher grundsätzlich nur auf Rückzahlung
der Darlehensvaluta nebst den gesetzlichen Zinsen in Höhe von 4 % gemäß § 6 Abs. 2
Satz 2 VerbrKrG a. F. zu, die sie unter Verrechnung der geleisteten Teilzahlungen mit
43.519,38 EUR berechnet und mit dem Hilfsantrag geltend macht. Diesem grundsätzlich
bestehenden Anspruch stehen - soweit nicht zuerkannt - Einwendungen nach § 9 Abs. 3
VerbrKrG a. F. entgegen (hierzu nachfolgend).
III. Die Klage scheitert im Wesentlichen daran, dass die Beklagten den
Darlehensansprüchen der Klägerin Einwendungen nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F.
entgegenhalten können.
1. Den Beklagten stehen gegen den Fondsinitiator L. Schadensersatzansprüche aus
Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) zu.
Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2005 tragen die Beklagten vor, dass die
Kommanditgesellschaft von 1994 bis 1997 betriebliche Verluste von jährlich zwischen
26,5 Mio und 35,9 Mio DM erwirtschaftet habe. Der Fondsinitiator L. habe in den Jahren
1996 und 1997 insgesamt 12,6 Mio DM entnommen, wodurch sich die Liquiditätslage der
Kommanditgesellschaft weiter verschlechtert habe. Darüber hinaus sei es in den Jahren
1996 und 1997 zu 27 Pfändungsaufträgen des zuständigen Gerichtsvollziehers
gekommen. Die Kommanditgesellschaft sei auf ständige Mittelzuflüsse durch erhebliche
Substanzverkäufe angewiesen gewesen. Im Jahre 1996 und 1997 seien allein 39 % des
Anlagevermögens veräußert worden. Die in 1996 veräußerten Objekte seien dennoch im
vorbezeichneten Emissionsprospekt als nach wie vor zum Vermögen der
Kommanditgesellschaft gehörig ausgewiesen. Die in den Veräußerungen erzielten Erlöse
lägen darüber hinaus deutlich, nämlich um 18.173.000,00 DM im Jahre 1996 unter den
ausgewiesenen Verkehrswerten im Emissionsprospekt. Diese Feststellungen habe das
Landgericht München verfahrens- und rechtsfehlerfrei in dem rechtskräftigen Strafurteil
vom 28. September 2001 - 5 KLs 315 Js 30172/00 - aufgrund der geständigen
Einlassungen des angeklagten Fondsinitiators L. getroffen.
Diese Behauptungen hat die Klägerin nicht mehr substantiiert bestritten. So fehlt es an
jeglicher Darlegung, aufgrund welcher Anhaltspunkte die Feststellungen des
Landgerichts München in dem Strafurteil nicht den Tatsachen entsprechen sollen. Sie
hat diesbezüglich nach Erörterung derartiger Schadensersatzansprüche in der
mündlichen Verhandlung auch keine weitere Erklärungsfrist beantragt, so dass die
behaupteten Tatsachen als zugestanden anzusehen sind, § 138 Abs. 3 ZPO.
Obwohl die Beklagten diese Behauptungen im Einzelnen erst in zweiter Instanz konkret
vorgetragen haben, sind sie gemäß § 531 ZPO zuzulassen. Die Voraussetzungen des §
531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegen vor, da die Behauptungen einen Gesichtspunkt betreffen,
der vom Gericht des ersten Rechtszuges für unerheblich gehalten worden ist. So hat es
das Landgericht Berlin für unerheblich gehalten, ob Täuschungshandlungen oder
Pflichtverletzungen durch den Fondsinitiator vorliegen, da es nach Maßgabe der
damaligen Rechtsprechung davon ausgegangen ist, dass die Klägerin sich nur solche
Täuschungshandlungen und Pflichtverletzungen des Fondsinitiators zurechnen lassen
muss, die ihr bekannt waren (S. 16 f. des Urteils des Landgerichts).
Die vom Landgericht München festgestellten Tatsachen sind für die Anlageentscheidung
eines potentiellen Anlegers bedeutsam, da sie auf die Beurteilung des zu erwartenden
Erfolgs der Kapitalanlage von erheblichem Einfluss waren, so dass der Fondsinitiator von
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Erfolgs der Kapitalanlage von erheblichem Einfluss waren, so dass der Fondsinitiator von
sich aus auf diese Tatsachen im Rahmen seiner Aufklärungspflichten hinzuweisen hat,
um den Anleger eine sachgerechte Bewertung der Risiken zu ermöglichen. Unstreitig
sind die Beklagten nicht auf diese für eine Anlegerentscheidung wichtigen Tatsachen
hingewiesen worden. Das Prospekt, auf dessen Grundlage das Beratungsgespräch
geführt wurde, ist insoweit unvollständig und unrichtig. Auf S. 52 ff. des Prospekts der L.
KG zum „Immobilienprogramm 1997/1998 Segment IV Emission 1997“ (Anlage K 11)
werden die zum Vermögen der Kommanditgesellschaft gehörigen Immobilien zwar zum
Stand 31. Dezember 1995 ausgewiesen, jedoch ist auf S. 57 des Prospekts ausdrücklich
aufgeführt, dass der Bestand der Objekte durch das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers
vom 10. Juli 1996 nachgewiesen ist. Da die Beklagten im Herbst 1997 geworben worden
sind, konnten sie als unbedarfte Anleger davon ausgehen, dass die im Prospekt
ausgewiesenen Vermögenswerte zumindest noch im Wesentlichen den gegenwärtigen
Vermögenswerten entsprechen, was tatsächlich aber nicht der Fall war.
Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss aufgrund Verletzung
vorvertraglicher Aufklärungspflichten ist bereits dann gegeben, wenn diese
Pflichtverletzung auf Fahrlässigkeit beruht. Diese liegt hier vor. Vorsatz oder sogar ein
betrügerisches Verhalten ist nicht Voraussetzung dieses Schadensersatzanspruches.
Daher kommt es nicht darauf an, dass die ausgesprochene strafrechtliche Verurteilung
des Angeklagten La. sich erst auf Vermittlungen von Gesellschaftsbeteiligungen ab
Dezember 1997 bezog, während hier die Vermittlung im September 1997 erfolgte, so
dass die Beklagten nicht Betrugsopfer im Sinne des Strafurteils sind.
Bei sachgerechter Aufklärung hätten die Beklagten die Gesellschaftsbeteiligung nicht
erworben, wofür ein Anscheinsbeweis streitet (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR
88/02 - sub III.).
2. Der Darlehensvertrag der Parteien und der Gesellschaftsbeitritt der Beklagten bilden
auch ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG a. F..
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes finden auf einen Kredit zur
Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG a.
F. die Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 3 VerbrKrG a. F. Anwendung. Dem steht nicht
entgegen, dass der Vertrag über den Beitritt zu einer Gesellschaft kein auf eine
entgeltliche Leistung gerichtetes Geschäft ist, da ein solcher Vertrag mit Rücksicht auf
den mit der Beteiligung verfolgten wirtschaftlichen Zweck und die Schutzbedürftigkeit
des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen ist (BGH,
Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01 -, sub I. 2. a) m.w.N.).
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG a. F. erfüllt. Der
Darlehensvertrag diente der Finanzierung des Gesellschaftsbeitritts. Beide Verträge sind
als wirtschaftliche Einheit anzusehen.
a) Dies wird nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG a. F. unwiderleglich vermutet, wenn sich der
Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der
Mitwirkung der Initiatoren des Fonds bedient. Die Klägerin hat sich bei der
Darlehensvergabe des von dem Fonds-initiator L. eingeschalteten Vermittlers J. bedient.
Der Vermittler J. führte für die Beklagten bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine
Kreditanfrage durch und übersandte deren Sachbearbeiter S. mit Schreiben vom 13.
September 1997 die Unterlagen für die Darlehensanfrage. Die Kreditunterlagen der
Rechtsvorgängerin der Klägerin enthalten u. a. eine „Checkliste für Finanzierungsantrag
Kunde“ nebst Selbstauskunft der Beklagten und Erläuterungen der Selbstauskunft auf
Vordrucken der L. KG sowie ein Beteiligungsangebot der L. KG für den Beklagten zu 2.
nebst Liquiditätsprognosen. Die Darlehensverträge selbst unterschrieben die Beklagten
nach Terminsvereinbarung durch den Vermittler J. am 20. Oktober 1997 in dessen
Begleitung in den Geschäftsräumen der Klägerin. Gespräche zwischen den Beklagten
und Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin der Klägerin fanden vor Abschluss des die
Darlehensverträge darstellenden Schreibens der Rechtsvorgängerin der Klägerin an die
Beklagten vom 17. Oktober 1997 (Anlagen K 2 und K 3) nicht statt. Damit hat sich die
Rechtsvorgängerin der Klägerin desselben Vermittlers im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG
a. F. bedient (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 405/02 - sub I. 2.; Urteil
vom 24. Januar 2005 - II ZR 408/02 - sub I. 2. a)). Der Rechtsvorgängerin der Klägerin war
auch bekannt, dass der Vermittler J. zugleich die Beteiligung an der L. KG vermittelte.
Diese Kenntnis folgt bereits aus dem Umstand, dass er sich erkennbar der Vordrucke
der L. KG (Selbstauskunft der Beklagten für einen Finanzierungsantrag) bedient hat als
auch daraus, dass in der Einleitung der Darlehensverträge ausdrücklich auf die mit der L.
KG geführten Gespräche und die eingereichten Unterlagen Bezug genommen wird.
Damit bedienten sich Kommanditgesellschaft und die Rechtsvorgängerin der Klägerin
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Damit bedienten sich Kommanditgesellschaft und die Rechtsvorgängerin der Klägerin
derselben Vertriebsorganisation (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 411/02 - sub
I. 1. b) aa)). Darüber hinaus ist in zweiter Instanz unstreitig geworden, dass die
Rechtsvorgängerin der Klägerin an den Vermittler J. eine Provision für die Vermittlung
des Darlehensvertrages gezahlt hat, so dass auch aus diesem Umstand folgt, dass der
Vermittler J. nicht als selbständiger Vermittler auf Seiten der Beklagten der
Rechtsvorgängerin der Klägerin gegenübergetreten ist.
b) Beide Verträge sind darüber hinaus bereits nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG a. F. als
wirtschaftliche Einheit anzusehen. Dies folgt daraus, dass den Beklagten die Beteiligung
an der L. KG und die Finanzierung als ein einheitliches Produkt angeboten worden ist,
nämlich als eine Kapitalanlage, die im Wesentlichen fremdfinanziert wird. An der
wirtschaftlichen Einheit vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Beklagten
einen relativ geringen Eigenkapitalanteil geleistet haben. Entscheidend ist, dass die
Beklagten das Darlehen nicht aufgenommen hätten, wenn sie nicht die
Gesellschafterbeteiligung an der L. KG gezeichnet hätten.
3. Der bei seinem Beitritt über die Bedingungen der Anlagebeteiligung getäuschte
Anleger kann nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche
der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Finanzierungsinstitut alle
Ansprüche entgegensetzen, die er gegenüber den Prospektverantwortlichen und
Gründungsgesellschaftern des Fonds hat. Denn diese sind in dem Dreiecksverhältnis des
Verbundsgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln. Die
gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden
Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung, Verschulden bei Vertragsschluss und
gegebenenfalls § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB sind darauf gerichtet,
den Anleger im Rahmen des § 9 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG a. F. analog so zu
stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den
Beitritt finanzierenden Institut keinen Kreditvertrag geschlossen (BGH, Urteil vom 24.
Januar 2005 - II ZR 408/02 - sub I. 2. b) m.w.N.).
Demgegenüber vertritt das OLG Schleswig die Auffassung, bereits der Wortlaut des § 9
Abs. 3 VerbrKrG lasse eine solche Auslegung nicht zu, da insoweit der Käufer lediglich
berechtigt sei, Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag gegenüber dem
Rückzahlungsanspruch des Finanzierungsinstituts geltend zu machen. Auch aus der
Entstehungsgeschichte ergebe sich, dass insoweit keine Einwendungen aus sonstigen
Rechtsgeschäften dem finanzierenden Institut entgegengehalten werden können. Die
weite Auslegung des II. Zivilsenates sei auch nicht mit dem Sinn und Zweck dieser Norm
zu rechtfertigen, da der Käufer durch die Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen
Abzahlungsgeschäftes in zwei rechtlich selbständige Verträge gegenüber im Rahmen
des Kaufvertrages sich ergebenden Störungen nicht schlechter gestellt werden solle, als
er ohne Aufspaltung stehen würde (OLG Schleswig, Urteil vom 2. Juni 2005 - 5 U 162/01 -
, S. 11 f.). Für eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG über die Fälle
eines wirksamen Widerrufs hinaus sei kein Raum, da es insoweit bereits an einer
ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke fehle. Die analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz
4 VerbrKrG auf Täuschungshandlungen durch Fondsinitiatoren überschreite die dem
Richter zugebilligte Kompetenz zur Rechtsfortbildung (OLG Schleswig a.a.O., S. 13-15).
Der Senat teilt diese Bedenken des OLG Schleswig nicht. Eine über den Wortlaut hinaus
greifende Auslegung sowohl des § 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F. als auch des § 9 Abs. 2 Satz 4
VerbrKrG a. F. ist hier gerechtfertigt, da im Rahmen des Erwerbs von
Gesellschaftsbeteiligungen der Fondsinitiator nicht als Dritter im Sinne dieser
Vorschriften anzusehen ist. Lediglich unter formalen Aspekten ist der Initiator mit dem
Verkäufer nicht identisch. Nicht unberücksichtigt darf bleiben, dass sich die Beklagten an
einer Publikums-KG beteiligt haben, so dass sie sich selbst mit dem Kauf an dem
Verkäufer beteiligt haben. Durch den Verkauf der Beteiligungen besteht der Verkäufer
letztlich aus der Gesamtheit der Geschädigten. Nutznießer zumindest im
wirtschaftlichen Sinne ist letztlich der Initiator und damit der Schädiger. Die enge
personelle, rechtliche und wirtschaftliche Verflechtung zwischen Schädiger und Verkäufer
rechtfertigt es, den Initiator nicht als Dritten anzusehen, sondern dem Verkäufer
gleichzustellen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02 - sub II. 1. b)).
4. Die Schadensersatzansprüche aus c.i.c. sind entgegen der Rechtsauffassung der
Klägerin nicht verjährt.
Ansprüche aus c.i.c. verjähren grundsätzlich nach § 195 BGB a. F. in 30 Jahren. Nach Art.
229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ist seit dem 1. Januar 2002 an die Stelle der 30-jährigen
nunmehr aber die kurze Regelfrist von drei Jahren getreten, so dass unter den
Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Schadensersatzansprüche aus c.i.c.
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Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Schadensersatzansprüche aus c.i.c.
grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjähren.
a) Die Beklagten haben den zugesprochenen Schadensersatzanspruch auf
Rückabwicklung aus c.i.c. in Verbindung mit § 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F. vor dem 31.
Dezember 2004, nämlich bereits mit Klageerwiderungsschrift und gleichzeitigem
Widerklageantrag vom 24. September 2001, gegenüber der Klägerin
streitgegenständlich und rechtshängig gemacht. Die Beklagten haben bereits in erster
Instanz vorgetragen, dass die Klägerin aus c.i.c. wegen Falschwerbung in Gestalt von
Rentabilitätstäuschung durch die Fondsinitiatoren und den Untervermittler J. hafte.
Unerheblich ist, dass sie die Täuschungshandlungen, aus denen sich der
Schadensersatzanspruch aus c.i.c. ergibt, erst in zweiter Instanz konkret vorgetragen
haben. Der in zweiter Instanz konkretisierte Vortrag stellt lediglich eine tatsächliche
Ergänzung des bereits streitgegenständlichen einheitlichen Lebenssachverhaltes im
Sinne des § 264 Nr. 1 ZPO dar und keine Klageänderung gemäß § 263 ZPO in dem
Sinne, dass der (Wider-) Klagegrund durch den Vortrag eines völlig neuen Sachverhaltes
ausgewechselt wird.
b) Die Beklagten sind auch nicht deshalb gehindert, der Klägerin entsprechende
Einwendungen entgegenzuhalten, weil möglicherweise die Schadensersatzansprüche
gegen den Fondsinitiator verjährt sind. Nach Auffassung des OLG Schleswig kann sich
das finanzierende Institut hinsichtlich der Schadensersatzansprüche auf die Einrede der
Verjährung berufen, wenn die Darlehensnehmer den Eintritt der Verjährung der
Ansprüche gegen die Initiatoren nicht durch geeignete Maßnahmen verhindert haben.
Der Klageerhebung gegen den Darlehensgeber kommt keine
verjährungsunterbrechende Wirkung zu, da die Darlehensnehmer letztlich nur einen
gegen die Initiatoren gerichteten und damit abgeleiteten Schadensersatzanspruch
gegen den Darlehensgeber haben, so dass dieser die nach Klageerhebung eingetretene
Verjährung der Ansprüche gegen die Fondsinitiatoren den Darlehensnehmern
entgegenhalten kann (OLG Schleswig a.a.O., S. 18-20). Der Senat teilt diese
Rechtsansicht nicht, da sie im Widerspruch zu dem Sinn und Zweck des § 9 VerbrKrG a.
F. steht. Durch die Regelungen des § 9 VerbrKrG a. F. soll verhindert werden, dass der
Verbraucher das Risiko trägt, dass durch die rechtliche Aufspaltung eines wirtschaftlich
einheitlichen Geschäftes in zwei rechtlich selbständige Geschäfte entsteht. Dieses
Aufspaltungsrisiko würde hier in vollem Umfange zum Tragen kommen, wenn der
Verbraucher nicht nur gegenüber der finanzierenden Bank, sondern auch gegenüber
dem Verkäufer bzw. Quasiverkäufer verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen
müsste. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine Klageerhebung gegen
die Initiatoren in vielen Fällen wirtschaftlich unsinnig ist und zusätzliche
Prozesskostenrisiken mit sich bringt, wenn die Initiatoren - wie hier - vermögenslos sind.
c) Selbst unter der Annahme, dass hier die Schadensersatzansprüche der Beklagten
aus c.i.c. verjährt wären, schließt dies jedenfalls die Aufrechnung gegen die noch
bestehenden Darlehensansprüche der Klägerin nicht aus, da die
Schadensersatzansprüche zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung
aufgerechnet werden konnten, noch nicht verjährt waren, § 390 Satz 2 BGB a. F.. Gemäß
§ 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F. kann der Verbraucher die Rückzahlung des Kredits verweigern,
soweit Einwendungen aus dem verbundenen Kaufvertrag ihn gegenüber dem Verkäufer
zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden. Wie bereits ausgeführt, kann der
Anleger dem Finanzierungsinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegenüber
den Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschaftern des Fonds hat. Die
Beklagten können demnach von dem Initiator L. verlangen, so gestellt zu werden, als
wären sie der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätten mit dem den Beitritt
finanzierenden Institut keinen Kreditvertrag geschlossen. Demnach hat der Initiator L.
die Beklagten von allen Ansprüchen der Klägerin freizustellen. Diese
Freistellungsansprüche können die Beklagten über § 9 Abs. 3 VerbrKrG a. F. der Klägerin
entgegenhalten. Nach Ansicht des Senates wandelt sich dieser Befreiungsanspruch in
einen aufrechenbaren Zahlungsanspruch um, da Schuldner und Gläubiger des
Zahlungsanspruches und des Befreiungsanspruches identisch sind. Darlehensansprüche
und Schadensersatzansprüche standen sich hier in unverjährter Zeit aufrechenbar
gegenüber. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgt und eine Aufrechnungslage
wegen fehlender Gleichartigkeit mit der Begründung verneint, dass sich der
Befreiungsanspruch nicht seinerseits in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat,
steht dem Beklagten bis zur Erfüllung des Befreiungsanspruches ein
Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB in analoger Anwendung des § 390 Satz 2 BGB a.
F. zu (vgl. BGHZ 48, 116).
5. Die gegenseitigen Forderungen, Darlehensansprüche auf der einen und
Schadensersatzansprüche auf der anderen Seite, sind auch fällig. Zwischen den
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Schadensersatzansprüche auf der anderen Seite, sind auch fällig. Zwischen den
Parteien besteht zwar Streit, auf welche Art und Weise das Rechtsverhältnis abzuwickeln
bzw. rückabzuwickeln ist; jedoch sind sich beide einig, dass der Darlehensvertrag nicht
mehr weiter durchgeführt werden soll. Damit befinden sich die Parteien in einem
Abrechnungsverhältnis, so dass nach Verrechnung bzw. Aufrechnung sämtlicher
gegenseitiger Positionen der Saldobetrag auszugleichen ist. Demnach kommt es nicht
mehr darauf an, ob die Darlehensvaluta von der Klägerin nach Kündigung wirksam fällig
gestellt worden ist.
IV. Nach Saldierung steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung
von 12.775,20 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe der abgetretenen
Lebensversicherung zu. Den Beklagten steht ihrerseits im Rahmen der Widerklage
spiegelbildlich der Anspruch auf Abtretung der Lebensversicherung Zug um Zug gegen
Zahlung des Betrages von 12.775,20 EUR zu.
1. Die gegen den Fondsinitiator gerichteten Schadensersatzansprüche sind darauf
gerichtet, die Beklagten so zu stellen, als wären sie der Gesellschaft nicht beigetreten
und hätten mit der Klägerin keinen Darlehensvertrag geschlossen. Für die Klägerin
bedeutet dies, dass sie gegen die Beklagten Ansprüche auf Herausgabe der
Fondsbeteiligung und in entsprechender Anwendung des § 255 BGB einen Anspruch auf
Abtretung der den Beklagten gegen die Prospektverantwortlichen und
Gründungsgesellschafter des Fonds zustehenden Schadensersatzansprüche hat. Die
Beklagten müssen dagegen die Darlehensvaluta nicht an die Klägerin zurückzahlen.
Umgekehrt haben sie im Wege des sogenannten Rückforderungsdurchgriffs
entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR
387/02 -, NJW 2003, 2821, 2823 = ZIP 2003, 1592, 1595) einen Anspruch gegen die
Klägerin auf Rückgewähr der von ihnen aufgrund des Darlehensvertrages erbrachten
Leistungen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01 - sub II. 3. c)). Auch insoweit teilt
der Senat die Bedenken des OLG Schleswig (a.a.O.) nicht und hält es für zulässig, § 9
Abs.2 S.4 VerbrKrG über den Fall des Widerrufs hinaus auf andere Fälle der
Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu erstrecken. Soweit das OLG Schleswig hierin
einen unzulässigen Aufspaltungsvorteil durch Schaffung einer zusätzlichen
Haftungsmasse sieht, so ist dies letztlich dem Verbraucherkreditgesetz in gewisser
Weise immanent, da in den Fällen der Rückabwicklung durchaus
Rückforderungsansprüche gegen den Darlehensgeber nach §§ 812ff. BGB, insbesondere
§ 813 Abs.1 S.1 BGB eröffnet sein können (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Rn. 7
zu § 359 BGB).
Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zahlung von Zinsen stehen
daher der Klägerin nicht zu. Der grundsätzlich bestehende Anspruch auf Abtretung der
Fondsbeteiligung und der Schadensersatzansprüche gegen den Fondsinitiator ist nur
dann durchsetzbar, wenn die Klägerin ihrerseits den Beklagten das von diesen
eingesetzte Eigenkapital von 14.400,00 DM erstattet (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember
2004 - II ZR 401/02 -, sub I. 3.b)). Die Klägerin hat in diesem Rechtsstreit - auch nicht
hilfsweise - diese grundsätzlich bestehenden Ansprüche Zug um Zug gegen Erstattung
des verauslagten Eigenkapitals geltend gemacht; sie waren daher bei der Tenorierung
nicht zu berücksichtigen.
2. Nach den vom II. Zivilsenat entwickelten Grundsätzen kann ein Anleger im Rahmen
der Rückabwicklung eines kreditfinanzierten Gesellschaftsbeitritt nach § 9 VerbrKrG nur
diejenigen Zahlungen von der Bank zurück verlangen, die er aus eigenen Mitteln
erbracht hat, ohne dabei auf seine Gesellschaftsbeteiligung zurückzugreifen. Soweit er
dagegen nur Gewinnanteile - etwa in Form von Mieterträgen - oder sonstige ihm aus der
Fondsbeteiligung erwachsene Vermögensvorteile an die Bank weitergeleitet hat, fehlt es
an einem Schaden. Hat er derartige Vermögensvorteile sogar vereinnahmt, muss sein
Zahlungsanspruch gegen die Bank nach den Regeln des Vorteilsausgleich entsprechend
gekürzt werden. Anderenfalls würde er im Rahmen der Rückabwicklung besser gestellt,
als er stehen würde, wenn er der Gesellschaft niemals beigetreten wäre (BGH, Urteil
vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01 -, sub II.). Zu den berücksichtigungsfähigen
Vermögensvorteilen gehören auch die vom Anleger erlangten Steuervorteile, denen
keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüber stehen (BGH a.a.O.).
Unstreitig haben die Beklagten Zinszahlungen in Höhe von insgesamt 10.112,66 DM
geleistet. Darüber hinaus hat die Klägerin ein Kontoguthaben der Beklagten in Höhe von
76,79 DM verwertet. Weiterhin sind zu Gunsten der Klägerin die von den Beklagten
erhaltenen Ausschüttungen der L. KG in Höhe von insgesamt 975,00 DM zu
berücksichtigen, so dass nach Anrechnung den Beklagten grundsätzlich ein Anspruch
auf Zahlung von 9.214,45 DM = 4.711,27 EUR zusteht, den das Landgericht
zugesprochen hat.
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In zweiter Instanz ist unstreitig geworden, dass die Beklagten Steuervorteile in Höhe von
17.486,47 EUR aus der Gesellschaftsbeteiligung erlangt haben. Streitig ist zwischen den
Parteien, ob diese Steuervorteile nachhaltig sind oder ob das Finanzamt die insoweit
begünstigenden Steuerbescheide wirksam abändern kann und wird oder ob das
Finanzamt die Beklagten im Falle einer erfolgreichen Widerklage hinsichtlich des
erlangten Widerklagebetrages zur Einkommenssteuer veranlagen wird. Im letzteren Fall
sind die erlangten Steuervorteile nur dann zu berücksichtigen, wenn ein krasses
Missverhältnis zwischen den erhaltenen Steuervorteilen und dem Steuernachteil
aufgrund der Veranlagung des Schadensersatzanspruches zur Einkommenssteuer
besteht (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77 -).
Zur Nachhaltigkeit der erlangten Steuervorteile hat keiner der beiden Parteien
substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen. Grundsätzlich liegt die Darlegungs- und
Beweislast für die Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung im Rahmen der
Berechnung eines Schadensersatzanspruches beim Schädiger (vgl. BGH, NJW-RR 1992,
1397; 2004, 79, 81). Ausnahmsweise liegt hier die sekundäre Darlegungslast bei den
Beklagten, da sie allein in der Lage sind, zum Umfang der erlangten Steuervorteile
vorzutragen, jedoch bei grundsätzlicher Beweislast der Klägerin (vgl. BGH, Urteil vom 31.
Januar 2005 - II ZR 200/03 - sub II. 1. e)). Diese sekundäre Darlegungslast bezieht sich
auch auf die Frage, ob die Steuervorteile nachhaltig sind. Nur die Beklagten sind in der
Lage, entsprechende Nachfragen beim Finanzamt zu stellen, wie sich die
Rückabwicklung der Gesellschafterbeteiligung steuerlich auswirkt. Auch der Umstand,
dass diese Problematik - soweit ersichtlich - steuerrechtlich noch nicht geklärt ist, ändert
nichts an der sekundären Darlegungspflicht der Beklagten. Für eine Umkehr der
Darlegungslast besteht auch kein praktisches Bedürfnis, da die Beklagten sich gegen
Verluste aus einer eventuellen Steuernachzahlung dadurch absichern können, dass sie
gegenüber der Klägerin im Wege der Klage oder Widerklage eine entsprechende
gerichtliche Feststellung beantragen, dass ihnen im Falle einer Steuernachzahlung auch
insoweit ein Schadensersatzanspruch zusteht. Ein solcher Freistellungsanspruch ist hier
auch nach Erörterung der entsprechenden Problematik in der mündlichen Verhandlung
nicht gestellt worden.
Die grundsätzlich bestehende Widerklageforderung in Höhe von 4.711,27 EUR besteht
daher unter Berücksichtigung einer teilweisen Anrechnung der Steuervorteile in Höhe
von 17.486,47 EUR nicht.
3. In Höhe des Differenzbetrages von 12.775,20 EUR ergibt sich nach den Grundsätzen
der Vorteilsausgleichung ausnahmsweise ein Überschuss zu Gunsten der Klägerin, den
diese heraus verlangen kann (vgl. BGH, NJW 2000, 278).
Da die Klägerin die Beklagten so zu stellen hat, als hätten sie von dem Rechtsgeschäft
nie gehört, haben sie folglich auch die abgetretene Lebensversicherung nach Maßgabe
der ausgesprochenen Zug-um-Zug-Verurteilung rückabzutreten.
Aus diesen Gründen war die Klage im Übrigen abzuweisen.
V. Demzufolge steht den Beklagten gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf Abtretung
der Lebensversicherung zu, den sie insoweit erfolgreich mit der Widerklage geltend
gemacht haben, jedoch nur Zug um Zug gegen Herausgabe der erlangten Vorteile in
Höhe von 12.775,20 EUR. Im Übrigen war die Widerklage aus den angeführten Gründen
abzuweisen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative ZPO
nach den Grundsätzen der gemischten Kostenentscheidung.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision zum Bundesgerichtshof war zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), da die Frage
der Darlegungs- und Beweislastverteilung hinsichtlich der Nachhaltigkeit erlangter
Steuervorteile im Rahmen einer Vorteilsausgleichung ebenso wie die Frage der Heilung
eines formnichtigen Darlehensvertrages grundsätzliche Bedeutung haben und noch
nicht abschließend höchstrichterlich geklärt sind.
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