Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: gesellschaft, freiwillige gerichtsbarkeit, minderheit, aktienbuch, satzung, glaubhaftmachung, verdacht, kapitalerhöhung, ermessen, beschwerdeinstanz

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 185/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 67 AktG, § 141 Abs 1 S 1 AktG,
§ 147 Abs 1 S 2 AktG, § 147 Abs
2 S 2 AktG
Aktiengesellschaft: Anforderungen an ein wirksames
Minderheitsverlangen auf Geltendmachung von Schadenersatz;
Entbehrlichkeit der Glaubhaftmachung der
Aktionärseigenschaft; Voraussetzungen eines Antrags auf
Bestimmung eines besonderen Vertreters durch das
Registergericht
Leitsatz
1. Für ein wirksames Minderheitsverlangen auf Geltendmachung von Schadensersatz nach §
147 Absatz 1 AktG ist es nicht erforderlich, dass die geltend gemachten Ansprüche Aussicht
auf Erfolg haben.
2. Einer Glaubhaftmachung nach § 147 Absatz 1 Satz 2 AktG darüber, dass die Minderheit
seit mindestens drei Monaten vor dem Tage der Hauptversammlung Inhaber der Aktien ist,
bedarf es nicht, wenn der Gesellschaft dieser Umstand, etwa aufgrund von Eintragungen in
das Aktienbuch nach § 67 AktG bekannt ist.
3. Für den Antrag auf Bestimmung eines besonderen Vertreters durch das Registergericht
nach § 147 Absatz 2 Satz 2 AktG ist eine Identität der das Verlangen in der
Hauptversammlung nach § 147 Absatz 1 Satz 1 AktG und der den Antrag an das Gericht
stellenden Minderheit nicht erforderlich.
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde werden die Beschlüsse der Abteilung 96 des
Amtsgerichts Charlottenburg vom 8. Januar 2004 und der Kammer für Handelssachen
102 des Landgerichts Berlin vom 16. April 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur Auswahl und Bestellung eines besonderen Vertreters an das
Amtsgericht Charlottenburg zurückverwiesen.
Gründe
A.
Die Beteiligten zu 1) bis 7) sind Aktionäre der Beteiligten zu 8). Diese haben mit einem
Schriftsatz vom 22. August 2003 beim Amtsgericht Charlottenburg als dem zuständigen
Registergericht wegen konkret benannter Vorgänge die gerichtliche Bestellung eines
besonderen Vertreters nach § 147 Absatz 2 Satz 3 AktG beantragt, nachdem auf die
Hauptversammlung vom 4. Juni 2003 keine Maßnahmen der Gesellschaft ergriffen
worden waren. Als besonderen Vertreter haben sie Rechtsanwalt C. S. vorgeschlagen, im
Übrigen aber die Auswahl dem Gericht überlassen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht
mit einem Beschluss vom 8. Januar 2004 zurückgewiesen und insoweit die Auffassung
vertreten, dass keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen seien, die den Verdacht von
Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung zum
Schaden der Gesellschaft ergeben. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde vom
29. Januar 2004 hatte keinen Erfolg. Das Landgericht hat in dem Beschluss vom 16. April
2004 ergänzend ausgeführt, dass auch eine Bestellung eines besonderen Vertreters
nach § 147 Absatz 2 Satz 1 AktG nicht in Betracht käme, weil diese - die weitere
Voraussetzungen der Norm unterstellt - wegen der nur geringen Anhaltspunkte für das
Vorliegen von Ersatzansprüchen nicht zweckmäßig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf den Beschluss des Landgerichts vom 16. April 2004 Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde vom 10. Mai 2004 die am
gleichen Tag beim Beschwerdegericht eingegangen ist.
B.
I. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft, §§ 147 Absatz 2 Satz 4, Absatz 3 Satz 2
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I. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft, §§ 147 Absatz 2 Satz 4, Absatz 3 Satz 2
AktG, 29 Absatz 2 FGG. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie innerhalb
der Frist von zwei Wochen nach § 22 Absatz 1 Satz 1 FGG, die auch im Rahmen der
weiteren Beschwerde gilt, § 29 Absatz 4 FGG, eingelegt worden. Denn der Beschluss des
Landgerichts ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 7) am 26.
April 2004 zugestellt worden. Der die sofortige weitere Beschwerde enthaltende
Schriftsatz ist am 10. Mai 2004 beim Landgericht eingegangen, so dass die Frist nach §
29 Absatz 1 Satz 1 FGG gewahrt ist. Die Beschwer der Beteiligten zu 1) bis 7) ergibt sich
bereits aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde durch das Landgericht. Die weitere
Beschwerde hat Erfolg.
II. 1. Das Landgericht hat angenommen, dass es im vorliegenden Fall an dem
dringenden Verdacht fehle, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe
Verletzung des Gesetzes oder der Satzung Schaden zugefügt worden sei. Wegen des
Vorwurfs der verlustreichen Wertpapiergeschäfte fehle es angesichts des spekulativen
Charakters derartiger Geschäfte an einer groben Verletzung der Pflichten aus § 93 AktG,
wegen der fehlenden Mitwirkung an der Vermietung der gesellschaftseigenen Immobilie
fehle es schon an einer Pflichtverletzung, weil eine Rückabwicklung des Erwerbsvertrages
im Raume gestanden habe. Dass durch das Verhalten des Vorstandsmitgliedes S.
unnötige Vollstreckungskosten von 30 EUR verursacht worden seien, rechtfertige den
Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters nicht, weil insoweit die
Bagatellgrenze nicht überschritten sei. Angesichts dieser Ausgangslage sei auch die
Bestellung eines Vertreters nach § 147 Absatz 2 AktG jedenfalls nicht zweckmäßig.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Es kann offen bleiben, ob die von den Antragstellern vorgetragenen und vom
Landgericht festgestellten Tatsachen den dringenden Verdacht rechtfertigen, dass der
Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung
Schaden zugefügt worden ist. Auf diese Voraussetzungen kommt es nicht an, weil
bereits der Tatbestand des § 147 Absatz 2 Satz 2 AktG erfüllt ist.
a) Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) können die Beteiligten zu 1) bis 7) ihr
Begehren auch auf die Regelung des § 147 Absatz 2 Satz 2 AktG stützen. Auch das
Landgericht hat zu Recht diese Vorschrift herangezogen und ist damit nicht unzulässiger
Weise über den Gegenstand der Beschwerde hinausgegangen. Denn die Beteiligten
haben den dieses Verfahren einleitenden Antrag bereits in dem Schriftsatz vom 22.
August 2003 an das Amtsgericht auch unter entsprechendem Tatsachenvortrag darauf
gestützt, dass die Voraussetzungen des § 147 Absatz 2 Satz 2 AktG vorliegen. Dass das
Hauptversammlungsprotokoll, das das Verlangen nach § 147 Absatz 1 Satz 1 AktG
enthält, erst in der Beschwerdeinstanz vorgelegt worden ist, schadet insoweit nicht, weil
auch die Beschwerdeinstanz Tatsacheninstanz ist, vgl. § 23 FGG.
b) Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Beschwerde auch zu Recht nicht daran
scheitern lassen, dass die Beteiligte zu 6) in der Hauptversammlung vom 4. Juni 2003
das Verlangen auf Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gegen das
Vorstandsmitglied S. nicht mitgetragen hat, aber an diesem Verfahren beteiligt ist,
während der Aktionär C.-P. F. das Verlangen in der Hauptversammlung mitgetragen hat,
aber nicht Beteiligter in diesem Verfahren ist. Dass der Antrag auf gerichtliche
Bestellung von genau den Personen gestellt wird, die in der Hauptversammlung vom 4.
Juni 2003 die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gegen das
Vorstandsmitglied S. verlangt haben, ist nicht erforderlich. Denn das Gesetz verlangt
eine derartige Personenidentität nach seinem Wortlaut nicht. Auch Sinn und Zweck der
Regelung erfordern eine derartige Identität nicht. Die Beschränkung der Möglichkeiten
zur Durchsetzung der Geltendmachung von angeblichen Schadensersatzansprüchen
durch die Gesellschaft soll die damit verbundene Handlungseinschränkung der Organe
und eventuelle Beeinträchtigung des Ansehens der Gesellschaft auf die Fälle
beschränken, in denen die mit der Nichtgeltendmachung verbundenen Nachteile nicht
nur bei Aktionären mit geringem Anteilsbesitz und damit mit einem nur geringen
Schaden eintreten (vgl. Schröer in Münchener Kommentar zum AktG, § 147 Rn. 9).
Zugleich werden die Missbrauchsmöglichkeiten eingeschränkt (vgl. dazu Hüffer, AktG, 6.
Aufl., § 142 Rn. 21). Dieser Hintergrund erfordert aber keine Identität zwischen den
Personengruppen, die das Minderheitsverlangen nach § 147 Absatz 1 Satz 1 AktG
stellen und das gerichtliche Verfahren nach § 147 Absatz 2 Satz 2 AktG betreiben.
Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren ist zunächst allein, dass das gesetzlich
vorgesehene Quorum von 10% erreicht wird. Davon ist aber auszugehen. Dies wird nicht
nur von den Beteiligten zu 1) bis 7) unbestritten vorgetragen. Es ergibt sich auch aus
den Akten, nämlich den Listen über die Zeichner neuer Aktien für die Kapitalerhöhung
vom 27. Oktober 2000, deren Durchführung am 14. März 2001 in das Handelsregister
eingetragen worden ist, den Listen für die Kapitalerhöhung vom 28. Februar 2001, deren
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eingetragen worden ist, den Listen für die Kapitalerhöhung vom 28. Februar 2001, deren
Eintragung am 30. November 2001 erfolgte, und für die Kapitalerhöhung vom 24.
September 2001, die am 22. August 2002 eingetragen wurde, der Gründungsurkunde
und den den Hauptversammlungsprotokollen beigefügten Auszügen aus dem
Aktienbuch, dass die Beteiligten zu 1) bis 7) die behaupteten Aktien in Besitz haben.
c) Das Verlangen auf gerichtliche Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 147
Absatz 2 Satz 2 AktG hat auch Erfolg. Denn in der Hauptversammlung vom 4. Juni 2003
ist ein wirksames Verlangen nach § 147 Absatz 1 Satz 1 Alt. 2 AktG gestellt worden. Das
Verlangen ist ausdrücklich geltend gemacht worden und war ausreichend bestimmt, weil
konkret vorgetragen wurde, aus welchen Sachverhalten die Schadensersatzansprüche
gegen das Vorstandsmitglied S. hergeleitet werden. Nicht erforderlich war insoweit, dass
die geltend gemachten Ansprüche Aussicht auf Erfolg haben oder - wie im Rahmen des §
147 Absatz 3 AktG notwendig - sogar der dringende Verdacht vorliegt, dass der
Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung
Schaden zugefügt worden ist (OLG Frankfurt NJW-RR 2004, 686 = OLGR 2004, 88; KGJ 21
A 80, 86; Schröer in Münchener Kommentar zum AktG, § 147 Rn. 52; Geßler/Hefermehl,
AktG, § 147 Rn. 15; Barz im Großkommentar AktG, 3. Aufl., § 147 Anm. 10;
Godin/Wilhelmi, AktG, 4. Aufl., § 147 Anm. 9). Der Wirksamkeit des Verlangens steht
auch nicht entgegen, dass die Hauptversammlung es mit Mehrheit abgelehnt hat,
Schadensersatzansprüche gegen das Vorstandsmitglied S... geltend zu machen. Denn
gerade in einem derartigen Fall entfaltet das Minderheitsverlangen Wirkung (vgl. Schröer
in Münchener Kommentar zum AktG, § 147 Rn. 33; Geßler/Hefermehl, AktG, § 147 Rn.
15; KGJ 21 A 167, 171). Dass das Verlangen von der Mehrheit der Aktionäre getragen
wird, ist nicht erforderlich und der gegenteilige Beschluss steht der Wirksamkeit des
Verlangens nicht entgegen.
Das Verlangen der Minderheit in der Hauptversammlung vom 4. Juni 2003 ist auch nicht
deshalb unbeachtlich, weil weder in der Hauptversammlung noch nach ihr ausdrücklich,
etwa durch eidesstattliche Versicherung, glaubhaft gemacht worden ist, dass die die
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verlangende Minderheit seit
mindestens drei Monaten vor dem Tage der Hauptversammlung Inhaber der Aktien
waren, wie dies in § 147 Absatz 1 Satz 2 AktG verlangt wird. Diese Einschränkung der
Antragsbefugnis dient dem Schutz vor missbräuchlichem Verlangen, die allein deshalb
möglich werden, weil kurz vor der Hauptversammlung Aktien im benötigten Umfang
hinzu erworben werden. Eine Glaubhaftmachung ist dabei eine Beweisführung, durch die
nicht die volle Überzeugung, sondern lediglich die erhebliche Wahrscheinlichkeit eines zu
beweisenden Sachverhalts vermittelt werden muss (Keidel/Sternal, Freiwillige
Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 15 Rn. 69; Zöller/Greimer/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 294 Rn.
1). Sie ist daher in jedem Fall dann erbracht, wenn die Richtigkeit des zu beweisenden
Sachverhalts für die Gesellschaft als die zur Geltendmachung Verpflichtete
unproblematisch feststeht. Diese Voraussetzung ist hier aber gegeben. Dies folgt
allerdings nicht daraus, dass nach § 6 der Satzung die Veräußerung der Aktien an die
Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist, so dass diese über die genaue
Aktionärsstruktur informiert wäre. Denn diese Regelung bezieht sich nach ihrer
systematischen Stellung und ihrem Wortlaut nur auf die von den Gründern
übernommenen Aktien. Bei den im Rahmen der Gründung und der Kapitalerhöhungen
ausgegebenen Aktien handelt es sich aber ausnahmslos um Aktien, die auf den Namen
lauten. Für diese Aktien ist nach § 67 Absatz 1 AktG ein Aktienbuch zu führen, in das die
Angaben zur Person des Aktionärs und seine Beteiligungsverhältnisse einzutragen sind.
Nur derjenige, der in das Aktienbuch eingetragen ist, gilt gegenüber der Gesellschaft als
Aktionär, § 67 Absatz 2 AktG. Über dieses Aktienbuch hat die Gesellschaft damit eine
genaue Kenntnis der Aktionärsstruktur und der Beteiligungsverhältnisse. Einer
Glaubhaftmachung im Sinne des § 147 Absatz 1 Satz 2 AktG über die Beteiligung und
die Beteiligungsverhältnisse bedarf es daher nicht, weil diese Umstände der Gesellschaft
bereits bekannt sind. Dass im vorliegenden Fall ein entsprechendes Aktionärsbuch auch
tatsächlich geführt wird, ergibt sich aus den von der Gesellschaft als Anlagen zu den
Hauptversammlungsprotokollen eingereichten Auszügen, aus denen sich im Übrigen
auch ergibt, dass die von den Beteiligten zu 1) bis 7) behaupteten
Beteiligungsverhältnisse zutreffend sind und diese ihre Aktien entweder im Rahmen der
Gründung oder bei den Kapitalerhöhungen erworben haben, deren letzte am 22. August
2002 eingetragen worden ist und damit weit mehr als drei Monate vor der
Hauptversammlung vom 4. Juni 2003.
d) Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 147 Absatz 2 Satz 2 AktG
dahingestellt sein lassen und die Bestellung eines besonderen Vertreters abgelehnt, weil
diese angesichts der fehlenden Erfolgsaussichten einer etwaigen Klage unzweckmäßig
sei. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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Dadurch, dass eine gerichtliche Bestellung eines besonderen Vertreters nur dann
erfolgen soll, wenn es dem Gericht für eine gehörige Geltendmachung zweckmäßig
erscheint, ist den Tatsacheninstanzen ein Ermessen eingeräumt. Eine derartige
Ermessensentscheidung ist durch das Gericht der weiteren Beschwerde nur begrenzt
nachprüfbar. Geprüft werden kann insoweit allein, ob die Voraussetzungen für eine
Ermessenentscheidung vorgelegen haben, ob das Ermessen ausgeübt wurde, ob die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen ein dem
Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufender Gebrauch gemacht, auf einer
fehlerhaften Tatsachengrundlage entschieden wurde oder wesentliche Umstände
unberücksichtigt geblieben oder unwesentliche Umstände über Gebühr berücksichtigt
worden sind (vgl. Keidel/Meyer-Holz, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 27 Rn. 23). Ein
solcher Fehler ist hier gegeben. Denn das Landgericht hat eine Bestellung deshalb nicht
für erforderlich angesehen, weil die Erfolgsaussichten der geltend gemachten Ansprüche
nicht gegeben seien. Dies ist aber bei der Entscheidung nach § 147 Absatz 2 Satz 2
AktG kein zulässiger Gesichtspunkt. Denn mit dem wirksamen Verlangen der Minderheit
nach § 147 Absatz 1 Satz 1 AktG ist die Gesellschaft verpflichtet, die Ansprüche geltend
zu machen. Auf Erfolgsaussichten kommt es nicht an (siehe oben unter 2. d)).
Dementsprechend ist bei der Frage der Zweckmäßigkeit auch nur zu prüfen, ob
objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Minderheit den zur Durchsetzung ihres
Verlangens berufenen Personen, sei es der Vorstand, sei es der Aufsichtsrat (§ 112
AktG) oder sei es ein von der Hauptversammlung bestellter besonderer Vertreter (§ 147
Absatz 2 Satz 1 AktG), nicht vertrauen kann, weil etwa Zweifel an ihrer Neutralität oder
Unabhängigkeit bestehen (vgl. Schröer in Münchener Kommentar zum AktG, § 147 Rn.
52; Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 147 Rn. 8; Barz im Großkommentar AktG, 3. Aufl., § 147
Anm. 13). Diese Frage, die vom Senat selbst entschieden werden kann, weil der
Sachverhalt insoweit hinreichend geklärt ist und die Berücksichtigung weiterer Tatsachen
nicht in Betracht kommt, ist hier zu bejahen. Denn die Geltendmachung der Ansprüche
ist nicht nur durch die Hauptversammlung am 4. Juni 2003 abgelehnt worden. Die
Gesellschaft hat bisher auch noch keine Maßnahmen ergriffen, die zur Geltendmachung
der Ansprüche notwendig sind. Sie verteidigt sich vielmehr in dem vorliegenden
Verfahren gerade damit, dass die Ansprüche nicht bestehen und ein ordnungsgemäßes
Verlangen nach § 147 Absatz 1 Satz 1 AktG nicht gegeben sei. Dann aber erscheint die
gerichtliche Bestellung eines besonderen Vertreters durchaus zweckmäßig, zumal
Anspruchsgegner ein Vorstandsmitglied ist, das auch noch über eine nicht unerhebliche
Beteiligung verfügt.
e) Da nach alldem die Bestellung eines besonderen Vertreters erforderlich ist, ist die
Sache zur Auswahl und Bestellung dieses Vertreters an das Amtsgericht
zurückzuverweisen. Denn das Gericht ist an den Vorschlag der Antragsteller nicht
gebunden, so dass zur Feststellung einer geeigneten und zur Übernahme des Amtes
bereiten Person noch weitere Ermittlungen notwendig erscheinen.
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