Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: mietsache, treu und glauben, mietzins, behörde, mietvertrag, öffentlich, baujahr, sachmangel, kausalität, auflage

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 138/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 254 BGB, § 536 Abs 1 BGB, §
536a BGB, § 812 Abs 1 S 1 BGB,
§ 814 BGB
Mietvertrag: Anspruch auf Rückzahlung von Mietzins und
Schadensersatzanspruch wegen der Versagung der
Betriebsgenehmigung für das Mietobjekt
Leitsatz
Eine Gebrauchsbeeinträchtigung i. S. d. § 536 Abs. 1 BGB liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn
die Parteien in Kenntnis einer fehlenden behördlichen Genehmigung einen Mietvertrag
abschließen und diesen "in Gang setzen". Erst mit der Versagung der Genehmigung kommt
eine Mangelhaftigkeit der Mietsache in Betracht.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 06. Juli 2006 verkündete Urteil der Zivilkammer
25 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06. Juli 2006 verkündete Urteil der
Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufungen der Parteien richten sich gegen das am 06. Juli 2006 verkündete Urteil
der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und
Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
A. Berufung der Klägerin
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die Ansprüche auf Rückzahlung von 80 % des
Mietzinses für den Zeitraum von Juli 2000 bis November 2002 sowie
Schadensersatzansprüche für Investitionen zum Zwecke der Betriebsaufnahme, so
Kosten für Planungsleistungen und die Anschaffung von Maschinen, weiter. Sie trägt zur
Begründung vor:
Die Beklagte habe umfangreiche Planungsleistungen für das Bezirksamt Lichtenberg
erbracht und kenne daher das Gewerbegebiet sehr gut. Der Beklagten sei bekannt
gewesen, dass die beantragte Betriebsgenehmigung gegen öffentlich–rechtliche
Vorschriften verstoße und daher nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Diese positive
Kenntnis habe bereits vor Abschluss des Mietvertrages vorgelegen (Beweis:
Parteivernehmung des Geschäftsführer der Beklagten).
Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin ein
Rückforderungsanspruch wegen des Mietzinses allein schon deswegen nicht zustehe,
weil die Leistung mit Rechtsgrund, nämlich aufgrund des Mietvertrages, erfolgt sei. Das
Landgericht habe im Vorprozess rechtskräftig festgestellt, dass der Klägerin ein
Minderungsrecht von 80 % zustehe. Diese Entscheidung sei für die Parteien verbindlich.
Auch der Auffassung des Landgerichts, dass eine unbedingte Zahlungspflicht ab dem
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Auch der Auffassung des Landgerichts, dass eine unbedingte Zahlungspflicht ab dem
15. Juli 2000 festgelegt sei, könne nicht gefolgt werden. Denn zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Mietvertrages seien die Parteien davon ausgegangen, dass die
Erlangung der Betriebsgenehmigung objektiv möglich sei. Die Klägerin habe allenfalls ein
Risiko übernommen, in der Zeit vom 15. Juli 2000 bis zur Erteilung der
Betriebsgenehmigung die vollständige Miete zahlen zu müssen, obwohl der
Betriebszweck noch nicht vorgelegen habe. Nur dieses Risiko habe von der Klägerin in
zeitlicher Hinsicht beeinflusst werden können. Vorliegend sei aber das überlassene
Grundstück von Anfang an mit einem Mangel behaftet, weil eine Genehmigung für die
vereinbarte Nutzung nicht zu erlangen sei. Der Klägerin stehe deswegen ein
Minderungsrecht in Höhe von 80 % zu. Es sei nicht einzusehen, warum die Klägerin sich
ab Kenntnis des Mietmangels anders behandeln lassen müsse, als zu dem Zeitpunkt, in
dem sie im Vertrauen auf die Erlangung der Betriebsgenehmigung die volle Miete
gezahlt habe.
Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht den Schadensersatzanspruch nur in geringer
Höhe zugesprochen. Das Landgericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die
Mietsache von Beginn an mangelbehaftet sei und der Mangel nicht in der Sphäre des
Mieters liege. Es sei nicht überzeugend, wenn das Landgericht hier nur auf den Zeitpunkt
der getätigten Aufwendungen abstelle und nicht auf den Anspruchsgrund. Die Klägerin
habe die Aufwendungen tätigen müssen, um den beabsichtigten Gewerbebetrieb
auszuüben. Kausalität zwischen dem Mietvertrag und dem Schaden sei gegeben.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 06. Juli
2006 zu verurteilen, an die Klägerin weitere 34.973,01 EUR und damit insgesamt
44.132,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
gemäß § 247 BGB seit dem 22.04.04 zu zahlen;
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 41.429,29 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit
dem 22.04.04 zu zahlen, Zug – um – Zug gegen Übergabe und Übereignung der
gebrauchten Papierzange der Firma M. (Baujahr: 1979) und des Gabelstaplers L. (Typ: H
15 T/Baujahr: 1991/Ident-Nr. 330 A 11012415);
3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Papierzange (Baujahr:
1979) und des Gabelstaplers (Typ: H 15 T/Baujahr: 1991/Ident-Nr. 330 A 11012415) in
Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert:
Es werde bestritten, dass der Geschäftsführer der Beklagten positive Kenntnis von der
Nichtgenehmigungsfähigkeit des Vorhabens gehabt habe. Der Beweisantritt sei
verspätet.
Entgegen der Ansicht der Klägerin erstrecke sich die Rechtskraft des Urteils im
Vorprozess keineswegs auf den vorliegenden Sachverhalt. Der rechtskräftige Inhalt
erstrecke sich nur auf den Zeitraum ab Dezember 2002. Die davor liegenden Zeiträume
seien ausdrücklich ausgenommen (vgl. Seite 8 des Urteils im Vorprozess). Mit den
mietvertraglichen Vereinbarungen habe die Klägerin in Kenntnis der Tatsache, dass eine
Nutzungsgenehmigung noch nicht erteilt sei, die Verpflichtung übernommen, den vollen
Mietzins zu zahlen. Die Klägerin habe damit eine aus rechtlichen Gründen
eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bewusst akzeptiert. Die Minderung setze voraus,
dass die Gebrauchstauglichkeit durch einen dem Mieter zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses unbekannten Mangel beeinträchtigt werde. Diese Voraussetzung ist
in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt. Die Klägerin habe gewusst, dass
die öffentlich–rechtliche Genehmigung nicht vorgelegen habe. Die Klägerin habe zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses positive Kenntnis davon gehabt, dass die beabsichtigte
Nutzung nicht legitim sei und ihre Gebrauchsmöglichkeit allein aus diesem Grunde
eingeschränkt sei. Daher bestehe kein Recht zur Minderung.
Die Klägerin habe die Einleitung und Förderung des Genehmigungsverfahrens und die
gebotene Mitwirkung hieran erheblich vernachlässigt. Es bestehe kein Zusammenhang
zwischen dem Verfahren auf Erlangung der Nutzungsgenehmigung und dem Erwerb
oder der Reparatur der Maschinen. Die Klägerin verkenne die vertragliche
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oder der Reparatur der Maschinen. Die Klägerin verkenne die vertragliche
Risikoverteilung.
Die geltend gemachten Schadenspositionen wiesen keinen zwingenden oder
notwendigen Zusammenhang mit der Mietsache auf. Darüber hinaus seien die
angeblichen Zahlungen und Verrechnungen mit Guthaben nicht ausreichend dargelegt.
Die Klägerin habe nicht vorgetragen, wann welche Zahlungen durch wen geleistet
worden seien. Ferner treffe die Klägerin ein Mitverschulden. Die Klägerin habe die
Ballenpresse zu einem zu geringen Preis weiterveräußert.
Weiter macht die Beklagte geltend, dass die Klägerin ihr die Mehrkosten der
Rechtsverfolgung in Höhe von 200,20 EUR zu erstatten habe, soweit die Klägerin
vorprozessual unberechtigt einen höheren Schadensbetrag (120.583,00 EUR) als im
Prozess verlangt habe. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz
der Beklagten vom 15. Dezember 2006 verwiesen.
B. Berufung der Beklagten
Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:
Das Landgericht habe sich mit dem Bestreiten der einzelnen Kostenpositionen in keiner
Weise auseinandergesetzt. Die in den Rechnungen ausgewiesenen Leistungen stünden
mit der streitgegenständlichen Nutzungsänderung nicht in Zusammenhang. Die Klägerin
habe nicht dargelegt, dass das vereinbarte Architekten- und Ingenieurhonorar ortsüblich
und angemessen sei. Des Weiteren werde in einigen Rechnungen Skonto in Aussicht
gestellt. Die Klägerin habe zu den Zahlungen nicht ausreichend vorgetragen, so dass
eine Vernehmung der angebotenen Zeugen nicht in Betracht komme. Wegen der
Einzelheiten des Vortrags wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04. Oktober
2006 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Berlin vom 06. Juli 2006 abzuändern und die Klage
insgesamt abzuweisen mithin auch insoweit, als die Beklagte zur Zahlung eines
Betrages von 9.159,79 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die Klägerin erwidert:
Aufgrund des Schreibens des Bezirksamtes vom 15. Mai 2001 habe sie eine Vielzahl von
Unterlagen einreichen müssen, mit deren Erstellung sie die Architekten beauftragt habe.
Die Architekten hätten nach Erarbeitung die gesamten Unterlagen mit Schreiben vom
13. Juli 2001 an sie, die Klägerin, zum Zwecke der Weiterleitung an die Behörde
übersandt. Deshalb datiere die Schlussrechnung auch vom selben Tage. Die Leistungen
des Ingenieurbüros Winter beinhalte die Erstellung des Brandschutzkonzeptes für die
Nutzungsänderung. Die berechneten Honorare seien ortsüblich und angemessen.
Skonto habe die Klägerin nicht in Anspruch genommen.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 12.01.07
verwiesen.
II.
A. Berufung der Klägerin
1. Der Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Mietzinses
in Höhe eines Betrages von 44.132,80 EUR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB hat. Der
vertraglich vereinbarte Mietzins war im Zeitraum vom 15. Juli 2000 bis November 2002
nicht gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert.
a) Entgegen der Ansicht der Klägerin erstreckt sich die Bindungswirkung des im
Vorprozess rechtskräftig ergangenen Urteils des Landgerichts vom 10. November 2003
– 25 O 225/03 – in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht auf den
streitgegenständlichen Sachverhalt. Im Vorprozess ging es um den geschuldeten
Mietzins für den Zeitraum ab Dezember 2002, für den das Landgericht rechtskräftig
festgestellt hat, dass dieser in Höhe von 80 % gemindert war. Zwar sind insoweit im
hiesigen Prozess (teilweise) gleiche Vorfragen zu klären. Nicht gebunden ist das Gericht
des Zweitprozesses, wenn nicht der Streitgegenstand, sondern beiden Prozessen nur
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des Zweitprozesses, wenn nicht der Streitgegenstand, sondern beiden Prozessen nur
gemeinsame Vorfragen zugrunde liegen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, Vor. §
322 ZPO, Rdnr. 28). Das den Mietzins für den einen bestimmten Zeitraum behandelnde
Urteil des Erstprozesses hindert nicht ein Urteil im Zweitprozess wegen eines anderen
Zeitraumes (BGH NJW 1998, 375).
b) Nach § 1 Ziff. 2 des Mietvertrages vereinbarten die Parteien, dass der Mieter den
Mietgegenstand nur zu einem bestimmten Nutzungszweck nutzen darf, nämlich
„Sortieren und Verpressen von wieder verwertbaren PC- Folien„. Weiter war vereinbart,
dass die Änderung des sich aus Ziff. 2 ergebenden Nutzungszweckes nur mit vorheriger
schriftlicher Zustimmung des Vermieters zulässig ist (§ 1 Ziff. 3). Für die Benutzung der
Mietsache zu diesem Zweck ist eine behördliche Nutzungsänderungsgenehmigung
erforderlich, wobei den Parteien bekannt war, dass diese bei Abschluss des
Mietvertrages nicht vorlag. Diese behördliche Genehmigung ist gemäß Bescheid von 30.
Januar 2003 des Bezirksamts Lichtenberg von Berlin versagt worden. Ausschlaggebend
für die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der beantragten Nutzung war nach dem
Bescheid, dass die Erschließung des Gewerbebetriebes gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nicht
gesichert ist. Ferner stützt die Behörde die Versagung der beantragten Genehmigung
darauf, dass eine sichere und vollständige Ableitung des anfallenden Wassers nicht
gegeben ist. Der Nutzung der Mietsache steht damit ein öffentlich-rechtliches
Gebrauchshindernis entgegen.
Zwar stellen öffentlich–rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen,
die dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegenstehen, nach der Rechtsprechung des
BGH grundsätzlich einen Fehler – einen Sachmangel – der Mietsache im Sinne von § 536
BGB dar, wenn sie mit der Beschaffenheit der Mietsache zusammenhängen und nicht in
persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (vgl. BGH
Urteil vom 22. Juni 1988 – VIII ZR 232/87 -, NJW 1988, 2664; BGH Urteil vom 11.
Dezember 1991 – XII ZR 63/90 -, NJW- RR 1992, 267 = WM 1992, 583; BGH Urteil vom
02. März 1994 – XII ZR 175/92 -, ZMR 1994, 253 = DWW 1994, 248; KG NJW-RR 2000,
819; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 536 BGB, Rdnr. 18; Bub/Treier/Kraemer,
Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III. B, Rdnr. 1345). Das gilt
aber nur, wenn die Parteien in dem Mietvertrag nichts Abweichendes vereinbart haben
(BGH Urteil vom 02. März 1994, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien vereinbart, dass der Mietvertrag am 15. Juli 2000
wirksam wird und damit die uneingeschränkte Mietzahlungspflicht der Klägerin trotz
(zunächst) fehlender Genehmigung für die Dauer des Genehmigungsverfahrens besteht.
Damit haben die Parteien einvernehmlich festgelegt, dass der Mietgegenstand ohne
Vorliegen der behördlichen Genehmigung bis zur Entscheidung hierüber vertragsgemäß
ist, so dass eine Gebrauchsbeeinträchtigung im Sinne von § 536 BGB nicht vorliegt. Im
Einzelnen ist von Folgendem auszugehen:
Die Parteien habe in § 1 Nr. 2 des Mietvertrages vereinbart, dass der Mieter auf seine
Kosten die gesetzlichen Voraussetzungen für den Betrieb seines Gewerbes im
Mietgegenstand schafft. Ferner ist geregelt, dass alle mit dem Betrieb und der Nutzung
des Mietgegenstandes zusammenhängenden behördlichen Auflagen oder Forderungen
vom Mieter auf seine Kosten zu erfüllen sind. Danach hat es die Klägerin übernommen,
die Nutzungsgenehmigung zum Betreiben der Anlage auf ihre Kosten herbeizuführen,
wobei dies nicht bereits dazu führt, dass die Beklagte für die fehlende Genehmigung
nicht haften würde. Die Parteien haben aber in § 2 a des Mietvertrages folgende weitere
Vereinbarung getroffen:
„Der Mietvertrag wird erst wirksam, sobald die Betriebsgenehmigung nebst etwaigen
Auflagen und Nebenbestimmungen erteilt wurde und dem Vermieter vorliegt spätestens
jedoch zum 15.07.2000." (Hervorhebung d. d. Senat).
Danach sollte der Mietvertrag – wovon die Parteien auch übereinstimmend ausgehen –
bereits zum 15. Juli 2000 wirksam werden, ungeachtet dessen, ob die
Betriebsgenehmigung erteilt sein würde. Die Klägerin konnte zudem nicht annehmen,
dass die behördliche Genehmigung binnen 12 Tagen ab Unterzeichnung des Vertrages
am 03. Juli 2000 zu erlangen wäre. Durch diese Regelung haben die Parteien zum
Ausdruck gebracht, dass die Mietsache in der bekannten Beschaffenheit – nämlich ohne
die noch zu beschaffende Betriebsgenehmigung – als vertragsgemäß anzusehen ist,
solange nicht über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der behördlichen Genehmigung
entschieden war. Der Klägerin war bekannt, dass sie die Mietsache bis zur Entscheidung
über den Genehmigungsantrag nur eingeschränkt würde nutzen können. Die Klägerin
teilte der Hausverwaltung mit Schreiben vom 11. Juli 2000 (als Anlage K 5 im Vorprozess
vor dem Landgericht – 25 O 225/03 – eingereicht) in Beantwortung des Schreiben der
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vor dem Landgericht – 25 O 225/03 – eingereicht) in Beantwortung des Schreiben der
Beklagten vom 06. Juli 2000, in dem die Beklagte die Klägerin zur Vorlage der
Genehmigungsunterlagen aufgefordert hatte, mit, dass eine Genehmigung nicht bis
zum 31. Juli 2000 übergeben werden könne. Ferner heißt es in dem Schreiben:
„Wir nutzen das Objekt auch für den Handel mit Kunststoff – Folien aus PE, das heißt
wir kaufen kleinere Mengen an, sammeln diese bis eine LKW Ladung von ca. 20 t
vorhanden ist und verkaufen dieses Material dann an die Kunststoffindustrie. Für den
Betriebsgegenstand des Logistiklagers an diesem Standort bedarf es keiner weiteren
Genehmigung… „.
Damit hat die Kläger selbst zum Ausdruck gebracht, dass sie den Mietgegenstand in
diesem Zustand – solange die „restlichen noch erforderlichen Genehmigungen„ (so im
vorgenannten Schreiben) noch nicht erteilt worden sind – in diesem Zustand als
vertragsgemäß ansieht.
Der Vermieter hat gemäß § 535 Abs. 2 Satz 2 BGB, dem Mieter die Mietsache in einem
zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. Vertraglich
geschuldete Sollbeschaffenheit der Mietsache ist danach ihre Tauglichkeit zum
vertragsgemäßen Gebrauch, wozu insbesondere ihre Eignung zu dem vertraglich
vereinbarten Verwendungszweck gehört (BGH NJW 1982, 696; 1981, 2405;
Bub/Treier/Kraemer, a.a.O., III, B. Rdnr. 1176). Die Mietsache entsprach – im Hinblick auf
die Vereinbarungen der Parteien - ohne die erteilte Genehmigung während der Dauer
des Genehmigungsverfahrens der vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit, so dass
eine zur Mietminderung berechtigende Gebrauchsbeeinträchtigung nicht vorliegt. Erst
nachdem die Behörde die Betriebsgenehmigung versagte, trat eine
Gebrauchsbeeinträchtigung wegen fehlender behördlicher Genehmigung im
dargestellten Sinne ein.
Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin davon ausging, dass die
Betriebsgenehmigung mit Sicherheit erteilt werden würde, wie sie behauptet. Die
Klägerin musste damit rechnen, dass die Nutzungsgenehmigung versagt werden
könnte. Dieses Risiko ist die Klägerin bewusst eingegangen. Etwas anderes könnte nur
gelten, wenn die Beklagte der Klägerin die Genehmigungsfähigkeit zugesichert hat (vgl.
Senatsurteil vom 07. Juni 1999 – 8 U 3727/97 -, KG Report 1999, 362 = NJW- RR 2000,
461). Dies behauptet die Klägerin aber nicht und hierfür ist auch nichts ersichtlich.
Die Klägerin räumt im Übrigen selbst ein, dass sie das Risiko übernommen habe, in der
Zeit vom 15. Juli 2000 bis zur Erteilung der Genehmigung die vollständige Miete zahlen
zu müssen. Die Übernahme dieses Risikos stand auch nicht unter der Bedingung, dass
die Genehmigung erteilt wird. Denn eine solche Bedingung haben die Parteien nicht
vereinbart. Die Klägerin hatte es zudem selbst in der Hand durch eine zügige
Beantragung und Förderung des Genehmigungsverfahrens den Zeitraum, in dem der
volle Mietzins geschuldet war, zu beeinflussen. Deswegen ist es umso unverständlicher,
aus welchen Gründen die Klägerin den Antrag bei der Behörde erst 8 Monaten nach
Unterzeichnung des Mietvertrages, nämlich am 13. März 2001 (Antragseingang bei der
Behörde), einreichte. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass die Beklagte
Mitwirkungspflichten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens verletzt hätte und aus
diesen Gründen die behördliche Entscheidung verzögert worden wäre.
Sofern davon auszugehen wäre, dass der Mietzins bereits ab der ersten Mitteilung der
Behörde über die voraussichtliche Nichtgenehmigung gemäß Schreiben des
Bezirksamtes vom 11. Oktober 2002 gemindert wäre, so stünde dem
Rückforderungsanspruch ab diesem Zeitpunkt § 814 BGB entgegen. Denn die Klägerin
hat in Kenntnis der Nichtschuld den Mietzins in voller Höhe gezahlt ohne sich Rechte
deswegen vorzubehalten.
Soweit die Klägerin mit der Berufung geltend macht, dass der Beklagten bekannt
gewesen sei, dass die beantragte Betriebsgenehmigung gegen öffentlich–rechtliche
Vorschriften verstoße und das Projekt nicht genehmigungsfähig gewesen sei, ist dies im
Ergebnis unerheblich. Es ist nicht ersichtlich, was die Klägerin für den
Rückzahlungsanspruch daraus herleiten will. In Betracht käme nur eine Anfechtung des
Vertrages, die die Klägerin aber zu keiner Zeit erklärt hat. Die Klägerin hat diese
Behauptung auch nur pauschal ohne substantiierten Vortrag aufgestellt. Hierfür sind
ausreichende Anhaltspunkte nicht dargetan. Die Klägerin hat diese Behauptung
erstinstanzlich zudem nicht unter Beweis gestellt. Der erst in der Berufungsinstanz
angebrachte Beweisantritt auf Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als
Partei ist gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Kosten für die
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2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Kosten für die
Anschaffung von Maschinen und damit im Zusammenhang stehender Folgekosten nicht
zu.
Gemäß § 536 a BGB kann der Mieter Schadensersatz verlangen, wenn ein Mangel bei
Vertragsschluss vorhanden ist oder ein solcher später wegen eines Umstandes entsteht,
den der Vermieter zu vertreten hat. Ein anfänglicher Mangel besteht aus den unter
Abschnitt 1. dargelegten Gründen nicht, so dass ein Schadensersatzanspruch bereits
dem Grunde nach nicht besteht. Ein Schadensersatzanspruch wegen eines später
eingetretenen Mangels scheitert an der fehlenden Kausalität. Sämtliche Aufwendungen
sind zu einer Zeit veranlasst, zu der ein Sachmangel noch nicht vorgelegen hat. Aber
selbst wenn eine Haftung dem Grunde nach in Betracht käme - was der Senat aus den
dargelegten Gründen verneint -, ist eine Schadenshaftung der Beklagten gemäß § 254
Abs. 1 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin insoweit ein überwiegendes Mitverschulden
trifft. § 254 BGB ist eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von
Treu und Glauben. Da die Rechtsordnung eine Selbstgefährdung und Selbstschädigung
nicht verbietet, geht es im Rahmen von § 254 BGB nicht um eine rechtswidrige
Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit
bestehenden Rechtspflicht, sondern nur um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen
Interessenwahrnehmung (OLG Düsseldorf Urteil vom 12. Mai 2005 - 10 U 190/04 -,
veröffentlicht bei JURIS). Derjenige, der die Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der
Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, muss auch den
Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen, weil es im Verhältnis zwischen
Schädiger und Geschädigten unbillig erscheint, das jemand für den von ihm erlittenen
Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (vgl. BGH NJW 1997, 2234
m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Soweit die Klägerin bereits im
Vorfeld des Vertrages – also vor Abschluss des Mietvertrages am 03. Juli 2000 -
Aufwendungen getätigt hat, hat sie ohnehin auf eigenes Risiko gehandelt. Dies betrifft
nach der Aufstellung im Schriftsatz der Klägerin vom 28. Dezember 2005 (dort Seite 6)
die Positionen zu den Ziffern 1) bis 5) und 21). Soweit die Klägerin Aufwendungen nach
Abschluss des Mietvertrages getätigt hat, kann sie auch diese nicht ersetzt verlangen.
Der Klägerin war bei Abschluss des Mietvertrages am 03. Juli 2000 bekannt, dass das
Vorhaben der Genehmigung durch die Behörde bedarf und eine solche durch sie erwirkt
werden sollte. Danach musste sie grundsätzlich auch damit rechnen, dass die
Genehmigung zur Nutzung der Mietsache zum vorgesehenen Vertragszweck nicht erteilt
werden könnte. Die Klägerin hat das Genehmigungsverfahren nicht zügig
vorangetrieben, sondern den Antrag erst am 13. März 2001 gestellt. Sie hat sich bei der
Behörde – zumindest ist Gegenteiliges von der Klägerin nicht behauptet - auch zu keiner
Zeit danach erkundigt, ob das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Dennoch hat sie bis zu
Beantragung weitere Aufwendungen getätigt (Positionen 6) bis 14)) und danach noch
weitere Kosten (Position 15)) aufgewendet, die im Zusammenhang mit dem
beabsichtigten Geschäftsbetrieb stehen. Die Klägerin hätte wegen der ihr obliegenden
Schadensminderungspflicht das Genehmigungsverfahren abwarten müssen, bevor sie
die Aufwendungen tätigt. Es kann deswegen dahin stehen, ob die Aufwendungen zur
Anschaffung von Maschinen u.ä. auch deswegen nicht erstattungsfähig wären, weil sie
nicht im Zusammenhang mit der Mietsache stehen, wie die Beklagte geltend macht.
Aus den vorgenannten Gründen ist auch der mit der Berufung weiter verfolgte
Feststellungsantrag unbegründet.
B. Berufung der Beklagten
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 9.159,79 EUR gemäß §
536 a BGB nicht zu, weil ein anfänglicher Sachmangel nicht gegeben ist und Kausalität
zum später eingetretenen Mangel nicht besteht. Zur näheren Begründung wird auf die
Ausführungen zur Berufung der Klägerin verwiesen, die hier entsprechend gelten. Die
Beklagte wäre der Klägerin nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch den
nachträglichen Mangel eingetreten ist. Die von der Klägerin verlangten Kosten wegen der
Beauftragung der Architekten und Ingenieure sind aber nicht kausal zu dem erst
nachträglich aufgetretenen Mangel. Denn diese Kosten sind sämtlichst zu einer Zeit
veranlasst, zu der ein Sachmangel noch nicht vorlag. Die Klägerin hat sich nach dem
Vertrag verpflichtet, die Kosten für das Genehmigungsverfahren zu übernehmen, obwohl
sie wissen musste, dass die Genehmigung auch versagt werden könnte. Dieses Risiko
hat sie zu tragen.
Soweit die Beklagte sich gegen die vom Landgericht zuerkannten Kosten gemäß der
Positionen 16 (nicht Pos. 15 wie irrtümlich im Urteil des Landgerichts, Seite 8 oben) bis
19 gemäß Schriftsatz vom 28. Dezember 2005 (dort Seite 6) von insgesamt 9.159,79
EUR wendet, kommt es darauf nicht mehr an, weil ein Anspruch dem Grunde nach nicht
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EUR wendet, kommt es darauf nicht mehr an, weil ein Anspruch dem Grunde nach nicht
gegeben ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr.
1und 2 ZPO).
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