Urteil des KG Berlin vom 08.09.2003

KG Berlin: in dubio pro reo, ware, beweiswürdigung, vermögensschaden, wahrscheinlichkeit, unternehmen, gewinnaussichten, markt, braunkohle, weiterverkauf

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Gericht:
KG Berlin 5.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(5) 1 Ss 508/03 (3/04)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 263 StGB
Rabattbetrug: Voraussetzungen eines Vermögensschadens
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8.
September 2003 wird verworfen.
Die Landeskasse Berlin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem
Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren
Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf seine Berufung hat ihn das
Landgericht Berlin freigesprochen. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Revision
eingelegt. Sie rügt die Verletzung des sachlichen Rechts und beanstandet die Ablehnung
eines Beweisantrags als Verstoß gegen das Verfahrensrecht.
Die Revision ist unbegründet. Die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts greift nicht
durch. Auch hat die Strafkammer den Beweisantrag zu Recht abgelehnt.
I.
Das Landgericht hat zum Tatgeschehen im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
Der Angeklagte leitete von August 1995 bis Februar 1999 die Brennstoffabteilung der B
Hafen- und Lagerhausbetriebe (B..), die als Anstalt des öffentlichen Rechts alle
senatseigenen Betriebe mit Brennstoffen versorgten und daneben in der Form des
Großhandels Brennstoffe erwarben und an Zwischenhändler verkauften, um Gewinne zu
erzielen. Für beide Bereiche – für die Versorgung der senatseigenen Betriebe und für
den Großhandel – bezogen die B.. Braunkohleprodukte von der R.. Brennstoffvertrieb
GmbH, einer Tochterfirma zweier Unternehmen, die den Braunkohleabbau in
Ostdeutschland betrieben. Je nach Verwendungszweck berechnete die R.. den B..
unterschiedliche Preise. Soweit die Braunkohle weiterverkauft werden sollte, verlangte
sie den sogenannten Hausbrand-Listenpreis, den auch andere Großhändler zu bezahlen
hatten. Für Lieferungen, die allein der Versorgung der senatseigenen Betriebe dienten,
wurde ein geringerer Preis angesetzt, der teils als Wettbewerbsanpassungspreis und teils
als Industrieverbraucherpreis ausgewiesen wurde. Am 23. März 1996, 12. Mai 1997 und
28. Januar 1998 schloß der Angeklagte für die B.. Verträge mit der R.., welche die
Belieferung mit Braunkohle zur Deckung des Gesamtbedarfs der senatseigenen
Betriebe für das jeweilige Jahr zum Gegenstand hatten. Vereinbart wurde ein
Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis. In den Verträgen sicherten die
B.. zu, daß die Ware ausschließlich für die Versorgung der senatseigenen Betriebe
verwendet werde. Ein Weiterverkauf wurde vertraglich für unzulässig erklärt. Für den Fall
schuldhafter Zuwiderhandlung wurde der R.. das Recht eingeräumt, die Differenz
zwischen dem Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis und dem
Hausbrand-Listenpreis "nachzuberechnen". Der jeweils vertraglich festgelegte
Lieferungsumfang beruhte auf unzutreffend hohen Angaben des Angeklagten über den
Bedarf der senatseigenen Betriebe. Entsprechend seiner schon bei Vertragsschluß
bestehenden Absicht veräußerte er den Überschuß mit Gewinn für die B.. an
Kohlehändler weiter. Von den vertragswidrigen Verkäufen erhielt die R.. Ende 1998
Kenntnis. Es kam zu Vergleichsverhandlungen mit den B.., die zum Ergebnis hatten, daß
diese 75.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer an die R.. zahlten. Eine Strafanzeige wurde
seitens der R.. nicht erstattetet.
Das Landgericht hat ferner ermittelt, welche Mehreinnahmen die R.. erzielt hätte, falls
die B.. die Braunkohlemenge, die den Bedarf der senatseigenen Betriebe überstieg und
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die B.. die Braunkohlemenge, die den Bedarf der senatseigenen Betriebe überstieg und
vom Angeklagten für den Großhandel vorgesehen war, zum jeweils bei Vertragsschluß
geltenden Hausbrand-Listenpreis der R.. erworben hätten. Danach hätte die R.. im Jahr
1996 259.151,81 DM, im Jahr 1997 201.859,15 DM und im Jahr 1998 187.686,07 DM
zusätzlich eingenommen.
Weiterhin hat das Landgericht Feststellungen zur damaligen Marktsituation im Berliner
Braunkohlehandel im Zusammenhang mit der Frage getroffen, ob im Tatzeitraum eine
gesicherte Aussicht für die R.. bestand, die Überschußmenge an andere Abnehmer zum
Hausbrand-Listenpreis oder jedenfalls zu einem höheren als dem von den B.. bezahlten
Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis verkaufen zu können. Danach
war die R.. wachsender Konkurrenz durch ein großes westdeutsches Unternehmen sowie
insbesondere durch ausländische Anbieter ausgesetzt, von denen letztere mit billigen
Importen auf den Markt drängten. Zugleich nahm der Braunkohlebedarf rapide ab, weil
nach der Wiedervereinigung Deutschlands die Energieversorgung im Ostteil Berlins und
in den neuen Bundesländern, die bis dahin fast ausschließlich auf der Verwertung von
Braunkohle beruhte, auf andere Energieträger umgestellt wurde. Die jährliche
Umsatzeinbuße betrug für die R.. in den neunziger Jahren teilweise bis zu 40 %. Während
der Jahresumsatz 1989 noch bei 30 Millionen t lag, setzte die R.. 2001, als sie liquidiert
wurde, nur noch ca. 620.000 t jährlich um. Das Zusammentreffen allseitiger
Umsatzverluste mit dem Anwachsen des Wettbewerbsdrucks führte zu einem
Einbrechen des Marktes. Die R.. war daher häufig gezwungen, Ware zu Sonderpreisen
abzugeben. Dementsprechend hat der Zeuge ..., der seinerzeit als Prokurist der R.. für
den Verkauf verantwortlich war und die Verträge mit dem Angeklagten abgeschlossen
hat, es "eher für unwahrscheinlich" gehalten, daß die R.. die Braunkohlemenge, die sie
an die B.. über den senatseigenen Bedarf hinaus geliefert hatte, anderweitig zu einem
höheren als dem von den B.. gezahlten Preis hätte verkaufen können.
II.
1. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht vom Vorwurf des
Betruges mit der Begründung freigesprochen, daß die R.. keinen Vermögensschaden
erlitten hat. Dabei hat es sich auf den vom Senat geteilten Rechtsstandpunkt des
Bundesgerichtshofs gestützt, demzufolge in Fällen der Rabattgewährung auf Grund einer
Täuschung über den Verwendungszweck der Ware nicht etwa die Differenz zwischen dem
vollen und dem geminderten Preis, sondern allein eine für den Verkäufer nachteilige
Differenz zwischen der Zahlungsverpflichtung und dem Wert der Ware einen Schaden zu
begründen vermag (grundlegend BGH NStZ 1991, 488 f.; vgl. ferner BGHSt 16, 220, 223
ff.; BGH bei Holtz MDR 1981, 100; BGH (Z) NJW 1993, 2992, 2993; so auch schon RGSt
64, 181, 182; zustimmend: Tiedemann in LK, StGB 11. Aufl., § 263 Rdnr. 163; Kindhäuser
in NK, StGB, § 263 Rdnr. 308). Ob und in welchem Umfang eine solche Wertdifferenz
besteht, hängt davon ab, welcher Preis auf der betreffenden Umsatzstufe am Markt
normalerweise zu erzielen ist. Gewinnaussichten, welche die erschlichene günstige
Zahlungsverpflichtung übertreffen, dürfen in diesem Zusammenhang nur dann
berücksichtigt werden, wenn sie bei anderweitigem Verkauf der Ware wahrscheinlich zu
realisieren gewesen wären. Eine solchermaßen konkrete Gewinnerwartung hat eine
"starre" Marktlage zur Voraussetzung (vgl. BGH bei Holtz MDR 1981, 100; Kindhäuser, a.
a. O., § 263 Rdnr. 298; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl. 2003, § 263 Rdnr. 57; Hefendehl,
Vermögensgefährdung und Exspektanzen, 1994, S. 251 f.). Sie ist durch einen nahezu
konstanten Bedarf für das Produkt und ein festes Preisgefüge gekennzeichnet.
Geradezu das Gegenteil einer starren Marktlage hat das Landgericht für den Berliner
Braunkohlemarkt im Tatzeitraum festgestellt. Auf Grund des Konkurrenzdrucks und des
Umsatzrückgangs war der Markt eingebrochen. Die Preissituation war instabil. Vielfach
wurden Sonderpreise gewährt. Somit fehlt es an wesentlichen Voraussetzungen für die
Anerkennung der Aussicht auf einen höheren Gewinn als wertbestimmenden Faktor der
Ware. Zutreffend hat das Landgericht daraus den Schluß gezogen, daß nicht mit der
erforderlichen Wahrscheinlichkeit für die vom Angeklagten unter falschen Angaben
erworbene Braunkohlemenge angenommen werden kann, daß sie zu einem höheren
Preis als dem Wettbewerbsanpassungs- oder Industrieverbraucherpreis absetzbar
gewesen wäre. Ein Vermögensschaden der R.. war daher, wie das Landgericht richtig
erkannt hat, zu verneinen.
2. Die dagegen erhobenen Einwände der Revision greifen nicht durch.
a) Soweit sie unter Berufung auf reichsgerichtliche Rechtsprechung (RGSt 66, 337, 338;
RGSt 77, 348, 349) die Auffassung vertritt, daß die R.. im Umfang des erschlichenen
Preisnachlasses geschädigt worden sei, nimmt sie einen Rechtsstandpunkt ein, dem der
Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung zum Betrugsschaden in Fällen
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Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung zum Betrugsschaden in Fällen
der Rabatterschleichung (BGH NStZ 1991, 488 f.) mit der überzeugenden Begründung
entgegengetreten ist, daß der für einen Eingehungsbetrug geltende Prüfungsansatz
einen Vergleich von Leistung und Gegenleistung verlangt und daß der
Vermögensschaden nach objektiven Wertkriterien zu ermitteln ist. Danach hat der
Bundesgerichtshof den mit der Marktwirtschaft nicht zu vereinbarenden – jenen
Entscheidungen zugrunde liegenden – Gedanken verworfen, daß es der Verkäufer in der
Hand habe, durch eine gebührenähnliche Festlegung von Preisen den Wert der Ware
einseitig zu bestimmen.
b) Ferner macht die Revisionsführerin ohne Erfolg geltend, daß das Landgericht in
Verkennung der Reichweite dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Beweise
unzulänglich gewürdigt und den Grundsatz "in dubio pro reo" rechtsfehlerhaft
angewendet habe.
Die näheren Ausführungen dazu werden der maßgeblichen Begründung der
landgerichtlichen Entscheidung nicht gerecht, die darin besteht, daß wegen der
instabilen Marktlage eine konkrete Aussicht auf einen höheren Verkaufserlös nicht mit
der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden konnte. Diese
Entscheidungsbegründung bleibt unberührt von Einwänden, die lediglich mögliche
Gewinnaussichten der R.. betreffen. Unbeachtlich ist daher, daß die B.. durch den Erwerb
der Überschußmenge den Absatz der R.. im Großhandelsbereich gemindert und ihr
damit die Möglichkeit genommen haben, diese Menge zum Hausbrand-Listenpreis zu
veräußern, und daß der gewinnbringende Weiterverkauf der Überschußmenge durch die
B.. einen entsprechenden Marktbedarf belegt und darauf schließen läßt, daß auch der R..
ein solche Veräußerung möglich gewesen wäre. Schließlich ist auch ein etwaiger
"Denkfehler" der Strafkammer irrelevant, der nach Ansicht der Revisionsführerin darin
besteht, daß sie bei der Prüfung der Gewinnaussicht allein den Verkauf zum Hausbrand-
Listenpreis in Betracht gezogen hat, ohne zu bedenken, daß sich auch ein niedrigerer
Preis zur Schadensbegründung eignet, sofern er nur den Wettbewerbsanpassungs- oder
Industrieverbraucherpreis übertrifft. Die von der Kammer festgestellte Instabilität der
Marktlage hindert generell an der Annahme einer hinreichend konkreten Aussicht auf
einen Gewinn, in welcher Höhe auch immer. Im Übrigen lassen die Urteilsgründe den
gerügten Fehler nicht erkennen. Denn die Strafkammer hat bei der Prüfung eines
Vermögensschadens nicht ausschließlich auf den Hausbrand-Listenpreis als
Verkaufserlös abgestellt. So heißt es bei der Wiedergabe der Aussage des Zeugen ... ,
dieser habe nicht sagen können, daß die R.. zu Gunsten der mit den B.. getätigten
Verkäufe "auf andere – lukrativere – Geschäfte" verzichtet habe, so daß ihr ein "höherer
Gewinn" entgangen sei.
Einen im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung begangenen Rechtsfehler zeigt die
Revision auch nicht auf, wenn sie der Kammer als Versäumnis anlastet, nicht darauf
eingegangen zu sein, daß die Verträge für den Fall des unzulässigen Weiterverkaufs eine
Nachberechnung der Preisdifferenz vorgesehen hätten, was für eine starke Marktposition
der R.. spreche, und daß die B.. nach Aufdeckung der Vertragsverstöße einen
"Schadensersatz" von 75.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer gezahlt hätten. Das
Vorbringen, das darauf zielt, die Beweiswürdigung als lückenhaft und widersprüchlich zu
rügen, stellt unzutreffend einen Zusammenhang her zwischen der vertraglichen
Nachberechnungsklausel und der auf ihrer Grundlage vorgenommenen Zahlung sowie
einem eventuellen Betrugsschaden. Die Bezeichnung der Zahlung als "Schadensersatz"
ist zumindest mißverständlich. Die Rechtsgrundlage bildete ein unmittelbarer
vertraglicher Anspruch aus der Nachberechnungsklausel. Daraus kann nicht auf das
Vorliegen eines Vermögensschadens im Sinne des Betrugstatbestandes geschlossen
werden, der nach objektiven Wertkriterien zu bestimmen ist. Daher verstieß die Kammer
nicht gegen das Gebot lückenloser Beweiswürdigung, als sie die Zahlung bei der Prüfung
eines Vermögensschadens unberücksichtigt ließ. Zum anderen wird übersehen, daß die
dargelegten Umstände auch als Indizien verwertbar sind, die die Beweiswürdigung der
Kammer stützen. Daß die R.. eine Zahlung weit unter dem Betrag, der im Falle
vertragsgemäßer Nachberechnung zu leisten gewesen wäre, akzeptiert hat, läßt ihre
Marktposition schwach erscheinen und spricht für die Annahme, daß auch aus der Sicht
der Verantwortlichen der R.. keine konkrete Aussicht auf Erzielung eines Erlöses auf dem
Niveau des Hausbrand-Listenpreises durch anderweitigen Verkauf bestanden hat. Dafür
läßt sich im Übrigen noch anführen, daß keine Strafanzeige erstattet wurde. Die
Kammer mußte sich also nicht zwingend mit diesen Umständen auseinandersetzen, um
die Widerspruchsfreiheit ihrer Beweiswürdigung zu gewährleisten.
Soweit die Revision im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine fehlerhafte
Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" rügt, beruht ihr Vorbringen auf einer
unzutreffenden Interpretation einer Formulierung im vorletzten Absatz des Urteils, wo es
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unzutreffenden Interpretation einer Formulierung im vorletzten Absatz des Urteils, wo es
heißt, daß der Kammer eine konkrete Gewinnaussicht der R.. "sehr zweifelhaft" erscheint.
Der Urteilszusammenhang läßt erkennen, daß damit nicht der prozeßrechtliche
Zweifelsgrundsatz zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden sollte. Vielmehr
bezieht sich die Formulierung darauf, daß zuvor in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Berücksichtigungsfähigkeit einer
Gewinnaussicht von der Wahrscheinlichkeit der Absetzbarkeit zu einem höheren Preis
abhängig gemacht wurde. Mit dem Hinweis auf starke Zweifel sollte zum Ausdruck
gebracht werden, daß die zweifelsfrei getroffenen Feststellungen nicht den Schluß auf
eine gewinnträchtige Verkaufsaussicht zulassen, die in der von der Möglichkeit bis zur
Gewißheit reichenden Bewertungsskala den Grad der Wahrscheinlichkeit erreicht. Das
bestätigt der unmittelbar anschließende Satz, in dem es zutreffend heißt, daß die "bloße
Möglichkeit" der R.., die über den senatseigenen Bedarf hinausgehende Kohlemenge
zum Hausbrand-Listenpreis zu verkaufen, kein Umstand sei, der sich als
wertbestimmender Faktor für eine Schadensbegründung eigne. Dieser
Begründungszusammenhang bleibt unberücksichtigt, wenn die Revision einen
fehlerhaften Gebrauch des Zweifelssatzes rügt und der Kammer vorhält, daß sie es
versäumt habe, ihre Zweifel durch Erwägung naheliegender Möglichkeiten zu
überwinden.
Zudem setzt die Revisionsführerin die von der Kammer geäußerten Zweifel unzutreffend
gleich mit den Zweifeln, die den Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden
Entscheidung zum Vermögensschaden bei Rabattgeschäften (BGH NStZ 1991, 488 f.)
veranlaßt haben, die Sache für weitere tatsächliche Ermittlungen zurückzuverweisen. In
seiner Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof an dem landgerichtlichen Urteil, das
zur Bejahung einer Betrugsstrafbarkeit gelangt war, das Fehlen von Feststellungen zu
konkreten Gewinnaussichten beanstandet und auf Grund der getroffenen
Urteilsfeststellungen Zweifel an einer anderweitigen Verkaufsmöglichkeit geäußert. Eine
Zurückverweisung zum Zweck weiterer Aufklärung war hier schon deswegen erforderlich,
weil in der bisherigen tatrichterlichen Sachverhaltsermittlung der vom Bundesgerichtshof
entwickelte Entscheidungsmaßstab – Wahrscheinlichkeit einer anderweitigen
gewinnträchtigen Absetzbarkeit als wertbildender Faktor – noch keine Berücksichtigung
gefunden hatte. Dagegen hat die Strafkammer im vorliegenden Fall diesen Maßstab
ihrer Sachverhaltsaufklärung zugrundegelegt und ist dabei zu abschließenden
Feststellungen gelangt. Die Äußerung starker Zweifel stellt, wie dargelegt, lediglich eine
sprachliche Variante der gut begründeten Annahme der Kammer dar, daß nach diesen
Feststellungen ein anderweitiger günstigerer Verkauf der Ware nicht wahrscheinlich war.
c) Eine fehlerhafte Rechtsanwendung liegt auch nicht in den Ausführungen der Kammer
zum Vermögensschaden, die darauf abstellen, daß die Unternehmen, deren
Erzeugnisse die R.. vertrieb, "noch über einen für einige Jahrzehnte ausreichenden
Kohlevorrat verfügen und damit jeden anderen Lieferungsauftrag problemlos hätten
erfüllen können". Zwar macht die Revision zutreffend geltend, daß es angesichts der
Feststellungen der Kammer zu den Umsatzeinbrüchen auf dem Braunkohlemarkt keinen
Anlaß gab, auf die Frage einzugehen, ob und in welchem Umfang der R.. noch Ware für
weitere Geschäfte zur Verfügung stand. Immerhin besteht aber ein allgemeiner
Sachzusammenhang in der Weise, daß ein Unternehmen einen Vermögensschaden
erleiden kann, wenn es seine Geschäfte mangels Ware reduzieren oder einstellen muß.
Im Übrigen ergibt sich aus dem Urteilszusammenhang, daß für die Ablehnung eines
Vermögensschadens nicht diese Erwägung, sondern die Beurteilung der spezifischen
Marktlage von maßgeblicher Bedeutung gewesen ist.
d) Unberechtigt ist schließlich der Einwand der Revision, daß der Angeklagte zumindest
wegen Betrugsversuchs in drei Fällen hätte verurteilt werden müssen. Eine solche
Verurteilung hätte zur Voraussetzung gehabt, daß der Angeklagte sich irrtümlich
Tatumstände vorgestellt hat, die einen Vermögensschaden der R.. begründeten. Es gibt
jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte auf Grund einer von der
Wirklichkeit abweichenden Marktbeurteilung angenommen hat, die von ihm getätigten
Geschäfte würden der R.. konkrete Aussichten auf einen anderweitigen Gewinn
entziehen.
3. Die Sachrüge gilt zur Hauptsache der Beweiswürdigung. Der Revisionsführerin ist
insoweit zuzugeben, daß dem Landgericht eine in jeder Hinsicht zufriedenstellende
Sachaufklärung nicht gelungen ist. Es ist nicht der Frage nachgegangen, wie sich die
Diskrepanz erklärt zwischen der Aussage des Zeugen ..., daß ein Verkauf der
Überschußmenge durch die R.. zu einem höheren als dem von den B.. gezahlten Preis
"eher unwahrscheinlich" gewesen sei, und dem Umstand, daß der Angeklagte drei Jahre
nacheinander solche Verkäufe tätigen konnte. Für eine vollständige Erfassung des
gesamten Lebenssachverhalts hätte es einer Klärung dieser Frage bedurft. Hingegen
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gesamten Lebenssachverhalts hätte es einer Klärung dieser Frage bedurft. Hingegen
machten es die für die Entscheidung maßgeblichen rechtlichen Leitlinien nicht unbedingt
erforderlich, Feststellungen dazu zu treffen. Vielmehr konnte das Landgericht danach
seine Sachermittlung auf eine Analyse der Marktsituation beschränken und sich damit
begnügen, festzustellen, daß nach gesicherten objektiven Daten, mit denen die Aussage
des Zeugen ... übereinstimmte, für die R.. eine anderweitige gewinnträchtige und
wahrscheinlich realisierbare Verkaufsaussicht nicht gegeben war. Warum dem
Angeklagten derartige Verkäufe gelungen waren, was auf speziellen
Geschäftsbeziehungen, einem besonderen Maß an Geschäftstüchtigkeit oder sonstigen
für ihn günstigen Umständen beruht haben mag, mußte nicht geklärt werden.
4. Die Verfahrensrüge dringt nicht durch, weil das Landgericht den Beweisantrag der
Staatsanwaltschaft zutreffend gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO mit der Begründung
fehlender Entscheidungsrelevanz der zu beweisenden Tatsache abgelehnt hat. Die mit
dem Antrag auf Vernehmung des Zeugen ... aufgestellte Behauptung, daß die
Muttergesellschaften der R.. im Tatzeitraum durch die ihren Abnehmern, so auch den
B.., gewährten Sonderpreise Verluste erwirtschaftet hätten, ist ohne Bedeutung für die
Entscheidung, weil eine entsprechende Tatsachenfeststellung unergiebig wäre für Frage
des Vermögensschadens. Maßgeblich dafür ist, wie dargelegt, allein das Vorhandensein
konkreter Gewinnaussichten im Hinblick auf den Gegenstand des jeweiligen Geschäfts.
Erkenntnisse über die Konsequenzen der Preisentwicklung für die allgemeine
wirtschaftliche Lage beteiligter Unternehmen vermögen insoweit nichts zur Klärung
beizutragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.
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