Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: reifen, fahrzeug, beweislast, anwaltskosten, rechtsverletzung, abweisung, link, sammlung, quelle, astra

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 76/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 286 ZPO
Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Nachweis der Schadenshöhe
bei vorgeschädigtem, nicht repariertem Fahrzeug
Leitsatz
Es obliegt dem Kläger, der mit einem vorgeschädigten, unreparierten Fahrzeug am Verkehr
teilnimmt und in einen weiteren Unfall verwickelt wird, das Ausmaß eines neuen Schadens
darzulegen und zu beweisen.
Daher entfällt ein Schadensersatzanspruch, wenn – wegen der vorhandenen Vorschäden –
nicht mit der erforderlichen Sicherheit (§ 286 ZPO) festgestellt werden kann, dass durch den
neuen Unfall ein weiterer Schaden verursacht worden ist.
Hier erfolgte die Rücknahme der Berufung.
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch
Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Berufungskläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche
Bedeutung und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich, § 522 Abs. 1 Satz 1
ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die
angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die
nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen.
Beides ist vorliegend nicht der Fall.
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, die durch die
Berufungsbegründung nicht erschüttert werden.
Die Berufung hat weder eine Rechtsverletzung aufgezeigt, noch dargelegt, dass die
angefochtene Entscheidung auf falschen oder unzureichend festgestellten Tatsachen
beruht.
1. Der Kläger meint auf S. 2 der Berufungsbegründung, das Landgericht habe sein Urteil
mit Erwägungen begründet, die ihren Grund in der Unredlichkeit des jeweiligen Klägers
hätten, was vorliegend nicht der Fall sei; denn er, der Kläger, habe zu keiner Zeit in
Abrede gestellt, dass das Fahrzeug mit Vorschäden behaftet war; vielmehr habe er
seinen Privatsachverständigen P. durch das Überlassen der zwei Gutachten zu den
Vorschäden auf diese hingewiesen; er habe sich nicht unredlich verhalten; vielmehr sei
seine Zuvielforderung auf das Verhalten seines Privatsachverständigen zurückzuführen,
das er nicht zu vertreten habe.
Die von Landgericht zitierten Entscheidungen seien dagegen stets von einem
unredlichen Verhalten des jeweiligen Klägers geprägt .
Zudem habe der gerichtliche Sachverständige W. festgestellt, dass neben den unstreitig
bestehenden Vorschäden an der Felge und am Reifen weitere Vorschäden technisch
nicht nachweisbar sind, so dass eine Unfallbedingtheit der weitergehenden Schäden an
seinem BMW 525i durch das Ereignis vom 12. September 2004 gegeben sei; wegen
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seinem BMW 525i durch das Ereignis vom 12. September 2004 gegeben sei; wegen
Herausrechnung der Kosten für Reparatur von Reifen und Felge (777, 32 EUR netto) sei
der Berufungsantrag nunmehr gegenüber dem erstinstanzlichen Antrag vermindert
worden.
2. Diese Argumentation verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.
Abgesehen davon, dass es - nach dem vom Kläger betonten redlichen Ansatz - geboten
gewesen wäre, bereits im ersten Rechtszug auf die vom Kläger nicht bestrittenen
Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zu reagieren und den Klageantrag
entsprechend zu reduzieren, verkennt der Kläger auf S. 3, 2. Absatz, seiner
Berufungsbegründung die Beweislast.
Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass nach dem Ergebnis des
vom Landgericht eingeholten Gutachtens der Kläger nicht bewiesen hat, dass der von
ihm geltend gemachte Schaden durch das streitgegenständliche Ereignis am 12.
September 2004 verursacht worden ist.
Dem Geschädigten obliegt es nämlich, die Verursachung des Schadens durch das
gegnerische Fahrzeug und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und
zu beweisen (vgl. Senatsurteile vom 2. August 1999 - 12 U 4408/98 -,vom 14. Februar
2000 - 12 U 6185/98 - und vom 15. Mai 2000 - 12 U 9704/98; HansOLG Hamburg, Urteil
vom 17. April 2002 - 14 U 78/01 - SP 2002, 385; st. Rspr.); daher entfällt ein
Schadensersatzanspruch auch dann, wenn wegen der im Unfallzeitpunkt nicht
reparierten Vorschäden ein zusätzlicher Schaden nicht festgestellt werden kann.
Dieser allgemeine Grundsatz hat zunächst nichts zu tun mit „unredlichem Verhalten des
jeweiligen Klägers“, sondern entspricht den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs-
und Beweislast im Zivilprozess. Der Fahrzeugeigentümer, der Vorschäden nicht sach-
und fachgerecht beseitigen läßt, sondern mit einem vorgeschädigten Kfz am Verkehr
teilnimmt und dann in einen weiteren Unfall verwickelt wird, hat allerdings naturgemäß
meist Schwierigkeiten mit Darlegung und Beweis des Ausmaßes des neu eingetretenen
Schadens.
2. Aufgrund des vom Landgericht eingeholten Gutachtens des Sachverständigen W. vom
1. September 2006, gegen das der Kläger keine Einwendungen erhoben hat, hat der
Kläger - wie das Landgericht auf S. 5 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt
hat - nicht den Beweis geführt, dass die von ihm geltend gemachten Schäden durch das
Ereignis vom 12. September 2004 verursacht worden sind, was die Beklagten bestritten
haben (Schriftsatz vom 17. 3.2005).
Soweit der Sachverständige
- die Ursächlichkeit ausdrücklich ausschließt (Felge und Reifen vorne rechts, Gutachten
vom 1. September 2006, S. 11, Vorschaden nach SV Baumgärtel),
- die Ursächlichkeit für nicht nachvollziehbar und nicht zwingend zu erwarten einstuft
(Spurstangen, GA 11, wobei die rechte Spurstange vom SV B. als Vorschaden kalkuliert
worden war),
- die Ursächlichkeit nicht positiv feststellen kann, weil ein Vorschaden nach dem
Gutachten W. möglich ist (Abdeckung Außenspiegel rechts, GA 12; Seitenwand hinten
re., GA 13),
- die Ursächlichkeit nicht positiv feststellen kann, weil nicht bekannt ist, welches Bauteil
des Opel Astra gegen den BMW des Klägers gestoßen ist (Tür vorn re.; Schwellerbereich
darunter, GA 12),
hat der Kläger den ihm obliegenden Beweis der Ursächlichkeit nicht erbracht.
Soweit der Sachverständige ausführt, es sei möglich, aber nicht nachweisbar, dass
Schäden infolge einer Berührung mit dem Opel entstanden seien (Reifen hinten re., GA
13, Stoßfänger hinten, GA 14; Reifen und Scheibenrad vorne li., GA 10), hat der Kläger
ebenfalls den ihm obliegenden Beweis der Unfallursächlichkeit nicht erbracht.
Denn diese Ursächlichkeit bleibt zweifelhaft.
2. Der Kläger greift die Abweisung der übrigen Schadenspositionen zwar nicht
ausdrücklich an; aber auch hinsichtlich der geltend gemachten Gutachterkosten (470,96
EUR), Schadenspauschale (20 EUR) und Anwaltskosten (317, 26 EUR) hat die Berufung
keinen Erfolg.
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a) Gutachterkosten kann der Kläger schon deshalb nicht verlangen, weil er diesen
Anspruch am 22. September 2004 an den Sachverständigen abgetreten hat; darauf
haben die Beklagten bereits auf S. 6 ihres Schriftsatzes vom 17. März 2005 hingewiesen,
ohne dass darauf eine Reaktion des Klägers erfolgt ist.
b) Mangels eines Schadensersatzanspruchs besteht auch kein Anspruch gegen die
Beklagten auf die Schadenspauschale.
c) Entsprechendes gilt für einen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz der zur
Verfolgung des vermeintlichen Schadensersatzanspruchs geltend gemachten
Anwaltskosten, abgesehen davon, dass der Kläger nach dem unwidersprochenen
Vortrag der Beklagten den Rechtsstreit durch die A. Rechtsschutzversicherung hat
finanzieren lassen, die unter dem 12. Januar 2005 auch den Gerichtskostenvorschuss an
die Justizkasse Berlin entrichtet hat.
3. Es wird angeregt, die weitere Durchführung der Berufung zu überdenken.
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