Urteil des KG Berlin vom 15.08.2009

KG Berlin: ausschluss, bekanntmachung, ausschreibung, verzicht, treu und glauben, grundsatz der gleichbehandlung, anforderung, unverzüglich, vergabeverfahren, haftpflichtversicherung

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Gericht:
KG Berlin
Vergabesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Verg 5/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 25 Nr 1 Abs 2 VOL A
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der
Vergabekammer des Landes Berlin, 1. Beschlussabteilung, vom 15. August 2009 – VK –
B 1 – 16/09 – aufgehoben.
2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Angebote der Antragstellerin und der
Beigeladenen im Vergabeverfahren „Verfahren des Landes Berlin zur Vergabe des
Managements der öffentlichen Beleuchtung – 2008/S 252-33817 –“ unter
Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu werten.
3. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Nachprüfungsverfahrens – mit Ausnahme derjenigen der
Beigeladenen – haben der Antragsgegner ¾ und die Antragstellerin ¼ zu tragen. Der
Antragstellerin werden ¼ der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt. Im
Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
5. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Verfahren vor der Vergabekammer durch
die Antragstellerin war notwendig.
6. Der Verfahrenswert wird auf bis zu 3.000.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsgegner schrieb im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 30.
Dezember 2008 die „Wartung von öffentlichen Beleuchtungseinrichtungen und
Verkehrsampeln“ in Berlin im offenen Verfahren aus. Für den dem Inhalt nach mit
„Management der öffentlichen Beleuchtung“ bezeichneten Auftrag waren Angebote
ursprünglich bis zum 17. März 2009 einzureichen; später wurde diese Frist bis zum 31.
März 2009, 12.00 Uhr verlängert. Als Vertragsbeginn war der 1. Juli 2009 angegeben. Der
auf sieben Jahre befristete Vertrag sollte durch Erklärung des Auftraggebers einmalig um
drei Jahre verlängert werden können.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darum, ob das von der Antragstellerin eingereichte
Angebot auch in drei vom Antragsgegner beanstandeten Punkten den Anforderungen
entsprach und der Antragsgegner dieses Angebot deswegen zu Unrecht ausgeschlossen
hat. Weiter streiten sie um den möglichen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen.
Laut Ziffer II. 2. 2) der Bekanntmachung der Ausschreibung war mit dem Angebot zum
Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit unter anderem
einzureichen:
„Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung durch Vorlage einer
Bestätigung der Versicherung;…“
In dem am 9. Januar 2009 bei ihr eingegangenen Schreiben des Antragsgegners vom
23. Dezember 2008 wurden der Antragstellerin die Vergabeunterlagen zugesandt. Hier
hieß es insoweit zu den dem Angebot beizufügenden Unterlagen auf Seite 8 unter Ziffer
11. b) „Eignungsnachweise“:
„ein Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung (§ 7 a Nr. 3 Abs. 2 lit.
a) VOL/A).“
Den Vergabeunterlagen beigefügt war weiter der Text des abzuschließenden
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Den Vergabeunterlagen beigefügt war weiter der Text des abzuschließenden
Managementvertrages, in dem es in § 34 Abs. 1 zum Versicherungsschutz des
Auftragnehmers heißt:
„Der Auftragnehmer hat unverzüglich nach der Unterzeichnung dieses Vertrages
den Abschluss einer angemessenen Haftpflichtversicherung nachzuweisen und diese
während der Laufzeit des Vertrages aufrecht zu erhalten.“
Mit Anfrage vom 17. Februar 2009 wies die Antragstellerin den Antragsgegner darauf
hin, dass die Haftpflichtversicherung laut Managementvertrag nicht näher spezifiziert
sei. Im Schreiben heißt es:
„Die Art der Haftpflichtversicherung Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung
und die Höhe sind nicht angegeben. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe Ziffer 11
b) sowie im Angebotsformular Teil 2, 3. Angebotsinhalt ist bereits dem Angebot der
Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung beizufügen.
Könnten Sie bitte darstellen was verbindlich ist bzw. zu welchem Zeitpunkt eine
Haftpflichtversicherung nachzuweisen ist. Ist in diesem Zusammenhang eine
Betriebshaftpflichtversicherung mit einer Berufshaftpflichtversicherung gleichzusetzen?“
Der Antragsgegner reagierte auf die Anfrage mit seiner an alle Bieter gesandten
„Bieterinformation Nr. 6 vom 26. Februar 2009. Auf Seite 14 dieser Information heißt es
unter Punkt 14 „Haftpflichtversicherung (§ 34 Abs. 1 Management-Vertrag)“:
„Der Zeitpunkt des Nachweises ist in § 34 Abs. 1 des Management-Vertrages
geregelt. Danach ist das Bestehen einer Haftpflichtversicherung „unverzüglich nach der
Unterzeichnung dieses Vertrages“ nachzuweisen.
Unter Haftpflichtversicherung ist in diesem Zusammenhang eine
Betriebshaftpflichtversicherung zu verstehen.
Im Übrigen siehe die Antwort auf Frage Nr. 2 der Bieterinformation Nr. 4.“
Die Bieterinformation Nr. 4 vom18. Februar 2009 hatte sich unter Punkt 2 mit Fragen
zum Umfang der geforderten Versicherung befasst. Die dort zitierte Frage lautet:
„Wird diese Anforderung durch die Vorlage eines Nachweises über das Bestehen
einer Betriebshaftpflichtversicherung erbracht, nach der versichert ist: „die gesetzliche
sowie die vertragliche Haftpflicht in gesetzlichem Umfang für Schadensereignisse, die
während den Laufzeit der Versicherung eintreten und zwar für alle Aktivitäten, die sich
aus dem Betriebscharakter des Versicherungsnehmers ergeben“?“
Dazu heißt es:
„Ja. Der Nachweis wird insbesondere durch die Vorlage einer aktuellen
Bestätigung der Versicherung über die Deckung erbracht.“
Ihrem unter dem 30. März 2009 fristgerecht eingereichten Angebot fügte die
Antragstellerin ein Schreiben des niederländischen Unternehmens … “ vom 20. Februar
2009 bei, das mit „Versicherungsbestätigung“ überschrieben ist und in dem es heißt:
„Hiermit bestätigen wir, … …, Versicherungsmakler in R., dass NV … und/oder …
NV und/oder:
… GmbH“…
„durch unsere Vermittlung eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen
hat.“
„Die Bescheinigung wird abgegeben innerhalb der Allgemeinen- und
Sonderbedingungen die Police“….“in der holländischen Sprache und falls es Zweifelsfälle
oder Unterscheide geben sollte, so gilt der Text in der holländischen Sprache als
verbindlich.“
Der Antragsgegner hielt das Angebot der Antragstellerin insoweit für unvollständig und
schloss es von der Wertung aus.
In Ziffer III. 2. 3) der Bekanntmachung der Ausschreibung war zur Darlegung der
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In Ziffer III. 2. 3) der Bekanntmachung der Ausschreibung war zur Darlegung der
technischen Leistungsfähigkeit die Einreichung einer
„Liste der wesentlichen in den letzten drei Jahren erbrachten Leistungen, die mit
der konkret zu vergebenden Leistung (Beleuchtung öffentlicher Straßen) vergleichbar ist,
jeweils mit Angabe des jährlichen Auftragswertes, der Zahl der Lichtpunkte und
sonstigen Beleuchtungseinrichtungen, der Leistungszeit, der öffentlichen oder privaten
Auftraggeber…“
gefordert. Im Schreiben vom 23. Dezember 2008, mit dem der Antragsgegner zur
Abgabe des Angebots aufgefordert wurde, wird ebenfalls eine diesen Anforderungen
entsprechende Referenzliste gefordert.
Mit ihrem Angebot überreichte die Antragstellerin in Nr. 6 ihres Angebots „Erbrachte
Leistungen“ eine gemäß dem Inhaltsverzeichnis 16 Projekte umfassende 19-seitige
Aufstellung, der für drei der Projekte Bestätigungsschreiben der jeweiligen Auftraggeber
und zusätzlich ein Bestätigungsschreiben eines Stadtwerkes beigefügt waren. Der
Auftrag, auf den sich das Bestätigungsschreiben bezog, ist in der Aufstellung der 16
Projekte nicht enthalten.
Der Antragsgegner schloss das Angebot der Antragstellerin auch insoweit wegen der
unzureichenden Angabe von Referenzen von der Wertung aus.
Schließlich heißt es unter der Rubrik „Besondere Bedingungen für
Dienstleistungsaufträge“ unter Ziffer III. 3.2) der Bekanntmachung der Ausschreibung:
„Juristische Personen müssen die Namen und die berufliche Qualifikation der
Personen angeben, die für die Ausführung der betreffenden Dienstleistung verantwortlich
sein sollen.“
Im Schreiben vom 23. Dezember 2008, in dem die Antragstellerin zur Abgabe eines
Angebots aufgefordert wurde, fehlte ein entsprechender Passus. In ihrem Angebot vom
30. März 2009 machte die Antragstellerin zu den für bei ihr für Dienstleistung
verantwortlichen Personen keine Angaben. Der Antragsgegner schloss ihr Angebot auch
mit Rücksicht darauf von der weiteren Wertung aus.
In Ziffer 13 des Schreibens vom 23. Dezember 2008 ist angegeben, dass die
Vergabestelle sich vorbehalte, ergänzende Informationen, Unterlagen und Nachweise zu
fordern, die zur Prüfung und Wertung des Angebots erforderlich seien. Weiter heißt es:
„Die Vergabestelle behält sich ferner vor, bei Fehlen wesentlicher Angaben und
Unterlagen das Angebot auszuschließen. Es kann nicht darauf vertraut werden, dass
fehlende Informationen, Unterlagen und Nachweise von der Vergabestelle nachgefordert
werden.“
In ihrem Vorabinformationsschreiben vom 12. Mai 2009 ließ der Antragsgegner der
Antragstellerin mitteilen, dass ihr Angebot auf der ersten Wertungsstufe auszuschließen
sei, weil Teile der geforderten Angaben und Erklärungen gefehlt hätten. Es sei
beabsichtigt, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Das Angebot der Beigeladenen
hatte der Antragsgegner gewertet und hatte es bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit
beim Zuschlagskriterium 2 („Erzielbare Energieeinsparung bei der Modernisierung der
öffentlichen Beleuchtung“), das ein Gewicht von 10 Prozent hatte, mit „0 Punkten“
bewertet. Der Grund lag darin, dass der Antragsgegner die von den Bietern
anzugebende Kennzahl „Ke“ (Watt je Euro) für nicht ausreichend plausibilisiert hielt.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2009 ließ die Antragstellerin ihren Ausschluss rügen; mit
Schreiben vom 19. Mai 2009 rügte sie darüber hinaus diskriminierendes Verhalten des
Antragsgegners ihr gegenüber, weil die Beigeladene anders als sie Kenntnis von einem
beabsichtigten Austausch von Gaslaternen gehabt habe, der mit einem beabsichtigten
Austausch von 40.000 Gaslaternen weit über den Austausch von 8.400 Laternen
hinausgehe, der allen Bietern bekannt gewesen sei.
Nachdem der Antragsgegner auch nach einem mit der Antragstellerin durchgeführten
Informationsgespräch bei seiner Haltung geblieben war, hat die Antragstellerin am 25.
Mai 2009 einen Antrag auf Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens bei der
Vergabekammer des Landes Berlin eingereicht.
Sie hat ihren Ausschluss gerügt und die Auffassung vertreten, dass demgegenüber das
Angebot der Beigeladenen auszuschließen sei. Nachdem der Antragsgegner offenbar
strenge Maßstäbe angelegt und ihr Angebot sowie die Angebote zweier weiterer Bieter
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strenge Maßstäbe angelegt und ihr Angebot sowie die Angebote zweier weiterer Bieter
ausgeschlossen habe, so dass allein das Angebot des Beigeladenen in die Wertung
gekommen sei, erscheine es ausgeschlossen, dass das Angebot der Beigeladenen
ordnungsgemäß gewesen sei. Jedenfalls gelte das für die gemäß Formblatt 7 der
Verdingungsunterlagen anzugebende Kennziffer für die Energieeinsparung, den so
genannten „Ke-Wert“, den die Beigeladene nicht plausibel angegeben habe. Hierzu hat
sie behauptet, dies sei ihr bei der Erörterung beim Antragsgegner am 25. Mai 2009
bestätigt worden. Sie hat die Auffassung vertreten, dies sei mit der Nichtangabe dieses
Wertes gleichzusetzen.
In demselben Gespräch sei ihr zudem mitgeteilt worden, dass der von der Beigeladenen
angebotene Preis um 13 % unter dem von ihr angegebenen Preis gelegen habe und der
Antragsgegner dies selbst für ungewöhnlich niedrig erachtet habe, ohne dass er eine
Überprüfung des Angebots veranlasst habe. Insgesamt sei sogar ein offenbares
Missverhältnis zwischen Preis und Leistung gegeben gewesen, das zum Ausschluss des
Angebots der Beigeladenen habe führen müssen.
Im Übrigen hat sie die Meinung vertreten, dass das gesamte Vergabeverfahren
aufzuheben sei, weil der Antragsgegner – wie sie dies bereits in ihren Schreiben vom 22.
und 23. Januar 2009 gerügt habe – den Mitbietern ihr gesamtes Know-how einschließlich
ihrer Einkaufspreise offenbart habe. Umgekehrt seien ihr aber kalkulationsrelevante
Informationen, über die mindestens die Beigeladene verfügt habe, vorenthalten worden.
Dies betreffe die über die Ausschreibung hinaus geplante Umrüstung weiterer
Gasleuchten während der Laufzeit des Vertrages.
Sie hat zur Hauptsache beantragt,
1. festzustellen, dass sie in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist;
2. den Antragsgegner zu verpflichten, den Zuschlag unter Berücksichtigung ihres
Angebots sowie unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu erteilen;
3. hilfsweise, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die von der
Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat den Ausschluss der Antragstellerin verteidigt und ihren
Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig gehalten.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag ebenfalls für unzulässig gehalten und
ihn ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 15. Juli 2009 zurückgewiesen.
Gegen den ihr am 20. Juli 2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 3.
August 2009 sofortige Beschwerde eingelegt.
Sie hält an ihren im Verfahren vor der Vergabekammer erhobenen Einwendungen fest
und beanstandet, dass sich die Vergabekammer – insbesondere was die nach ihrer
Auffassung die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtfertigenden Mängel angeht –
nicht mit ihnen befasst habe. Sie begehrt mit ihrer Beschwerde die Änderung der
Entscheidung der Vergabekammer in erster Linie dahin, dass der Antragsgegner
verpflichtet werden soll, den Zuschlag unter Berücksichtigung ihres Angebots und unter
Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu erteilen.
Sie beantragt,
1. den Beschlusses der 1. Beschlussabteilung der Vergabekammer des Landes
Berlin vom 15. Juli 2009 (Az.: VK – B1 – 16/09) aufzuheben;
2. festzustellen, dass sie in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist;
3. den Antragsgegner zu verpflichten, den Zuschlag unter Berücksichtigung ihres
Angebotes sowie unter Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen zu erteilen;
4. hilfsweise die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die vom
Beschwerdegericht festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen;
5. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war;
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6. die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen, dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
1. die Abweisung der Anträge der Antragstellerin;
2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens sowie die zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen aufzuerlegen;
3. die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für notwendig zu
erklären.
Er verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer und hält den Ausschluss des
Angebots der Antragstellerin und die beabsichtigte Erteilung des Zuschlags an die
Beigeladene weiterhin für vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beigeladene hat das Vorbringen des Antragsgegners unterstützt, aber eigene
Anträge nicht gestellt. Sie meint, der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin
wegen der fehlenden Vorlage von Eignungsnachweisen sei schon mit Rücksicht darauf
geboten gewesen, dass es dem Antragsgegner mit Rücksicht auf die Bedeutung der
Anforderungen für den streitgegenständlichen Auftrag rechtlich gar nicht möglich
gewesen sei, die in der Bekanntmachung angegebenen Anforderungen nachträglich zu
reduzieren. Sie bestreitet, dass es sich bei ihrem Angebot um ein so genanntes
„Unterkostenangebot“ gehandelt habe. Jedenfalls könne die Antragstellerin gegen eine
gleichwohl erfolgende Beauftragung nichts erinnern, weil es sich bei der Regelung der
VOL/A, die sich mit der Prüfung „ungewöhnlich niedriger“ Angebote befasse, nicht um
eine Vorschrift handele, die Mitbieter schütze.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den
Inhalt der Vergabeakten und der Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Die ohne weiteres zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat auch in der
Sache überwiegend Erfolg. Der auf den rechtswidrigen Ausschluss ihres Angebots
1.
Ausschluss des Angebots der Beigeladenen gestützte Nachprüfungsantrag nur insoweit
erfolgreich ist, als der Antragsgegner das Angebot der Beigeladenen neu werten muss (
2.
3.
4.
1.
Unvollständigkeit nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) VOL/A von der weiteren Wertung
ausgeschlossen und sie dadurch in ihren Rechten verletzt.
a)
Ausschluss des eigenen Angebotes stützt, entgegen der Auffassung der
Vergabekammer als zulässig ansieht, hat er bereits in seinem im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren zum Aktenzeichen 2 Verg 6/09 am 31. August 2009 ergangenen
Beschluss ausgeführt. Diesen Ausführungen ist auch unter dem Eindruck der dazu
eingegangenen Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten nur wenig hinzuzufügen:
aa)
von ihr geltend gemachten Rechtsverletzungen hinreichend substantiiert. Sie hat im
Einzelnen dargelegt, weshalb sie den Ausschluss ihres Angebots durch den
Antragsgegner als vergaberechtswidrig ansieht. Insoweit reicht es aus, wenn nach ihrem
Vortrag eine Verletzung ihrer Rechte möglich erscheint (vgl. Byok in Byok/Jaeger, a.a.O.,
§ 107 Rn. 970; Marx in Beck’scher Komm. zur VOB, VOB/A, §§ 107, 108 Rn. 24 a.E.).
Nicht zu verlangen ist es, dass bereits festgestellt werden kann, dass der behauptete
Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt (vgl. BGH, Beschluss
vom 18. Mai 2004 – X ZB 7/04 –). Gegen diese Auffassung des Senats haben weder der
Antragsgegner noch die Beigeladene etwas erinnert, so dass der Senat zu ergänzenden
Ausführungen keine Veranlassung sieht.
bb)
dem Vergabeverfahren auch unverzüglich gerügt, § 107 Abs. 3 GWB, wobei die Vorschrift
hier noch in ihrer alten Fassung anzuwenden ist, § 131 Abs. 8 GWB. Auch insoweit haben
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hier noch in ihrer alten Fassung anzuwenden ist, § 131 Abs. 8 GWB. Auch insoweit haben
die Verfahrensbeteiligten nicht mehr zu vorläufigen Entscheidung des Senats nach § 118
Abs. 1 S. 3 GWB Stellung genommen. Der Senat hält insoweit an seinen Erwägungen
fest:
Die auf den Zugang des Informationsschreibens am Dienstag, den 12. Mai 2009 am
folgenden Freitag, den 15. Mai 2009 um 21.50 Uhr erhobene Rüge ihres Ausschlusses ist
als unverzüglich anzusehen. Es ist anerkannt, dass dem Bieter insoweit selbst nach der
insoweit positiven Kenntnis von den Tatsachen, die den Vergabefehler aus seiner Sicht
begründen, noch Zeit einzuräumen, sich rechtlich beraten zu lassen und das Ergebnis
dieser Beratung in eine Entscheidung umzusetzen (vgl. nur Marx in Beck’scher Komm.,
a.a.O., §§ 107, 108 GWB Rn. 29). Jedenfalls mit Rücksicht auf die vorliegend im Hinblick
auf den Ausschluss des Angebots erhobenen Mängel, war die Rechtslage keineswegs
eindeutig, wie sich auch aus der abweichenden Bewertung der Ausschlussgründe durch
die Vergabekammer ergibt. Auch eine dem Antragsgegner am Montag, den 18. Mai
2009 zugegangene Rüge ist danach noch als unverzüglich anzusehen.
Soweit sich der Antragsgegner für den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin
darauf gestützt hat, dass mit dem Angebot nicht die Namen der ausführenden
verantwortlichen Personen genannt waren, war die Antragstellerin unter
Zulässigkeitsgesichtspunkten nicht etwa gehalten, die Abweichung zwischen der
Bekanntmachung und dem Aufforderungsschreiben hinsichtlich der vorzulegenden
Unterlagen hinsichtlich der Namen und Qualifikation der verantwortlichen Personen zu
rügen. Der insoweit von ihr gerügte Vergabeverstoß liegt nicht in der Divergenz zwischen
Bekanntmachung und Aufforderungsschreiben, sondern darin, dass der Antragsgegner
ihr Angebot trotz der Divergenz unmittelbar ausgeschlossen hat. Im Übrigen ist nichts
dafür ersichtlich, dass der Antragstellerin diese Divergenz vor Eingang der
Vorabinformation bekannt war, § 107 Abs. 3 S. 1 GWB a.F. Aus der Bekanntmachung
allein konnte sich die Divergenz begrifflich nicht ergeben, so dass auch keine
Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 2 GWB a.F. bestand, die schon durch die
Erkennbarkeit des Mangels ausgelöst worden wäre.
b)
Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet, denn der Antragsgegner hat
das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht von der Wertung ausgeschlossen. Er konnte
sich für den Ausschluss nicht auf die Vorschrift des § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) VOL/A stützen,
die den Ausschluss eines Angebots nur ermöglicht, wenn es die geforderten Angaben
und Erklärungen nicht enthält.
Allerdings ergibt sich nichts dafür, dass – wie es die Antragstellerin unter dem Aspekt
„Vermischung von Wertungskriterien“ offenbar geltend machen will –, der Antragsgegner
ihr Angebot bereits als formell ordnungsgemäß angesehen und daran gebunden ist. Sie
verweist insoweit darauf, dass der Antragsgegner ihren Preis in die Wertung einbezogen
habe, als er den Angebotspreis der Beigeladenen als „ungewöhnlich niedrig“ eingestuft
habe. Nachdem der Antragsgegner zur Ermittlung eines „ungewöhnlich niedrigen
Angebots“ aber auch auf bereits aus formellen Gründen ausgeschlossene Angebote
zurückgreifen konnte, solange der Ausschluss nicht gerade auf den Preisangaben
beruhte (vgl. Dicks in Kulartz u.a., § 25 Rn. 137), spricht dies nicht dafür, dass der
Antragsgegner sich hier widersprüchlich verhalten hätte. Dafür ergibt sich auch nichts
aus den Vergabeakten.
Die vom Antragsgegner angeführten drei Gründe, auf die er sich für den Ausschluss des
Angebots der Antragstellerin stützt, tragen einen Ausschluss jedoch nicht.
aa) Fehlender Versicherungsnachweis
Das Angebot der Antragstellerin ist nicht bereits deswegen als unvollständig
anzusehen, weil es den Nachweis einer „Berufshaftpflichtversicherungsdeckung“ nicht
enthalten hat, wie es sowohl die Bekanntmachung der Ausschreibung als auch das
Aufforderungsschreiben des Antragsgegners vom 23. Dezember 2008 vorsehen. Dabei
kann es offen bleiben, ob die „Versicherungsbestätigung“ der … “ vom 20. Februar 2009
den Anforderungen, die an einen solchen Nachweis zu stellen sind, genügt. Auf
Nachfrage der Antragstellerin hat der Antragsgegner nämlich auf die Vorlage eines
entsprechenden Nachweises bereits mit dem Angebot in seiner an alle Bieter
gerichteten „Bieterinformation Nr. 6“ vom 26. Februar 2009 verzichtet. Dieser Verzicht
war auch wirksam; insoweit hält der Senat an seiner bereits im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren vertretenen Auffassung auch unter dem Eindruck der dazu
erfolgten Stellungnahme des Antragsgegners fest. Jedenfalls war der Hinweis zu Frage
14 der Bieterinformation Nr. 6 so missverständlich, dass der Antragsgegner das
Angebot der Antragsteller wegen eines fehlenden Versicherungsnachweises nicht sofort
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Angebot der Antragsteller wegen eines fehlenden Versicherungsnachweises nicht sofort
ausschließen konnte.
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Möglichkeit, Anforderungen an Eignungsnachweise nach der Bekanntmachung der
Ausschreibung zu modifizieren, so lange nicht zusätzliche Eignungsnachweise gefordert
werden. Deshalb bleibt es dabei, dass es vorliegend keinen Bedenken unterliegt, dass
der Antragsgegner die Vorgaben, die er in der Bekanntmachung hinsichtlich des
Zeitpunkts der Vorlage eines Versicherungsnachweises als Eignungsnachweis im Sinne
von § 17 Nr.1 Abs. 2 m) VOL/A gemacht hat, nachträglich dadurch herabsetzen konnte,
dass er den Zeitpunkt erst auf die Zeit nach Abschluss der Vertrages verlegte und damit
auf die Vorlage eines entsprechenden Nachweises im Vergabeverfahren sogar ganz
verzichtete. Anders als erschwerende Modifikationen und das spätere Aufstellen
ergänzender Anforderungen (vgl. dazu die vom Antragsgegner zitierten Entscheidungen
VK Bund, Beschluss vom 16. Februar 2006 – VK – 2/2006 – L – ; OLG Frankfurt, Beschluss
vom 15. Juli 2008 – 11 Verg 4/08 –; OLG Naumburg, Beschluss vom 2. Juli 2009 – 1 Verg
2/09) steht es dem Auftraggeber frei, seine Anforderungen im Laufe des Verfahrens zu
modifizieren, so lange dadurch nicht der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter
und der im Vergabeverfahren zu wahrende Transparenzgrundsatz verletzt werden (vgl.
OLG Düsseldorf Beschluss vom 12. Dezember 2007 – VII Verg 34/07 Rn. 51 f – und
Beschluss vom 4. Juni 2008 – VII 34/07 Rn. 43 zitiert jeweils nach Juris; Senat, Beschluss
vom 20. August 2009 – 2 Verg 4/09; in engen Grenzen zur VOB/A dafür auch Weyand,
VergabeR, 2. Aufl., § 17 VOB/A Rn. 4657; a.A. Rechten in Kulartz u.a., Komm. VOL/A; § 17
Rn. 34). Wie der Senat bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ausgeführt hat,
werden durch den nachträglichen Verzicht auf die Vorlage des Versicherungsnachweises
im Vergabeverfahren die vorgenannten Grundsätze nicht verletzt.
Soweit sich der Antragsgegner auf gegenteilige Entscheidungen stützt, die auf
die überragende Bedeutung der Bekanntmachung für die Forderung von
Eignungsnachweisen verweisen, befassen sich diese mit nachträglichen Forderungen
nach anderen oder zusätzlichen Nachweisen, die in der ursprünglichen Bekanntmachung
nicht vorgesehen waren (vgl. die Nachweise oben).
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, inwieweit ein nachträgliches Abrücken
von ursprünglich geforderten Nachweisen gegen Art. 36 Abs. 1 der Vergaberichtlinie
verstoßen soll. Zwar fordert deren Anhang VII zu Nr. 17, dass unter anderem
Eignungskriterien in der Bekanntmachung zu nennen sind. Dass diese dann –
insbesondere wenn es lediglich um einzelne Nachweise geht – nicht nachträglich
abgeschwächt werden könnten, ergibt sich daraus nicht.
Vorliegend standen weder der Transparenz- noch der
Gleichbehandlungsgrundsatz dem Verzicht des Antragsgegners entgegen. Es fehlt jeder
Hinweis darauf, dass potenzielle Mitbieter sich deswegen gegen eine Teilnahme an der
Vergabe entschieden und die Ausschreibungsunterlagen nicht angefordert hätten, weil
der Auftraggeber den Versicherungsnachweis ursprünglich bereits mit der Abgabe des
Angebots gefordert hatte. Den insoweit erhobenen Einwand des Antragsgegners, ein
nachträglicher Verzicht auf in der Bekanntmachung der Ausschreibung noch verlangter
Eignungsnachweise diskriminiere solche Bieter, die aufgrund hoher Anforderungen an die
vorzulegenden Nachweise darauf verzichtet hätten, die Vergabeunterlagen überhaupt
anzufordern, hatte der Senat im Übrigen bereits in seiner Entscheidung vom 30. August
2009 ausdrücklich berücksichtigt: Erleichtert der Auftraggeber seine ursprünglichen
Anforderungen in einer Weise, dass anzunehmen ist, dass sich potenzielle Bieter, hätten
sie die späteren Erleichterungen von Anfang an gekannt, ebenfalls an der Vergabe
beteiligt und ein Angebot abgegeben hätten, kann von einem chancengleichen und
transparenten Vergabeverfahren nicht mehr gesprochen werden.
Ein solcher Fall ist aber vorliegend nicht gegeben. Dass im Verzicht auf den
„Berufshaftpflichtversicherungsdeckung“ ein so deutliches Herabsetzen der
Eignungsnachweise liegt, dass eine Diskriminierung potenzieller Bieter zu befürchten
wäre, könnte nur angenommen werden, wenn es für den jeweiligen Bieter eine
Schwierigkeit darstellte, eine tatsächlich bestehende Versicherung von seinem
Versicherer auch bestätigt zu bekommen. Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt. Eine ganz
andere Frage ist es – und insoweit geht der Hinweis der Beigeladenen zu diesem Punkt
ins Leere – wie der Verzicht auf das Bestehen einer solchen Versicherung selbst zu
beurteilen wäre.
Offen bleiben kann, ob – wie der Antragsgegner meint – eine Herabsetzung der
Anforderungen an die Vorlage von Eignungsnachweisen spätestens in den
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Anforderungen an die Vorlage von Eignungsnachweisen spätestens in den
Vergabeunterlagen enthalten sein muss oder ob dies noch zu einem späteren Zeitpunkt
erfolgen kann. Denn vorliegend interpretierte der Antragsgegner mit der in der
Bieterinformation Nr. 6 gegebenen Antwort die in den Vergabeunterlagen gestellten
Anforderungen und machte die Antwort damit zu ihrem Gegenstand.
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die er den Bietern in den „Bieter-Informationen Nr. 6“ gegeben hat, darauf verzichtete,
dass ihm der Versicherungsnachweis – wie ursprünglich gefordert – bereits mit dem
Angebot vorgelegt werden müsse. Soweit der Antragsgegner die insoweit gestellten
Fragen in der Folge auch die darauf gegebenen Antworten anders verstehen will,
überzeugt das den Senat nicht; auch die Beigeladene geht in ihrer Stellungnahme im
Übrigen von einem mindestens missverständlichen Hinweis zu der Frage aus, zu
welchem Zeitpunkt der Versicherungsnachweis vorgelegt werden müsse.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bezieht sich die Frage zum
Zeitpunkt der Vorlage der Nachweise nicht allein auf den Managementvertrag. Das gilt
schon deshalb, weil dieser – für sich betrachtet – klar ist und insoweit keinen Anlass für
eine Frage bot: Der Abschluss einer angemessenen Haftpflichtversicherung war nach
dem Vertrag „unverzüglich nach der Unterzeichnung dieses Vertrages“ nachzuweisen.
Damit konnte sich in der Tat ein Widerspruch zur Vergabebekanntmachung und den
Vergabeunterlagen ergeben, nach denen dieser Nachweis bereits mit der Abgabe des
Angebots vorgelegt werden musste. Anders, als es der Antragsgegner jetzt andeutet,
war der nach § 34 des Management-Vertrages geforderte Nachweis auch nicht etwa von
vornherein ein „aliud“ zu dem in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen
geforderten Nachweis, etwa weil er sich etwa auf die gesamte Vertragslaufzeit zu
beziehen gehabt hätte. Die Vertragsregelung fordert lediglich die Vorlage eines
Nachweises über ein bestehendes Versicherungsverhältnis und erlegte es seinem
Vertragspartner weiter auf, die Haftpflichtversicherung während der Laufzeit des
Vertrages aufrecht zu erhalten.
Jedenfalls hatte es der Antragsgegner auf die Frage, die die beiden
unterschiedlichen Zeitpunkte der Vorlage der Nachweise thematisierte, in der Hand,
klarzustellen, dass für ihn beide Zeitpunkte nebeneinander relevant waren. Beschränkte
er sich bei seiner Antwort darauf mitzuteilen, dass es insoweit auf den Zeitpunkt des
Managementvertrages ankomme, gilt allein dieser Zeitpunkt. Früher erhobene
weitergehende Forderungen hatte der Antragsgegner damit verändert. Entscheidend für
das Verständnis der Antwort ist insoweit die gestellte Frage. Bezieht sich diese auf zwei
unterschiedliche Zeitpunkte für die Vorlage des Nachweises und wird in der Antwort dann
einer der beiden Zeitpunkte als verbindlich benannt, soll allein dieser gelten. Anders
konnten die Bieter das bei einer – hier folgt der Senat dem Antragsgegner – am
objektiven Empfängerhorizont auszurichtenden Auslegung nicht verstehen. Dass
sämtliche Bieter insoweit – wie auch immer geartete – „Nachweise“ vorgelegt haben,
widerspricht dem nicht. Immerhin waren sie ursprünglich gefordert worden und später –
jedenfalls im Erfolgsfall, in dem es zum Vertragsabschluss kam, ohnehin vorzulegen.
Gegen dieses Ergebnis lässt sich von vornherein nicht mit Erfolg allein mit der
systematischen Stellung der Antwort in der Bieterinformation Nr. 6 argumentieren. Aber
auch in sich überzeugt die Argumentation nicht. Es trifft zwar zu, dass sich die
Überschrift zu Frage/Antwort Nr. 1 der Bieter-Information Nr. 6 ausdrücklich auf „mit
dem Angebot einzureichenden Unterlagen“ bezieht. Daraus folgt aber nicht zwingend,
dass nicht auch noch an anderer Stelle einzureichende Nachweise behandelt werden
konnten, zumal sich die zitierte Frage/Antwort Nr. 1 nur auf zum Management –Vertrag
einzureichende Anlagen bezieht.
Schließlich vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, was sich aus dem Hinweis
des Antragsgegners auf Frage und Antwort Nr. 2 aus der Bieterinformation Nr. 4 für die
von ihm vertretene Auslegung der Antwort zu Nr. 14 der Bieterinformation Nr. 6 ergeben
soll. Es ist nicht ersichtlich, dass der ebenfalls von der Antragstellerin gestellte Frage, die
in Nr. 2 in der Bieterinformation Nr. 4 wiedergegeben ist, die Annahme zugrunde liegt,
dass der Versicherungsnachweis mit dem Angebot eingereicht werden soll. Die Frage
bezieht sich allein auf die mit der Versicherung abzudeckenden Risiken. Selbst wenn
dem Antragsgegner aber zu folgen wäre, konnte die Unsicherheit der Antragstellerin
über den Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnachweis vorzulegen sei, auch erst nach
Stellung der in der Bieterinformation Nr. 4 beantworteten Frage entstanden sein. Diese
Unsicherheit jedenfalls war es, die zu der Frage führte, die der Antragsgegner schließlich
zu Nr. 14 der Bieterinformation Nr. 6 beantwortet hat.
Aber selbst wenn der Senat dem Antragsgegner folgen würde und in seiner
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Aber selbst wenn der Senat dem Antragsgegner folgen würde und in seiner
Antwort auf Frage 14 der Bieterinformation Nr. 6 keinen Verzicht auch die Vorlage eines
Versicherungsnachweises bereits mit dem Angebot erkennen würde, war ihm jedenfalls
ein sofortiger Ausschluss des Angebots der Antragstellerin nicht möglich, weil sie den
Versicherungsnachweis nicht schon mit dem Angebot vorgelegt hatte. Denn die von ihm
gegebene Antwort in der Bieterinformation Nr. 6 war jedenfalls missverständlich. Ein auf
dieses Missverständnis auch nur zurückführbar unvollständig gebliebenes Angebot
konnte der Antragsgegner nicht ausschließen, ohne mit dem Ausschluss gegen den
Rechtssatz zu verstoßen, nach dem nur die Nichtbefolgung einer vom Auftraggeber
unzweideutig und unmissverständlich aufgestellten und von einem fachkundigen Bieter
so zu verstehenden Forderung nach einer Einreichung von Unterlagen zum Anlass
genommen werden darf, das betreffende Angebot von der weiteren Wertung
auszuschließen. Verbleibende Unklarheiten gehen dagegen zu Lasten des öffentlichen
Auftraggebers (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2007 – VII Verg 34/07
– Rn. 52 zitiert nach juris). Inwieweit es dem Antragsgegner oblegen hätte, insoweit
aufklärende „Verhandlungen“ nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A zu führen, kann offen
bleiben, weil der Antragsteller solche „Verhandlungen“ ungeachtet der unverzüglich
erhobenen Rüge, in der sich die Antragstellerin von Anfang an auf einen von ihr
angenommenen Verzicht auf den Nachweis gestützt hat, nicht geführt und der
Antragstellerin keine Gelegenheit zum Nachreichen das Nachweises gegeben hat.
bb) Fehlende Bezeichnung von verantwortlichen Personen
Auch soweit sich der Antragsgegner darauf gestützt hat, dem Angebot der
Antragstellerin fehlten die Namen und beruflichen Qualifikationen der Personen, die für
die Ausführung der jeweils zu erbringenden Dienstleistungen verantwortlich seien, trägt
auch dies einen Ausschluss des Angebots wegen Unvollständigkeit nach § 25 Nr. 1 Abs.
2 a) VOL/A nicht.
Zwar stellt die Bekanntmachung der Ausschreibung vom 23. Dezember 2008 eine
entsprechende Anforderung an die Angebote in Ziffer III. 3.2). Wie auch die
Vergabekammer nicht verkennt, wird diese Anforderung aber im Schreiben des
Antragsgegners vom 23. Dezember 2008, in dem er die Antragstellerin zur Abgabe
eines Angebots auffordert, nicht wiederholt. Soweit die Beigeladene hierzu die
Auffassung vertreten hat, anders als bei der Frage des Versicherungsnachweises könne
das schlichte Weglassen einer in der Bekanntmachung noch erhobenen Anforderung an
das Angebot nicht als Verzicht darauf und als „Abmilderung“ der vom Antragsgegner
insoweit für ein formell ordnungsgemäßes Angebot aufgestellten Voraussetzungen
gewertet werden, kann das für die Entscheidung offen bleiben. Auch unabhängig davon,
ob sich auch insoweit von einem Verzicht ausgehen lässt, hat der Antragsgegner durch
Widersprüche in seinen Unterlagen Unklarheiten hinsichtlich der mit dem Angebot
einzureichenden Unterlagen entstehen lassen. Wie bereits zu aa) a.E. ausgeführt darf
nur die Nichtbefolgung einer vom Auftraggeber unzweideutig und unmissverständlich
aufgestellten und von einem fachkundigen Bieter so zu verstehenden Forderung nach
einer Einreichung von Unterlagen zum Anlass genommen werden, das betreffende
Angebot von der weiteren Wertung auszuschließen. Verbleibende Unklarheiten gehen
dagegen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom
12. Dezember 2007 – VII Verg 34/07 – Rn. 52 zitiert nach juris). Ob die „Öffnungsklausel“
(gegebenenfalls sind dem Angebot weitere Unterlagen und Informationen beizufügen…)
am Ende von Nr. 11 a) des Aufforderungsschreibens es dem Antragsgegner gestattet
hätte, auf weitergehend in der Bekanntmachung geforderte Unterlagen
zurückzukommen, kann dahinstehen, weil er dies nicht getan hat.
Anders als bei der Entscheidung des OLG Celle (Beschluss vom 31. Juli 2008 – 13
Verg 3/08) –, auf die sich insbesondere die Beigeladene für ihre abweichende
Entscheidung gestützt hat, ergab sich aus der Abweichung zwischen Ausschreibung und
Bekanntmachung vorliegend auch eine solche Unklarheit, weil objektiv nicht mehr
eindeutig war, ob der Antragsgegner an der namentlichen Bezeichnung der
verantwortlichen Mitarbeiter und ihrer beruflichen Qualifikationen noch festhalten wollte.
In dem Fall, den das OLG Celle zu beurteilen hatte, wurde von den potenziellen
Bietern, die in einem bestimmten Geschäftsbereich noch keine vergleichbaren Arbeiten
ausgeführt hatten, in der Bekanntmachung verlangt, mit der Anforderung der
Ausschreibungsunterlagen „entsprechende Leistungsnachweise“ zu erbringen. Das OLG
sah in der Nicht-Wiederholung dieser Anforderung in den Ausschreibungsunterlagen und
im Übersenden der Unterlagen auch an Bieter, die die zuvor geforderten
Leistungsnachweise nicht erbracht hatten, keinen Verzicht auf die zunächst gestellten
Anforderungen.
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Der vom OLG Celle zu entscheidende Fall unterscheidet sich damit in zwei
wesentlichen Punkten vom vorliegenden Sachverhalt. Zum einen waren die
Leistungsnachweise bereits mit der Abforderung der Ausschreibungsunterlagen
vorzulegen. Insoweit konnten sich die Ausschreibungsunterlagen nach dem Aufbau des
dortigen Vergabeverfahrens von vornherein nicht zu den vorzulegenden
Leistungsnachweisen verhalten, weil diese entweder schon vorlagen oder aber – weil das
betreffende Unternehmen bereits in dem genannten Geschäftsbereich tätig gewesen
war – insgesamt nicht vorgelegt werden mussten. In diesem Fall wäre es sogar
widersprüchlich gewesen, wenn der dortige Auftraggeber die Vorlage der bereits in der
Bekanntmachung geforderten Unterlagen in den Vergabeunterlagen wiederholt hätte.
Ein zweiter Unterschied liegt darin – und auch darauf hat das OLG Celle entscheidend
abgestellt –, dass sich aus einem lediglich tatsächlichen Verhalten der Vergabestelle
schwerlich auf einen vollständigen Verzicht auf die Vorlage jedweder Leistungsnachweise
schließen lässt (vgl. a.a.O., Rn. 44 zitiert nach juris).
Im Hinblick auf beide Umstände liegt der vorliegend zu beurteilende Fall anders und
auch das OLG Celle hat in jedenfalls einer späteren Entscheidung (vgl. Beschluss vom 2.
Oktober 2008 – 13 Verg 4/08 – ) auch formell unvollständige Angebote nach dem
Gedanken von Treu und Glauben für unter bestimmten Voraussetzungen für
wertungsfähig gehalten.
Zunächst waren die Nennung der verantwortlichen Mitarbeiter und ihre berufliche
Qualifikation vorliegend nicht schon Voraussetzung dafür, die Vergabeunterlagen
überhaupt erhalten zu können. Dies war nach Ziffer IV. 3.3) der Bekanntmachung allein
davon abhängig, dass ein Betrag von 350,00 EUR gezahlt und der Anforderung der
Unterlagen ein entsprechender Zahlungsnachweis beigefügt wurde. Insofern war es hier
nicht etwa von vornherein sinnlos, diese Anforderung bei den Mindestbedingungen, die
der Antragsgegner an ein formell ordnungsgemäßes Angebot stellte, zu wiederholen.
Denn die Angaben – anders will auch der Antragsgegner seine Bekanntmachung nicht
verstanden wissen – waren erst mit der Abgabe des Angebots zu machen.
Auch ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, ob der Antragsgegner durch
bloßes Nicht-Wiederholen der entsprechenden Anforderung auf die Vorlage
Nachweise zur Leistungsfähigkeit verzichtet hat. Vielmehr zählte er in Nr. 11 des
Aufforderungsschreibens zur Angebotsabgabe im Einzelnen „Unterlagen und
Informationen“ auf, die mit dem zu unterschreibenden Angebot mindestens eingereicht
werden müssten. Zu den unter Buchstabe b) aufgeführten Eignungsnachweisen sind auf
mehr als einer Seite zahlreiche Unterlagen und Informationen genannt, ohne dass die
Angabe der Namen und Qualifikationen der verantwortlichen Mitarbeiter darunter wären.
Angesichts des Umfangs der der im Übrigen verlangten Nachweise, war es aus der
objektiven Sicht eines Bieters auch keineswegs von vornherein ausgeschlossen, dass
der Antragsgegner diese Angaben für ein ordnungsgemäßes Angebot nicht mehr
verlangte. Das Aufforderungsschreiben wich nicht so erheblich von der Bekanntmachung
ab, dass etwa eine Obliegenheit der Bieter zur Nachfrage ausgelöst worden wäre.
Naturgemäß konnte sich die Anforderung zur Benennung der für die Ausführung „der
betreffenden Dienstleistung“ Verantwortlichen nur auf diejenigen beziehen, die beim
jeweiligen Bieter für die Durchführung des Vertrages vorgesehen waren. Ob diese dann –
bei einem sich wie vorliegend hinziehenden Vergabeverfahren dann auch nach
Abschluss des Vertrages auch tatsächlich und vor allem über die gesamte Laufzeit des
Vertrages (7 Jahre + dreijährige Option!) zum Einsatz gelangen würden, ließ sich
ersichtlich nicht vorhersagen. Der Anforderung nach Namen und Qualifikation der
verantwortlichen Mitarbeiter kommt danach bei weitem nicht die Bedeutung zu, die ihr
die Beigeladene zumessen will.
Mit Rücksicht auf den zuletzt genannten Umstand standen auch hier weder der
Transparenz- noch der Gleichbehandlungsgrundsatz einem möglichen Verzicht des
Antragsgegners entgegen. Die Anforderung hatte kein solches Gewicht, dass potenzielle
Mitbieter sich deswegen gegen eine Teilnahme an der Vergabe entschieden und die
Ausschreibungsunterlagen nicht angefordert hätten. War lediglich die Angabe von
verantwortlichen Personen gefordert, „die für die Ausführung der betreffenden
Dienstleistung verantwortlich sein sollen“, wird lediglich auf eine entsprechende Absicht
des Auftragnehmers abgestellt. Dass er dieses Personal überhaupt schon vertraglich
gebunden vorhalten müsste, ergibt sich nicht.
Mit seiner Rechtsauffassung erschwert der Senat dem Antragsgegner auch die
Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht unangemessen. Dieser hatte es vielmehr
der Hand, die Unterlagen insgesamt klar und widerspruchsfrei zu gestalten und dafür zu
sorgen, dass die Ausschreibungsunterlagen mindestens die Anforderungen enthielten,
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sorgen, dass die Ausschreibungsunterlagen mindestens die Anforderungen enthielten,
die auch in der am selben Tage verfassten Bekanntmachung enthalten waren. Gerade
mit Rücksicht darauf, dass das Aufforderungsschreiben zur Angebotsabgabe zu Nr. 11
tabellarisch Unterlagen und Informationen aufstellte, die mindestens einzureichen
waren, konnte sich ein Bieter, jedenfalls wenn er nicht noch nachträglich etwa unter
Bezugnahme auf die „Öffnungsklausel“ am Ende von Nr. 11 und in der Bekanntmachung
geforderte zusätzliche Unterlagen oder Nachweise weitergehende Aufforderungen
erhielt, darauf verlassen, mit der Einhaltung der genannten Mindestanforderungen habe
er ein in formeller Hinsicht ausreichendes Angebot abgegeben. Dies gilt insbesondere
mit Rücksicht auf den Umfang des Aufforderungsschreibens und der
Verdingungsunterlagen: Angesichts eines 26-seitigen Aufforderungsschreibens, dem 12
Anlagen beigefügt waren – insgesamt mehr als 600 Seiten – war es den Bietern nicht
zuzumuten, diese Unterlagen vor Erstellung des Angebots zunächst darauf
durchzuarbeiten, ob sich Lücken zur ursprünglichen Bekanntmachung ergaben.
Dabei kommt es nicht darauf an, dass § 17 Nr. 3 Abs. 1 VOL/A nur davon spricht,
dass das Aufforderungsschreiben zur Angebotsabgabe alle Angaben enthalten müsse,
Angebots notwendig sind und sich das Aufforderungsschreiben nach dieser Vorschrift
möglicherweise auch nicht von vornherein als eine vom Bieter abzuarbeitende
„Checkliste“ verstehen lässt. Das ändert aber nichts daran, dass der Antragsgegner das
Aufforderungsschreiben – wie gerade dargelegt – vorliegend genau so ausgestaltet hat.
Im Übrigen nimmt § 17 Nr. 3 Abs. 1 VOL/A gerade nicht auf die Bekanntmachung Bezug,
die neben dem Aufforderungsschreiben von besondere Bedeutung sei.
Die Möglichkeit, dass der Antragsgegner auf die Bezeichnung der verantwortlichen
Personen nicht mehr fordern würde, schied für die Bieter auch nicht mit Rücksicht darauf
aus, dass das Aufforderungsschreiben – wie die Beigeladene argumentiert – auf den
„Grundfall“ zugeschnitten sei, dass eine natürliche Person als Bieter auftrete. Fungiere
demgegenüber aber eine juristische Person als Bieter, seien nicht anders als etwa bei
einer Bietergemeinschaft naturgemäß ergänzende Unterlagen vorzulegen.
Abgesehen davon, dass es bei Aufträgen der vorliegenden Komplexität und dem
gegebenen Umfang mindestens fern liegt, dass sich natürliche Personen um den
Auftrag bemühen (vorliegend hat – soweit ersichtlich – nicht eine natürliche Person auch
nur Interesse an der Auftragserteilung gezeigt), entfiele das Interesse des Auftraggebers
an der Benennung der verantwortlichen Personen auch bei der Bewerbung eines
einzelkaufmännisch geführten Unternehmens nicht, weil auch dieses arbeitsteilig
arbeiten und einzelne Personen die Verantwortung für die verschiedenen Teilbereiche
des Auftrags übernehmen müssten.
Nach alledem hat der Antragsgegner in seinem Aufforderungsschreiben die
Mindestbedingungen für ein formell ordnungsgemäßes Angebot ausdrücklich als solche
bezeichnet. Hierauf konnte sich die Antragstellerin jedenfalls zunächst verlassen. Ob die
„Öffnungsklausel“ es dem Antragsgegner gestattet hätte, auf weitergehend in der
Bekanntmachung geforderte Unterlagen zurückzukommen kann dahinstehen, weil er
dies nicht getan hat.
cc) Referenzobjekte
Schließlich konnte auch die vom Antragsgegner beanstandete Unvollständigkeit der
Referenzprojekte den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin nach § 25 Nr. 1 Abs.
2 a) VOL/A nicht begründen. Ihr Angebot enthielt auch insoweit die geforderten Angaben
und Erklärungen. Nachdem die Verfahrensbeteiligten zur Begründung des Senates in
dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss keine Stellung
genommen bzw. auf ihre frühere Argumentation verwiesen haben, nimmt der Senat
auch in diesem Verfahren auf die Begründung Bezug:
Das Angebot der Antragstellerin ist weder – worauf sich der Antragsgegner im
Vergabevermerk allein gestützt hat – auszuschließen, weil die Antragstellerin nicht für
jeden der von ihr genannten Referenzaufträgen den jährlichen Auftragswert angegeben
hat, noch kann ihr Angebot im Hinblick auf die Referenzaufträge als derart
unübersichtlich angesehen werden, dass es mangels Vergleichbarkeit mit den anderen
Angeboten als unvollständig zu behandeln ist.
Nachdem der Antragsgegner den Bietern keine Mindestanzahl von anzugebenden
Referenzaufträgen vorgegeben hat, kann das Angebot nicht als im Sinne von § 25 Nr. 1
Abs. 2 a) VOL/A unvollständig angesehen werden, wenn bei einigen der angeführten
Referenzaufträgen die Angabe des jährlichen Auftragswertes fehlt. Jedenfalls solange –
wie es für den Referenzauftrag „Öffentliche Beleuchtung Geschäftsmodell Berlin“ außer
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wie es für den Referenzauftrag „Öffentliche Beleuchtung Geschäftsmodell Berlin“ außer
Frage steht – nur ein Referenzauftrag die formellen Anforderungen der Ausschreibung
erfüllt, kann das Angebot nicht als formell unvollständig angesehen und bereits
deswegen von der weiteren Wertung ausgeschlossen werden (weitergehend: OLG Celle,
Beschluss vom 24. Februar 2004 – 13 Verg 3/04 – BeckRS 2004 05848, unter II. 1.: kein
Ausschluss auch bei gänzlichem Fehlen von Referenzen, wenn die Vorlage von
Referenzen nicht deutlich als Mindestanforderung bezeichnet wird). Sind bei den übrigen
Referenzaufträgen – was der Senat vorliegend nicht abschließend zu klären hat – die
vom Antragsgegner vorgegebenen formellen Anforderungen nicht erfüllt, führt das
allenfalls dazu, dass sie bei der vom Auftraggeber vorzunehmenden materiellen Prüfung
der Geeignetheit der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden können (vgl. zur
Unterscheidung von formaler und materieller Eignungsprüfung: OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 26. November 2008 – Verg 54/08 – BeckRS 2009 05998, unter II. 2. und
3).
Dass der Antragsgegner seine Anforderungen im Plural formuliert hat, führt auch
nicht etwa dazu anzunehmen, dass mindestens zwei formell einwandfreie
Referenzaufträge zu nennen gewesen wären. Zum einen hätte es dem Antragsgegner,
der sich im Übrigen darauf auch nicht berufen hat, insoweit oblegen, dies klar und
eindeutig als Mindestanforderungen zu definieren. Zum anderen spricht die
Ausschreibung insoweit insgesamt von den wesentlichen Leistungen, die innerhalb der
letzten drei Jahre erbracht worden seien. Diese können damit auch im Rahmen eines
einzigen Auftragsverhältnisses erbracht worden sein. Im Übrigen hat auch die Beigelade
nur einen Referenzauftrag genannt.
Durch die Nennung von Referenzaufträgen, von denen einige offenbar auch nach
Auffassung der Antragstellerin nicht den Anforderungen Ausschreibung genügen, ist das
Angebot der Antragstellerin auch nicht in einer Weise unübersichtlich geworden, die die
Vergleichbarkeit mit anderen Angeboten schwerwiegend beeinträchtigen würde.
Allerdings ist es anerkannt, dass ein unvollständiges und mit Rücksicht darauf nach § 25
Nr. 1 Abs. 2 a) VOL/A auszuschließendes Angebot auch dann vorliegen kann, wenn es
die geforderten Angaben zwar enthält, diese sich aber so ungeordnet in den
Angebotsunterlagen befinden, dass sich das Angebot mit den Angeboten von
Mitbewerbern mit zumutbarem Aufwand nicht vergleichen lässt (vgl. Dittmann in Kulartz
u.a., a.a.O., § 25 Rn. 86 a.E.). Das ist in der Rechtsprechung im Regelungsbereich der
VOB/A etwa dann angenommen, wenn geforderte Hersteller und Typenangaben nicht in
die dafür vorgesehenen Listen eingetragen wurden und sich technische Daten zu mehr
als 400 Leistungspositionen auf sonstigen Blättern des Angebots befanden (vgl. OLG
Jena, Beschluss vom 20. Juni 2005 – 9 Verg 3/05 –; Rn. 35 ff zitiert nach juris) oder sich
der Bieter nicht an die ihm vorgegebene Gliederung der Vergabestelle gehalten hat (vgl.
OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 8. Februar 2005 – 11 Verg 24/04 – Rn. 115 ff zitiert
nach juris).
Davon kann hinsichtlich der von der Antragstellerin eingereichten Referenzliste keine
Rede sein. In der Übersicht über den Inhalt ihres Angebots verwies die Antragstellerin
wegen der Referenzliste auf Ziffer 6 des Angebots. Dem sechsten Abschnitt ihres
Angebots stellte sie wiederum ein Inhaltsverzeichnis voran, in dem sie zu den Ziffern 1 –
16 einzelne Projekte nannte. Den dazu beigefügten Anlagen stellte sie ein
Anlagenverzeichnis voran, in dem vier Bestätigungsschreiben genannt wurden, die sich
anschließend im Angebot befinden. Eines dieser Bestätigungsschreiben bezieht sich auf
ein Projekt, das sich nicht unter den 16 Kurzvorstellungen befindet.
Diese eingereichte Liste nebst Bestätigungen setzte den Antragsgegner ohne
weiteres in den Stand, die genannten Referenzaufträge mit zumutbarem Aufwand auf
ihre Vergleichbarkeit zu überprüfen. Nachdem der Antragsgegner – wie bereits dargelegt
– insoweit keine Mindestanzahl vorgegeben hatte, reichte bereits ein vergleichbares
Referenzobjekt aus, um das Angebot als vollständig anzusehen. Insoweit sieht der
Antragsgegner selbst das unter der laufenden Nummer 1 genannte Objekt einschließlich
der insoweit eingereichten Bestätigung als ausreichend an.
2.
Nichtausschluss des Angebots der Beigeladenen rügt. Insoweit ist ihr
Nachprüfungsantrag zulässig aber nur insoweit begründet, als die bislang erfolgte
Wertung des Angebots der Beigeladenen zu beanstanden ist. Dagegen ist der
Antragsgegner nicht verpflichtet, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen.
a)
aa)
unterbliebenen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen setzt die Möglichkeit voraus,
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unterbliebenen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen setzt die Möglichkeit voraus,
dass die Rechte der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren dadurch verletzt worden
sein können, §§ 107 Abs. 2, 97 Abs. 7 GWB. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Denn bei
einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen ergibt sich für die Antragstellerin die
Möglichkeit, den Auftrag zu erhalten, so dass der unterbliebene Ausschluss der
Beigeladenen zu einem Schaden der Antragstellerin führen kann.
Dies ist nach den Erörterungen zu 1. schon deswegen der Fall, weil der
Antragsgegner das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht ausgeschlossen und
weitergehend zu werten hat. Bei dem von der Antragstellerin verlangten Ausschluss des
Angebots der Beigeladenen verbliebe ihr Angebot als einziges in der Wertung. Auf die
vom Antragsgegner im Lauf des Nachprüfungsverfahrens aufgeworfene Frage der
fehlenden Eignung der Antragstellerin kommt es insoweit ebenso wenig an, wie auf die
Frage, wie realistisch eine Auftragsvergabe bei Fortsetzung des Vergabeverfahrens ist.
Ausreichend ist insoweit bereits allein die Möglichkeit, dass sich die Chance der
Antragstellerin durch den behaupteten Vergabeverstoß verschlechtert hat (vgl. Dreher in
Immega/Mestmä-cker, GWB, 4. Aufl., § 107 Rn. 25). Daran kann vorliegend kein Zweifel
bestehen: Bei einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen erhält die
Antragstellerin als letzte verbliebene Bieterin entweder den Auftrag oder aber – bei
einem Ausschluss auch ihres Angebotes auf einer späteren Wertungsstufe – die
Ausschreibung ist nach § 26 Nr. 1 VOL/A mit der Folge aufzuheben, dass die
Antragstellerin bei fortbestehendem Beschaffungsinteresse im Rahmen einer neuen
Ausschreibung die Chance hat, den Auftrag zu erhalten. Dass ihr auch dieses mangels
Eignung von vornherein nicht möglich wäre, legt der Antragsgegner nicht dar.
bb)
Ausschluss des Angebots der Beigeladenen auch unverzüglich gerügt, § 107 Abs. 3 GWB
a.F., sobald ihr dies im Verlauf des Vergabeverfahrens bekannt geworden sind, § 107
Abs. 3 S. 1 GWB a.F. Im Einzelnen ist zwischen den einzelnen Gründen zu differenzieren:
Soweit sie sich für den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen auf den
beabsichtigten Zuschlag auf ein nicht hinreichend erläutertes „Unterpreisangebot“
stützt, oblag es der Antragstellerin nicht, diesen Umstand vor Einleitung des
Nachprüfungsverfahrens zunächst gegenüber dem Antragsgegner gesondert zu rügen.
Nichts anderes gilt, soweit sie geltend macht, der Antragsgegner habe das Angebot der
Beigeladenen wegen unzureichender Angabe der Kennzahl zur Energieeinsparung (so
genannter „Ke-Wert“) wegen Unvollständigkeit zu Unrecht nicht ausgeschlossen.
Sie konnte beide von ihr angenommenen Vergabeverstöße – wie geschehen – sofort
mit zum Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt ohnehin wegen weiterer von ihr gerügter
Vergabeverstöße beabsichtigten Nachprüfungsantrages machen. Verlangte man es der
Antragstellerin ab, neben dem wegen des Ausschlusses ihres Angebots ohnehin schon
beabsichtigten Nachprüfungsantrages parallel außerhalb dieses
Nachprüfungsverfahrens zunächst noch eine Rüge wegen des Nichtausschlusses des
Angebotes der Beigeladenen an den Antragsgegner zu richten, wäre dies eine unnötige
vom Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit nicht geforderte Förmelei. Der Zweck der
Vorschrift des § 107 Abs.3 GWB besteht darin, unnötige Nachprüfungsverfahren zu
vermeiden und dem Antragsgegner die Möglichkeit zu geben, dem Mangel vor Einleitung
eines Nachprüfungsverfahrens abzuhelfen (vgl. Dreher in Immenga/Mestmäcker, a.a.O.,
§ 107 Rn. 60, der allerdings irrtümlich auf vermeidbare „Vergabeverfahren“ abstellt,
insoweit aber ersichtlich Nachprüfungsverfahren meint). Nicht anders, als wenn ein
Mangel während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens erkannt wird, reicht es aus,
wenn ein Bieter noch nicht gerügte Mängel in einen ohnehin schon beabsichtigten
Nachprüfungsantrag aufnimmt und auf diese Weise gegenüber dem Auftraggeber
geltend macht. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Einreichung eines solchen Antrags
wegen der bereits gerügten Mängel unverzüglich nach Kenntnis weiterer noch nicht
gerügter Vergabeverstoßes erfolgt (vgl. zur nachträglichen Geltendmachung erst im
Nachprüfungsverfahren erkannter weiterer Mängel: Reidt in Reidt u.a., Vergaberecht, 2.
Aufl., § 107 Rn. 36 a; Dreher in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 107 Rn. 61).
Daran, dass die Antragstellerin die behaupteten Vergabeverstöße unverzüglich
geltend gemacht hat, besteht kein Zweifel, denn sie hat von den dieser Rüge zu Grunde
liegenden Tatsachen beim Bietergespräch am Mittwoch, den 20. Mai 2009 erfahren, das
nach der Vorabinformation vom 12. Mai 2009 und der Rüge ihres Ausschlusses vom 15.
Mai 2009 vereinbart worden war. Bei diesem Gespräch vermittelte ihr der Antragsgegner
im Einverständnis mit der Beigeladenen Kenntnis von der Höhe des von der
Beigeladenen angebotenen Preises. Weiter macht sie geltend, bei dieser Gelegenheit
erfahren zu haben, dass es der Beigeladenen nicht gelungen sei, den von ihr
angegebenen „Ke-Wert“ zu plausibilisieren. Wenn die Antragstellerin den
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angegebenen „Ke-Wert“ zu plausibilisieren. Wenn die Antragstellerin den
Nichtausschluss der Beigeladenen aus diesen Gründen in ihrem am gleichen Tage bei
der Vergabekammer eingegangenen Nachprüfungsantrag am Montag, den 25. Mai 2009
rügte, ist dies ohne weiteres als unverzüglich anzusehen. Stets ist dem Bieter, der
Kenntnis von einem Vergabeverstoß erlangt hat, noch eine ausreichende Zeit
einzuräumen, um die Sach- und Rechtslage zu prüfen, zu entscheiden, ob er die
erkannten Tatsachen zum Gegenstand einer Rüge machen will und schließlich die Rüge
auszuarbeiten (vgl. nur: Dreher in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 107 Rn. 52).
b)
der Antragsgegner verpflichtet ist, die Prüfung des „ungewöhnlich niedrigen Angebots“
der Beigeladenen nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A erneut vorzunehmen. Dagegen ist der
Antragsgegner nicht verpflichtet, das Angebot der Beigeladenen von der Wertung
auszuschließen.
aa)
eines unplausibel angegebenen „Ke-Wertes“ nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) VOL/A wegen
formeller Unvollständigkeit auszuschließen. Insoweit hatte der Antragsgegner in seiner
Bieterinformation Nr. 5 klargestellt, dass eine fehlende Plausibilität des im Hinblick auf
die beabsichtigten Energiesparmaßnahmen anzugebenden „Ke-Wertes“ (lediglich) dazu
führe, dass insoweit eine Bewertung mit 0 Punkten erfolge. Dies hat die Antragsstellerin
damals nicht gerügt und kann deswegen jetzt nicht geltend machen, unplausible
Angaben seien als nicht geschrieben zu behandeln und das Angebot wegen formeller
Unvollständigkeit auszuschließen. Der Antragsgegner hat sich hinsichtlich der nach
seiner Beurteilung unplausiblen Angaben an die von ihm gemachten Vorgaben gehalten
und das Angebot der Beigeladenen im Hinblick auf die Plausibilisierung des „Ke-Wertes“
mit 0 Punkten bewertet. Ausschließen musste er es deswegen nicht.
bb)
ungewöhnlich niedrig bewertet hat und die darauf gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
durchgeführte Überprüfung vergaberechtlich zu beanstanden ist, führt nicht dazu, dass
er das Angebot der Beigeladenen ausschließen muss. Insoweit hat der
Nachprüfungsantrag aber insofern Erfolg, als der Antragsgegner zur Wiederholung dieser
Überprüfung verpflichtet ist.
Der Antragsgegner hat den von der Beigeladenen angebotenen Preis selbst als
ungewöhnlich niedrig bewertet und daraufhin eine Überprüfung des Angebots nach § 25
Nr. 2 Abs. 2 VOL/A durchgeführt. Von dieser Einstufung des Angebotspreises geht auch
der Senat aus, denn soweit ersichtlich hat niemand dagegen Einwände erhoben und
auch sonst ist für eine Verletzung des dem Antragsgegners insoweit zuzugestehenden
Beurteilungsspielraums nichts ersichtlich. Tritt ein Auftraggeber aber in diese Prüfung
ein, oblag es ihm – zunächst vor allem im eigenen Interesse – die Gründe dafür
aufzuklären und nachzuvollziehen. Erst dann erst kann er gegebenenfalls weiter prüfen,
ob der Bieter für seine Preisgestaltung stichhaltige und nicht aus übergeordneten
Gesichtspunkten zu beanstandende Gründe hat, oder aber, ob die angebotenen Preise
nicht in diesem Sinne schlüssig gemacht werden konnten und das Angebot deswegen
auszuschließen ist (vgl. Noch in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 25 Rn. 259 f). Eine solche
Prüfung ist vorliegend ausweislich des Vergabevermerks nicht ordnungsgemäß erfolgt (
(1)
Schutzwirkung für dritte Bieter, die um den Auftrag mit dem zu überprüfenden Angebot
(2)
(1)
maßgeblich auf der Höhe der von ihr kalkulierten Vergütung für das
Betriebsmanagement. Deswegen hat der Antragsgegner seine Prüfung auch zu Recht
auf diesen Einzelposten bezogen (vgl. Dicks in Kulartz, a.a.O., § 25 Rn. 136). Bei seiner
Überprüfung hat er aber ausweislich des Vergabevermerks die von der Beigeladenen in
diesem Zusammenhang zu Grunde gelegte Zusatzvergütung nach § 26 des
Managementvertrages nicht betrachtet, das Angebot aber dennoch als „angemessen“
angesehen. Demzufolge hat er auch nicht in Betracht gezogen, inwieweit ein sich bei
einer vollständigen Prüfung möglicherweise ergebendes „Unter-Kosten-Angebot“
aufgrund der dann zu treffenden Prognoseentscheidung (vgl. dazu Dicks in Kulartz,
a.a.O., § 25 Rn. 140) trotzdem „bezuschlagungsfähig“ ist. Der bloße – offenbar als
Hilfserwägung – in den Vergabevermerk aufgenommene Hinweis, angesichts der
wirtschaftlichen Stärke der Beigeladenen sei selbst dann, wenn nicht kostendeckend
kalkuliert worden sei, nicht zu erwarten, dass die Beigeladene infolge des
streitgegenständlichen Auftrages in Insolvenzgefahr gerate, reicht insoweit nicht aus,
zumal der Antragsgegner aufgrund der vorliegend gegebenen Umstände auch in den
Blick zunehmen hatte, dass er mit einer Auftragserteilung nicht seine Verpflichtung,
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Blick zunehmen hatte, dass er mit einer Auftragserteilung nicht seine Verpflichtung,
wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, verletzte, §
2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A.
(a)
Preis maßgeblich auf der Höhe der erwarteten Zusatzvergütung. Auf das Schreiben des
Antragsgegners vom 28. April 2009, mit dem er die Beigeladene aufforderte, die
ungewöhnlich niedrigen Preise zunächst schriftlich und mündlich zu erläutern, reagierte
die Beigeladene zunächst mit Schreiben vom 4. Mai 2009. Sie erläuterte ihre Preise und
gab in diesem Zusammenhang Erklärungen für die Kalkulation der Entgelte für die
Vorbereitung der Leistungserbringung, die Managementleistungen, die Steuerung und
die Projektbauentgelte ab. Zu den Entgelten für die Managementleistungen führte sie
aus, dass sie durch Synergieeffekte mit bestehenden Geschäftstätigkeiten in Berlin und
Hamburg wesentliche Kosten vermeiden könne. Schon aufgrund dieser Effekte gelange
sie zu dieser Position zu einem Entgelt (folgend: „Entgelt A“), das unter dem
marktüblichen Entgelt liege. Von diesem ohnehin schon niedrigen Entgelt habe sie dann
noch kalkulatorisch die Zusatzvergütungen abgesetzt (folgend: „Abzug B“), die sie vom
Antragsgegner nach § 26 des Managementvertrages aufgrund der Durchführung
energiesparender Modernisierungsmaßnahmen erwarte. Hieraus ergebe sich das
schließlich genannte Gesamtentgelt, das nach dem Abzug nur noch etwa 42 % des
bereits unter dem Marktpreises liegenden „Entgelt A“ betrug.
In dem darauf am 5. Mai 2009 geführten Erläuterungsgespräch ließ die
Beigeladene gemäß dem Protokoll unter anderem darauf hinweisen, dass es sich auf ihr
Angebot kostendämpfend ausgewirkt habe, dass sie die Infrastruktur ihres Konzerns
nutzen könne. Auf den Vorhalt des Antragsgegners, die eingeplanten Modernisierungen,
die zu den Rückvergütungen nach § 26 des Managementvertrages führten, hingen von
der Höhe vom Land Berlin noch zur Verfügung zu stellender Mittel ab und könnten
deshalb nicht sicher kalkuliert werden, wiesen die Vertreter der Beigeladenen darauf hin,
dies könne durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden. Am Ende des
Erläuterungsgesprächs gelangten die Vertreter des Antragsgegners zu der Auffassung,
dass der Preis weiterhin nicht hinreichend erläutert sei. Der Beigeladenen wurde die
Möglichkeit zu einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme bis zum 7. Mai 2009
eingeräumt.
In einem 18-seitigen Schreiben vom 7. Mai 2009 erläuterte die Beklagte darauf
ihre Kalkulation ergänzend. Zu dem im Hinblick auf die Managementleistungen
kalkulierten Entgelt verweist sie ab Seite 8 dieses Schreibens wiederum auf ihre
Einbindung in den …-Konzern und auf Synergieeffekte, die noch nicht vollständig
„eingestellt“ gewesen seien und gelangt unter Berücksichtigung dieser Effekte zu einem
kalkulatorischen Entgelt, das praktisch (nämlich zu 99 %) dem zunächst kalkulierten
„Entgelt A“ entspricht. Anschließend nennt sie 3 Positionen, die ihr „eine weiter
verbesserte Angebotskalkulation“ ermöglichten und gibt insoweit zu Position 1 etwa 97
% der zunächst kalkulierten Zusatzvergütung gemäß § 26 des Managementvertrages
an. Zu den Positionen 2. und 3. nennt die Beigeladene weitere Einsparmöglichkeiten, die
in der Summe etwa die Hälfte der Position 1 ausmachen. Von diesen 50 % wiederum
entfallen allein 75 % auf die Position 3., die mit weiteren Synergie- und
Optimierungspotenzialen begründet wird, die bislang noch nicht eingestellt worden seien.
Setzt man das (geringste) Einsparpotenzial zu Position 2. gleich a, ergibt sich für die
Einsparpotenziale – gerundet – das folgende Bild.
1. Zusatzvergütung nach § 26 Managementvertrag: aa aa aa aa
2. Weiteres Einsparpotenzial
a
3. Weitere Synergie- und Optimierungspotenziale
aa a
Damit beruhte das von der Beigeladenen kalkulierte Entgelt für die von ihr zu
erbringenden Managementleistungen weiter auf der Zusatzvergütung gemäß § 26 des
Managementvertrages.
Hierauf hat sich die Beigeladene in ihrer ersten schriftlichen Erläuterung der
Kalkulation gestützt und hat daran im Grundsatz auch bei der mündlichen Erörterung
festgehalten, auch wenn sie auf den Vorhalt des Antragsgegners, dass der Umfang der
Modernisierung und damit auch die zu erzielenden Vergütungen nicht in ihrer Hand
lägen, relativierend auf weitere Einsparmöglichkeiten hingewiesen hat.
Diese hat sie in ihrer zweiten schriftlichen Stellungnahme zwar ergänzend
erläutert, geht aber zunächst unverändert von einer nach ihren Angaben bereits unter
den marktüblichen Preisen liegende Kalkulation des Entgelts A aus und nennt dann zu
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den marktüblichen Preisen liegende Kalkulation des Entgelts A aus und nennt dann zu
drei Punkten Einsparpotentiale, von denen die Höhe der Zusatzvergütung nach § 26
Managementvertrag nicht nur praktisch unverändert geblieben ist, sondern auch das
Doppelte der Summe der beiden jetzt zusätzlich genannten Einsparpotentiale erreicht.
Damit bleibt die Rückvergütung der entscheidende Faktor, zumal die Begründung der
übrigen nachträglich eingeführten Einsparpotenziale wenig überzeugend erscheint.
Soweit die Beigeladene auf Synergieeffekte und Effekte aus „Bau- und
Modernisierungsprogrammen“ verweist, die bislang „noch nicht betrachtet worden
seien“, ist das nicht nachvollziehbar. Es waren eben jene Effekte, mit denen sie schon
die Kalkulation des unter dem Marktpreis liegende Entgelt A begründet hatte. Sie wurden
im zweiten Erläuterungsschreiben mit dem Hinweis doppelt verwertet, dass es neue
Synergien gäbe, die man bislang „noch nicht betrachtet“ habe. Nachdem sich das
Entgelt A aber – wie dargelegt – infolge der Einsparpotenziale bereits von vornherein auf
ein Gesamtentgelt verringert hatte, das nur noch 42 % des schon unter dem Marktpreis
liegenden Entgelts A ausmachte, ist dieser Hinweis nicht überzeugend. Ersichtlich war
die Antragstellerin von vornherein darauf bedacht, knapp zu kalkulieren. Entdeckte sie
nach dem Hinweis des Antragsgegners in wenigen Tagen noch Einsparpotenziale
solchen Ausmaßes, musste sie etwaige Kalkulationsfehler im ersten Angebot konkret
darlegen.
War aber die Höhe der Zusatzvergütung der maßgebliche Grund dafür, dass der
von der Beigeladenen angebotene Preis so niedrig war, konnte der Antragsgegner den
ungewöhnlich niedrigen Preis nicht als erläutert ansehen, ohne sich mit der Frage der
Zusatzvergütung überhaupt befasst zu haben. Er hat demgegenüber im
Vergabevermerk vor allem auf fünf Gründe abgestellt, die bei ihm zur Überzeugung
geführt haben, dass insbesondere auch Kostenvorteile der Beigeladenen beim jährlichen
Entgelt für Managementleistungen gegeben seien, die das Entgelt als angemessen
erscheinen ließen. Diese Gründe erscheinen – worauf es entscheidend aber nicht einmal
ankommt – wenig überzeugend, weil einige davon bei anderen Bietern so genauso
gegeben sind und so jedenfalls nicht ohne weitere Erläuterung zur Begründung eines
ihnen gegenüber günstiger zu kalkulierenden Preis herangezogen werden können.
Entscheidend ist aber, dass er einen für die Höhe des Angebotspreises maßgeblichen
Umstand nicht betrachtet, auf den sich der betroffene Bieter gerade gestützt hatte.
Damit verletzte er den ihm grundsätzlich zustehenden und nur auf die Einhaltung seiner
Grenzen überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl. zu allem: Dicks in Kulartz, a.a.O., §
25 Rn. 140 m.w.N.; auch Noch in Müller-Wrede, a.a.O., § 25 Rn. 261).
Der Antragsgegner ist nur aufgrund eines Beurteilungsfehlers dazu gelangt, das
ungewöhnlich niedrige Angebot als erläutert und angemessen anzusehen. Wie sich aus
seinen eigenen Ausführungen zur vierten Wertungsstufe bei der Beurteilung des
Zuschlagskriteriums „Erzielbare Energieeinsparung bei der Modernisierung der
öffentlichen Beleuchtung“ ergibt, hält der Antragsgegner das von der Beigeladenen
vorgelegte Modernisierungskonzept selbst für nicht plausibel und hat es mit 0 Punkten
bewertet. Da aber die Kalkulation des Entgelts für Managementleistungen auf der
Umsetzung eben jenes Modernisierungskonzeptes beruht, weil sich ohne die
Verwirklichung des Konzepts die kalkulatorisch von der Beigeladenen nach wie vor zu
Grunde gelegten Rückvergütungsbeträge nach § 26 Managementvertrages nicht
erreichen lassen, hat die Beigeladene dem Antragsgegner entgegen seiner Bewertung
zur Stufe drei der Wertung diese Kalkulation nicht schlüssig begründet. Auf der dritten
Wertungsstufe sieht er, ohne dass sich der Vergabevermerk zur Problematik der
Rückvergütung überhaupt verhält, stillschweigend denselben Umstand als schlüssig
begründet an, mit dem er sich im Vergabevermerk auf der vierten Wertungsstufe von S:
40 bis S. 52 ausführlich auseinandersetzt und im Einzelnen darlegt, weshalb er die
Angaben der Beigeladenen für nicht plausibel hält.
(b)
nicht mehr dazu gelangt zu prüfen, ob der Beigeladenen – wenn sich nach
ordnungsgemäßer Prüfung ergeben sollte, dass sich das Angebot nicht als angemessen
darstellt – auch auf ein „Unter-Kosten-Angebot“ ein Zuschlag erteilt werden könnte.
Hierzu könnte er nach einer Prognose gelangen, nach der die Beigeladene zum
angebotenen Preis voraussichtlich gleichwohl zuverlässig und vertragsgerecht leisten
werde. Zusätzlich hätte er zu klären, inwieweit er mit einer Auftragserteilung trotz
fehlender Darlegung des Preises nicht gegen seine Verpflichtung,
wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, § 2 Nr. 1
Abs. 2 VOL/A, verstieße. Für die Annahme eines solchen Verstoßes gibt es vorliegend
eine Reihe von Anhaltspunkten, die der Antragsgegner im Rahmen des ihm insoweit
zustehenden Beurteilungsspielraums gegebenenfalls zu bewerten haben wird:
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So ist inzwischen weitgehend anerkannt, dass der Auftraggeber insoweit
Angebote ausschließen muss, die die Gefahr begründen, dass ein oder mehrere
bestimmte Mitbewerber vom Markt verdrängt werden (vgl. etwa OLG Düsseldorf, NZBau
2002, 626 ff (628); bestätigt im Beschluss vom 28.4.2008 – Verg 55/07 –). Hierfür hat die
Antragstellerin im laufenden Nachprüfungsverfahren eine Reihe von Umständen
vorgetragen, die der Antragsgegner gegebenenfalls zu beurteilen haben wird.
Weiter wird der Antragsgegner im Rahmen seiner Verpflichtung, gegen unlautere
Wettbewerbspraktiken vorzugehen, gegebenenfalls zu beurteilen haben, inwieweit es
insoweit zu beanstanden ist, dass die Unterpreisigkeit des Angebots eines
Unternehmens, dessen Leistungen im Rahmen des abzuschließenden
Managementvertrages auch dazu beitragen soll, dass das … seine selbst gesteckten
Energieeinsparungsziele erreicht, möglicherweise gerade darauf beruht, dass die in
Aussicht genommenen Vorhaben zur Energieeinsparung unplausibel sind und das sich
daraus ergebende Insolvenzrisiko gerade dadurch aufgefangen wird, dass das
Unternehmen dem gleichen Konzern angehört wie der Stromlieferant, dessen
Leistungen eingespart werden sollen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass diese Praxis
vielfach üblich zu sein scheint. Eine Vergabestelle, die in dieser Situation einem
unterpreisigen Angebot den Zuschlag erteilen will, muss sich mit den sich daraus für die
Auftragsdurchführung möglicherweise ergebenden Risiken auseinandersetzen.
(2)
ihres Angebots unmittelbar betroffenen Beigeladenen auf die Verletzung der
Prüfungspflichten durch den Antragsgegner berufen, weil sie dadurch in ihren Rechten
verletzt wird, § 97 Abs. 7 GWB. Dabei verkennt der Senat nicht, dass in der Literatur
teilweise darauf hingewiesen wird, die in § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A geregelte
Prüfungspflicht des Auftraggebers entfalte Schutzwirkung nur für den Bieter, dessen
Angebot nach einer solchen Überprüfung ausgeschlossen worden ist oder dem ein
solcher Ausschluss drohe (Dicks in Kulartz, a.a.O., § 25 Rn. 147). Abgesehen davon, dass
zur Frage des bieterschützenden Charakters von § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A auch andere
Auffassungen vertreten werden (vgl. Noch in Müller-Wrede, a.a.O., § 25 Nr. 270),
erscheint zweifelhaft, ob die zuerst genannte Auffassung tatsächlich so zu verstehen ist,
dass die Prüfungspflichten nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A für Konkurrenten ausnahmslos
nicht als bieterschützend angesehen werden können. Einer solchen Auffassung könnte
sich der Senat nicht anschließen.
Jedenfalls wenn die unterlassene Prüfung Umstände betraf, die – wären sie sie
geprüft und dann aufgrund eines Beurteilungsfehlers zu Lasten der Konkurrenten des
überprüften Angebots falsch beurteilt worden – von Mitbietern im
Nachprüfungsverfahren aufzugreifen gewesen wären, können diese auch rügen, dass
diese Umstände überhaupt nicht in Betracht gezogen wurden. Insoweit kann der
Rechtsschutz der Mitbieter nicht davon abhängen, welcher Art der Beurteilungsfehler ist,
der der Vergabestelle unterlaufen ist. Prüft und beurteilt sie einen Umstand unter
Überschreitung des ihr insoweit zustehenden Spielraums, wäre dies – jedenfalls unter
weiteren Voraussetzungen – im Nachprüfungsverfahren (dazu sogleich) geltend zu
machen. Trifft sie ihre Entscheidung ohne denselben überhaupt in Betracht zu ziehen,
kann das nicht anders sein.
Dass die zu Unrecht erfolgte Verneinung eines offenbaren Missverhältnisses
zwischen Leistung und Preis nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A oder die nach einer Prüfung
des Angebots nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu Unrecht beabsichtigte Auftragserteilung
jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen von konkurrierenden Mitbietern
angegriffen werden kann, ist inzwischen geklärt.
So ist weithin anerkannt, dass die Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A nicht
bloße Ordnungsvorschrift ist, die dem Interesse des Auftraggebers dient und ihn vor
allem davor bewahrt, auf unauskömmliche Angebote den Zuschlag erteilen zu müssen.
Sie hat vielmehr – unter im Einzelnen umstrittenen Voraussetzungen – auch
bieterschützenden Charakter (vgl. Stickler in Reidt u.a., a.a.O., § 97 Rn. 44 a.E.; Noch in
Müller-Wrede, a.a.O., § 25 Rn. 266ff und 462 ff).
In der Rechtsprechung ist der bieterschützende Charakter der Vorschrift
zunächst mitunter ohne weiteres bejaht worden (vgl. OLG Jena NZBau 2000, 349 ff (352)
und zur Parallelvorschrift des § 25 Nr. 3 Abs.1 VOB/A: OLG Celle, NZBau 2000, 105 f),
vgl. auch noch OLG Saarbrücken NZBau 2004, 117 ff (118)). Auch das Bayerische
Oberste Landesgericht hatte seine anfangs ablehnende Haltung dazu aufgegeben, und
jedenfalls einen möglichen drittschützenden Charakter der Vorschriften bejaht (vgl.
BayObLG, NZBau 2003, 105 ff (107)). Das OLG Düsseldorf hatte demgegenüber von
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BayObLG, NZBau 2003, 105 ff (107)). Das OLG Düsseldorf hatte demgegenüber von
vornherein darauf hingewiesen, dass die Vorschrift jedenfalls in erster Linie dem Schutz
des Auftraggebers und keinesfalls dem Schutz des Bieters vor seinem eigenen zu
niedrigen Angebot diene. Gegenüber der Annahme einer Schutzwirkung zu Gunsten
dritter Bieter hatte es zunächst deutliche Skepsis erkennen lassen, konnte die Frage
aber zunächst noch offen lassen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2001, 128 f (128)). Später
hat sich insoweit festgelegt und den schützenden Charakter der Vorschrift zu Gunsten
von Konkurrenten des Bieters lediglich insoweit bejaht, als den Auftraggeber die Pflicht
aus § 2 Nr. 1 Abs.2 VOL/A und aus § 2 Nr. 1 S. 3 VOL/A die Pflicht treffe,
wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen im Wettbewerb zu
bekämpfen. Er müsse deswegen Angebote ausschließen, die in der zielgerichteten
Absicht abgegeben wurden oder mindestens die Gefahr begründen, dass ein oder
mehrere bestimmte Mitbewerber vom Markt verdrängt werden. Außerdem seien solche
Unterkostenangebote auszuschließen, deren Ausführung den Bieter im konkreten
Einzelfall voraussichtlich selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen wird, so dass er
den Auftrag nicht vertragsgerecht ausführen kann (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2002,
626 ff (628); bestätigt im Beschluss vom 28.4.2008 – Verg 55/07 –). Dieser Auffassung
haben sich in der Folge die Oberlandesgerichte Koblenz (VergabeR 2005, 392 ff (402))
und Brandenburg (NZBau 2007, 332 ff (336)) angeschlossen und auch die
Oberlandesgerichte Celle (vgl. Beschluss vom 18.12.2003 – 13 Verg 22/03 –) und Jena
(Beschluss vom 5. Juni 2009 – 9 Verg 5/09 – scheinen dieser Auffassung zuzuneigen.
Das OLG München hält dagegen die Voraussetzungen, unter denen das OLG Düsseldorf
den bieterschützenden Charakter der Vorschrift annehmen will, für wenig praktikabel, hat
die Frage aber – soweit ersichtlich – bislang offen gelassen (vgl. NJOZ 2008, 2351 ff
(2353)).
Wie oben zu (1) (b) dargelegt, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass
eine vom Antragsgegner durchgeführte Prüfung der von der Beigeladenen erwarteten
Zusatzvergütung entsprechend dem zum Problemkreis der Plausibilität des „Ke-Wertes“
durchgeführten Prüfung auf der vierten Wertungsstufe dazu hätten gelangen lassen,
dass auch die Erwartungen der Beigeladenen an die von ihr erwartete Zusatzvergütung
unrealistisch sind. Dies scheint dem Senat sogar nahe liegend. Dann aber stellten sich
die weiteren zu (1) (b) erörterten Fragen. Ihre Beurteilung kann jedenfalls potenziell zu
einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen führen, und zwar auch im Interesse
der Wahrung der Rechte der Antragstellerin als Konkurrentin.
c)
verpflichtet ist, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen. Bei der Prüfung eines
ungewöhnlich niedrigen Angebots steht dem Auftraggeber – wie oben erörtert – ein
Beurteilungsspielraum zu, der nur der eingeschränkten Nachprüfbarkeit durch die
Nachprüfungsinstanzen unterliegt (vgl. Noch in Müller-Wrede, a.a.O., § 25 Rn. 270).
Insoweit hat der Senat bereits Bedenken, das Ergebnis der bereits erfolgten Beurteilung
der Plausibilität des „Ke-Wertes“ auf der vierten Wertungsstufe auf die Bewertung der
Zusatzvergütung auf der dritten Wertungsstufe zu übertragen, weil diese Beurteilung
zwar weitgehend nach denselben Grundsätzen erfolgen wird, aber eben doch noch auf
eine erreichbare Zusatzvergütung hin zu beurteilen ist. In keinem Falle könnte der Senat
aber die sich vorliegend an eine Verneinung einer angemessenen Vergütung
anknüpfenden weiteren Fragen der Marktverdrängungsabsicht, der objektiven Gefahr der
Marktverdrängung oder eines sonstigen wettbewerblich unlauteren Verhaltens der
Beigeladenen klären. Denn damit setzte er seine Beurteilung unzulässiger Weise an die
Stelle der Beurteilung durch den Antragsgegner, die noch aussteht.
3.
insoweit auch keinen ausdrücklichen Antrag gestellt und insoweit lediglich auf
Aufhebungsgründe verwiesen, die der Senat aber nicht erkennen kann.
a)
wesentlicher Veränderungen der Grundlagen der Ausschreibung im Hinblick auf ein vom
Berliner Gesetzgeber zu erlassendes Klimaschutzgesetz schon deswegen nicht in
Betracht, weil ein solches Gesetz, dessen Entwurf weit reichende zusätzliche
Umrüstungen der Straßenbeleuchtung von Gas auf Strom erforderlich machen mag,
nicht verabschiedet ist. Schon deshalb stellt sich die Frage eines insoweit behaupteten
Informationsvorsprungs der Beigeladenen nicht.
b)
d) VOL/A aus schwerwiegendem Grund wegen Vorenthaltung wesentlicher
Kalkulationsunterlagen aufzuheben, kommt eine solche Aufhebung zwar in Betracht,
wenn den Bietern Kalkulationsunterlagen, die ihnen nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zur
Verfügung zu stellen sind, nicht zur Verfügung gestellt werden (vgl. Prieß in Kulartz ua.,
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Verfügung zu stellen sind, nicht zur Verfügung gestellt werden (vgl. Prieß in Kulartz ua.,
a.a.O., § 8 a Rn. 70 ff). Das Verfahren muss in einem solchen Fall aber insoweit mit
derart gravierenden Mängeln behaftet sein, dass diese im Rahmen einer
chancengleichen und wettbewerbsgerechten Eignungs- und Angebotsprüfung nicht mehr
heilbar sind. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Die Antragstellerin rügt, dass Vorgaben fehlten, durch welche Leuchten die
auszutauschenden 8.400 Gasleuchten ersetzt werden sollten. Je nach Typ träten
insoweit Kostenunterschiede bis zu 132.000 EUR jährlich auf. Zum einen hatte aber der
Antragsgegner insoweit etwa die Wartungsintervalle konkretisiert und auch die
Erstausstattung war nicht vom Auftragnehmer zu realisieren. Zum anderen war der
Auftragnehmer in die Entwicklung der Konzepte eingebunden; dies war Teil des
Vertrages und unterlag der Abstimmung zwischen den Parteien.
c)
Details aus dem laufenden Vertrag mit dem Antragsgegner gegenüber Mitbietern liege
ein schwerwiegender Grund, um das Vergabeverfahren nach § 26 Nr. 1 d) VOL/A wegen
Veröffentlichung von Betriebsgeheimnissen der Antragstellerin aufzuheben, so vermag
sich der Senat auch dem nicht anzuschließen.
Der Senat hält insoweit an seiner den Verfahrensbeteiligten mit Zwischenverfügung vom
22. September 2009 mitgeteilten Rechtsauffassung auch unter dem Eindruck der darauf
erfolgten Stellungnahme der Antragstellerin fest: Mit einer Aufhebung des
Vergabeverfahrens könnte einem insoweit etwa gegebenen Mangel nicht mehr begegnet
werden, weil die Geheimnisse – so denn von einer unzulässigen Veröffentlichung
auszugehen wäre – auch bei einer künftigen Vergabe bekannt wären. Soweit die
Antragstellerin dagegen geltend machen macht, die Kenntnis der Fülle von einzelnen
Details, die im Datenraum zur Verfügung gestanden haben, seien allenfalls per „Screen-
shot“ kopierbar gewesen, so dass sie Mitbewerbern bei realistischer Bewertung jetzt
nicht mehr zur Verfügung stünden, ist zwar plausibel aber unerheblich: Relevant waren
die Informationen nicht hinsichtlich der Kosten etwa einzelner Bestandteile des Lagers,
sondern vor allem hinsichtlich der generell zu erzielenden Einkaufspeisen, der
Organisation der Nachunternehmer und der Verträge. Gerade wenn sie die Relevanz
hatten, die ihnen nach dem Vorbringen der Antragstellerin zukamen, ist davon
auszugehen, dass sie jedenfalls im Grunde den Konkurrenten nach wie vor zur
Verfügung stehen. Nach alledem kann dahinstehen, inwieweit die – beschränkte -
Veröffentlichung der Daten gegenüber anderen Bietern durch den sonst bei der
Antragstellerin aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit für den Antragsgegner bestehenden
Informationsvorsprung gerechtfertigt war.
4.
ihr Antrag unzulässig, weil die Konstellation des § 114 Abs. 2 S. 2 GWB (Erledigung des
Nachprüfungsverfahrens) nicht gegeben ist (vgl. Reidt in Reidt u.a., a.a.O., § 114 Rn. 53
f).
Die Kostenentscheidung ergeht im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren in
entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 1 ZPO (BGH NZBau 2001, 151 ff). Im Hinblick
auf das Verfahren vor der Vergabekammer beruht die Kostenentscheidung auf § 128
Abs. 3 und 4 GWB, wobei die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für die Antragstellerin
ohne weiteres notwendig war, § 80 Abs. 2 und 3 S. 2 VwVfG (vgl. Stockmann in
Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 128 Rn. 17).
Die Wertfestsetzung ergibt sich nicht anders als im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
aus § 50 Abs. 2 GKG.
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