Urteil des KG Berlin vom 20.06.2006

KG Berlin: klage auf unterlassung, abmahnung, unterlassungsklage, geschäftsführer, quelle, versprechen, hauptsache, link, sammlung, abgabe

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Gericht:
KG Berlin 5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 205/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 91a ZPO, § 93 ZPO
Kostenentscheidung bei Hauptsacheerledigung in
Wettbewerbssache: "Sofortige" Unterwerfungserklärung trotz
des vorherigen Klageabweisungsantrags
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2 und 3 wird das Urteil der
Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 20. Juni 2006 - 16 O 598/05 - im
Kostenpunkt abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz hat die Klägerin zu tragen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 9.000 €.
Gründe
A.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 3. August 2006 gegen den Kostenpunkt
des erstinstanzlichen Urteils ist als eine solche (nur) der Beklagten zu 2 und 3
aufzufassen, denn die Beklagte zu 1 ist durch den Kostenpunkt nicht beschwert und
macht dergleichen auch nicht geltend.
I.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 91a Abs. 2 Satz 1, § 569 ZPO zulässig. Nach der
zuerst genannten Vorschrift ist sie im Fall übereinstimmend abgegebener
Teilerledigungserklärungen gegen eine in einem Urteil nach §§ 91, 91a ZPO getroffene
sogenannte gemischte Kostenentscheidung - isoliert - statthaft, soweit (wie hier der Fall)
die zu dem erledigten Teil gehörige Kostenentscheidung angegriffen werden soll (vgl.
BGHZ 40, 265, 269 f.).
II.
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht
hinsichtlich der ursprünglich gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichteten und dann
übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsklage die Beklagten zu 2 und 3
(anteilig) mit den Kosten des Rechtsstreits belastet.
1. Nach beiderseitiger Erledigungserklärung ist über die Kosten gemäß § 91a Abs. 1 ZPO
unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen
zu entscheiden. Dabei hat grundsätzlich diejenige Partei die Kosten zu tragen, die ohne
den Eintritt des erledigenden (bzw. des die Erklärung veranlassenden) Ereignisses
voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen wäre (vgl. BGH WRP 2005, 126;
Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 24, m.w.N.).
2. Ob danach hier die Beklagten zu 2 und 3 deshalb mit den Kosten (anteilig) zu
belasten wären, weil die gegen sie gerichtete Klage auf Unterlassung ursprünglich
zulässig und begründet war, oder ob es sich gegenteilig verhält (weil etwa die
Unterlassungsklage auf eine "gesamtschuldnerische Verurteilung" der Beklagten
abgezielt hat), kann offen bleiben. Denn im Streitfall ist eine Kostentragungslast der
Klägerin insoweit - entgegen der Auffassung des Landgerichts - jedenfalls in
entsprechender Anwendung des aus § 93 ZPO folgenden Rechtsgedankens
anzunehmen.
Nach besagter Vorschrift fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der
Beklagte nicht zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und wenn er den
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Beklagte nicht zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und wenn er den
Anspruch sofort anerkennt. Die erstgenannte Voraussetzung liegt ihrem Wortlaut nach,
die zweite ihrem Rechtsgedanken nach vor.
a) Die Beklagten zu 2 und 3 haben nicht zur Erhebung der gegen sie gerichteten
Unterlassungsklage "Veranlassung" gegeben. Dies gibt regelmäßig nicht schon wer - hier
unterstellt - das Recht verletzt, sondern nur, wer trotz Abmahnung kein strafbewehrtes
Unterlassungsversprechen abgibt (vgl. Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, § 12 Rdn. 4
m.w.N.). An einer vorgerichtlichen Abmahnung der Beklagten zu 2 und 3 fehlt es indes.
Es war, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 26. Januar 2005 die Beklagte zu 1
abgemahnt hatte, auch nicht etwa (zur Vermeidung des aus § 93 ZPO folgenden
Kostenrisikos) entbehrlich, die Beklagten zu 2 und 3, welche die Geschäftsführer der
persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten zu 1 sind, ebenfalls förmlich
abzumahnen. Zwar wird zuweilen die Auffassung vertreten, dass es einer gesonderten
Abmahnung des Geschäftsführers einer GmbH zur Vermeidung des aus § 93 ZPO
folgenden Kostenrisikos bei gerichtlicher Inanspruchnahme des Geschäftsführers nicht
bedürfe, wenn die zuvor abgemahnte GmbH die geforderte Unterlassungserklärung
nicht abgegeben hatte, da sich das Erfordernis einer weiteren Abmahnung dem
Geschäftsführer gegenüber dann als reine Förmelei darstellte (so LG Dortmund WRP
2004, 520). Diese Auffassung kommt im Streitfall aber bereits deshalb nicht zum
Tragen, weil die vorgerichtliche Abmahnung der Beklagten zu 1 gerade nicht erfolglos
war, sondern im Gegenteil die Vergleichsvereinbarung einschließlich Unterwerfung nach
sich zog, die die Beklagte zu 1 auch niemals aufgesagt hat. Mithin hätte umso mehr
Veranlassung bestanden, den Beklagten zu 2 und 3 ebenfalls vor deren gerichtlicher
Inanspruchnahme per Abmahnung die Gelegenheit zu geben, sich förmlich zu
unterwerfen.
b) Ein vom Wortlaut des § 93 ZPO gefordertes prozessuales Anerkenntnis des
ursprünglich eingeklagten Unterlassungsanspruchs hat es zwar nicht gegeben. Das ist
aber unschädlich, denn nach einhelliger Auffassung greift § 93 ZPO in entsprechender
Anwendung des aus ihm folgenden Rechtsgedankens auch bei übereinstimmender
Erledigungserklärung infolge - wie hier geschehen - strafbewehrter
Unterlassungserklärung des Beklagten Platz, sofern letztere "sofort" erfolgt ist (vgl. dazu
Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 55 Rdn. 10,
m.w.N.).
Kommt es demzufolge darauf an, ob die Beklagten zu 2 und 3 sich im Sinne von § 93
ZPO "sofort" unterworfen haben, so ist - anders als im angefochtenen Urteil geschehen -
nicht erst auf die Unterwerfung mit Schriftsatz vom 13. Juni 2006 abzustellen (welche
allerdings nicht "sofort" nach Klageerhebung, sondern erst kurz vor Ende des ersten
Rechtszugs erfolgt ist). Mit Recht weisen die Beklagten zu 2 und 3 nämlich in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass eine Unterwerfung schon wesentlich früher, und zwar
mit der - fristgerecht eingereichten - Klageerwiderung vom 10. November 2005 (Seite 12
= Bl. 47 der Akten) erfolgt ist. Dort haben die Beklagten zu 2 und 3 erklärt, dass sie der
Unterlassungsverpflichtungserklärung (der Beklagten zu 1) aus der
Vergleichsvereinbarung inhaltsgleich beitreten. Bereits seinerzeit war die Klägerin also
hinsichtlich eines (etwaigen) Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagten zu 2 und 3
klaglos gestellt, zumal die im Vergleich geregelte - anspruchsbeschränkende -
Aufbrauchfrist zum Zeitpunkt besagter Beitrittserklärung aufgrund Zeitablaufs bereits
hinfällig geworden war.
c) Die Unterwerfungserklärung der Beklagten zu 2 und 3 vom 10. November 2005 ist
entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung "sofort" i.S. von § 93 ZPO erfolgt.
aa) Ein Einlenken des Beklagten gemäß oder entsprechend § 93 ZPO erfolgt dann
"sofort", wenn es bei der ersten prozessual dafür in Betracht kommenden Gelegenheit
geschieht (OLG Düsseldorf MDR 1991, 257). Nach der jüngeren Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs steht bei der (auch hier erfolgten) Anordnung des schriftlichen
Vorverfahrens dem Beklagten nicht nur die zweiwöchige Notfrist des § 276 Abs. 1 Satz 1
ZPO zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft, sondern darüber hinaus - also zeitlich
nach erfolgter Verteidigungsanzeige - die gesetzte Klageerwiderungsfrist zur Verfügung,
um (unter Wahrung des aus § 93 ZPO folgenden Kostenvorteils) zu entscheiden, ob und
wie er sich gegen die Klage verteidigen oder den Klageanspruch anerkennen will (vgl.
BGH NJW 2006, 2490, 2492).
bb) Offen geblieben ist nach besagter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.)
bislang allerdings, ob ein innerhalb der Klageerwiderungsfrist abgegebenes Anerkenntnis
auch dann "sofort" i.S. des § 93 ZPO erfolgt ist, wenn zuvor binnen besagter Notfrist
nicht nur Verteidigungsbereitschaft angezeigt, sondern auch - wie hier mit Schriftsatz
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nicht nur Verteidigungsbereitschaft angezeigt, sondern auch - wie hier mit Schriftsatz
vom 30. September 2005 geschehen - schon ein Klageabweisungsantrag angekündigt
worden war. In dieser Allgemeinheit muss die Frage indes auch im Streitfall nicht
entschieden werden.
Denn nach Auffassung des Senats steht die Ankündigung eines Klageabweisungsantrags
der Kostenfolge des § 93 ZPO jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es nicht um die
Sofortigkeit eines nachfolgenden Anerkenntnisses geht (§ 93 ZPO in direkter
Anwendung), sondern um die Sofortigkeit einer nachfolgenden Unterwerfung (§ 93 ZPO
in entsprechender Anwendung). Denn der angekündigte Klageabweisungsantrag steht
zu einer nachfolgenden Unterwerfung keineswegs in Widerspruch (wie möglicherweise zu
einem nachfolgenden Anerkenntnis), sondern geht mit einer solchen einher, weil diese
dem eingeklagten Unterlassungsanspruch - anders als das Anerkenntnis - durch
Ausräumung der Wiederholungsgefahr die Grundlage entzieht. Der (angekündigte)
Klageabweisungsantrag ist demzufolge sogar nach Abgabe des strafbewehrten
Unterlassungsversprechens noch solange berechtigt und aus Sicht des Beklagten
prozessual sachgerecht, wie nicht der Kläger seinerseits die prozessual zutreffende
Konsequenz aus dem Versprechen zieht und den Unterlassungsrechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt erklärt. Gerade im Streitfall, wo eine solche Erledigungserklärung
der Klägerin auch nach der in der Klageerwiderung erfolgten Unterwerfung noch lange
Zeit auf sich warten ließ, hat sich gezeigt, dass der - schon innerhalb der Notfrist und im
Übrigen später auch nochmals in der Klageerwiderung angekündigte -
Klageabweisungsantrag noch über einen längeren Zeitraum hinweg ein prozessual
folgerichtiges Verhalten der Beklagten zu 2 und 3 gewesen ist.
B.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 Abs. 1
ZPO. Die Wertfestsetzung erfolgt gemäß § 3 ZPO nach Maßgabe der in erster Instanz
entstandenen Kosten, soweit diese vom Beschwerdeverfahren, das die Beklagten zu 2
und 3 betreiben, erfasst sind.
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