Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: zustand der mietsache, mietvertrag, kaution, auflage, urkunde, bestandteil, terrasse, schreibfehler, geschäftsführer, sammlung

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 36/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 147 Abs 2 BGB, § 550 S 1 BGB
Gewerberaummiete: Anforderungen an die Wahrung der
Schriftform; fehlende Unterzeichnung des Übergabeprotokolls
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522
Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
zwei
Wochen
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die
Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes
hingewiesen:
Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die
angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die
nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Frist des § 147 Abs. 2 BGB
gewahrt ist, obwohl zwischen Angebot und Annahme ein Zeitraum von 7 Tagen liegt. Die
von der Beklagten zitierte Entscheidung des 8. Zivilsenats des Kammergerichts (KG GE
2001, 418) steht dem nicht entgegen. In seiner Entscheidung vom 5. Juli 2007 (- 8 U
182/06 - WuM 2007, 475) hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts zu dieser Frage
ausgeführt:
“..so ist das Angebot der Klägerin auf Abschluss des Mietvertrages auch
rechtzeitig gemäß § 147 Abs. 2 BGB angenommen worden. Der einem Abwesenden
gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der
Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Die
gesetzliche Annahmefrist setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des
Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der
Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden (BGH NJW 1996, 921). Bei der
Bemessung der Frist sind zunächst die regelmäßigen Umstände, aber auch die
besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. im Einzelnen Kramer in
Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 147 BGB, Rdnr. 7). Bei Mietverträgen beträgt
die Annahmefrist in der Regel 2 bis 3 Wochen (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 147
BGB, Rdnr. 6; Dresden und Naumburg NZG 2005, 72, 75; LG Stendal NJW-RR 2005, 97;
OLG Sachsen NZM 2004, 825 : 2 Wochen). Bei einer großen Gesellschaft – wie es auch
die Beklagte ist – kann regelmäßig nicht damit gerechnet werden, dass bedeutende
Vertragsangebote innerhalb weniger Tage angenommen werden (BGH NJW 2000, 2984;
Erman/Armbrüster, BGB, 11. Auflage, § 147 BGB, Rdnr. 18). Soweit der Senat in seiner
Entscheidung vom 04. Dezember 2000 – 8 U 304/99 (GE 2001, 418) eine Annahmefrist
von nur 5 Tagen angenommen hat, beruhte dies auf den besonderen Umständen des
Einzelfalls.
Grundsätzlich geht auch der Senat davon aus, dass der Antragende den Eingang
der Antwort regelmäßig in einer Frist von 2 bis 3 Wochen erwarten darf. Nur in ganz
besonderen Ausnahmefällen kann eine kürzere Frist gerechtfertigt sein. Eine solche
besondere Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben.“
Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende 12. Zivilsenat des Kammergerichts
vorliegend ausdrücklich in vollem Umfang an.
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2. Entgegen der Ansicht der Klägerin scheitert die Wahrung der Schriftform nicht daran,
dass die Anlage „Übergabeprotokoll“ von der Beklagten nicht unterschrieben worden ist.
Der Schriftform des § 566 BGB ist dann Genüge getan, wenn sich die wesentlichen
Vertragsbedingungen – insb. Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des
Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1969 – VIII
ZR 88/67, WM 1969, 920; BGH, Urt. v. 30.6.1999 – XII ZR 55/97, MDR 1999, 1431 = NJW
1999, 2591 = NZM 1999, 761 = Grundeigentum 1999, 980; BGH, Urt. v. 29.9.1999 – XII
ZR 313/98, MDR 2000, 79 = NJW 2000, 354 = NZM 2000, 36). Ob weitere Bestimmungen
aufzunehmen sind, hängt vom Einzelfall ab. Sie müssen in die Urkunde aufgenommen
werden, wenn sie nach dem Willen der Vertragsparteien wichtige Bestandteile des
Vertrages sein sollen. Nur wenn die Parteien diese Essentialia nicht in den Mietvertrag
selbst aufnehmen, sondern teilweise in andere Schriftstücke auslagern, so dass sich der
Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarungen erst aus dem Zusammenspiel
dieser Bestimmungen ergibt, müssen die Vertragsparteien zur Wahrung der
Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise
zweifelsfrei kenntlich machen (BGHZ 40, 255; BGH, Urt. v. 30.6.1999 – XII ZR 55/97,
a.a.O.). Der Schriftform bedürfen hingegen nicht auch solche Abreden, die für den Inhalt
des Vertrages, auf denen sich die Parteien geeinigt haben, von nur untergeordneter
Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 30.6.1999 – XII ZR 55/97, a.a.O., vgl. Wolf/Eckert/Ball,
Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasing-rechts, 8. Aufl., Rz. 110).
In der Regel enthalten Übergabeprotokolle keine vertraglichen Vereinbarungen sondern
dokumentieren lediglich die tatsächlichen Gegebenheiten wie den Zustand der
Mietsache, den Zählerstand usw. Sie dienen damit Beweiszwecken, wesentliche
vertragliche Vereinbarung sind hierin im Regelfall nicht zu sehen. Dass in der Anlage
„Übergabeprotokoll“ vorliegend Malerarbeiten sowie Nacharbeiten an der Schwelle zur
Terrasse genannt werden, reicht für die Annahme der Wesentlichkeit dieser
Vereinbarung für den Mietvertrag nicht aus.
Da die Anlage „Übergabeprotokoll“ kein wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages ist,
kommt es für die Frage der Einhaltung der Schriftform des Mietvertrages auf die falsche
Bezeichnung des Mieters in dieser Anlage nicht an.
3. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Angabe eines falschen
Mietvertragsdatums in dem Nachtrag vom 29. April 1997 die Frage der Einhaltung der
Schriftform nicht berührt, da es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Der
in dieser Anlage in Bezug genommene Mietvertrag lässt sich anhand der Angaben der
Vertragsparteien eindeutig ermitteln. Im Übrigen ist es fraglich, ob die nachträgliche
Anmietung eines PKW-Stellplatzes zu den wesentlichen Vertragsbedingungen eines
Gewerbemietvertrages gehört oder ob es sich nicht vielmehr um einen neuen,
eigenständigen Mietvertrag handelt.
4. Der die Kaution betreffende Nachtrag vom 3. Juli 1997 wahrt die Schriftform und
nimmt den Mietvertrag durch Benennung des Vertragsdatums und der Vertragsparteien
auch ausreichend in Bezug. Die Höhe der Kaution ist in der Nachtragsurkunde ebenso
genannt. Der spätere die Kaution betreffende Schriftwechsel betrifft nicht die Höhe der
zu leistenden Kaution sondern lediglich deren Modalitäten. Diese gehören, wie das
Landgericht zutreffend ausführt, nicht zu den wesentlichen Vertragspunkten.
5. Bei der zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und den Klägern geschlossenen
Bürgschaftsvereinbarung vom 19. März 1997 handelt es sich um eine eigenständige
Vereinbarung, deren rechtlicher Bestand den Bestand des Mietvertrages nicht
beeinflusst. Es ist deshalb unerheblich, ob in dieser Urkunde das Datum des
Mietvertragsschlusses genannt wird.
6. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des
Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
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